Letizia Ramolino

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Letizia di Buonaparte als Mutter des Kaisers (Ölgemälde von Robert Lefèvre von 1813)

Maria Laetitia Ramolino, verheiratete Letizia Buonaparte, (* 24. August 1750 in Ajaccio auf Korsika; † 2. Februar 1836 in Rom), genannt Madame Mère, war die Mutter Napoléon Bonapartes.

Leben

Korsika

Maria Laetitia war die Tochter des genuesisch-korsischen Hauptmanns Giovanni Geronimo Ramolino (1723-1755) und der Angela Maria Pietrasanta (1725-1790). Die Ramolinos waren eine seit 250 Jahren auf Korsika ansässige Patrizierfamilie, die aus der Toskana auf die Insel eingewandert waren, als diese eine genuesische Kolonie wurde, ähnlich wie die aus Ligurien stammende Patrizierfamilie Bonaparte. Der erste korsische Ramolino hatte die Tochter eines Patriziers und Dogen der Republik Genua geheiratet[1] und durch Eheschließung waren sie auch mit den lombardischen Grafen von Collalto verwandt. (Nachfahren des Namens Ramolino de Coll'alto existieren bis heute.) Letizias Vater befehligte zeitweise die Garnison von Ajaccio und wurde Generalinspekteur der Straßen und Brücken von Korsika. Als er starb, heiratete ihre Mutter einen Schweizer namens Franz F(a)esch. Ihr Halbbruder war Joseph Fesch, der später Kardinal wurde und seinen Neffen zeitlebens unterstützte.

Bildnis als junge Frau (von Charles Guillaume Alexandre Bourgeois)
Maison Bonaparte in Ajaccio, Korsika

Letizia Ramolino wurde am 2. Juni 1764 in Ajaccio die Ehefrau von Carlo Buonaparte. Sie lebten zuerst in der Hauptstadt Corte bei Letizias Onkel Arrighi di Casanova. Die Republik Genua hatte die Insel 1768 an das Königreich Frankreich verkauft, doch war unter Führung von Pasquale Paoli ein Aufstand gegen die Franzosen ausgebrochen, an dem auch Carlo Buonaparte in diplomatischen Missionen sowie zuletzt als Capitano einer Kompanie Partisanen teilnahm. Letizia begleitete ihren Mann – mit Napoléon schwanger und Sohn Giuseppe an der Hand – in die Berge. Nach der Schlacht bei Ponte Novu kehrte sie nach Ajaccio zurück, wo Carlos Onkel, der Archidiakon Luciano Buonaparte, dem Ehepaar eine kleine Wohnung im Erdgeschoss seines Hauses, der Maison Bonaparte, zur Verfügung stellte. Am 15. August 1769 ging sie an Mariä Himmelfahrt zur Messe in die nahegelegene Kathedrale von Ajaccio, wo sie alsbald die Wehen verspürte und sofort nach Hause eilte; sie hatte jedoch nicht mehr Zeit, bis zu ihrem Schlafzimmer zu gelangen, sondern brachte in einem näher gelegenen Durchgangszimmer auf einem Sofa ihren Sohn Napoleon zur Welt.

Nach der Niederschlagung des Aufstands und dem Friedensschluss 1769 wurde Carlo amnestiert und blieb mit seiner Familie auf Korsika in der Maison Bonaparte wohnen, als deren Erbe er vorgesehen war. Sie konnten, dank Grundbesitz und der französischen Anerkennung des Adelstitels durch Ludwig XV., samt den damit verbundenen Privilegien wie Steuererleichterungen, dort ihrem Stande angemessen leben.

Nachdem 1785 ihr Mann Carlo an Magenkrebs gestorben war, änderte sich dies, und Letizia versuchte – trotz erneuter Heiratsangebote – diejenigen ihrer acht überlebenden Kinder, die noch im Haus waren, alleine großzuziehen, zudem hatte sie den alten Onkel Luciano zu pflegen. Da dieser äußerst geizig war, unterstützte sie ein Freund ihres Mannes und Pate ihrer Kinder, der alte Gouverneur Barbeuf. Napoleon befand sich bereits auf der Militärschule in Paris und als er Offizier wurde, schickte er ihr immer wieder Geld. 1791 starb Luciano Buonaparte und Letizia erbte mit ihren Kindern das Herrenhaus mit dem Grundbesitz, während ihr Bruder Joseph Fesch Luciano als Erzdiakon von Ajaccio nachfolgte.

Sie galt als strenge Mutter; Napoleon rühmte sie später für ihre Energie, Tatkraft und ihren Ordnungssinn, welche er von ihr geerbt hatte. Ihr Leben lang behielt sie ihren korsischen Dialekt und hatte Mühe mit der französischen Sprache. Napoleon sprach mit ihr Italienisch, korrespondierte aber auf Französisch, wobei sie ihre eigenen Briefe stets auf Italienisch diktierte und übersetzen ließ. Als Erstem Konsul und schließlich Kaiser der Franzosen mißfiel es ihm, dass sie ihn immer noch auf korsisch Nabulione nannte (er war nach einem früh verstorbenen Onkel Napoleone benannt worden).

Letizia Buonaparte war eine sehr religiöse Frau, die täglich die Messe besuchte. Napoleons älterer Bruder Joseph sollte Geistlicher werden, wurde dann jedoch Anwalt. Die älteren Söhne schlossen sich 1789 begeistert der französischen Revolution an. Als 1793 auf Korsika ein erneuter Aufstand Pascal Paolis gegen die französische Herrschaft losbrach, sandte der Sohn Lucien Bonaparte einen Hilferuf an den Revolutionskonvent, doch wurden die Franzosen besiegt. Paoli bezichtigte die Familie B(u)onaparte der Kollaboration und Laetitia musste im Juli mit ihrem Bruder Joseph Fesch, ihrem Sohn Joseph Bonaparte und drei ihrer jüngeren Kinder über Nacht in die Berge fliehen. Napoleon setzte sie Tage später auf ein Marineschiff, das sie nach Toulon brachte. Die beiden jüngsten Kinder mußte sie bei einer Verwandten zurücklassen. Die Maison Bonaparte wurde geplündert und von den Engländern besetzt. Sie zog mit Joseph weiter zu Napoleons Regiment nach Nizza und anschließend nach Marseille, wo sie zusammen mit anderen korsischen Flüchtlingen in Dach- und Kellerwohnungen hausten, Nahrungsmittel von der Armenfürsorge bezogen und die Töchter Elise, Pauline und Karoline als Putzfrauen arbeiten mußten.[2] 1794 besserte sich ihre Lage, als Joseph die wohlhabende Kaufmannstochter Julie Clary heiratete (mit deren Schwester Désirée Clary sich Napoleon verlobte). Letizia folgte Napoleon dann nach Toulon und Antibes. Dort heiratete der Sohn Lucien Bonaparte die wohlhabende Weinhändlerstochter Christine Boyer. Erst nach der gewonnenen Schlacht bei Castiglione 1796 konnte Napoleon, inzwischen General der Besatzungsarmee in Italien, die Engländer aus Korsika vertreiben lassen. Joseph nahm das Haus in Ajaccio wieder in Besitz und im Januar 1797 kehrte auch Letizia zurück. Sie sanierten das Haus und richteten es neu im Directoire-Stil ein; die Tochter Elisa heiratete den verarmten korsischen Adligen Félix Baciocchi. Doch bereits Ende 1797 reiste die ganze Familie erneut ab, diesmal nach Paris, um nie wieder zurückzukehren.

Paris

Madame Bonaparte wohnte zuerst bei ihrem Sohn Lucien, der als Präsident des Rates der Fünfhundert amtierte und als solcher am 9. November 1799 seinen Bruder Napoleon beim Staatsstreich des 18. Brumaire VIII unterstützte. Sie bezog dann 1800 mit ihrem Bruder das Hôtel de Montfermeil (das 1863 abgerissen wurde). Fesch wurde auf Veranlassung Napoleons 1802 zum Erzbischof von Lyon ernannt und 1803 zum Kardinal. 1802 setzte Lucien ihr eine Rente von 24.000 Franken aus.

Die berühmte, aber fingierte Darstellung von Madame Mère bei der Kaiserkrönung Napoleons I. in Notre-Dame de Paris (1804), Ausschnitt aus dem Gemälde von Jacques-Louis David

In Paris trat sie mit angeborener Würde auf, die jedermann Achtung gebot, doch sprach sie wenig, da sie sich in großer Gesellschaft unwohl fühlte und auch des Französischen nicht hinreichend mächtig war. Napoleon war ihre Meinung stets wichtig, jedoch stritten sie sich auch. Madame Bonaparte war nicht glücklich über die Heirat ihres Sohnes mit der verwitweten Joséphine de Beauharnais, da sie nicht gefragt worden war und auch keine kirchliche Trauung stattgefunden hatte. Aus Ressentiment gegen die ungeliebte Schwiegertochter sowie wegen der Entzweiung Napoleons mit seinem Bruder Lucien, aber auch weil sie von der geplanten Thronbesteigung nur durch Zeitungen in Rom erfahren hatte, wo sie ihre Tochter besuchte, blieb sie der Kaiserkrönung Napoleons I. am 2. Dezember 1804 fern und weilte zur Kur in Lucca. Dieser konterte, indem er seine Mutter einfach in sein Krönungsgemälde von Jacques-Louis David an prominenter Stelle hineinmalen ließ.

Sie erhielt den Titel Kaiserliche Hoheit, Madame mère de l'empereur, das Schloss Pont-sur-Seine sowie eine Rente von einer Million Francs. Die überzeugte Republikanerin empfing diese Ehren gleichmütig; das Geld sparte sie zum Großteil und den Hof mied sie. 1805 kaufte sie Lucien das Hôtel de Brienne ab, wo sie fortan wohnte. Sie hielt Kontakt mit ihren Kindern und verkehrte viel mit ihrem Halbbruder Kardinal Fesch und seinen geistlichen Freunden. Zahlreiche korsische Verwandte erhielten durch sie Anstellungen und Titel. Politischen Einfluß hatte sie nicht. Weder rettete ihre Fürsprache dem Herzog von Enghien das Leben noch half ihre Empörung über die Festnahme von Papst Pius VII. diesem. Dennoch trat sie dem kaiserlichen Sohn unverändert mit mütterlichem Stolz gegenüber. Als er einmal in Gegenwart seiner zweiten Frau Marie-Louise von Österreich seiner Mutter die Hand zum Kuß darbot, wie es an Kaiserhöfen üblich war, stieß sie diese entrüstet zurück und hielt dafür dem Sohn ihre eigene Hand hin, damit er sie küsse, was er leicht beschämt tat. Marie-Louise bemerkte, sie habe in Wien dem Kaiser, zum Zeichen der Ehrerbietung vor dem Herrscher, oft die Hand geküsst. «Ja», erwiderte Letizia, «der Kaiser von Österreich ist Ihr Vater; der Kaiser der Franzosen aber ist mein Sohn!»[3]

Sie war äußerst sparsam, bis auf die Almosen, die sie gab, und selbst in Notsitutationen wie 1814, als die ganze Familie ins Exil fliehen mußte, hütete sie ihr großes Vermögen und verlieh Geld an ihre ausgabefreudigen Kinder nur gegen hohe Zinsen. Dadurch war sie aber auch in der Lage, sie alle zu unterstützen. Sie war die einzige in der Familie, die nie so recht an die Dauer des Reichtums und Glanzes hatte glauben wollen. «Pourvou que cela doure» (pourvu que cela dure = vorausgesetzt das dauert an) pflegte sie mit ihrem korsischen Akzent zu sagen[4], oder: «Bin ich nicht gezwungen, etwas auf die Seite zu legen? Werde ich nicht früher oder später einmal sieben bis acht Souveräne auf dem Hals haben?»

1813 empörte sie der Verrat ihres Schwiegersohns Murat. Ihre Schwiegertochter Marie-Louise verachtete sie dafür, dass sie 1814 den siegreichen Zaren in Paris empfing und ihm sogar ihren kleinen Sohn Napoleon Franz zum Küssen reichte, dessen Erbe er soeben vernichtet hatte. Im Herzen der stolzen Korsin glühte noch die Blutrache ihrer Väter. Von ihren Schwiegerkindern stand ihr Katharina von Württemberg am nächsten, mit ihr blieb sie bis zu ihrem Tod in Kontakt.

Rom

Nachdem Napoleon nach Elba verbannt war, zog sie von Rom, wohin sie sich mit ihrem Bruder Kardinal Fesch geflüchtet hatte, sofort zu ihm, um ihm beizustehen, während seine Frau sich nach Wien abgesetzt hatte. Während der Herrschaft der Hundert Tage kehrte sie nach Paris zurück. Schmerzvoll nahm sie Abschied für immer, als Napoleon nach St. Helena eingeschifft wurde. Sie kehrte nach Rom zurück, wo Pius VII. sie freundlich aufnahm. 1818 appellierte sie in einzelnen Briefen an die Monarchen des Aachener Kongresses, ihren Sohn freizulassen, erhielt aber keine Antwort. Ihre späteren Gesuche an die Koalitionsmächte, dem Sohn auf die Insel folgen zu dürfen, wurden abgeschlagen.[5]

Sie verkaufte 1817 das Hôtel de Brienne in Paris an den Staat und erwarb 1818 den Palazzo Bonaparte an der Piazza Venezia in Rom. Von ihrem ersparten Vermögen konnte sie ihre vielen Kinder und Enkel finanziell unterstützen. Nur einmal wurde ihr gestattet, 100.000 Francs nach St. Helena zu überweisen. 1819 lehnte sie es ab, Marie-Louise in Rom zu empfangen, da diese ihrem Mann nicht gefolgt war, sondern längst mit einem anderen zusammenlebte. Nach dem Tod Napoleons 1821 lebten neben Fesch auch Lucien, Louis, und Pauline in ihrer Nähe; letztere starb 1825, Elisa war schon 1820 gestorben, Joseph nach Amerika ausgewandert. Die letzten Jahre war sie gelähmt. Als sie 1836 im Alter von 85 Jahren starb, waren von ihren Kindern nur Jérôme und Alexandrine, die Gattin Luciens, an ihrem Sterbebett.

Kinder

Von ihren insgesamt 13 Kindern überlebten nur acht. Die ersten beiden starben früh nach der Geburt. Ihr zweitältester Sohn Napoléon Bonaparte war der erste Kaiser der Franzosen, ihre anderen Kinder wurden von ihm in den Rang von europäischen Herrschern gehoben.

Bilder

Literatur

Einzelnachweise

  1. Alain Decaux Letizia, mère de l'Empereur, Ed. Amiot Dumont, 1951
  2. Die Kaisermutter
  3. Die Kaisermutter
  4. Die Kaisermutter
  5. Die Kaisermutter
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