Steht CDU-Chef Friedrich Merz als nächster Kanzler schon fest? Ganz geschlagen ist die Wahl noch nicht, der Abstand sei jedoch riesig, die anderen müssten gewaltig zulegen, damit es noch eine offene Wahl gibt. Nach tagelanger Dominanz von heimischer Innenpolitik war Montagabend der deutsche Politologe Albrecht von Lucke zu Gast bei Armin Wolf in der ZiB 2 und analysierte die Situation in Deutschland. Aber freilich waren da auch der mögliche Kanzler Herbert Kickl, die FPÖ und rechte Kräfte in Regierungen Thema.
Kommunist Hitler
Merz hat sich ja kategorisch von der AfD abgegrenzt, aber das hat sich ja auch die ÖVP monatelang von Herbert Kickl, erinnert Wolf. Ist also eine ähnliche Kehrtwende auch in Deutschland denkbar? Von Lucke antwortet hier mit einem klaren "Nein", er hält das für "völlig ausgeschlossen". Die AfD eile hier "regelrecht der österreichischen FPÖ hinterher", sagt er, der Begriff "Remigration" sei etwa "direkt von der FPÖ übernommen" worden. Und er erwähnt auch den Sager von AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel, in dem "Hitler zum Kommunisten deklariert wurde". Mit dieser Partei könnte die CDU/CSU nicht regieren, das könnte sich die CDU/CSU nicht leisten. Auch weil die AfD "völlig bricht mit der transatlantischen Verbindung Deutschlands und eher in Richtung Russland schielt". Auch wenn sie "jetzt mit Herrn Musk schwanger geht".
Warum ist diese Brandmauer in Deutschland so viel stabiler als in Österreich? Deutschland würde sich in keinem Annäherungsprozess an die AfD befinden, sagt von Lucke. In Österreich sei die FPÖ "sukzessive über die Jahre koalitions- und jetzt sogar kanzlertauglich gemacht worden". Das wolle Friedrich Merz verhindern. "Wenn die AfD weiter so wächst, dann könnte es 2029 anders aussehen", warnt er. Vor allem dann, wenn die nächste Koalition ähnlich desaströs agiert wie die Ampelkoalition. Die sei ja ein "Wachstumsprogramm für die AfD" gewesen.
Aufholjagd von Scholz "unwahrscheinlich"
Schafft Kanzler Olaf Scholz (SPD) noch eine Aufholjagd – ähnlich wie 2021? Das sei "ausgesprochen unwahrscheinlich", so von Lucke. Damals galt er als "vernünftiger Finanzminister", er habe auch vom Versagen der Kontrahenten profitiert. Ex-CDU-Vorsitzender Armin Laschet fiel damals aus, getrieben von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder. Er erinnert auch an die grüne Außenministerin Annalena Baerbock und ihr plagiiertes Buch und den gefakten Lebenslauf. Das ließ Scholz als "den Seriösen" erscheinen. Jetzt sei der "Lack vom Kanzler ab" nach drei Jahren Ampelkoalition. Daher sei eine Aufholjagd aus eigener Kraft sehr unwahrscheinlich.
Er hoffe also auf "den großen Patzer von Friedrich Merz", das sei die letzte Chance der SPD. Warum grenzen sich die Union und Söder so vehement von den Grünen ab? Söder fürchte vor allem die Freien Wähler in Bayern. Weil durch diesen Kurs eine Koalition mit den Grünen kaum mehr möglich sei, reduziere das freilich die Koalitionsmöglichkeit der CDU fast nur noch auf die SPD – dann ohne Olaf Scholz. (Astrid Ebenführer, 14.1.2025)