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Vorrichtung zur Korrektur von Mißbildungen, welche die Zusammenpassung
der Kiefer in Vorwärts- und Rückwärtsrichtung stören Die Erfindung bezieht sich
auf eine Vorrichtung, welche die Korrektur von Mißbildungen ermöglicht, welche die
richtige Zusammenpassung der Kiefer in Vorwärts- und Rückwärtsrichtung beeinträchtigen;
die Erfindung soll insbesondere die Korrektur einer Retrognathie und einer Prognathie
ermöglichen.
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Solche Korrekturen werden bekanntlich im wesentlichen durch eine
Neuabrichtung der Kaumuskeln bewirkt; diese Neuabrichtung erfolgt in der Weise,
daß die Kaumuskeln die Kinnbacke in die richtige Stellung bringen.
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Zur Korrektur einer Retrognathie sind bisher vier verschiedene Methoden
in Vorschlag gebracht worden: 1. Die Beseitigung einer Gegenwirkung, welche die
Einstellung der Normallage der beiden Kiefer verhindert. Zu dieser Methode gehört
beispielsweise die Behebung einer oberen Endognathie (ungenügende Entwicklung in
der Querrichtung). - Die Vergrößerung der Durchmesser des Oberkiefers ermöglicht
es dann, daß die Kinnbacke sich vorschiebt; die Retrognathie kommt dabei zum Verschwinden.
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2. Fortschreitende Korrektur durch Ausübung eines elastischen Zuges
zwischen den Kiefern. Es handelt sich dabei um eine klassische Methode; man muß
sich dabei auf künstliche Kräfte verlassen, wobei die Muskelwirkung außer Betracht
bleibt, ohne welche die Erzielung eines stabilen Resultates praktisch nicht möglich
ist. Es tritt im übrigen häufig ein Rückfall ein, insbesondere wenn die Korrektur
zu spät vorgenommen wird.
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3. Die myotherapeutische Behandlung. Es handelt sich dabei tatsächlich
um eine Neuabrichtung der Muskeln, die mittels einer geeigneten Gymnastik erzielt
wird. Die Durchführung dieser Methode beruht praktisch ausschließlich auf der eigenen
Initiative des Patienten, welcher erfahrungsgemäß mit mehr oder weniger großer Ausdauer
und Gründlichkeit mitmacht; besonders bedenklich ist dies bei Kindern, so daß unter
den gegebenen Umständen die bleibenden Resultate ziemlich ungewiß sind.
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4. Die etwas grobe Methode der Schwenkpunktverlagerung, bei welcher
mit einem Schlag eine Kinnbackenverschiebung vorgenommen wird.
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Dies geschieht durch Vorwärtsleiten des Kieferknochenkopfes in der
Lagerstelle am Schläfenbein, und zwar in Verbindung mit einer Neuabrichtung der
Muskulatur und der für die Korrektur erforderlichen Anderungen der Knochen. - Es
sind hierfür zahlreiche Geräte bisher in Vorschlag gebracht worden. Die klassische
Ausführung
ist das bewegliche Gerät mit Platte, welche eine nach rückwärts weisende Schrägfläche
aufweist, an welcher Monoblöcke angeheftet sind oder auch aus Runddraht gefertigte
Einrichtungen. - Bei den meisten Vorrichtungen dieser Art besteht der grundsätzliche
Nachteil, daß der Patient nicht kauen kann. Andererseits besteht der Mangel, daß
die während des Kauvorgangs erfolgende Rückkehr des Kieferknochenkopfes in die Normalstellung
seiner Lagerung die günstige Wirkung zerstört, die in den anderen Zeitpunkten dadurch
erhalten wird, daß die Kinnbacke sich in der korrigierten Lage befindet. Gerade
während des Kauvorgangs kommen die Kräfte und mithin auch die Neuabrichtung der
Muskeln am stärksten zur Wirkung. Demgemäß werden diese Kräfte gleichermaßen in
der Korrekturstellung ausgeübt. - Es ist schließlich eine Vorrichtung bekannt, bei
deren Benutzung die Kiefer mittels zweier seitlicher Lenkstangen miteinander verbunden
sind; die Lenkstangen liegen in dem Kiefervorraum und zwingen die Kinnbacke, beim
Öffnen und Schließen des Mundes einen Kreisbogen zu beschreiben, der notwendigerweise
von der physiologisch bedingten Bewegungsbahn abweicht. Die Lenkstangen bewegen
sich in je einer festen senkrechten Ebene, und zwar auf Grund der Tatsache, daß
sie mit ihren beiden Enden
an feststehenden Horizontalachsen angreifen.
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Irgendeine merkbare Bewegung in Seitwärtsrichtung ist somit bei dieser
Vorrichtung nicht möglich.
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Für die Korrektur einer Prognathie sind bisher im wesentlichen folgende
Vorrichtungen verwendet worden: 1. Die um den Schädel herumgeführten Kinnbinden;
es handelt sich dabei um außerhalb des Mundes anzubringende Hilfsmittel.
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2. Schräge, seitliche Zugschnüre, welche in dem Kiefervorraum anzubringen
sind und elastische Kräfte zwischen den Kiefern ausüben.
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3. Seitliche Lenkstangen, bei welchen natürlich die gleichen Mängel
bestehen, wie bei den Lenkstangen, die zur Korrektur einer Retrognathie Verwendung
finden.
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Die Vorrichtung nach vorliegender Erfindung lehnt sich an Geräte
der letztgenannten Art an und ist mit wenigstens einer teleskopartigen Lenkstange
ausgestattet, welche mit dem einen Ende mittels Universalgelenks an den Gaumenteil
und mit dem anderen Ende mittels Universalgelenks an den Unterkieferteil der Vorrichtung
angeschlossen ist. Die Lenkstange besteht aus zwei sich gegenseitig führenden Stangenteilen,
welche ein Öffnen des Mundes zulassen und so bemessen sind, daß das Ende des inneren
Stangenteils nach einer bestimmten Schließbewegung des Mundes in der Bohrung des
äußeren Stangenteiles zum Anschlag kommt, so daß bei der weiteren Schließbewegung
eine horizontale Kraftkomponente von zunehmender Größe gebildet wird. Es besteht
dabei also im wesentlichen die Abweichung, daß einerseits die verwendeten Lenkstangen
teleskopartig ausgebildet sind und daß andererseits diese Lenkstangen mit ihren
beiden Enden an den Kiefern mittels Universalgelenke angeschlossen sind; die Universalgelenke
bestehen dabei zweckmäßig aus Kugelpfannengelenken.
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Eine weitere Besonderheit der erfindungsgemäßen Vorrichtung besteht
mit Vorteil darin, daß die Lenkstangen nicht mehr in dem Kiefervorraum liegen, sondern
auf der Innenseite der Kiefer. Es hat sich die überraschende Tatsache ergeben, daß
die in dieser Weise angebrachten Lenkstangen für den Patienten keine ernsthafte
Behinderung bilden und daß die Kieferbögen gezwungen sind, in eine vollkommene Deckung
miteinander zu kommen. Das Kauen bleibt nach der üblichen Gewohnheit möglich, wobei
alle Bewegungen und insbesondere Seitwärtsbewegungen ausgeführt werden können. Auf
die Bewegungsbahn der Kinnbacke wird keinerlei Zwang ausgeübt, abgesehen von der
Einstellung der Kinnbacke am Ende des Bewegungsvorganges, wo die Kinnbacke gezwungen
ist, eine korrigierte Stellung einzunehmen.
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Die Erfindung soll an Hand der Zeichnungen noch näher erläutert werden,
welche in sehr schematischer Form und ohne Rücksicht auf Maßstab und Proportionen
zwei Ausführungsbeispiele veranschaulichen; die Vorrichtung nach der einen Ausführungsform
dient zur Korrektur einer Retrognathie, die zweite Ausführungsform dient zur Korrektur
einer Prognathie. In den Zeichnungen zeigt Fig. 1 ein Korrekturgerät für Retrognathie
im Längsschnitt, Fig. 2 eine Draufsicht des Gerätes nach Fig. 1, wobei das Gaumen
stück des Gerätes weggenommen ist,
Fig. 3 eine der Fig. 1 entsprechende Schnittdarstellung
eines Gerätes für die Korrektur einer Prognathie.
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Fig. 4 eine der Fig. 2 entsprechende Draufsicht des Gerätes nach
Fig. 3.
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Das Gerät nach Fig. 1 und 2 besteht im wesentlichen aus einer teleskopartigen
Lenkstange, deren rohrförmiger Schaftteil 1 einen darin gleitend geführten Stangenteil
2 von rundem Querschnitt enthält. Mit beiden Enden ist die Lenkstange mittels je
eines Universalgelenkes, zweckmäßig eines Kugelpfannengelenks 4 bzw. 5 an den Halteplatten
6, 7 angeschlossen, welche ihrerseits in dem Kieferbackenteil8 und in dem Gaumenteil
9 des Gerätes eingelassen sind. Bei der Annäherung der beiden Kiefer wird die Lenkstange
in ihren Universalgelenken verschwenkt, und zwar ausgehend von der vollständig ausgezogenen
Stellung, die in Fig 1 strichpunktiert veranschaulicht ist. Dabei gleitet der Stangenteil
2 frei im Innern des Stangenteils 1, wobei das innenliegende Ende des Stangenteils
2 einen Kreisbogen mit dem Radius R beschreibt. Entsprechend der zunehmenden Annäherung
der beiden Kiefer nähert sich das Ende des Stangenteils 2 dem Boden des rohrförmigen
Stangenteils 1, bis zu dem Augenblick, in dem das Stangenende am Boden des hohlen
Stangenteils 1 anstößt. Bei der weiteren Annäherung der Kiefer entsteht infolge
der Schräglage der Lenkstange eine Horizontal-Kamponente, welche dafür sorgt, daß
die Kinnbacke nach vorne geschoben wird, und zwar um das Maß, welches für die Korrektur
erforderlich ist.
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Es ist verständlich, daß diese Korrekturfunktion des Gerätes von
der Länge abhängig ist, welche dem Stangenteil 2 gegeben wurde. Man kann die Korrekturfunktion
mehr und mehr verstärken, wenn man in den rohrförmigen Stangenteil 1 Keile von geeigneter
Länge einsetzt, an welchen das freie Ende des Stangenteils 2 nach einer bestimmten
Schwenkbewegung anstöi3t. - An Stelle der erwähnten Keile können Federn in dem rohrförmigen
Stangenteil 1 eingesetzt werden, die passende Länge haben und die richtige Stärke
besitzen.
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Es ist weiterhin verständlich, daß die Korrekturwirkung des Gerätes
um so ausgeprägter ist, je mehr sich die schrägstehende Lenkstange der horizontalen
Lage nähert. Um die Schräglage der Lenkstange zu verändern, kann man die Einsetzstelle
des Universalgelenks 5 an den Gaumenteil 9 des Gerätes verlegen.
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Das Gerät für die Korrektur einer Prognathie, welches in einer Ausführungsform
in Fig. 3 und 4 veranschaulicht ist, besteht aus gleichen Teilen, wie das Gerät
nach Fig. 1 und 2. Das Gerät ist aber so eingerichtet, daß die Korrektur in entgegengesetztem
Sinne.erfolgt; die teleskopartige Lenkstange ist daher in entgegengesetzter Richtung
geneigt, um eine Kraftkomponente zu entwickeln, die nach rückwärts gerichtet ist.
Das Universalgelenk 5 muß demgemäß am vorderen Ende des Gaumenstücks 9 eingelassen
sein.
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Da an dem Kinnbackenteil 8 kein in der Mitte liegender Stützpunkt
verfügbar ist, ist die teleskopartige Lenkstange als Doppelstange ausgebildet, so
daß zwei kStangenteilpaarela, 2 a und ib, 2 b entstehen; die äußeren Stangenteile
la, lb sind an den beiden seitlichen Universalgelenken 4 a, 4 b angeschlossen welche
in je einen der seitlichen Schenkel des Kinnbackenteils 8 eingesetzt sind. Vorzugsweise
und um mit nur einem Universalgelenk am Gaumenteil auszukommen, sind die beiden
inneren Stangenteile 2 a
und 2 b an ihren nach außen weisenden Enden
miteinander verbunden und mittels eines kurzen Schaftes 10 verlängert, der an das
obere Universalgelenk 5 angeschlossen ist. Mit 11 a und llb sind Federn von geeigneter
Länge und Stärke bezeichnet, welche zwischen dem Boden der rohrförmigen Stangenteile
1 a, 1 b und dem freien Ende der Stangenteile 2 a, 2 b eingesetzt sind, um je nach
Wunsch die Korrekturwirkung des Gerätes zu ändern.
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Es versteht sich von selbst, daß in der Praxis die erfindungsgemäßen
Korrekturgeräte in jedem Einzelfall richtig eingestellt werden müssen, und zwar
unter Berücksichtigung des zu korrigierenden Fehlers. Im übrigen können die Einzelheiten
der dargestellten und beschriebenen Geräte im Rahmen der Erfindung zahlreiche Veränderungen
erfahren.