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Seite:Dresdner Geschichtsblätter Zweiter Band.pdf/180

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VIII. Jahrgang          1899          Nr. 3.


Von diesen Blättern erscheinen jährlich 4 Nummern im Umfange von 1½ bis 3 Bogen. Bestellpreis für den Jahrgang 3 Mark. Die Vereinsmitglieder erhalten die Blätter unentgeltlich zugesandt.


Denkwürdigkeiten eines Konservativen aus den Jahren 1848–49.
Mitgetheilt von Dr. Otto Richter.

Der Abschluß eines Halbjahrhunderts seit den Ereignissen von 1848-49 hat in Büchern, Zeitschriften und Tagesblättern eine Fluth von Erinnerungen an jene unruhigen Jahre hervorgerufen. Soweit sie sich mit den Vorgängen in Dresden beschäftigen, haben sie nicht viel Bemerkenswerthes zu Tage gefördert. Wer als bloßer Zuschauer dabei gewesen ist, vermag kaum etwas anderes als kleine Züge aus dem Leben der Straße zu schildern, die dem Gesammtbilde der Ereignisse nichts Wesentliches hinzufügen. Selbst von den Mitkämpfern jener Zeit haben nur äußerst wenige soviel Einblick in das innere Getriebe der Bewegung gehabt, daß sie darüber Aufschlüsse geben könnten. Auch die im vorigen Jahre erschienenen „Erinnerungen eines Achtundvierzigers“ von dem damaligen Barrikadenobersten Schriftsetzer Stephan Born erzählen fast nur von dem Straßenkampfe und der Flucht der Aufständischen; doch verdient es Beachtung, daß Born auf Grund eigner Beobachtung dem Russen Bakunin, der bisher immer als die Seele des Dresdner Maiaufstandes betrachtet worden ist, eine solche Bedeutung völlig abspricht und ihn als einen unklaren Schwätzer hinstellt, der sich zwar der provisorischen Regierung durch fortwährendes Dreinreden in ihre Maßnahmen sehr unbequem machte, aber auf den Gang der Dinge nicht den geringsten Einfluß hatte. Sonst ist seit den „Erinnerungen“ der Staatsminister von Beust und von Friesen nichts erschienen, was auf die Ursachen und Ziele der Bewegung und die Bethätigung der leitenden Persönlichkeiten ein helleres Licht werfen könnte. Solche das eigentlich politische Gebiet berührende Veröffentlichungen sind daher immer noch willkommen, auch wenn sie eine so ausgeprägte persönliche Färbung tragen wie die hier mitzutheilenden Denkwürdigkeiten, deren Verfasser ein hervorragendes Mitglied der damaligen konservativen Partei, der Appellationsgerichtssekretär und spätere Hofrath Friedrich Allwill Fritzsche ist[1].

Fritzsche war am 17. März 1803 als Sohn des Geh. Kabinets-Kanzlisten und nachherigen Ministerialsekretärs Karl Heinrich Fritzsche in Dresden-Neustadt geboren. Er besuchte die Kreuzschule mit ausgezeichnetem Erfolge und studirte seit Ostern 1821 in Leipzig die Rechte. Nach seiner Anstellung im Staatsdienste wurde er zunächst fünf Jahre lang bei der Grenzregulirung mit Preußen beschäftigt, alsdann hatte er beim Dresdner Justizamte die sogenannte Kameralbranche zu bearbeiten, war insbesondere bei der Gewerbe- und Personalsteuer thätig und wurde 1835 in die Lehnskanzlei beim Appellationsgericht versetzt, wo ihm die Bearbeitung der Grund- und Hypothekensachen oblag. Diese einseitige und untergeordnete Beschäftigung vermochte den geistig sehr regsamen Mann auf die Dauer nicht zu befriedigen, und er hegte den dringenden Wunsch, eine andere Verwendung, womöglich im Ministerium des Auswärtigen, zu erlangen. Waren es doch die politischen Angelegenheiten, die in den bewegten vierziger Jahren


  1. Die Originalhandschrift ist von den vier Töchtern des Verfassers, den Fräulein Fritzsche in Dresden, kürzlich dem Rathsarchive überwiesen worden.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 177. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/180&oldid=- (Version vom 17.7.2024)