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Bekanntmachung, betreffend Ausführungsbestimmungen zur Gewerbeordnung

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Gesetzestext
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Titel: Bekanntmachung, betreffend Ausführungsbestimmungen zur Gewerbeordnung.
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Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1896, Nr. 38, Seite 745 - 760
Fassung vom: 27. November 1896
Ursprungsfassung:
Bekanntmachung: 1. Dezember 1896
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(Nr. 2350.) Bekanntmachung, betreffend Ausführungsbestimmungen zur Gewerbeordnung. Vom 27. November 1896.

Auf Grund der §§. 44 Absatz 2 und 3, 56d und 60 Absatz 4 der Gewerbeordnung hat der Bundesrath nachstehende

Ausführungsbestimmungen zur Gewerbeordnung für das Deutsche Reich beschlossen.

I. Geschäftsbetrieb der Handlungsreisenden.

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1. Gold- und Silberwaarenfabrikanten und -Großhändler sind befugt, auf Grund der nach §. 44a ertheilten Legitimationskarte auch außerhalb des Gemeindebezirks ihrer gewerblichen Niederlassung, sofern diese im Inlande liegt, persönlich oder durch in ihrem Dienste stehende Reisende Gold- und Silberwaaren an Personen, die damit Handel treiben, feilzubieten und zu diesem Zweck mit sich zu führen, vorausgesetzt, daß die Waaren, welche sie feilbieten, übungsgemäß an die Wiederverkäufer im Stück abgesetzt werden. Dasselbe gilt von Taschenuhren-, Bijouterie- und Schildpattwaaren-Fabrikanten und -Großhändlern, sowie von Gewerbetreibenden, welche mit Edelsteinen, Perlen, Kameen und Korallen Großhandel treiben.
2. Weinhändler sind befugt, auf Grund der nach §. 44a ertheilten Legitimationskarte auch außerhalb des Gemeindebezirks ihrer gewerblichen Niederlassung, sofern diese im Inlande liegt, persönlich oder durch in ihrem Dienste stehende Reisende ohne vorgängige ausdrückliche Aufforderung Bestellungen auf Wein (Traubenwein einschließlich Schaumwein) bei anderen Personen zu suchen, als bei Kaufleuten oder solchen Personen, in deren Geschäftsbetriebe Waaren der angebotenen Art Verwendung finden, sowie bei Kaufleuten an anderen Orten als in deren Geschäftsräumen. Das Gleiche gilt für den Handel mit Erzeugnissen der Leinen- und Wäschefabrikation und mit Nähmaschinen.

II. Gewerbebetrieb der Ausländer im Umherziehen.

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A. Im Allgemeinen.

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1. Ausländer, welche ein Gewerbe im Umherziehen betreiben wollen, bedingen eines Wandergewerbescheines.
2. Ausgenommen von der Vorschrift in Ziffer 1 sind solche Ausländer, welche ausschließlich den Verkauf roher Erzeugnisse der Land - und Forstwirthschaft, des Garten- und Obstbaues, der Geflügel- und Bienenzucht im gewöhnlichen Grenzverkehr betreiben wollen; der Gewerbebetrieb kann jedoch untersagt werden, wenn eine der Voraussetzungen der §§. 57 Ziffer 1 bis 4, 57a oder 57b Ziffer 2 bis 4 der Gewerbeordnung vorliegt.
3. Auf die Ausübung des Gewerbebetriebes im Umherziehen, ferner auf die Ertheilung, Versagung und Zurücknahme des Wandergewerbescheines finden [746] die Bestimmungen des Titels III der Gewerbeordnung Anwendung, soweit nachstehend nicht etwas anderes bestimmt ist.
4. Die Ertheilung eines Wandergewerbescheines ist zu versagen, wenn ein Bedürfniß zur Ausstellung von Wandergewerbescheinen für Ausübung des betreffenden Gewerbes im Bezirke der Behörde nicht besteht, oder sobald für das Gewerbe, für welches der Schein nachgesucht wird, die den Verhältnissen des Verwaltungsbezirks der Behörde entsprechende Anzahl von Wandergewerbescheinen ertheilt oder ausgedehnt worden ist (vergl. Ziffer 6).
Für das Gewerbe der Topfbinder, der Kesselflicker, der Händler mit Blech- und Drahtwaaren und ähnlichen Gegenständen, der Drehorgelspieler und Dudelsackpfeifer darf ein Wandergewerbeschein außerdem nur solchen Personen ertheilt werden, welche nachweislich in dem nächst vorangegangenen Kalenderjahre einen Wandergewerbeschein für dasselbe Gewerbe erhalten haben.
Zigeunern ist der Wandergewerbeschein stets zu versagen.
5. Ausländer, welche entweder das fünfundzwanzigste Lebensjahr noch nicht überschritten haben, oder durch ihre Persönlichkeit zu erheblichen polizeilichen Bedenken Anlaß geben, sind zum Gewerbebetriebe im Umherziehen nicht zuzulassen.
Von dem Erforderniß der Vollendung des fünfundzwanzigsten Lebensjahres darf ausnahmsweise gegenüber solchen Ausländern abgesehen werden, welche nachweislich in dem nächst vorangegangenen Kalenderjahre einen Wandergewerbeschein für dasselbe Gewerbe erhalten haben.
Der ertheilte Wandergewerbeschein kann zurückgenommen werden, wenn erhebliche polizeiliche Bedenken gegen die Persönlichkeit nachträglich sich ergeben.
6. Der Wandergewerbeschein berechtigt den Inhaber, nach Entrichtung der Landessteuern sein Gewerbe im Umherziehen in dem Bezirke derjenigen Behörde zu betreiben, welche den Wandergewerbeschein ertheilt hat. Zu dem Gewerbebetriebe in einem anderen Bezirke ist die Ausdehnung des Wandergewerbescheines durch die zuständige Behörde dieses Bezirks erforderlich. Die Ausdehnung wird versagt, wenn ein Bedürfniß zur Ausübung des betreffenden Gewerbes in dem Bezirke der Behörde nicht besteht, oder sobald für die den Verhältnissen des Bezirks entsprechende Anzahl von Personen Wandergewerbescheine bereits ertheilt oder auf den betreffenden Bezirk ausgedehnt sind.
Auf die Zurücknahme der Ausdehnung findet der §. 58 der Gewerbeordnung sowie vorstehende Ziffer 5 Absatz 3 entsprechende Anwendung.
Das Recht, einen Ausländer aus dem Reichsgebiete auszuweisen, wird durch diese Bestimmungen nicht berührt.
7. Der Mangel eines festen Wohnsitzes im Inlande (§. 57b Ziffer 1 der Gewerbeordnung) ist Ausländern gegenüber als ein Grund zur Versagung des Wandergewerbescheines oder zur Versagung der Ausdehnung desselben nicht anzusehen.
8. Sowohl die Ausstellung als auch die Ausdehnung eines Wandergewerbescheines kann für eine kürzere Dauer, als das Kalenderjahr, oder für bestimmte Tage während des Kalenderjahres erfolgen. [747]
9. Die Wandergewerbescheine werden nach den unter III nachstehend bezeichneten Formularen ausgestellt.
Wenn einer der in Ziffer 4 Absatz 2 oder Ziffer 5 Absatz 2 bezeichneten Personen ein Wandergewerbeschein ertheilt wird, so ist entweder der bisherige Schein zurückzufordern und zu vernichten, oder in demselben zu vermerken, daß für das neue Kalenderjahr ein neuer Schein ausgefertigt worden ist.
10. Wer beim Gewerbebetriebe im Umherziehen andere Personen von Ort zu Ort mit sich führen will, bedarf der Erlaubniß derjenigen Behörde, welche den Wandergewerbeschein ertheilt oder ausgedehnt hat. Die Erlaubniß wird in dem Wandergewerbescheine unter näherer Bezeichnung der Personen vermerkt.
Personen, welche den an die selbständigen Gewerbetreibenden zu stellenden Anforderungen nicht entsprechen, dürfen nicht mitgeführt werden. Diese Bestimmung findet auch auf die Mitführung eines Inländers durch einen ausländischen Gewerbetreibenden und eines Ausländers durch einen inländischen Gewerbetreibenden Anwendung.
Die Erlaubniß zur Mitführung von Personen anderen Geschlechts, mit Ausnahme der Ehegatten und der über 21 Jahre alten eigenen Kinder und Enkel, kann auch dann versagt werden, wenn keiner der aus Ziffer 3 bis 5 sich ergebenden Versagungsgründe vorliegt.
11. Die auf Grund der vorstehenden Bestimmungen getroffenen Verfügungen einschließlich der Versagung der Genehmigung des Druckschriftenverzeichnisses (§. 56 Absatz 4 der Gewerbeordnung) können nur im Wege der Beschwerde an die unmittelbar vorgesetzte Aufsichtsbehörde angefochten werden.

B. Der Geschäftsbetrieb der ausländischen Handlungsreisenden im Besonderen.

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1. Auf Handlungsreisende, welche durch die in den Staatsverträgen vorgesehene Gewerbelegitimationskarte legitimirt sind, finden die Bestimmungen der Staatsverträge Anwendung. Insoweit diese Handlungsreisenden Waaren feilbieten oder Waaren bei anderen Personen als bei Kaufleuten oder solchen Personen, welche die Waaren produziren, oder an anderen Orten als in offenen Verkaufsstellen aufkaufen, finden die vorstehenden Bestimmungen unter A auf sie Anwendung. Das Gleiche gilt, wenn die Handlungsreisenden Bestellungen auf Waaren ohne vorgängige ausdrückliche Aufforderung bei anderen Personen als bei Kaufleuten in deren Geschäftsräumen oder solchen Personen, in deren Geschäftsbetriebe Waaren der angebotenen Art Verwendung finden, aufsuchen wollen, soweit es sich nicht um das Aufsuchen von Bestellungen auf Druckschriften, andere Schriften und Bildwerke oder auf die unter I 2 bezeichneten Waaren handelt.
2. Handlungsreisende, welche Staaten angehören, mit denen ein Abkommen wegen der Gewerbelegitimationskarten zwar nicht abgeschlossen, denen jedoch das Recht der Meistbegünstigung hinsichtlich des Gewerbebetriebes eingeräumt ist, bedürfen [748] zum Geschäftsbetriebe im Inlande einer Gewerbelegitimationskarte nach dem unter I anliegenden Muster.
Die Gewerbelegitimationskarte berechtigt den Inhaber in dem ganzen Gebiete des Reichs, nach Entrichtung der Landessteuern, sofern in letzterer Hinsicht nicht ein Anderes im Wege des Vertrages festgesetzt ist, zum Geschäftsbetriebe in demselben Umfange wie die unter Ziffer 1 genannten Handlungsreisenden.
Auf die Ertheilung, Versagung und Zurücknahme der Gewerbelegitimationskarte finden die Bestimmungen des Titels III der Gewerbeordnung mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, daß der Mangel eines festen Wohnsitzes im Inlande (§. 57b der Gewerbeordnung) einen Grund zur Versagung der Gewerbelegitimationskarte nicht bildet, und daß die auf Grund dieser Bestimmungen getroffenen Verfügungen nur im Wege der Beschwerde an die unmittelbar vorgesetzte Aufsichtsbehörde angefochten werden können.
3. Die aufgekauften Waaren dürfen nur behufs deren Beförderung nach dem Bestimmungsorte mitgeführt werden; von den Waaren, auf welche Bestellungen gesucht werden, dürfen nur Proben und Muster mitgeführt werden.
4. Auf die Ausübung des Geschäftsbetriebes der ausländischen Handlungsreisenden (Ziffer 1 und 2) finden die Bestimmungen des Titels III der Gewerbeordnung entsprechende Anwendung.

III. Formulare für Wandergewerbescheine.

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Die Wandergewerbescheine sind nach den unter II anliegenden Formularen auszustellen, von welchen Formular A für Inländer und Ausländer in den Fällen des §. 55 Ziffer 4 der Gewerbeordnung, und Formular B für Inländer, Formular C für Ausländer in den übrigen Fällen des Gewerbebetriebes im Umherziehen bestimmt sind.

IV. Schlußbestimmung.

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Vorstehende Bestimmungen treten mit dem 1. Januar 1897 in Kraft und an Stelle der durch die Bekanntmachungen vom 31. Oktober 1883 und 8. November 1889 (Central-Bl. für das Deutsche Reich 1883 S. 305 und 1889 S. 559) verkündeten Bestimmungen.
Berlin, den 27. November 1896.
Der Reichskanzler.

In Vertretung:
von Boetticher.

Anlage I.

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Anlage II.[1]

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Wandergewerbeschein Formular A für Inländer und Ausländer in den Fällen des §. 55 Ziffer 4 der Gewerbeordnung.

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Wandergewerbeschein Formular B für Inländer.

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Wandergewerbeschein Formular C für Ausländer.

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  1. Bemerkung. Die Formulare A, B, C werden in Buchform ausgefertigt, Formular A auf gelbem, B auf grauem, C auf rothem Papier. Der Abdruck dieser Formulare ist nur für den Wortlaut maßgebend.