ADB:Wigfried
*) (Wicfrid, Wigfrid, Wilgfrid, Wilfrid), Bischof von Verdun (958-983). In der Verduner Bischofschronik wird er als Deutscher von bairischer Herkunft bezeichnet, doch ist damit schwer zu vereinbaren, daß er mit mehreren lothringischen Edlen in naher Verwandtschaft steht. So nennt er die Grafen Leuthard, Rucwin und Richer seine Neffen und als seine Nichte wird Godila angeführt, welche den sächsischen Grafen Liuthar heirathete. Die Namen weisen ebenso wie sein eigener und der Umstand, daß er im Gebiete von Verdun reich begütert ist, auf lothringische Abstammung. Seine Ausbildung erhielt er in Köln, wo er der Leitung und des Vertrauens des Erzbischofs Brun genoß und zu seinen Mitschülern die späteren Bischöfe Dietrich von Metz, Gerhard von Toul und Everaker von Lüttich zählte. Gleich diesen verdankt auch er dem großen Lehrer die bischöfliche Würde, noch bei Lebzeiten des am 12. August 959 verstorbenen Bischofs Berengar, wahrscheinlich im J. 958, erfolgte [517] seine Erhebung zum Bischof von Verdun, wol auch dadurch veranlaßt, daß Berengar sich mit der damals dem deutschen Königshause nahestehenden karolingischen Partei verfeindet hatte. W. erwies sich auch fortan als eine treue Stütze der von Bruno geleiteten deutschen Politik in Lothringen und Frankreich. Im Auftrage des Kölner Erzbischofs betheiligte er sich an der im J. 962 im Gau von Meaux abgehaltenen Synode, welche sich mit der Besetzung des Rheimser Erzstuhles zu beschäftigen hatte, und wenig später an der Weihe des von dem karolingischen und dem deutschen Königshause begünstigten Erzbischofs Odelrich. Im Juni 965 war er mit den andern lothringischen Bischöfen auf dem großen Hoftage zu Köln anwesend und begleitete darnach den Erzbischof Bruno auf seiner zur Schlichtung der französischen Angelegenheiten unternommenen Reise nach Compiègne. Auf der Heimfahrt war er mit Dietrich von Metz Zeuge der letzten Stunden seines Gönners, der am 11. October 965 starb und dessen Leiche er zur Bestattung nach Köln geleitete. Im J. 967 begab er sich mit dem jungen König Otto II. nach Italien und nahm an der großen römischen Synode, welche über die Magdeburger Angelegenheit verhandelte, theil. Nach der Heimkehr scheint er sich vorwiegend der Fürsorge für sein Bisthum gewidmet zu haben. Er durchzog, obwol seine Gesundheit sich verschlechtert hatte und Beschwerden des Alters sich fühlbar machten, seinen Sprengel, ein bei der Unsicherheit damaliger Zeit gefährliches Geschäft, wie er ja selbst auf einer dieser Fahrten zu Vandresel in die Gefangenschaft eines adeligen Gegners, wol des Grafen Siegfried, mit dem er einen Streit wegen des Schlosses Luxemburg hatte, gerieth, sein Neffe Richer den Tod fand. Nicht minder war er bemüht, das klösterliche Leben, das gerade in seiner Diöcese erst spät wieder erwacht war, kräftig zu fördern. Bei seiner eifrigen Beschäftigung mit der Geschichte seines Bisthums war er auf die Verdienste eines seiner Vorgänger, des am 8. Februar 648 gestorbenen hl. Paulus aufmerksam geworden, zu dessen Ehren er ein Kloster zu stiften beschloß. Während seines italienischen Aufenthaltes erlangte er für seinen Plan die Billigung des Kaisers und des Papstes und erwarb mit des letzteren und des Bischofs Dietrich von Metz Unterstützung sehr werthvolle Reliquien. Nachdem er am 6. August 972 mit Gerard von Toul der Weihe zweier Altäre in Metz assistirt und Mitte September sich auf der Synode zu Ingelheim eingefunden hatte, konnte er am 10. April 973 in Gegenwart des Metzer Bischofs die Gründung des neuen Klosters, zu dessen Abt er den Blicher bestellte und das er mit reichem Besitz ausstattete, beurkunden. Auch dem von seinem Vorgänger dem mönchischen Leben wieder zurückgegebenen Kloster S. Vanne erwies er sich durch Güterschenkungen von bedeutendem Umfange günstig, welche das von Berengar begonnene Reformwerk erst sicher stellten. Der von ihm herbeigeführte Aufschwung des kirchlichen Lebens gab ihm Gelegenheit, seinen Kunstsinn zu bethätigen, indem er für eine kostbare Ausschmückung der bischöflichen Kirche und der des Paulsklosters sorgte. Auch seine litterarische Bildung scheint nicht unbedeutend gewesen zu sein, wie sich das von einem Schüler Brun’s nicht anders erwarten läßt. Zwar können zwei Briefe (D’Achery Spicilegium 12, 349 u. 356), die in dieser Hinsicht angeführt werden, nicht an ihn gerichtet sein, aber man kann in diesem Betracht an seine geschichtlichen Studien und an die sorgfältige stilistische Behandlung der von ihm ausgestellten Urkunden erinnern, in denen Anklänge an Horaz zu finden sind. Von seinem politischen Verhalten haben wir nach dem Jahre 972 keine Kunde mehr. Da Graf Gottfried von Verdun dem deutschen Kaiserhause treu ergeben war und dessen Bruder Adalbero den erzbischöflichen Stuhl von Rheims innehatte, war für W. zunächst kein Anlaß geboten, sich in dieser Hinsicht besonders hervorzuthun. Immerhin war er im J. 980 bei den Verhandlungen anwesend, welche zu dem [518] Friedensschluß zwischen Otto II. und Lothar führten. Noch bevor die schlimmen Wirren nach dem Tode Otto’s II. ausbrachen, in denen Verdun so schwere Bedrängniß zu erleiden hatte, ist W. am 31. August 983 gestorben. Sein Leichnam wurde in der Paulskirche beigesetzt.
Wigfried- Ann. S. Vitoni Verdun. Mon. Germ. SS. 10, 526. – Gesta ep. Virdun. cap. 3, SS. 4, 46 – Sigeberti Vita Deod. cap. 7, 8, 18 in SS. 4, 467, 468, 479. – Hugonis Flavin. Chron. SS. 8, 364. – Thietmari Chron. 4, cap. 39. – Richeri Hist. 3, cap. 19. – Lettres de Gerbert ed. Havet p. 39, Anm. 3, 41 Anm. 4, 95 Anm. 2. – Ann. necrol. Fuld. SS. 13, 205. – Necrol. S. Vitoni im Neuen Archiv 15, 130. – Hugo, Ann. Praemonstrat. 2b, 319 ff. – Calmet, Hist. eccl. de Lorraine2 2b, 210 ff. – Gallia Christiana 13a, 1180 u. 13b, 554. – Mon. Germ. DD. 2. Bd. DDO. II. 22, 218, DO. III. 3 wo der Schreiber vergessen hat, den Bischof als verstorben zu bezeichnen. – Wilmans, Jahrb. Otto’s III., S. 151. – Dümmler, Jahrb. Otto’s d. Gr., S. 339, 373, 395, 491. – Hist. litt. de la France 6, 28. – Archives histor. 1889, p. 36. – Sackur, Cluniacenser 1, 179 f.