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ADB:Riehl, Wilhelm Heinrich

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Artikel „Riehl, Wilhelm Heinrich“ von Henry Simonsfeld in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 53 (1907), S. 362–383, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Riehl,_Wilhelm_Heinrich&oldid=- (Version vom 30. Dezember 2024, 02:28 Uhr UTC)
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Riehl: Wilhelm Heinrich R., geboren am 6. Mai 1823 zu Bieberich am Rhein, † am 16. November 1897 zu München, Culturhistoriker, Sociologe und Novellist.

Wenn von irgend jemand behauptet werden darf, daß Jugendeindrücke bestimmend auf sein Leben eingewirkt haben, so ist dies bei Wilhelm Heinrich Riehl der Fall. Wie er selbst klar erkannt und in seinen „religiösen Studien eines Weltkindes“ bekannt hat *), sind es zwei Männer, von welchen diese entscheidenden Einflüsse ausgegangen sind: Riehl’s Vater und sein Großvater mütterlicherseits. In diesen beiden erblickte R. zugleich die charakteristischen Typen jener Uebergangsepoche, jener Periode „großer, weit auswogender Doppelströmungen des öffentlichen Lebens“, in welche seine begeisterte Jugend fiel: die ausfluthende Strömung der alten Zeit schien ihm vertreten durch den mütterlichen Großvater, die andringende neue durch den Vater.

Der erstere, Johann Philipp Giesen, ein Pfälzer aus Marnheim am Donnersberg, war zuerst Schulmeister und dann herzoglich nassauischer Haushofmeister in Bieberich, wo er bei der Geburt des Enkels im Ruhestand lebte: ein für seinen Stand kenntnißreicher, für seine Verhältnisse weit gereister Mann, eine echt deutsche, schlichte, tiefreligiöse Natur, überzeugter Lutheraner, der „den frommen Glauben in werkthätige Sittlichkeit umsetzte“ und in das empfängliche Gemüth des begabten, aufgeweckten Enkels insbesondere jene Liebe zum Wandern; jene Wanderlust pflanzte, welche R. bis an sein Lebensende als eine Haupteigenschaft begleitete. Der Großvater nahm den Enkel mit auf seinen täglichen Spaziergängen, machte ihn auf das Leben und Weben in der Natur aufmerksam, schärfte seine Beobachtung und flößte ihm durch seinen harmlosen, belehrenden Verkehr mit den Bauern auf dem Felde zugleich jenes Interesse für den Bauernstand ein, welches gleichfalls charakteristisch für Riehl’s spätere socialpolitische Untersuchungen geworden ist. Der Großvater nahm den Enkel aber auch mit zum sonntäglichen Gottesdienste – nicht in die nahe gelegene Biebericher Schloßcapelle, wo ihm die kleine Gemeinde zu vornehm und der Prediger zu glatt und höfisch war, sondern in die einfachere Pfarrkirche zu Mosbach mit den ältesten Bauern und einem schlichteren Geistlichen, sodaß R. auch seine religiöse Erziehung dem geliebten Großvater verdankte, die einen weiteren Grundton in Riehl’s Leben und Wirken bildet.

Der Einfluß des Großvaters, der bis zum 10. Lebensjahre Riehl’s dauerte, wurde gefestigt und lebendig erhalten durch dessen Tochter, Riehl’s Mutter, eine stille, bescheidene, gottergebene, aber, wie sie im entscheidenden Augenblick bewies, tapfere Frau.

Dazu kam nun von Vaters Seite die Vorliebe für Musik, der auf das Weite und große Zusammenhänge gerichtete Blick, der feste Unabhängigkeitssinn, der gesunde Humor und die Hinneigung zur Culturgeschichte, die als weitere Charaktereigenschaften Riehl’s zu bezeichnen sind.

Riehl’s Vater, 1789 geboren, war ein Kind der französischen Revolution, ein unruhiger Geist, niemals mit sich und mit der Welt zufrieden, was wohl auch mit seiner eigenthümlichen, unregelmäßigen Laufbahn zusammenhing. Obwohl er nämlich das Weilburger Gymnasium mit Auszeichnung absolvirt hatte, mußte er doch wegen der Mittellosigkeit der mit vielen Kindern gesegneten [363] Eltern ein Handwerk erlernen und wurde Tapezierer. Als solcher arbeitete er von 1808–1812 in Paris und hatte hier bei der Umgestaltung und Ausstattung der Schlösser Napoleon’s Gelegenheit, das Leben und Treiben in der damaligen Hauptstadt Europas und am Hofe Napoleon’s, wie dessen Persönlichkeit näher kennen zu lernen und reiche Erfahrungen zu sammeln. Fast wäre er freilich auch hier wieder in eine andere Laufbahn gedrängt worden. Er war von früh auf ein begeisterter und damals auch geschickter Spieler auf dem Violoncell. Durch einen Zufall wurde der berühmte Geigenkünstler Peter Rode auf das Talent des jungen Tapezierergesellen aufmerksam und suchte ihn ganz für die Musik zu gewinnen. Auch daran hinderte ihn aber seine Mittellosigkeit. Nach seiner Rückkehr in die Heimath wurde er von dem neuen Herzog von Nassau (aus der Weilburgischen Linie), dessen Jugendgespiele er gewesen, in dessen neuer Residenz Bieberich als Schloßverwalter angestellt und konnte nun bei der neuen Einrichtung des Schlosses wie bei anderen ähnlichen Gelegenheiten seine in der Praxis gewonnenen Kenntnisse und Erfahrungen praktisch verwerthen. Auf seine Dienstreisen in die Nachbarstädte nahm er auch seinen jüngeren Sohn, unsern R., mit, der dadurch mit der Welt bekannt wurde und zugleich einen ersten Einblick in die Weltgeschichte erhielt, vornehmlich durch die mancherlei werthvollen Kunstsachen, die aus den alten Schlössern und anderswoher nach der neuen Residenz Bieberich zusammengeschleppt wurden. Andererseits lernte er durch den Besuch auswärtiger Fürstlichkeiten und gekrönter Häupter am Hofe, wie eines Kaisers Nikolaus, des Königs Ludwig I. von Baiern, der Großfürstin Helene ein Stück Zeitgeschichte kennen. Ferner kam der Trieb des Vaters, seine Kenntnisse zu erweitern, auch dem jungen R. zu gute. Die Bibliothek, die der Vater sich allmählich angeschafft, bot Gelegenheit zur Lectüre, eine kleine Gemäldesammlung zu künstlerischer Anregung. Daneben wurde besonders die Liebe zur Musik durch das vom Vater ins Leben gerufene Hausquartett geweckt. Durch seine Kenntnisse, seine Gewandtheit und Geselligkeit war der frühere Tapezierergeselle und nunmehrige Schloßverwalter nach dem Urtheile einer nassauischen Prinzessin mehr und mehr nicht bloß der gebildetste Mann am Hofe, sondern auch einer der einflußreichsten geworden, zumal der alte Hofmarschall ihm auch die hauswirthschaftlichen Aufgaben überließ. Ein Wechsel im Amte brachte dann freilich Conflicte aller Art mit dem neuen Hofmarschall, der alles selbst leiten wollte; aber erst ein schwerer Unfall, den der Vater bei einem tollkühnen Uebergang über den Rhein von Mainz nach Bieberich bei schwerem Eisgang erlitt, mit darauffolgender Erkrankung, brach ihm den Hals. Der Herzog, der seinem Jugendgespielen noch immer in Gnaden gewogen war, schickte den schwerkranken Mann nach Weilburg als Verwalter des verwaisten Stammschlosses, und wenn er diese Pille auch auf jede Weise zu versüßen suchte, der Vater war doch in seinem innersten Lebensnerv getroffen. Infolge des quälenden, unerträglichen Nervenleidents griff er zuletzt zur Scheere und öffnete sich die Pulsadern.

Infolge dieser Katastrophe schien, wie früher beim Vater, so auch bei dem jungen Sohne alles bisher Erlernte und Errungene in Frage gestellt. Der junge R. hatte zuerst von Bieberich aus die Lateinschule, das Pädagogium in dem fünf Viertelstunden entfernten Wiesbaden, dann in Weilburg das Landesgymnasium besucht, das einzige im Herzogthum Nassau, dessen Einfluß auf die Entwicklung Riehl’s gleichfalls nicht zu unterschätzen ist. Es stand unter der Leitung des Oberschulraths und Director Friedrich Traugott Friedemann, eines Humanisten von der Art der holländischen Philologen des 17. und 18. Jahrhunderts, der den Schülern durch seinen Universalismus imponirte [364] und in R. die Neigung zu einer Vielseitigkeit weckte, die „vom Kleinen und Einzelnen ausgehend immer weitere Kreise zieht, um zuletzt doch immer wieder zu einem idealen Centrum zurückzukehren“. Dabei wurde auch in der Schule, ähnlich wie im Hause, fleißig Musik getrieben, Vocal- und Instrumentalmusik gepflegt. Noch in später Zeit gehörte der Rückblick auf den Chor und das Orchester des Weilburger Gymnasiums für R. zu den sonnigsten Erinnerungen seiner Gymnasialjahre, wie er andererseits selbst bekannt hat, daß er ohne den Vater und ohne das Biebericher Jugendleben weder ein Novellist noch ein Culturhistoriker geworden wäre. Die vom Großvater ererbte Wanderlust aber bethätigte R. damals theils in einsamen Fußwanderungen durch das Weilthal von der Mündung des Flusses in die Lahn bis zu den Quellen am Taunus, theils in Ferienwanderungen mit Kameraden durch den Taunus und Westerwald, am Rhein und Main; und die Freude an der Natur äußerte sich darin, daß er am liebsten in kühler Schlucht liegend oder auf einem Felsen sitzend die Meisterwerke der deutschen Litteratur, Schiller, Goethe, Klopstock, Herder, Jean Paul und daneben Walter Scott studirte, den er in jungen Jahren persönlich hatte flüchtig kennen lernen.

Der Vater war dem Zuge der Zeit entsprechend entschiedener Freimaurer und tolerant gewesen und mehr Kosmopolit als Deutscher. Seinen Sohn, der damals schon eine stille Neigung zum geistlichen Berufe in sich verspürte und wohl auch merken ließ, wollte er weder Pfarrer noch Staatsbeamter aus Eifersucht gegen das wachsende Ansehen der letzteren werden lassen: er sollte nach seinem Wunsche Arzt werden. Als er die zunehmende Zerrüttung seiner Vermögensverhältnisse erkannte, meinte er wohl, daß sein Sohn, wie er selbst, ein Handwerker, etwa ein Schuster werden müsse. Bei der Katastrophe, die durch den Selbstmord des Vaters über die Familie hereinbrach, schien dieses Wort zur Wahrheit werden zu sollen, und die Welt hätte einen hochbedeutsamen Gelehrten und Schriftsteller weniger erhalten. Aber die energische Mutter ermöglichte im Verein mit treuen Freunden, daß der Sohn noch die zwei letzten Classen des Weilburger Gymnasiums absolviren und dann die Universität beziehen konnte.

Im Hinblick auf das traurige Geschick des Vaters hatte der junge R. opfermuthig und einsichtsvoll allen früheren ehrgeizigen Plänen entsagt und wollte weiter nichts werden als ein einfacher Dorfpfarrer, weil er den Wunsch hatte, religiöses Leben auch in Anderen zu erwecken, zu läutern und zu festigen und besonders die schlichten Bauern zu belehren, zu unterstützen und zu trösten; weil er zugleich glaubte, in dieser Stellung so frei und unabhängig sein zu können, wie er es ersehnte, und endlich weil er meinte, als Pfarrer bei der vielen freien Zeit, die diesem zur Verfügung stehe, seinen Lieblingsneigungen zu poetischer Lectüre, zu künstlerisch gestaltetem Erzählen und Schreiben (worin er sich bereits versucht hatte) und namentlich zum Musiciren nach Herzenslust nachgehen und nachhängen zu können.

Für die Wissenschaft begeistert, voll höchster Lernbegier kam R. im Sommer 1841 auf die Universität Marburg. 11/2 Jahre blieb er hier und hörte bei Hupfeld Vorlesungen über Genesis, Psalmen, Jesaiah und Fundamente der hebräischen Sprache, bei Kling neutestamentliche Vorlesungen über Corinther- und Hebräerbriefe, Briefe an die Colosser, Römerbrief, bei Rettberg Kirchengeschichte, daneben auch bei dem Hegelianer Bayrhoffer und dem Schellingianer Sengler philosophische Vorlesungen. Er hatte das Glück, in Marburg einen Kreis gleichstrebender Freunde zu finden, welche verschiedenen Studien oblagen, aber die Philosophie als ein gemeinsames Band der verschiedenen Wissenschaften erkannten. Daneben wurde R. damals mächtig angeregt [365] durch Hase’s Kirchengeschichte, an dessen classischem Stile er, wie er selbst bekennt, seinen eigenen gebildet hat.

Im Winter 1842/43 bezog er die Universität Tübingen, wo er bei Baur und Landerer Dogmengeschichte und Dogmatik, bei Zeller und Vischer wieder philosophische und kunstphilosophische Vorlesungen hörte, welche letztere mit ihren „farbenvollen Erläuterungen aus Kunst und Leben“ auf seine künstlerischen Anschauungen von Einfluß wurden. Aehnlich fühlte er sich in Gießen, wohin er im Sommer 1843 ging, durch gemeinsame künstlerische Begeisterung zu Carrière hingezogen, der damals noch der jugendliche Stürmer und Dränger war, mit dem ihn später eine innige Freundschaft verband. Außerdem hörte er hier bei Fritzsche Vorlesungen über das Evangelium und die Briefe des Johannes, bei Knobel über geistliche Moral, bei Privatdocent Schilling Logik und Einleitung in die Philosophie.

R. war, wie er selbst sagt, ein armer und doch zugleich ein sehr stolzer Student. Wenn sein Wechsel sich nur auf 300 Gulden jährlich belief, so war um so größer sein vom Vater ererbter Stolz und Trotz, der ihn lieber hungern und sich Entbehrungen auferlegen ließ, als sich etwa um ein Stipendium, Freitisch und Freicolleg zu bewerben. Er wollte auf eigenen Füßen stehen und hat dies auch durchgesetzt und daraus reichen Gewinn für sein ganzes Leben gezogen. Um zu sparen, kaufte er nur wenig Bücher, las dieselben aber um so gründlicher durch. Statt, wie mancher seiner Freunde, weite Reisen zu machen, wanderte er wieder aus Sparsamkeit eifrig in den nächsten Bergen und Thälern bis in die abgelegensten Winkel herum und konnte dabei Land und Leute, das Leben des Volkes, besonders des Bauersmannes, gründlich kennen lernen.

Im Herbst 1843 bestand R. das vorgeschriebene theoretische Examen in Herborn, und zwar, wie er meinte, deshalb mit so gutem Erfolge, weil das Hauptgewicht auf die schriftliche Beantwortung von nicht weniger als 24 Fragen gelegt wurde und R. schon damals gewandt mit der Feder war. R. sollte nun ins Seminar in Herborn eintreten, um im Predigen, Katechisiren und anderen Aufgaben der Seelsorge sich zu üben. Aber er war der einzige Candidat des ganzen Herzogthums, und die Regierung fand, daß die Kosten eines Seminars mit all den nothwendigen Lehrkräften für einen einzigen Candidaten doch zu hoch seien. Sie beschloß daher, R. lieber mit einem ansehnlichen Stipendium nach Bonn zu schicken, damit er dort im homiletischen Seminar die praktischen Uebungen mitmachen und Vorlesungen über die Fächer hören könne, die in Herborn sonst gelehrt wurden. Das sollte für Riehl’s weitere Laufbahn aber entscheidend werden. Er hörte in Bonn zunächst theologische Vorlesungen bei Karl Immanuel Nitzsch ohne Verständniß und ebenso ohne Genuß über Kirchengeschichte bei Gottfried Kinkel; unter der Leitung von Sack machte er katechetische Uebungen in der Volksschule und predigte an der Universitätskirche. Aber beide traten sich nicht näher, und besonders wollte es R. nicht passen, daß er die Predigt jetzt und in Zukunft immer erst niederschreiben und dann auswendig lernen sollte. Je mehr er sich darauf gefreut hatte, durch das frei gesprochene Wort auf seine Zuhörer einst als Prediger wirken zu können, um so mehr mußte ihn eine solche Beschränkung seiner Persönlichkeit ernüchtern. Auch sonst hatte er doch schon mancherlei Schattenseiten seines zukünftigen Berufes kennen gelernt und erkannt, daß derselbe doch nicht ganz so ideal sein werde, wie er ihn sich vorgestellt, daß er ihm insbesondere nicht die gewünschte freie Zeit für seine Liebhabereien lassen werde, wie er gemeint hatte. Dazu kam, daß er durch andere Dinge in Bonn immer stärker gefesselt wurde. Da waren Ernst Moritz Arndt’s [366] begeisternde Vorträge über vergleichende Völkergeschichte, welche ihm die Augen öffneten, wie er die auf seinen Wanderungen gemachten Wahrnehmungen für die Geschichte zu verwerthen habe. Dahlmann’s Vorlesungen über Politik kehrten ihn die Bedeutung des Staates für das Gesammtwohl erkennen und leiteten ihn zur socialen Politik hinüber. Vollends hatte er hier in Bonn Gelegenheit, seine Kunststudien, denen er schon in Tübingen mit Eifer obgelegen hatte, an der Hand der Baudenkmäler in Bonn und in Köln fortzusetzen und zu ergänzen. Nachhaltigen Eindruck machten in dieser Beziehung auf ihn Schnaase’s niederländische Briefe, worin sich ihm die Kunstgeschichte mit der Culturgeschichte so innig verbunden zeigte, daß er daraus den Werth des Kunststudiums für das Volksstudium wohl erkannte. Alles dies im Verein mit den musikalischen Kunstgenüssen, die in Bonn im Theater und Concertsaale sich ihm darboten und auf die er als Landpfarrer hätte verzichten müssen, und andererseits das neue Kirchenregiment sammt mancherlei Neuerungen, die damals eingeführt wurden, bewirkte, daß R. sich allmählich zu einer Aenderung seines Berufes durchrang und im Frühjahre 1844 beschloß, der damals lockenden Aussicht auf baldige Anstellung als Pfarrer zu entsagen, um sich ganz „dem Studium des deutschen Volkes und seiner Gesittung“ zu widmen. Er wurde in diesem Entschlusse bestärkt, als er auf seiner Fußreise von Bonn nach Weilburg, wo er seine Mutter persönlich von dieser Aenderung benachrichtigen wollte, durch das Hochwasser mit Eisgang des Rheins bei Andernach und Coblenz in manche Fährlichkeiten gerieth, denen er gehobenen Muthes entrann. Er wollte nun zunächst als freier Mann schriftstellerisch thätig sein, da er zum Privatdocenten nicht das nöthige Geld hatte und auch nicht das nöthige Genie zu besitzen glaubte. Wie bisher mit 300 Gulden, so hoffte er in Zukunft mit 400 Gulden auszukommen, und diese wollte er sich erschreiben. Hatte er doch schon als 10jähriger Knabe (wie er das köstlich im „Abendfrieden“ geschildert hat) seine Kameraden auf dem Wege von Bieberich nach Wiesbaden zur Lateinschule mit selbsterfundenen Geschichten unterhalten und damit die Lust zum Fabuliren bekundet, die ihm offenbar im Blute lag. Auf der Universität hatte er neben seinen Studien seit 1841 verschiedene Aufsätze, theils musikgeschichtlichen, theils culturhistorischen, volkskundlichen Inhalts verfaßt, welche von verschiedenen belletristischen Blättern, wie der Didaskalia, dem Frankfurter Conversationsblatt angenommen und sogar ganz gut honorirt worden waren. Nachdem er auch die Einwilligung seiner Mutter dazu erlangt hatte, kehrte er nach Gießen zurück und es begannen nun seine zehn litterarischen Lehrjahre, über welche wir leider nicht in derselben trefflichen Weise wie über sein bisheriges Leben eingehend von ihm selbst unterrichtet sind. Es ist nur ein schwacher Ersatz dafür, daß wir von seiner Hand für diese und die folgende Zeit eine Anzahl von Sulzbacher Hauskalendern besitzen, in welche R. ganz kurz seine Einträge über seine Arbeiten, seine persönlichen Erlebnisse, Beziehungen zu Anderen, Familienereignisse u. s. w. zu machen pflegte, die ich dank der Liebenswürdigkeit seines Sohnes (gleich G. v. Mayr vor mir) benutzen durfte. Außerdem hat R. selbst ein genaues Verzeichniß aller seiner Arbeiten für die Jahre 1841–1853 angelegt, welches nicht weniger als 670 Nummern umfaßt. Man muß geradezu staunen über die Reichhaltigkeit und Vielseitigkeit der Productivität des ungemein frühreifen Jünglings. „Von den ersten Jahren seiner Leistungsfähigkeit an geht neben der Lectüre eine ausgedehnte litterarische Arbeit, und zwar zunächst Kleinarbeit publicistischer Art, insbesondere culturgeschichtliche, politische, auch novellistische und musikverständige Hand in Hand“ (G. v. Mayr). 1841 erschien bereits in der „Didaskalia“ seine erste in Marburg geschriebene Novelle: „Ezzelin in Padua“ [367] und ebenso bei F. Dunst in Frankfurt als Op. I ein Quartett für zwei Violinen, Alt und Violoncell; 1843 u; a.: „Bilder aus dem Lahnthal“, „Schwäbische Skizzen“, 1844: „Hessische Skizzen“, „Der deutsche Kosmopolitismus und der protestantische Rationalismus“, „Beethoven und die deutsche Nation“ u. s. w. Die folgenden Jahre brachten zu den litterarisch-musikalischen Essays – ein großer Theil der 1853 in den „Musikalischen Charakterköpfen“ vereinigten Aufsätze ist damals erschienen – besonders politische, socialpolitische und culturgeschichtliche Arbeiten in Menge infolge seiner veränderten Stellung. 1846 war er – 23jährig – zur Mitleitung der „Oberpostamtszeitung“ nach Frankfurt berufen worden. Er blieb hier freilich kaum ein Jahr, das für ihn aber in anderer Beziehung von größter Wichtigkeit werden sollte. Er verheirathete sich nämlich daselbst mit der Bühnensängerin Bertha v. Knoll, durch die er nicht nur in seinen musikalischen Neigungen eine kräftige Förderung erhielt, sondern die auch seinem ganzen übrigen Schaffen, seiner ganzen litterarischen Thätigkeit das innigste Verständniß entgegenbrachte. Er hat, wie aus jenen tagebuchartigen Aufzeichnungen ersichtlich, nichts veröffentlicht, was er nicht vorher seiner Gattin vorgelesen. Eine ganz vortreffliche Frau, wie sie war, hat sie in den 48 Jahren ihrer Ehe nicht bloß Freud und Leid mit ihm getheilt, sondern ihm auch die häuslichen Geschäfte, die gesellschaftlichen und wirthschaftlichen Pflichten, um ihn in seiner Arbeit nicht zu stören, fast ganz abgenommen und die Erziehung der Kinder geleitet in jenem „echten Familiensinn“, jener „alten, guten Familiensitte“, auf welche sich nach Riehl’s Ueberzeugung „häusliches Glück und bürgerliche Tüchtigkeit am festesten gründen lassen“ (Muncker).

Infolge von Differenzen mit dem Hauptdirector gab er seine Stellung in Frankfurt auf und siedelte 1847 nach Karlsruhe über, wo er Mitredacteur der „Karlsruher Zeitung“ wurde und dann mit dem Abgeordneten Christ den „Badischen Landtagsboten“ herausgab, der vom 9. December 1847 bis 28. März 1848 ganz von ihm verfaßt wurde, wie er auch die Verhandlungen der zweiten Kammer fast alle eigenhändig nachschrieb. Da erschienen u. a.: „Der gemeine Mann“ (der erste Keim zur späteren „bürgerlichen Gesellschaft“), „Die Proletarier der Geistesarbeit“, „Der deutsche Bürgerstand, Wehrstand, Gewerbestand, die Staatsdiener, die Bauern, zur Kritik socialer Theorien“, daneben die Geschichte vom „Eisele und Beisele“ („ein socialer Roman“) u. s. w.

Der Ausbruch der Revolution 1848 brachte eine neue Veränderung in seinem unsteten Leben. Die Häupter der gemäßigten Partei in Wiesbaden riefen ihn in die Heimath zurück, und er gründete hier die „Nassauische allgemeine Chronik“, in welcher er trotz vielfacher Anfeindung und Gegnerschaft einen entschieden conservativen Standpunkt vertrat. Die Jahre 1848 und 1849 hat er selbst später als seine wichtigste Lehrzeit, als seine „Feuerprobe in der journalistischen Laufbahn“ bezeichnet. Der sociale Gegensatz einer „stürmisch erregten und einer zäh beharrenden Volksschicht“ drängte sich ihm hier auch örtlich in den Städten und Stadtdörfern des Rhein- und Mainthales und in den Bauerndörfern des Taunus und des Westerwaldes auf. Drei Jahre lang hielt er auf diesem Posten aus und zugleich wurde er – bezeichnend für seine Vielseitigkeit – in die Commission von Vertrauensmännern berufen, welchen die Direction des Wiesbadener Hoftheaters übertragen wurde. Drei Jahre lang hat er auch dieses mühsame und verantwortungsreiche Amt – unentgeltlich – bekleidet. Die künstlerische und musikalische Leitung der Bühne oblag vornehmlich ihm, und wenn auch hier Verdruß und Aerger Hand in Hand gingen mit Freude und Genugthuung über errungene Erfolge, für seine Kenntnisse in culturhistorischer Beziehung war diese Episode gewiß von [368] nicht geringerem Gewinn als seine Thätigkeit als politischer Redacteur in jener bedeutungsvollen Zeit für seine sociologischen Studien. – Während dieses Aufenthaltes in Wiesbaden veröffentlichte er u. a. seine „Nassauische Chronik des Jahres 1848, d. i. die Geschichte der Erhebung des Nassauischen Volkes“ (1848), „Das Volkslied in seinem Einfluß auf die gesammte Entwicklung der modernen Musik“ (1849) und besonders (im Sommer 1850) „Der deutsche Bauer und der moderne Staat“ in der Cotta’schen Deutschen Vierteljahrsschrift – als eine Frucht seiner damaligen Studien nach der Natur, indem er gerade in den politisch bewegtesten Tagen nach seiner Art das Land durchwanderte und Volksgemeindeversammlungen, Landtage und Gerichtstage beobachtend besuchte.

Der Freiherr Georg v. Cotta ist es dann auch gewesen, der, von lebhaftem Interesse für Riehl’s Arbeiten erfüllt und dessen vorzügliche Arbeitskraft wohl erkennend, ihn ganz für sich, d. h. für das damals weitaus bedeutendste deutsche Blatt, für seine „Allgemeine Zeitung“ zu gewinnen wußte. Laut dem am 6. December 1850 abgeschlossenen Vertrage sollte R. speciell bei der Redaction der deutschen Partie der Allgemeinen Zeitung eintreten gegen einen jährlichen Gehalt von 1500 Gulden und selbständige Honorirung eigener Mittheilungen mit 80 Gulden für den Druckbogen. Anfang 1851 siedelte er nach Augsburg über und hier hat er wiederum drei Jahre in ungetrübtem Glück und vollster Schaffensfreudigkeit verlebt. In der „Beilage zur Allgemeinen Zeitung“ erschienen damals u. A.: Die Westerwälder Culturstudien, Die Culturbilder aus den südbairischen Hochflächen, Der Wald, Zur Gewerbegeschichte Augsburgs, u. s. w.; in der „Deutschen Vierteljahrsschrift“: Die politische Ehre, Der vierte Stand als Gegenstück zum deutschen Bauer, Die Aristokratie in ihrem socialen Berufe, Die Frauen, u. s. w. Selbständig aber veröffentlichte er damals (außer der „historisch-topographischen Skizze“ über das Schlangenbad 1851) besonders „Die bürgerliche Gesellschaft“ (1851), die „Musikalischen Charakterköpfe“, Bd. I (1853), „Land und Leute“ (1853).

Gerade diese Publicationen waren es nun aber, welche die vollste Aufmerksamkeit keines Geringeren als des damaligen Königs von Baiern, Maximilian II., erweckten. Sein Streben, alle bedeutenden Köpfe in seine Nähe und in seine Dienste zu ziehen, gab Veranlassung, daß auch mit R. Verhandlungen in dieser Richtung angeknüpft wurden, die am 14. November 1853 unter der Vermittlung des Geh. Legationsraths v. Dönniges zum Abschluß gelangten. Gegen eine jährliche Remuneration von 1800 fl. sollte R. vom 1. Januar 1854 ab die Leitung der Mittheilungen in der diesseitigen officiellen Presse, resp. der Neuen Münchener Zeitung und die Correspondenzen in auswärtige Blätter im Ministerium des kgl. Hauses und des Aeußeren übernehmen. Zugleich wurde ihm, seinem Verlangen entsprechend, eine Honorarprofessur in der staatswirthschaftlichen Facultät an der Universität München für den Beginn des Sommers 1854 bewilligt, und ihm auf seinen Wunsch Vorlesungen über Staatswissenschaft, Staatskunst, Gesellschaftswissenschaft, Volkswirthschaft und Cultur- und Staatengeschichte übertragen. So war R. in der That, wie er selbst sagt, „vom Leben zum Schreiben, vom Aufsatz zum Buch und durch das Buch zur Universität“ gekommen – zur begreiflichen, unaussprechlichen Freude seiner Mutter, der es so noch vergönnt war, die Früchte ihrer Erziehung reifen und den Sohn in angesehenerer Stellung zu sehen, als sie es sich wohl je hatte träumen lassen. Welchen Ruf damals übrigens R. besaß, beweist der Umstand, daß bald darauf zu Anfang des Jahres 1854 der Referent für Preßangelegenheiten im sächsischen Ministerium, [369] Herr v. Witzleben, ihn aufforderte, die Redaction der Leipziger Zeitung zu übernehmen, welch ehrenvollen Auftrag er aber ablehnte.

Von da ab verlief das Leben Riehl’s in ruhigeren Bahnen als zuvor und in fortwährend aufsteigender Linie. Eine Aenderung erfuhr seine dienstliche Stellung in München insofern, als vom 1. Januar 1856 ab ihm die ganze Redaction der Neuen Münchener Zeitung übertragen wurde, deren Abendblatt zu populären Veröffentlichungen aus dem Gebiete der Kunst und Wissenschaft benutzt werden sollte und zu dem die gelehrten und litterarischen Kreise Münchens in weiterem Umfange herangezogen werden sollten. – Inzwischen aber war er vom König Maximilian bereits mit vielfachen anderen Aufgaben betraut worden. Am 2. Januar 1854 wurde das vom Litteraten Lentner begonnene, vom Regierungsassessor Fentsch fortgesetzte ethnographische Werk über Baiern „behufs größerer Beschleunigung“ dem Professor R. übertragen, der die Beschreibung der Pfalz und den von Lentner unvollendet gelassenen Theil von Schwaben und Neuburg übernehmen sollte. 1857 aber erhielt er die ganze Leitung der „Bavaria“, zu der er den Plan entworfen hatte, die eine Gesammtbeschreibung Baierns in statistischer, historischer, topographischer und ethnographischer Beziehung bieten sollte. Zu gleicher Zeit sollte er auf Befehl des Königs eine Darstellung aller Anstalten und Maßregeln in sämmtlichen deutschen Staaten zur Reform der socialen Zustände, Hebung der Bevölkerung und Bekämpfung des Proletariats ausarbeiten, was ihm freilich wegen der „Bavaria“ unmöglich war. Vom 1. März 1859 an wurde er dann zum ordentlichen Professor der Culturgeschichte und Statistik an der staatswirthschaftlichen Facultät mit einem Gehalt von 1800 fl. ernannt und hatte damit nun erst eigentlich sein Ziel erreicht. Im Sommer 1863 bezog er ein eigenes kleines Haus in der Gartenstraße, das er mit Hülfe seiner Frau zu einem gemüthlichen und gemüthvollen Heim umgestaltete, worin meist alle Dienstage Freunde und Gäste empfangen wurden. Die Sommerfrische wurde mit der Familie meist in Tegernsee verbracht und von hier aus eine Reihe von Ausflügen und Wanderungen unternommen. Enge Freundschaft verband ihn mit seinen Collegen an der Universität, wie Carrière u. s. w., und mit Angehörigen des königlichen Symposions, wie Geibel und Heyse. Denn besonders durfte er sich der Freundschaft des Königs Maximilian rühmen, der ihn schon seit 1854 zu seiner berühmten Tafelrunde zugezogen hatte, mit dem er 1858 eine hochinteressante Tour durch das bairische Hochgebirge machen durfte, der ihn zu verschiedenen Arbeiten anregte und dessen idealem Streben, wie unentwegtem Lerneifer und stets auf das Beste seines Volkes gerichteten hohen Sinn er, dankerfüllt, in den „Culturgeschichtlichen Charakterköpfen“ ein unvergleichlich schönes, unvergängliches Denkmal gesetzt hat.

1870 hatte er die Redaction des von Friedrich v. Raumer begründeten „Historischen Taschenbuches“ übernommen, die er zehn Jahre lang geführt hat und zu dem er selbst manchen werthvollen Beitrag lieferte. Dazu waren seit dem Jahre 1876/77 Vorlesungen über Geschichte der Musik an der damaligen kgl. Musikschule in München gekommen, die ihm von der Regierung übertragen wurden, die er bis Sommer 1892 fortsetzte. Nichts aber spricht deutlicher für die erstaunliche Arbeitskraft Riehl’s, als daß er im April 1885 in seinem 63. Lebensjahre noch dazu das Amt eines Directors des bairischen Nationalmuseums und Generalconservators der Kunstdenkmäler und Alterthümer Baierns übernahm. Es war durchaus zutreffend, wenn die Regierung diese überraschende Ernennung damit begründete, daß es ein Hauptvorzug Riehl’s sei, daß er, „ausgerüstet mit einem ausgezeichneten culturgeschichtlichen Wissen [370] den Stoff, welcher bei der Inventarisirung (der Kunstdenkmäler) zu bearbeiten sei, zu beherrschen und zu sichten verstehe, daß er geübt sei, planvoll an eine große Arbeit zu gehen, daß er consequent und concentrirt arbeiten und daß er die Arbeit Anderer leiten könne“, wie er das bei der „Bavaria“ und beim „Historischen Taschenbuch“ vollauf gezeigt hatte. Auch dieses Amt hat er bis zum Februar 1897 mustergültig verwaltet, ohne dabei im geringsten seine anderen Obliegenheiten zu vernachlässigen. Seine akademische Lehrthätigkeit aber hat er, kaum von schwerer Krankheit genesen, bis in die ersten Wochen des Wintersemesters 1897 fortgeführt, bis der Tod seinem rastlosen Streben ein Ziel setzte.

Schon 1861 als ordentliches Mitglied in die Akademie der Wissenschaften aufgenommen, war er von seinem König außer mit dem Kronen- auch mit dem Maximiliansorden für Kunst und Wissenschaft ausgezeichnet und 1890 zum Geheimen Rath ernannt worden. Zwei Mal (1873 und 1883) hat ihm das Vertrauen seiner Collegen die Würde des Rectors der Ludwig-Maximilians-Universität übertragen. Seinem Namen aber hat er einen weit über seine engere Heimath hinausreichenden Ruf verschafft, theils durch seine schriftstellerische Thätigkeit, theils durch seine Vorlesungen an der Münchener Universität, der er immer treu geblieben, theils durch seine Wandervorträge in ganz Deutschland, in denen er, wie in den Vorlesungen, im Laufe der Jahre hunderttausende von Zuhörern begeisterte. Ein Meister der Rede und des freien Vortrags, von außerordentlicher Klarheit und Knappheit, daneben von ungemeiner Frische und Lebendigkeit, immer geistvoll, anregend und dabei witzig und unterhaltend, hat er eine geradezu glänzende Beredsamkeit besessen und wie kein Zweiter sein Publicum dauernd zu fesseln verstanden. Was er als Grundgeheimniß aller Redekunst einmal hinstellt, besaß er selbst in hervorragendem Maaße: „Da er immer wußte, was er sagen wollte, und dieses gerade heraussagte, so sprach er auch gut.“ Riehl’s Vorlesungen an der Universität umfaßten ursprünglich, entsprechend seiner ersten Anstellung, ein weites Gebiet. Im ersten Semester seiner akademischen Lehrthätigkeit, Sommer 1854, als „jüngster Professor“, wie er selbst bemerkt, las er über Ethnographie von Deutschland und Landes- und Völkerkunde des Königreichs Baiern; außerdem Encyklopädie der Cameralwissenschaften, Staatswissenschaft, Polizeiwissenschaft. Später schränkte er seine Themata ein und las regelmäßig in einem bestimmten Turnus Lehre von der „bürgerlichen Gesellschaft und Geschichte der socialen Theorien“, „System der Staatswissenschaft“ und „Culturgeschichte“, früher „Allgemeine Culturgeschichte des Mittelalters“, später „Culturgeschichte Deutschlands im Mittelalter“, ferner „Culturgeschichte der Renaissance und Reformationszeit“ und „Culturgeschichte des 18. und 19. Jahrhunderts“. In seinen Wandervorträgen aber behandelte er die mannichfachsten Themata der besonders deutschen Culturgeschichte. Im J. 1885 hatte er, wie er selbst angibt, innerhalb 14 Jahren in 487 Wandervorträgen über 112 verschiedene Themata in 106 deutschen Städten vor mehr als 180 000 Zuhörern gesprochen. Man darf diese Zahlen nahezu verdoppeln, wenn man weiß, daß er fast bis an das Ende seines Lebens dieser Thätigkeit treu geblieben ist. Eben dadurch ist er aber auch, wie ich das in meiner akademischen Festrede: „Wilhelm Heinrich Riehl als Culturhistoriker“ glaubte sagen zu dürfen, weitaus der einflußreichste, wirksamste deutsche Culturhistoriker geworden. Eine bleibende Frucht dieser Wandervorträge ist seine Sammlung „Freie Vorträge“ Bd. I (1873) und Bd. II (1885), welche namentlich auch für den Historiker sehr beachtenswerthe Beiträge enthalten.

Welche Stelle nun R. in der Geschichte der Geschichtswissenschaft und [371] speciell in der Culturgeschichte einnimmt, habe ich in der angegebenen Festrede eingehend erörtert, sodaß ich hier nur einiges daraus hervorzuheben habe. Ich habe da gezeigt, wie R. zur Culturgeschichte gelangte, wie seine Wendung zu derselben in der Zeitströmung Nahrung fand, wie die Romantik und die germanische Philologie diese Studien damals förderten. Ich habe da ferner gezeigt, wie R. die Culturgeschichte von Anfang als „Geschichte der Gesammtgesittung“ der Völker auffaßte, wozu er später noch hinzufügte: „wie sich dieselbe in Kunst, Litteratur und Wissenschaft, im wirthschaftlichen, socialen und politischen Leben und auch in Privatalterthümern ausspricht, die früher ohne Zusammenhang als Beigabe zur politischen Geschichte verabreicht wurden, während man später auch die Culturgeschichte in einem höheren Sinne auffassen lernte und als ihre Aufgabe die Ergründung der Gesetze erkannte, nach denen die Gesittung der Völker keimt, blüht, reift und stirbt; die alle historischen Specialfächer in ihren Resultaten, auch die politische oder Staatengeschichte umfaßt, dergestalt, daß die letztere aufgehen wird in ihrer Schwesterdisciplin und zuletzt daraus eine Universal-Culturgeschichte entstehen wird, deren letztes Ziel die Erkenntniß des Geistes in der Geschichte ist.“ Ich habe dabei zugleich darauf hingewiesen, daß, so modern dies klingt, doch wichtige Differenzen hinsichtlich der Methode der culturgeschichtlichen Arbeit und Betrachtung sich bei R. und beispielsweise bei Lamprecht finden. Auch R. spricht allerdings von der genetischen und vergleichenden Methode, die der Culturgeschichte nöthig sei, von der Gleichwerthigkeit aller geschichtlichen Factoren; aber er hat sich andererseits (später) entschieden gegen die Hintansetzung des Individuums gegenüber den Massen, auch zu energisch gegen die statistische und naturwissenschaftliche Methode ausgesprochen, als daß man ihn ganz der modernen Richtung zurechnen dürfte. Er ist, wie O. Lorenz, Die Geschichtswissenschaft in Hauptrichtungen und Aufgaben, Bd. I, mit Recht gezeigt hat, der Hauptvertreter der sozusagen älteren culturgeschichtlichen Richtung.

Was aber hierbei noch besonders hervorgehoben werden muß, ist dies, daß R. neben aller Richtung auf das Universelle (wie sie namentlich in seinen „Freien Vorträgen“ zu Tage tritt) immer die Nothwendigkeit des Specialisirens und Specialstudiums gerade für den Culturhistoriker nachdrücklich betont. Dies hat er auch praktisch selbst bethätigt, indem er die Volkskunde und die Kunstgeschichte als seine Specialfächer der Culturgeschichte bezeichnete, von denen er ausging. Ueber seine Auffassung von der Volkskunde und ihre Aufgabe und Tendenz hat er sich frühzeitig (1858) in einem Aufsatz ausführlich ausgesprochen. Als ihr höchstes wissenschaftliches Problem bezeichnet er die Ergründung der Naturgesetze des Volkslebens, wie er sie am besten durchgeführt findet in der „Germania“ des Tacitus, den er als Prophet der selbständigen Volkskunde preist. In neuerer Zeit habe Justus Möser durch den Nachweis des Zusammenhanges der Sitte des Volkes mit der Sittlichkeit epochemachend auf das Volksstudium eingewirkt. Weiter habe die Volkskunde durch Achenwall’s Verdienste um Selbständigmachung der Statistik, durch die Neugestaltung der Nationalökonomie seit Adam Smith, die bahnbrechende Verbindung von Geographie, Ethnographie und Geschichte durch Heeren, ferner durch die Arbeiten der rechtshistorischen Schule, die Reform der Geographie durch Ritter, die mythologischen, antiquarischen und philologischen Forschungen der Gebrüder Grimm und anderer Germanisten einen gewaltigen Aufschwung genommen, einen qualitativen und quantitativen Fortschritt erfahren. „Die moderne Ethnographie“, bemerkt er weiter, „will das Volksleben in seiner inneren Nothwendigkeit erkennen und die äußeren Thatsachen desselben als das Product aller organischen Entwicklungen der Natur, wie der geistigen und [372] materiellen Cultur eines Landes“. Ihren Mittelpunkt aber müsse die Volkskunde in der Idee der Nation finden, wenn sie wirklich eine Wissenschaft sein wolle. Die Nation aber definirt er ethnographisch als „ein durch Stamm, Sprache, Sitte und Siedelung verbundenes Ganze“. „Das sind die vier großen S, der Grund alles lebendigen Lebens, ein Urgrund, der das wandelbare Staatsleben der Völker weit überdauert und erst mit dem letzten Athemzuge des Volkes in Trümmer fällt.“ Stamm, Sprache, Sitte und Siedelung aber sind nach R. innig miteinander verbunden, voneinander abhängig. „Die Naturbedingung der Bodengestalt führt uns auf wirthschaftliche Nothwendigkeiten und diese wieder auf nothwendige Gestaltungen des Volksthums. So bedingt ein topographisches, ein wirthschaftliches Moment das andere, und aus den ökonomischen Zuständen wachsen wieder sociale Bestimmungen des Volksthums hervor.“

Den Zusammenhang von Land und Volk als „das Fundament aller socialen und politischen Entwicklung, als Ausgangspunkt aller socialen Forschungen“ nachzuweisen, war übrigens, wie R. selbst versichert, von Anbeginn das Ziel seiner schriftstellerischen Thätigkeit, und dies ist auch der Grundgedanke, der seinem bekanntesten Werke: „Die Naturgeschichte des deutschen Volkes als Grundlage einer deutschen Socialpolitik“ in 4 Bänden zu Grunde liegt. Das Werk ist freilich keineswegs aus einem Guß und nach einem vorgefaßten genauen Plane entstanden. Zuerst (1851) erschien ja der zweite Band: „Die bürgerliche Gesellschaft“, der, wie schon erwähnt, aus verschiedenen, seit 1847 veröffentlichten Aufsätzen über den „gemeinen Mann“ u. s. w. hervorgegangen ist. Hier sollte das Volk in seinen allgemeinsten Beziehungen durch sich selbst, in seiner von den örtlichen Besonderungen losgelösten Gliederung in seinen Ständen geschildert und das Verhältniß der großen natürlichen Volksgruppen zueinander nachgewiesen werden. In dem Bande: „Land und Leute“ (1853), der bei der Zusammenfassung später an die erste Stelle trat, wollte er eben diese örtlichen Besonderungen des Volkslebens behandeln, den Zusammenhang von Volksart und Landesart, das organische Erwachsen des Volksthums aus dem Boden nachweisen – und zwar auf Grund einer eigenen, von ihm erdachten (sogleich zu erwähnenden) Methode. – Den dritten Band bildet „Die Familie“ (1854), erstanden „in Tagen häuslicher Angst und Sorge und zugleich eine Quelle des Trostes und der Ermuthigung“, von der er eine ähnliche Wirkung auf die ganze deutsche Nation erwünschte und die in der That ein weitverbreitetes Hausbuch geworden ist. Sie bildet nach R. den Schlußstein, den „eigentlich schließenden Stein, der das Gewölbe erst zusammenhält“. Denn die Familie ist „der Urgrund aller organischen Gebilde in der Volkspersönlichkeit, sie ist die ursprünglichste natürliche Gliederung des Volkes“. R. weiß wohl, daß die logische Reihenfolge dieser drei Bände die umgekehrte sein sollte; aber er erklärte und vertheidigte diese Reihenfolge aus dem systemlosen Entstehen des Werkes und aus seiner Methode, da er immer von der Anschauung des Besonderen ausgehe, um durch Vergleichung und Schluß von da den Weg zum Allgemeinen zu finden, wie denn in der Familie zugleich die allgemeinsten Grundlagen des organischen Volkssthums dargestellt seien. – Dazu kam 1869, nachdem die drei früheren Bände längst mehrere Auflagen erfahren hatten, als vierter Band das „Wanderbuch“, das R. selbst als zweiten Band zu „Land und Leuten“ bezeichnet, in welchem er seine eigenartige Methode seiner Volksstudien in einer höchst originellen Einleitung dargelegt hat. Er hat immer wieder betont, seine Arbeiten seien „erwandert“. Das will heißen, daß er nicht so sehr aus Büchern und Schriften, als aus der persönlichen, lebendigen Anschauung Land und Leute studirt und dementsprechend gezeichnet [373] und geschildert habe. Diese Wanderstudien sind ihm für den Forscher auf dem Gebiete der Volkskunde gleichbedeutend mit den Forschungen in archivalischen Quellen, welche der Historiker neben den Buchstudien anzustellen hat; sie sind ihm auch ein Zurückgehen auf die ursprünglichsten Quellen. Zu dieser empirisch-naturalistischen Betrachtungsweise war er eben durch seine Kindheit und Jugend, durch die ererbte Wanderlust angeleitet worden und er hat sie mit vollendeter Meisterschaft bis ins hohe Alter fortgesetzt. „Zuerst ward ich Fußwanderer und nachher politischer Schriftsteller.“ Es geht aber schon aus jener Unterweisung in seiner Einleitung zum „Wanderbuche“ hervor, daß seine Schriften nicht bloß erwandert, sondern auch erarbeitet sind und daß man ihm, wie auch z. B. Gustav Freytag, bitter Unrecht thut, wenn man über sie als Gelehrte die Nase rümpft. Wenn R. verlangt, daß der Wanderer schon vor dem Ausmarsche mehr von der Geschichte des zu durchwandernden Landes und dessen heutigen Zuständen wissen solle, als die große Mehrzahl der gebildeten Einwohner selbst, so setzt dies ein ganz gehöriges Studium aus Büchern voraus. Und ebenso steht es mit dem Beobachten beim Wandern und dem richtigen Verwerthen des Beobachteten. Auch dies heischt eine immense, aus Büchern zu schöpfende Detailkenntniß, eine Unsumme litterarischen Wissens. Die besondere Kunst Riehl’s war es nur, davon eben gar nichts merken zu lassen, wie dies auch seine ausgesprochene Absicht war. „Wie ich durch ein lustiges Wanderleben erst in das Bücherschreiben hineingewandert bin, so sollen auch meine Bücher allerwege lustig zu lesen sein. Die Gelehrsamkeit soll darin stecken, ohne sich selbstgefällig zu präsentiren und, wenn der Autor auch mühselig und langsam, prüfend und zaudernd gearbeitet, so wünscht er doch, die Leser möchten gar nichts merken von dieser Mühsal, sondern meinen, das Buch sei nur eben so von selber geworden, nur so von ungefähr geschrieben, rasch und unverzagt, wie auf der Wanderschaft und immer mit gutem Humor und ohne daß je der Autor vorher den gelehrten Schlafrock angezogen habe.“ (Land und Leute. Vorwort zur 2. Auflage.) – R. betrachtete übrigens selbst die drei Bände seiner „Naturgeschichte“ keineswegs als etwas Abgeschlossenes, sondern lediglich als „Vorstudien“. „Es wird eine meiner nächsten Aufgaben sein“, äußerte er (1855), „das System der Staatsgesellschaft, das mir allmählich aus den in der Naturgeschichte des Volkes niedergelegten Vorstudien aufgewachsen ist, selbständig und in voller wissenschaftlicher Schärfe auszuarbeiten.“ Als letztes Ziel schwebte ihm der Gedanke vor, daß die naturgeschichtliche Untersuchung des Volkslebens zur Gesellschaftswissenschaft, zur socialen Politik führen und daß „es früher oder später möglich werden müsse, auf der Grundlage solcher naturgeschichtlicher Untersuchungen ebenso einen Kosmos des Volkslebens, einen Kosmos der Politik zu schreiben, gleich dem naturgeschichtlichen Kosmos Humboldt’s“ – ein Gedanke, den Gothein mit Recht geradezu als großartig bezeichnet hat. Dazu ist R. freilich nicht mehr gekommen; andere Arbeiten verhinderten ihn daran, aus denen hier zunächst noch sein Buch „Die deutsche Arbeit“ hervorzuheben ist, entstanden 1861 auf Veranlassung König Maximilian’s, dem auch das Buch gewidmet ist. Denn R. betrachtete es selbst als eine nothwendige Ergänzung zu der „Naturgeschichte des Volkes“, da ohne die genaue Kunde von der Arbeit und deren Gesetzen nach R. alle noch so scharfsinnigen Beobachtungen über Sitte und Charakter, über die Psyche einer Nation in der Luft stehen. Gerade bei seiner Erforschung der deutschen Volkskunde spielte ihm die Arbeit eine besondere Rolle, da er in der Arbeitskraft und Arbeitslust des deutschen Volkes – sicher nicht unberechtigt – dessen weltgeschichtlichen Ruhm erblickte.

[374] Hat R. so auch kein eigenes abgeschlossenes System hinterlassen – seine Vorlesungen liegen auch nicht gedruckt vor –, so erhebt sich doch die Frage, was er mit seiner „Naturgeschichte des deutschen Volkes“ bezweckt und geleistet hat. Riehl’s Untersuchungen über Land und Leute Deutschlands gipfeln in dem Satze, daß die deutsche Bodenoberfläche sich dreifach gliedere in deutsches Tiefland, mittelgebirgiges und hochgebirgiges Deutschland. Dieser dreifache Gegensatz zieht sich ihm auch durch die innere Welt des socialen und religiösen Volkslebens und tritt auch in der äußeren Staatengliederung zu Tage. Ihm entspricht ebenso die Dreitheilung des Klimas, welche verschiedene Ernährungssweise, Lebensart und Sitte verursacht. Dem entsprechen ebenso die Gruppen der deutschen Pflanzengeographie, die Vertheilung der Volksmassen und die geschichtliche Entwicklung der drei Volksgruppen; und ebenso wie in Siedelung und Sitte sei Deutschland auch kirchlich dreifach gegliedert; ja bis in die kleinsten Details, sogar bis in die Küche könne man diese Dreitheilung Verfolgen. Sonst scheidet R. die deutschen Landschaften in zwei große Gruppen: social centralisirte (d. i. gleichheitlich geeinigte) Ländermassen: ober- und niederdeutsche Tiefebene und individualisirte (d. i. vielgestaltig gesonderte): Mitteldeutschland. Wenn Gothein meint, diese Scheidung werde Niemand befriedigen, so ist dagegen darauf hinzuweisen, daß sich die gleiche Unterscheidung auch anderwärts findet, so in dem Buche von B. Cotta, Deutschlands Boden, sein geologischer Bau und dessen Einwirkung auf das Leben des Menschen, bei Kutzer, Das deutsche Land, und sogar noch neuerdings in einem Aufsatze von K. Joh. Fuchs, Die Epochen der deutschen Agrargeschichte und Agrarpolitik (Beil. z. Allg. Ztg. 1898, Nr. 70 u. 71) recipirt worden ist. Andererseits hebt Gothein rühmend hervor, wie außerordentlich anregend und segensreich die Wandermethode Riehl’s in den 50er und 60er Jahren auf weite Kreise der Jugend gewirkt hat, wie durch diese Einzelbeobachtung die socialen Enquêten gefördert wurden, und meint selbst, die Methode der socialen Schilderung sei dann wohl exakter geworden, aber vielseitiger, künstlerischer, als sie R. geübt, habe sie nicht werden können. Das sei aber seine eigentliche Kunst gewesen, daß er gerade den uninteressantesten Gegenden und Volksstämmen ihre Eigenart abzugewinnen gewußt habe. In der That gehört, was er z. B. über den Rheingau geschrieben, auch nach dem neuesten Urtheile (s. Beil. z. Allg. Ztg. 1903, Nr. 108) heute noch zu dem Besten. Und dasselbe darf von vielen anderen Aufsätzen gelten, wie dem „Bauernland mit Bürgerrechten“, „Ein Gang durch das Tauberthal“, „Das Gerauer Land mit seinen Kaiserstätten“, „Die Holledau“, „Eine geistliche Stadt“ (Freising), „Das Land der armen Leute; der Westerwald“, „Auf dem Wege nach Holland“ – alle gleich ausgezeichnet durch scharfsinnige Beobachtung und feinsinnige Darlegung aller natur- und culturgeschichtlichen Besonderheiten und Merkwürdigkeiten von Land und Leuten, alle zugleich Bausteine, „Prolegomena“ zum Buche von der bürgerlichen Gesellschaft, in dem er aus den örtlichen Anschauungen auf die einheitlichen Grundlagen der großen socialen Volksgruppen der ganzen deutschen Nation zu schließen suchte.

Um diesem Buche der „Bürgerlichen Gesellschaft“ gerecht zu werden, muß man, wie dies R. selbst in späteren Auflagen verlangt hat, sich vor allem in die Zeit zurückversetzen, in der es zuerst geschrieben wurde, d. h. in die Zeit von 1847–1851. „Es geht“, sagt er selbst, „durch dieses Buch ein Zug jener Aufregung und Unruhe des Jahres 1848, wie nicht minder ein Zug des darauffolgenden, tiefen Bedürfnisses nach Ordnung, Ruhe und Rückkehr zu altgewohnten, festen Formen“. R. war kraft der Mischung väterlichen und großväterlichen Charakters in ihm kein ausgesprochener Parteimann und [375] Fanatiker: er war insbesondere kein Reactionär, als welchen man ihn damals verschrieen hat. Im Gegentheil möchte er in diesen Büchern und speciell in der „Bürgerlichen Gesellschaft“ zeigen, daß „sociale Politik, d. h. eine Staatskunst, die auf das naturgeschichtliche Studium des Volkes in allen seinen Gruppen und Ständen gegründet ist, vielmehr eine vorausschreitende, ächt volksfreundliche Politik“ sei. Aber es überwog in ihm doch der großväterliche, conservative Geist. Er gesteht selbst als „Herzenswunsch“ zu, daß „eine mit liebevoller Hingabe an Art und Sitte des Volkes unternommene Durchforschung der modernen Gesellschaftszustände in letzter Instanz zur Rechtfertigung einer conservativen Socialpolitik führen müsse“. „Erhalten, um auf historischer Grundlage fortzubauen, bis das Neue selbst wieder zur historischen Grundlage der Zukunft geworden ist“ – dies war sein eigener Sinnspruch, wie er ihn zugleich als Wahlspruch einer „schöpferischen konservativen Partei“ bezeichnete. R. steht durchaus auf dem Boden einer ständischen Gliederung der Gesellschaft; zerfällt sie, so bleibt nach seiner Ansicht „auf die Dauer gar keine andere Möglichkeit, als der Sozialismus“ – und damit kann er Recht haben. Die Bildung des Bauern sei und müsse eine ganz andersartige sein, als die des Bürgers; die Wohlfahrt beider beruhe auf verschiedener Grundlage, und die Freiheit der Gesellschaft sei nur durch die in ihrer Eigenart möglichst ungestörte Entwicklung der einzelnen Gruppen gewährt. Am reinsten findet er den Standescharakter beim Bauern bewahrt, in ihm lebt nach R. das gesellschaftliche Element am reinsten, vollsten, mächtigsten. Darum behandelt er ihn auch mit besonderer Vorliebe und wünscht, daß er als eine der Hauptmächte des Beharrens vom Staate vor Allem in seiner Eigenart erhalten werde. „Der Bauer als konservative Macht im Staate muß in seiner Wucht erhöht, seines Charakters Eigenart befestigt, seine Bedürfnisse müssen beachtet werden. Er muß auch gereinigt werden von den verdorbenen Bauern. Sein fester Besitzstand muß gesichert und, wo er sich bereits zersplittert hat, wieder ausgerundet werden.“ R. hat daher seine gewichtigen Zweifel über den Nutzen der Bauernbefreiung, seine Bedenken gegen die Zehntablösung, die den Bauern nur geschadet und nur dem großen Grundbesitzer (der zugleich Großhandel mit seinen Producten treiben kann) genützt habe. R. spricht sich für die Naturalwirthschaft als die dem Bauern entsprechende gegenüber dem ausschließlichen Herrschen der Geldwirthschaft aus; er tritt entschieden ein für die strenge Gebundenheit des Bodens, ist gegen die freie Theilbarkeit und Zersplitterung des Grundbesitzes, wie er ebenso die Erhaltung des Waldes warm befürwortet, als des aristokratischen Elementes in der Bodencultur und eines der Mittel zur Erhaltung eines großen, geschlossenen Grundbesitzes. Er glaubt auch nicht recht, daß die Bauern die Vortheile genossenschaftlicher Vereinigung begreifen können und erklärt sich selbst für eine Beschränkung der Heirathserlaubniß. Vornehmlich ist er gegen die bureaukratische Regelung der Gemeindeverfassung, da die Gemeinde das Heiligthum des Bauern sei, wie er überhaupt gegen die Bureaukratie besonders eifert. Ihr schreibt er geradezu die Schuld an allen Uebeln der Zeit zu – auch wohl eine Nachwirkung seiner Jugend, wo er in seiner nassauischen Heimath dieselbe in ihren schlechtesten Gestalten hatte kennen gelernt und im eigenen väterlichen Hause selbst erfahren hatte, welches Unheil sie mitunter anstiften könne. So fraglich auch diese Bedenken im Einzelnen erscheinen mögen, sicher hat doch R. in vielem Recht und „durch seinen gesunden Konservatismus“, wie Gothein rühmt, „segensreich gewirkt“. Seine Schilderungen der Bauerngesinnung sind nach Gothein so feinsinnig, wie sie damals kein Anderer hätte geben können: es sind „Möser’sche Schilderungen aus dem Westfälischen ins Bayerische übertragen“.

[376] Ebenso ist R. für den Fortbestand des Erbadels, der Geburtsaristokratie eingetreten. Der Adel ist ihm nur ein potenzirtes Bauernthum, der große Grundbesitzer im Gegensatz zum bäuerlichen freien, kleinen Grundbesitzer. Aber freilich müsse der Adel vor allen anderen Ständen sich als Körperschaft reformiren im Sinne des Freiherrn vom Stein, im Geiste des englischen Adels, dergestalt, daß der Adelstitel nur auf den Sohn erbe. Den kleinen Bauern solle er nicht in übermächtigem Wettkampf wirthschaftlich todtschlagen, ihm vielmehr, wenn nöthig, unter die Arme greifen; seine Gelder solle er der nationalen Industrie und Kunst zuwenden.

Was endlich das Bürgerthum betrifft, so ist es nach R. gegenüber dem Bauern und dem Adel der Träger der berechtigten socialen Bewegung, der socialen Reform. Aber er bekennt sich dabei als einen Gegner der Gewerbefreiheit, die für ihn nicht bloß eine nationalökonomische Frage ist, sondern ebenso ihre sociale und politische Seite hat, und für einen Anhänger der corporativen Gestaltung des Handwerks, wie er auch für die Ablegung des Meisterstückes sich ausspricht. „Es ist Riehls Verdienst, den familiären Charakter des Handwerks erkannt zu haben und darauf zu dringen, daß es ihn bewahre, wenn es seinen alten Boden behalten will. So ist er der eigentliche Prophet jener Socialpolitik der Bauern- und Handwerkerfreundlichkeit geworden, die in unseren Tagen wieder zu einer gewissen Macht gelangt ist“ (Gothein). Neben der kurzen, prägnanten Uebersicht über die geschichtliche Rolle des Bürgerthums darf seine Schilderung des bürgerlichen Philisters als besonders gelungen bezeichnet werden. Den Hauptwerth des Riehl’schen Gesellschaftssystems aber findet Gothein in der Darstellung jener verfehlten Standesbildungen und Zersetzungserscheinungen, die wir jetzt gewöhnlich die „Declassirung“ nennen. „Ich wüßte nicht, daß vor R. diese Probleme überhaupt in solcher Schärfe gestellt und mit solcher Vielseitigkeit behandelt worden wären.“ R. begreift unter Proletariat alle, die ihren Stand verloren haben und doch in keinen anderen eingetreten sind, und dehnt damit den Begriff viel weiter aus, als es gewöhnlich geschieht. In meisterhafter psychologischer Charakteristik behandelt er so das aristokratische Proletariat, das Proletariat des Geistes und das der materiellen Arbeit und kommt zu dem Schluß, daß, nachdem der vierte Stand nun einmal da sei, die anderen Stände sich gegen ihn besonders dadurch schützen müssen, daß sie sich selbst reformiren, der Bauer wieder Bauer, der Bürger wieder Bürger werden, der Aristokrat aber sich nicht für bevorrechtigt halten und allein zu herrschen trachten solle. – Zusammenfassend aber urtheilt Gothein über Riehl’s „Bürgerliche Gesellschaft“, daß sie als Theorie einer socialen Gruppenbildung ihren Werth behalte. „Sie ist die geistreichste Darlegung einer organischen Gesellschaftslehre“, welche viel richtiger sei und höher stehe als z. B. Schäffle’s „Bau und Leben des socialen Körpers“; zu vergleichen mit dieser, wie Waldesluft und Stubenluft. Sie darf aber noch ein weiteres Verdienst in Anspruch nehmen. Sie hat nach Lamprecht die Sociologie bei uns recht eigentlich als selbständiges Fach neben den Staatswissenschaften begründet; denn schon Anfang der 50er Jahre ist R. für diese Selbständigmachung eingetreten und hat auch eigene Lehrstühle für die Gesellschaftslehre verlangt. Die moderne Sociologie berührt sich in vielen Punkten mit den Anschauungen Riehl’s. Er ist so, nach dem Ausspruch G. v. Mayr’s, einer unserer ältesten und besten Sociologen, bei dem vor allem die stark ethische, religiöse Auffassung des gesammten menschlichen Daseins und insbesondere auch der wirthschaftlichen Dinge und sein gemäßigter Conservatismus lobend hervorzuheben und nachahmenswerth sei, wenn auch Riehl’s Arbeit im Ganzen nicht fortgesetzt werden könne, eine besondere Wissenschaft [377] der erweiterten Volkskunde auf Riehl’s Methode der Erforschung von Land und Leuten sich nicht aufbauen lasse.

Aehnlich hat unser Urtheil über den dritten Band der „Naturgeschichte“, „Die Familie“, zu lauten. Wohl keines von Riehl’s Büchern fordert mehr zum Widerspruche heraus, keines ist mehr als in vielen Punkten rückständig angegriffen worden. Das hat ja auch R. selbst gefühlt, indem er, als er 1881 nach 27 Jahren die 9. Auflage davon herausgab, bemerkte, daß er es ganz hätte umarbeiten müssen, wenn er alle die inzwischen eingetretenen Wandlungen hätte berücksichtigen wollen. Zuerst kommt hier seine Stellung zur Frauenfrage in Betracht. Indem er den natürlichen Gegensatz von Mann und Weib betont und in demselben die Ungleichheit der menschlichen Berufe und somit auch die sociale Ungleichheit und Abhängigkeit als durch ein Naturgesetz begründet erachtet, will er von einer Emancipation der Frauen im modernen Sinne nichts wissen, wünscht im Gegentheil eine Emancipirung von den Frauen. Für die Emancipation der Frauen ist er nur in dem Sinne, daß er für eine bedeutend erweiterte Geltung und Berücksichtigung der Familie im modernen Staate eintritt. „Denn in der Familie stecken die Frauen.“ Er findet, daß in der Gesetzgebung und Verwaltung kaum noch ein Anfang gemacht worden sei, auf diesen Urgegensatz alles menschlichen Lebens und seine ungeheueren Folgen Rücksicht zu nehmen, und empfiehlt z. B., daß nur ein Familienvater oder Wittwer Wahlmann solle sein, Junggesellen nur im Verhältniß von 2:1 sollen gewählt werden können, wie er auch eine Hagestolzensteuer keineswegs unbedingt ablehnt. Er ist durchaus nicht blind gegen die Zunahme der unversorgten Frauen, aber als bestes Hülfsmittel dagegen räth er, den Geist der Familienhaftigkeit mehr zu pflegen. R. will auch keineswegs jede höhere Bildung von den Frauen genommen wissen und sie „gar nur in die Haushaltung schlachten“; die Bildung soll aber nach ihm nur in seltenen Ausnahmefällen Selbstzweck sein, die Frau nur ganz ausnahmsweise Profession davon machen. Als glänzendstes Beispiel echt weiblicher Wirksamkeit „in den höchsten Sphären des Geisteslebens“ gilt ihm die Freundin Goethe’s, Charlotte v. Stein. Es ist sehr fraglich, ob R. damit nicht Recht hat; ob wir uns mit dem modernen Versuche der Lösung der Frauenfrage nicht in einem verhängnißvollen Circulus vitiosus befinden, wenn wir die Frau durch erhöhte Erziehung und Bildung dem Manne gegenüber möglichst gleichberechtigt und selbständig machen wollen; ob nicht der Riehl’sche, wenn auch ausgetretene, Weg besser zum Ziele führt. Dazu können und müssen die Frauen freilich nach unserer Meinung am meisten selbst beitragen. Dazu gehört, daß sie sich, wie dies R. von den Ständen verlangt, selbst reformiren, daß sie sich von vielen äußeren Dingen emancipiren, welche der Familienhaftigkeit hinderlich sind, und dem mehr zuwenden, was dieselbe befördern kann. – Wie man aber auch darüber denken mag, jedenfalls sind es goldene, in unserer Zeit der Zersetzung besonders beachtenswerthe Worte, welche er über den ethischen Werth der Familie, über die Bedeutung der guten alten Sitte, die häusliche Erziehung, über die „erhaltende, sittigende und versittlichende Macht des Hauses“ vorbringt. Die Familie ist und bleibt ihm mit Recht „der Schwer- und Angelpunkt unseres socialpolitischen, weil nationalen Lebens“.

Wie R. es sehr treffend als einen Stolz der germanischen Volksstämme beansprucht, daß erst mit dem Eintreten des Deutschen in die Weltgeschichte die Frauen wahrhaft frei geworden, so erkennt er, wie bereits oben angedeutet, auch auf dem Gebiete der Arbeit dem deutschen Volke den höchsten Preis zu. „Die deutsche Arbeit“ Riehl’s (1861) ist eines seiner eigenartigsten, besten [378] Bücher; Gothein nennt es geradezu „ein Meisterstück einer auf Psychologie und Ethik aufgebauten sozialen Wissenschaft“. „Die Bahnen, dies er hier erschlossen hat, ohne bisher viele Nachfolger zu finden, weisen auch hier vorwärts.“ Er will hier zeigen, wie sich deutscher Geist in deutscher Arbeit kundgibt. Denn die Seele des Volkes springt nach ihm aus seiner Idee der Arbeit hervor, wie aus seiner Praxis der Arbeit. „Keiner wird dem Volk ins Herz blicken und eine wahrhafte Volkskunde schreiben, der nicht den Arbeitsgeist des Volkes zu erkennen und nach seinen positiven Charakterzügen zu zeichnen weiß.“ Demgemäß untersucht er die Land- und Stadtarbeit, die Rohproduction (Bodenbau) auf der einen, Industrie, Gewerbe, Handel und Geistesarbeit auf der anderen Seite, und ihren Einfluß auf die Sitte und Gesittung der Bauern und Bürger. Das Auszeichnende des deutschen Arbeitsgeistes, das uns dadurch nahe dem Ideal der Arbeit führe, aber findet R. einmal in „der sittlichen Hoheit, mit welcher er Motiv und Ziel der Arbeit faßt, und dann in dem Universalismus, kraft dessen er alle Zweige der Arbeit gleichmäßiger als irgend eine andere Nation durchgebildet und zur eigenthümlichsten Entwicklung geführt hat“. In höchst origineller, culturgeschichtlich interessanter Weise behandelt R. daneben hier noch viele andere Dinge, die sich auf die Arbeit beziehen, so die Arbeit in Lied und Spruch, in Sitte und Sage, die Auffassung des Volkes von der Arbeit, die Spitzbubenarbeit und besonders anziehend „die Poesie der Arbeit“.

Eine andere, noch nicht erwähnte Ergänzung zur „Naturgeschichte des deutschen Volkes“ ist sein Buch „Die Pfälzer“, gleichfalls im Auftrage und mit Unterstützung des hochsinnigen Königs Maximilian 1857 entstanden. R. wollte hier an einem einzelnen, ihm durch seine Abstammung nahe liegenden Beispiele praktisch darthun, was er in den bis dahin erschienenen drei Bänden der Naturgeschichte mehr theoretisch entwickelt hatte; er wollte die „psychologische Charakteristik einer deutschen Volksgruppe“ geben. Und nach übereinstimmendem Urtheile ist ihm dies in ganz hervorragendem Maße gelungen. Wie hier ein Stück „individualisirten“ Mitteldeutschlands gezeichnet wird, die Verschiedenheiten der beiden Haupttheile des Landes, der pfälzischen Rheinebene und des Berglandes oder der Vorderpfalz und des Westrichs geschildert und in Zusammenhang gebracht werden mit der Bodenbildung, der Bodencultur, der Anlage der Wohnorte, der Tracht, Lebensweise und der Bewohner, darf geradezu als meisterhaft bezeichnet werden und kann als Vorbild für ähnliche Aufgaben gelten.

Ein ausgezeichnetes Seitenstück hiezu ist die gleichfalls aus einer Anregung König Maximilian’s hervorgegangene und zunächst (1857) für ihn verfaßte Studie über Augsburg, welche Gothein Riehl’s „Meisterstück“ nennen möchte, hinter der mir aber andere ähnliche Skizzen in dem „Wanderbuche“ etc. kaum zurückzustehen scheinen. Wie vorzüglich er es verstanden hat, den „Genius Augsburgs in Begriff und Wort zu fassen“, habe ich in meiner Festrede dargethan.

Die Studie über Augsburg erschien in den „Culturstudien aus drei Jahrhunderten“ (1858), welche wahre Perlen feinster culturgeschichtlicher Betrachtung enthalten, wie „Das landschaftliche Auge“, „Das musikalische Ohr“ u. s. w. Seine Kunst liebe- und geistvollster Detailschilderung, vollendeter Genremalerei treten hier, wie überall, glänzend hervor.

Neben der Volkskunde hat R., wie oben erwähnt, die Kunstgeschichte früh als sein zweites specielles Arbeitsgebiet der Culturgeschichte bezeichnet. Hier ist es einmal besonders die Baugeschichte; für die er als einer der ersten die Beachtung der Culturhistoriker verlangte, indem er verschiedentlich auf die [379] Bedeutung z. B. der alten Dorfkirchen, der Kirchthürme, des Bruchsteins, des Backsteins für die Volkskunde oder auf das Verhältniß zwischen der Familie und der bürgerlichen Baukunst hinwies. Und andererseits ist es die Musik, welche ja von Jugend auf eines seiner von ihm so genannten Steckenpferde bildete, auf deren Gebiet er „ausübend, gestaltend, kritisirend, historisch und ästhetisch darstellend als Fachmann“ gearbeitet hat (Gothein). Von der Musik hat er frühzeitig die höchste Meinung gewonnen und sie schon 1853 als „kein geringes Bruchstück unserer gesammten Cultur“ bezeichnet. Bei Veröffentlichung des ersten Bandes seiner „Musikalischen Charakterköpfe“ (1853), in welchem sich seine ältesten und zugleich schriftstellerisch vollendetsten Aufsätze befinden, war es seine Absicht, zu zeigen, wie die Geschichte der Musik in ihrem organischen Zusammenhange gefaßt werden müsse mit der übrigen Kunstgeschichte, der Litteraturgeschichte und der gesammten Culturgeschichte. Ebenso verlangt er in den „Briefen an einen Staatsmann über musikalische Erziehung“ (1853 und 1858 in den „Kulturstudien“ vereinigt), daß der Musikhistoriker an der Universität mitarbeiten müsse als Culturhistoriker an der Kunstgeschichte. Und er selbst hat zahlreiche Proben abgelegt für die Richtigkeit und Durchführbarkeit dieses Satzes. Mit besonderem Geschick hat er es verstanden, die von ihm behandelten Künstler im Rahmen ihrer Zeit darzustellen und ihnen die culturgeschichtliche, socialpolitische Seite abzugewinnen. Wie prägnant zeichnet er z. B. seine Lieblinge Bach und Mendelssohn! Bach als den „stolzen Repräsentanten jenes ächten ungefälschten Bürgerthums, wie es sich selbst treu in die Verderbniß des 18. Jahrhunderts hineinlegt und das soziale Gleichgewicht herstellt gegenüber der Entsittlichung der vornehmen Welt, der Verflachung des wissenschaftlichen, der Verzopfung des künstlerischen Lebens“, während er von Mendelssohn meint, daß kein anderer Künstler so ganz in der Mitte des socialen Lebens unserer gebildeten Kreise gestanden hätte und wiederum so von diesen verstanden und gewürdigt worden wäre, wie er; Mendelssohn ist ihm „der Tondichter der damaligen feinen, gebildeten Welt“. – Namentlich sind es aber die kleinen Meister des 18. und beginnenden 19. Jahrhunderts, die er mit ausgesprochener Neigung schildert. Und hier hat er gerade dadurch eine außerordentlich dankenswerthe Anregung gegeben. R. v. Liliencron hat selbst in der „Beilage zur Allgemeinen Zeitung“ 1900, Nr. 244 erzählt, wie er durch einen Vortrag Riehl’s, den dieser 1871 in Karlsruhe hielt und dann 1873 im ersten Bande der „Freien Vorträge“ drucken ließ, „Der Musiker in der Bildergallerie“, zu dem monumentalen Werke der „Denkmäler der Tonkunst“ angeregt wurde. Zum ersten Male habe R. hier den Gedanken ausgesprochen, daß ähnlich wie auf dem Gebiete der bildenden Künste, so für die Musik eine gedruckte Sammlung von Werken der musikalischen Litteratur erstehen solle, in der man neben den Koryphäen der alten Zeit auch alle jene Künstler zweiten und dritten Ranges finden könne, in denen sich das Entstehen und Werden, wie das Ausklingen und der Uebergang zu Neuem in den verschiedenen Epochen der Musikgeschichte darstelle; nur dadurch werde die Musikgeschichte zu einer wahrhaft wissenschaftlichen werden – einer jener ursprünglichen, fruchtbringenden Gedanken, an denen R. so reich war.

Nach einer Bemerkung Gothein’s soll R. auch auf keinen Geringeren als Richard Wagner durch mehrere anonyme ältere Aufsätze, in denen er sich gegen die Salonmusik und die socialen Vorbedingungen dieser „Entartungserscheinung“ wandte, bestimmend eingewirkt haben. Muncker weiß zu berichten, daß Richard Wagner, Liszt und Bülow R. freundlich und mit aufrichtiger Hochachtung entgegenkamen, da seine großen musikgeschichtlichen [380] Kenntnisse, seine allgemein künstlerische Bildung verwandte Anschauungen erhoffen ließen; aber R. habe die ausgestreckte Hand schroff zurückgewiesen. Er ist, wie er selbst in seinem Aufsatze über Richard Wagner (in den „Kulturgeschichtlichen Charakterköpfen“) sagt, einer der ältesten Gegner desselben geblieben – hauptsächlich deshalb, weil dieser eine ihm verhaßte und, wie er glaubte, unberechtigte Alleinherrschaft, Dictatur anstrebte und nur das Musikdrama, nichts Anderes gelten ließ. In eben diesem Aufsatze, in welchem er übrigens in leidenschaftsloser, ruhiger Weise seine Stellung zu Richard Wagner erörtert, betont er ausdrücklich, daß er nicht gegen Wagner’s Musikdramen streite, sondern nur gegen dessen einseitige Richtung; er gesteht auch zu, daß Wagner melodische Erfindungsgabe besitze, aber er findet, daß derselbe sie selbst wieder „zermalmt, erdrückt und erstickt“. Jedenfalls hat er Richard Wagner voll und ganz zu würdigen nicht verstanden.

Hingegen darf es sich R. als ein entschiedenes Verdienst anrechnen, immer und immer wieder auf die Wichtigkeit und Bedeutung des deutschen Volksliedes hingewiesen zu haben, dessen Geschichte neben der litterargeschichtlichen auch ihre sociale Seite habe, in welchem er die „Verjüngungsquelle der Musik, einschließlich der Oper“ erblickte. Auch die „50 Lieder deutscher Dichter in Musik gesetzt“, die er unter dem Titel „Hausmusik“ 1855 und in 2. umgearbeiteter Auflage 1860 veröffentlichte, denen 1877 „35 neue Lieder fürs Haus“ folgten, sind in diesem Stile gehalten. „Möglichst einfach und volksmäßig sanglich, setzte er 50 Lieder deutscher Dichter aus älterer und neuester Zeit für eine Singstimme mit Clavierbegleitung. In der Hauptsache in Mendelssohn’s Manier gehalten, hier und da auch anderen, älteren Mustern nachgebildet, waren diese Gesänge in der äußeren Form meist tadellos, aber in der Erfindung unbedeutend und arm an Stimmungsgehalt, durchaus altmodisch vom ersten Augenblick an und darum künstlerisch verfehlt in einer Zeit, die mit Macht dem Neuen zustrebte.“ Diesem allzuschroffen Urtheile Muncker’s gegenüber darf wohl betont werden, daß R. selbst seine „schlichten“ Lieder nur in dem Heiligthum des Hauses und mit und vor den Freunden des Hauses gesungen, sie nicht einmal „in den Salon“ verpflanzt wissen wollte.

In der 8. Auflage von „Land und Leuten“ bemerkt R., daß seine sämmtlichen Bücher, auch die musikalischen und novellistischen, „ein sich gegenseitig stützendes Ganzes“ bilden. Und dies mit Fug und Recht. Denn alle sind, insbesondere auch seine novellistischen, culturgeschichtlich gleich wichtig für die Erkenntniß des deutschen Volksthums. Auch hier, was die letzteren betrifft, können wir uns an der Hand seiner eigenen Ausführungen am besten über die Art und Weise und die Zeit des Entstehens der einzelnen Sammlungen unterrichten. Von seinen frühesten novellistischen Erzeugnissen wollte er später nichts mehr wissen. Denn, wie er in dem launigen Vorwort zu der Sammlung „Aus der Ecke“ meinte, taugten sie nicht sonderlich viel, weil er „im Schildern von Situationen und im Ausmalen von Charakteren stecken geblieben war und ganz vergessen hatte, daß der Novellist erzählen solle.“ Dagegen darf aber doch eingeworfen werden, daß der so ungemein wirkungsvolle „Stadtpfeifer“ bereits 1846 verfaßt ist. Eben „Der Ecke“, d. h. seiner und seiner Familie traulichen Vereinigung mit Geibel, Heyse und später dem Grafen v. Schack anfangs der 50er Jahre im Nordwesten Münchens, und vornehmlich dem Einfluß von Paul Heyse schreibt er es zu, daß er über Wesen und Kunstgeheimniß der Novelle aufgeklärt wurde. Er erkannte, daß die Novelle „nichts Anderes darstellen kann, als die Conflicte eines psychologischen Problems, durch eine Geschichte gelöst, in der sparsamen, knappen Kunstform des erzählenden Vortrages.“ Indem er nun aber zum Schauplatz dieser Conflicte nicht die [381] Gegenwart nahm, sondern sie in die Vergangenheit verlegte, wurde er – im Anschlusse an Jeremias Gotthelf – der Begründer der historischen oder culturgeschichtlichen Novelle. So erschien 1856 der erste Band mit dem Titel „Culturgeschichtliche Novellen“, 1863 die „Geschichten aus alter Zeit“, 1868 das „Neue Novellenbuch“, 1874 „Aus der Ecke“, 1880 „Am Feierabend“, 1888 die „Lebensräthsel“, wozu noch der 1897 erschienene Roman „Ein ganzer Mann“ gezählt werden darf, der auch wenig mehr ist als eine größere Novelle mit dem historischen Hintergrund von 1870 und an Riehl’s Thätigkeit als „Museumsdirector“ anknüpft.

Alle seine Novellen bewegen sich – und dies ist bezeichnend – auf deutschem Boden. Man erzählt eben, meinte er einmal, am liebsten von dem, was man am liebsten hat – und das war bei ihm das deutsche Volk. So hat er mit seinen Novellen, die sich über einen Zeitraum von mehr als tausend Jahren deutscher Geschichte erstrecken, wirklich, wie er es wollte, als Novellist einen Gang durch tausend Jahre der deutschen Culturgeschichte vom 9. bis 19. Jahrhundert gemacht. Wenn auch jede seiner Novellen für sich ein kleines Genrebild ist, so hat doch jede ihren zeitgeschichtlichen Hintergrund, in dem er die einzelnen typisch ausgewählten Charaktere und ihre Schicksale in ihrem Zusammenhange mit der historischen Epoche und mit dem Volkscharakter zeichnet, und alle verbinden sich schließlich zu einem großen historischen Gesammtgemälde. Es sind auch „Bilder aus der deutschen Vergangenheit“, gleich denen Gustav Freytag’s und gleich belehrend und unterhaltend. Natürlich, daß nicht alle gleichwerthig sind. Gothein findet weniger glücklich die aus dem eigentlichen Mittelalter (wiewohl hier auch nach ihm ein „Juwel seiner Kunst“ „die Liebesbuße“ spielt), aus der Zeit des Ritterthums und der höfischen Zucht, gelungener „die aus dem Kreise der Reichsstädte, aus der Renaissance- und Reformationszeit, aus der Kleinstädterei des 17. und 18. Jahrhunderts und der Kleinstaaterei der neueren Zeit, wie den Bewegungen seiner eigenen“, setzen wir hinzu: namentlich der 40er und 50er Jahre. Insbesondere aber enthüllen seine Geschichten nach dem treffenden Urtheile von Matthias „von den mannichfachsten Seiten alle Eigenarten der deutschen Volksseele: Treue bis in den Tod und Liebe bis zur Selbstüberwindung, deutsche Gemüthstiefe und Glaubensinnigkeit, Freimuth und Unabhängigkeitsdrang, ungeschminkte Wahrhaftigkeit und derbe Kernhaftigkeit, schlichte Heldengröße und unerschütterlichen Duldersinn, freilich auch rechthaberischen Eigensinn und vertrauensselig leichte Hingabe an alles Fremde.“ Dabei sind sie voll individueller Züge aus seinem eigenen Leben: wie alle seine Schriften, ein Quellenbuch ersten Ranges. Man hat ihnen wohl Mangel an Leidenschaft vorgeworfen, aber nicht wenige entbehren auch dieser keinswegs, und, wie er selbst sagte: er wollte „weniger im Byron’schen Sinne aufregen, als im Goethe’schen anregen“. Seine in Ludwig Richter’scher Manier gehaltenen Erzählungen athmen, möchte ich sagen, jene Zufriedenheit, jenen „Abend- und Seelenfrieden“, dessen er sich selbst später erfreuen und rühmen durfte. Sie wirken durchaus harmonisch, versöhnend. Ihre Lectüre ist eine Erholung, ist ein Genuß. Seine Sprache ist echt deutsch, frei von Schwulst und Mache, schlicht und anspruchslos, doch reich an geistvollen Antithesen, frisch und munter, am rechten Platz derb und kernig und durchleuchtet von einem goldigen Humor, dabei, wie alle seine Schriften, erfüllt von einer echten, tiefen Religiosität.

Diese zeigt sich auch namentlich in seinem letzten Werke den „Religiösen Studien eines Weltkindes“, das er im Winter 1892/93 während seiner Erkrankung am grauen Star, nachdem es längst concipirt war, niederschrieb oder vielmehr dictirend niederschreiben ließ – „Geschwisterkind“, wie er selbst sagt, [382] zur „Familie“ und zur „deutschen Arbeit“. Er wollte es schreiben „als Weltkind“, d. h. „als Culturhistoriker, der seinen beobachtenden Blick auf das religiöse Leben der Gegenwart wirft und es in einer bunten Reihe seiner großen und kleinen Offenbarungen schildern will“ und „zugleich als Socialpolitiker, der sein prüfendes Auge auf die ethischen Mächte richtet, welche in unserer Zeit so gewaltig miteinander ringen, scheinbar die Religion des Volkes zerstörend, um doch ihre Unzerstörbarkeit zu erweisen.“ Bei aller Frömmigkeit doch freien Sinnes, faßte er hier offen und freimüthig nochmals alle seine Gedanken zusammen über Tod und Unsterblichkeit, Erschaffung der Welt, Abstammung des Menschengeschlechts, Verhältniß zu Gott, die Person Christi, Glauben und Wissen, die er immer – auch in seinen Vorlesungen – auf das Strengste geschieden sehen wollte, über Religion und Socialismus, die Stellung des Staates zu den Confessionen und zur Kirche, über Toleranz und andere kirchliche und religiöse Dinge, wie Kirchenbauten und Kirchenmusik, Predigt und Bestattung. Hier, wie in späteren Auflagen seiner früheren Werke, zeigte er dabei zugleich, daß er keineswegs überall schroff auf seinem einmal eingenommenen Standpunkte verharrte, daß er, obwohl eine durch und durch conservative Natur, doch zu lernen fähig und bereit war, und daß er auch Concessionen zu machen sich nicht weigerte.

R. hat selbst einmal gemeint, die Novellen seien vielleicht das Bleibendste, was er geschrieben. Aber bleibend sollte eigentlich alles sein, was er geschrieben, und das ganze Volk sollte seine Schriften lesen, weil sie fürs Volk geschrieben sind. So erfreulich es ist, daß einige seiner Bücher bereits in Schulausgaben vorliegen, ebenso erwünscht wäre es, wenn eine billige Gesammtausgabe seiner Werke veranstaltet würde: es wäre gesunde, kräftige Kost, die hier dem deutschen Volke geboten würde. Mag auch manches in seinen Schriften überholt und veraltet sein, dauernd bleibt doch die frische Art, wie sie geschrieben; dauernd bleibt der fesselnde, anregende, belehrende Inhalt seiner Schriften, der Reichthum ihrer Gedanken, die Fülle des Wissens, die man nur andeuten, nicht erschöpfend wiedergeben kann; dauernd bleibt ihr Werth als Geschichtsquelle ihrer eigenen Zeit. Und unauslöschlich wird auch der Eindruck seiner Persönlichkeit bleiben bei Allen, die ihn im Leben gekannt haben. Immer wird er deutlich vor unseren Augen stehen: der Mann mit dem mächtigen, charaktervollen Kopf und dem lebhaften Mienenspiel, das die Genialität seines Geistes offenbarte, markig, knorrig, wie eine Eiche, dabei schlicht und gerade und von einer herzgewinnenden Liebenswürdigkeit – ein ganzer, ein durch und durch echt deutscher Mann, der einer der besten Kenner und Schilderer des deutschen Volksthums, einer unserer hervorragendsten Culturhistoriker gewesen ist.

Riehl’s hauptsächliche, selbständige Schriften: 1. „Land und Leute“, 1. Aufl. 1853 (10. Aufl. 1899). 2. „Die bürgerliche Gesellschaft“, 1. Aufl. 1851 (9. Aufl. 1897). 3. „Die Familie“, 1. Aufl. 1855 (12. Aufl. 1904). 4. „Wanderbuch“, 1. Aufl. 1869 (4. Aufl. 1903); 1–4 vereinigt unter dem Titel: „Die Naturgeschichte des Volkes als Grundlage einer deutschen Socialpolitik.“ 5. „Die Pfälzer“, 1. Aufl. 1857 (2. Aufl. 1858). 6. „Die deutsche Arbeit“, 1. Aufl. 1861 (3. Aufl. 1883). 7. „Culturstudien aus drei Jahrhunderten“, 1. Aufl. 1858 (6. Aufl. 1903). 8. „Culturgeschichtliche Charakterköpfe“, 1. Aufl. 1891 (3. Aufl. 1899). 9. „Musikalische Charakterköpfe“, Bd. I, 1. Aufl. 1853; Bd. II, 1. Aufl. 1860; Bd. III, 1. Aufl. 1878. Später ist das Werk in zwei Bände vereinigt worden, wovon Bd. I in 8., Bd. II in 7. Aufl. 1897 erschienen ist. 10. „Freie Vorträge“, Bd. I 1873, Bd. II 1885. 11. „Religiöse Studien eines Weltkindes“, 1. Aufl. 1894 (5. Aufl. 1900). 12. „Culturgeschichtliche Novellen“, 1. Aufl. 1856 (5. Aufl. [383] 1902). 13. „Geschichten aus alter Zeit“, 2 Bde.; 1. Aufl. 1863–64 (3. Aufl. 1904). 14. „Neues Novellenbuch“, 1. Aufl. 1867 (3. Aufl. 1899). Nr. 12, 13, 14 erschienen zusammen (in der Reihenfolge 13, 12, 14) unter dem Titel: „Gesammelte Geschichten und Novellen“, 2 Bde. 1879. 15. „Aus der Ecke“, 1. Aufl. 1874 (4. Aufl. 1898). 16. „Am Feierabend“, 1. Aufl. 1880 (4. Aufl. 1902). 17. „Lebensräthsel“, 1. Aufl. 1858 (4. Aufl. 1906). Nr. 12 bis 17 erschienen in einer „Gesammtausgabe der Geschichten und Novellen“ in 7 Bänden 1899–1900. 18. „Ein ganzer Mann“, 1. Aufl. 1897 (2. bis 4. Aufl. 1898). 19. „Ueber den Begriff der bürgerlichen Gesellschaft“. Vortrag in der öffentl. Sitzg. der k. bair. Akad. d. Wiss. am 30. März 1864. 20. „Lessing als Universitätsfreund“. Rectoratsrede (an der Univ. München) 1873. 21. „Die Heimath der Universität“. Rectoratsrede (ebenda) 1883. 22. „Hausmusik“. 50 Lieder deutscher Dichter in Musik gesetzt, 1. Aufl. 1855 (2. Aufl. 1860). 23. „35 neue Lieder für das Haus“, 1877.

J. Friedrich in den Sitzgsber. d. phil.-philol. u. hist. Cl. d. bair. Akad. d. Wiss. 1898, S. 328 ff. – E. Gothein in den Preußischen Jahrbüchern Bd. 92, April-Heft. – K. Th. Heigel in der Chronik der Ludwig- Maximilians-Universität München 1897–98. – Laura Koepp in der Nassovia, Ztschr. für nassauische Gesch. u. Alterthumskunde 1901, Nr. 11 bis 13. – R. Koetzschke in der Dtsch. Ztschr. f. Geschichtswissensch. N. F. II. Jahrg. 1897/98 (Monatsbl. Nr. 9/10). – Th. Matthias im Vorwort zur Schulausgabe von „Land und Leute“ (1895) und in der Ztschr. f. d. deutschen Unterricht 1896, 10. Jahrg., Heft 1. – Gg. v. Mayr in dem Biographischen Jahrbuch und Deutscher Nekrolog, Bd. 3, S. 400 ff. – F. Muncker in Westermann’s Illustrirte Monatshefte 1898, Mai-Heft. – Steinhausen in der Ztschr. f. Culturgesch., Neue (4.) Folge V, 209 und in den Neuen Jahrbüchern f. d. classische Alterthum, Geschichte und deutsche Litteratur und für Pädagogik, I. Jahrg. 1898, I. u. II. Bd., 6./7. Doppelheft I, 448. – Meine Festrede in der öffentl. Sitzg. d. k. Akad. d. Wiss. am 12. November 1898.

[362] *) Ich bediene mich hier und im folgenden der eigenen Worte Riehl’s, ohne im einzelnen anzuführen, wo sie stehen.