Pasqualina Perrig-Chiello
Pasqua Maria Perrig-Chiello (genannt Pasqualina Perrig-Chiello)[1] (* 7. Oktober 1952 in Bagheria (PA), Italien;[2] heimatberechtigt in Ried-Brig[1]) ist eine Schweizer Entwicklungspsychologin und Psychotherapeutin. Sie ist emeritierte Professorin der Universität Bern mit Schwerpunkt «Entwicklungspsychologie der Lebensspanne» – insbesondere des mittleren und höheren Lebensalters.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Perrig-Chello ist mit 7 Jahren mit ihrer Familie aus Italien in die Schweiz gekommen und im Wallis aufgewachsen[3]. Sie studierte Heilpädagogik und Psychologie an der Universität Freiburg (Schweiz) und schloss das Studium 1977 mit dem Lizenziat ab.[2] 1981 wurde sie ebendort bei August Flammer (Doktorvater) und Meinrad Perrez in Entwicklungspsychologie promoviert.[2] Von 1985 bis 1995 war sie Lehrbeauftragte an der Universität Basel, daneben bildete sie sich bis 1989 am Psychiatriezentrum Oberwallis am Kreisspital Brig zur Systemischen Familientherapeutin aus.
Von 1998 bis 2002 war sie Direktorin des Institut Universitaire Kurt Bösch (IUKB) in Sion.
1996 wurde sie an der Universität Bern für Psychologie habilitiert. Bis 2003 war sie dort Privatdozentin mit Lehrauftrag und von 2003 bis zu ihrer Emeritierung 2016 Honorarprofessorin.[4]
Lehre und Forschung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ihre Lehr- und Forschungsschwerpunkte sind die Entwicklungspsychologie der Lebensspanne, die differentielle (insbesondere geschlechtstypische) Entwicklung, die Persönlichkeitsentwicklung über die Lebensspanne und die Beziehungen zwischen den Generationen. Auch methodische Aspekte von Lehre und Forschung gehören dazu. Als Forschungsgebiete nennt sie biografische Transitionen (Übergänge) in der zweiten Lebenshälfte, verschiedene Entwicklungsthemen des mittleren Lebensalters, die Mobilität im Alter, Vulnerabilität und Wachstum über die Lebensspanne, kritische Lebensereignisse und Wohlbefindensregulation, familiale Generationenbeziehungen sowie pflegende Angehörige.[4]
Sie hat in zahlreichen Projekten als Antragstellerin oder Mitantragstellerin beim Schweizerischen Nationalfonds mitgewirkt, welche ebenfalls die gesamte Lebensspanne umfassen.[5]
In ihrer Arbeit vertritt Perrig-Chiello einen ressourcenorientierten Ansatz, Herausforderungen fallen angesichts der geringer werdenden körperlichen, kognitiven und sozialen Ressourcen mit steigendem Alter umso mehr ins Gewicht. Sie betont die Gestaltungsmöglichkeiten des Individuums bei der Bewältigung von Lebensübergängen und sieht in Krisen auch Potenziale für positive Veränderungen. Ihre Forschung zielt darauf ab, Menschen dabei zu unterstützen, ihre Stärken zu erkennen und für ein erfülltes Leben einzusetzen.[6]
Sie stellt ihre Forschungsergebnisse auch einer breiten Öffentlichkeit in allgemeinverständlicher Form zur Verfügung, so z. B. in einem Blogbeitrag zur Midlife-Crisis als Chance,[7] was es braucht, um in späteren Jahren zufrieden zu sein und wie man sich gegen Schicksalsschläge wappnet[8] oder zu Fragen der Liebe im Alter.[9]
Akademische Funktionen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Perrig-Chiello war Mitglied des Hochschulrates der Hochschule für Pädagogik und Soziale Arbeit beider Basel von 2002 bis 2005.
Beim Schweizerischen Nationalfonds war sie von 2003 bis 2011 Mitglied des Forschungsrates der Abteilung I und von 2004 bis 2011 Präsidentin der Dore-Fachkommission, Abteilung I. Als Präsidentin der Leitungsgruppe des Nationalen Forschungsprogrammes 52 “Kindheit, Jugend und Generationenbeziehungen im gesellschaftlichen Wandel” beim Schweizerischen Nationalfonds amtierte sie von 2002 bis 2008. Mitglied der Expertengruppe des Nationalen Forschungsprogramms 32 „Alter“ war sie von 1992 bis 1998. Auch international hat sie sich engagiert: Als Vertreterin des Schweizerischen Nationalfonds war sie Mitglied im Standing Committee for the Social Sciences of the European Science Foundation in Strasbourg von 2004 bis 2015.[4]
Perrig-Ciello engagiert sich für die lebenslange Bildung: Von 2017 bis 2022 war sie Präsidentin des Stiftungsrates der Senioren-Universität Bern und ist seit 2022 deren Vizepräsidentin. Als Präsidentin der Vereinigung der Schweizer Seniorenuniversitäten amtete sie von 2017 bis 2022.
Privates
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Perrig-Chiello ist mit dem Psychologen Walter Perrig verheiratet, lebt im Wallis und hat zwei erwachsene Söhne.[3]
Veröffentlichungen (Auswahl)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ihre Publikationsliste umfasst 79 peer-reviewte wissenschaftliche Artikel, 29 Bücher (Monografien, Herausgeberschaften), 70 Buchbeiträge sowie zahlreiche weitere wissenschaftliche Artikel ohne peer review und Forschungsberichte.[4] ResearchGate kennt mit Stand Oktober 2024 148 Publikationen, die 2'764 mal zitiert worden sind.[10]
Populärwissenschaftliche Sachbücher
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Ihr aktuelles Buch ist Own your Age: Stark und selbstbestimmt in der zweiten Lebenshälfte. Die Psychologie der Lebensübergänge nutzen, Beltz Verlag, Weinheim, erschienen Februar 2024, 2. Auflage April 2024, 3. Auflage August 2024. ISBN 978-3-407-86800-8.[11] Sie zeigt, wie Übergänge in neue Altersphasen als Chancen genutzt und selbstbestimmt gestaltet werden können. «Egomane Selbstoptimierung» und «rücksichtlose Statuserhöhung» können nicht mehr befriedigen, die grossen Lebensfragen «nach Sinn, Spiritualität, Liebe, Teilhabe und Verbundenheit» hingegen bleiben aktuell.[12]
- Perrig-Chiello, P, (2017). Wenn die Liebe nicht mehr jung ist. Warum viele langjährige Beziehungen zerbrechen und viele andere nicht. Bern: Hogrefe. Die Autorin hat über einen Zeitraum von sechs Jahren 2000 Personen befragt. 1000 spät geschiedene und 1000 verheiratete Paare.[13] Anhand dieser Schweizer Langzeitstudie und unter Bezugnahme auf internationale Untersuchungen wird ein Bild von Liebe, Beziehung, Sex, Treue und Krisen jenseits der jungen Erwachsenenjahre vermittelt. Erkenntnisse darüber, wie Menschen miteinander umgehen und was sie von Beziehungen erwarten, eröffnen einen Einblick in eine Gesellschaft im Umbruch – und fordern zur Reflexion über das eigene Beziehungsverhalten heraus.[14]
- Perrig-Chiello, P. & Höpflinger, F. (Hrsg.)(2012). Pflegende Angehörige älterer Menschen. Bern: Huber.
- Perrig-Chiello, P. (2011, 5. überarbeitete Auflage). In der Lebensmitte. Die Entdeckung der mittleren Lebensjahre. Zürich: NZZ libro, Verlag Neue Zürcher Zeitung.
Wissenschaftliche Publikationen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Perrig-Chiello P. (2019) Widowhood. In: Gu D., Dupre M. (eds) Encyclopedia of Gerontology and Population Aging. Springer, Cham. DOI:10.1007/978-3-319-69892-2_330-1
- Perrig-Chiello, P., Spahni, S., Höpflinger, F., Carr, D. (2016). Cohort and gender differences in psychosocial adjustment to later-life widowhood. Journals of Gerontology Series B: Psychological and Social Sciences, 71, 4, 765–774, DOI:10.1093/geronb/gbv004
- Perrig-Chiello, P., Hutchison, S., Morselli, D. (2015): Patterns of psychological adaptation to divorce after a long-term marriage.Journal of Social and Personal Relationships,32(3) 386-405. DOI:10.1177/0265407514533769
- Perrig-Chiello, P. & Hutchison, S. (2010). Health and well-being in old age – the pertinence of a gender-mainstreaming approach in research. Gerontology, 56,2,208-213. DOI:10.1159/000235813
- Perrig-Chiello, P., Jäggi, S., Buschkühl, M., Stähelin, H.B. & Perrig, W. (2009): Personality and health in middle age as predictors for health, physical and psychological well-being in old age. European Journal of Ageing, 6:27–37.DOI: 10.1007/s10433-008-0102-8
- Perrig-Chiello, P. (2007). Mental health in public health – the necessity of a life-span perspective. International Journal of Public Health, 52,3,129-131. DOI:10.1007/s00038-007-7012-y
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Publikationen von und über Pasqualina Perrig-Chiello im Katalog Helveticat der Schweizerischen Nationalbibliothek
- Literatur von und über Pasqualina Perrig-Chiello im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Webseite am Institut für Psychologie der Universität Bern mit Curriculum vitae und Publikationsliste
- C.P. Simon: (Interview) Das Ende der Kompromisse GEO Wissen: Gibt es sie wirklich die Midlife-Krise? Eine Psychologin über das Alter zwischen 40 und 60
- Katrin Becker: Hallo Krise, kannst du mir helfen? SRF Kultur vom 6. Juni 2024
- Katja Richard: «Männer ertragen Einsamkeit schlechter als Frauen» Blick vom 12. März 2023
- Daniel Hell im Gespräch mit Prof. Dr. Pasqualina Perrig-Chiello am 8. September 2020 auf youtube.com
- Sternstunde Philosophie: Pasqualina Perrig-Chiello und Remo H. Largo auf srf.ch vom 21. Mai 2008
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b Stiftung Arbeitsgestaltung, Handelsregister des Kantons Zürich, abgerufen am 12. März 2018 (gestrichene Angaben).
- ↑ a b c Pasqualina Perrig-Chiello: Kausalattribuierung und Schülerleistungsbeurteilung durch den Lehrer. Dissertation, Universität Freiburg (Schweiz), 1980, Titelblatt und S. 42.
- ↑ a b Psychologieprofessorin trifft Spitzenkoch - Persönlich - SRF. Abgerufen am 15. Oktober 2024.
- ↑ a b c d Prof. em. Dr. Pasqualina Perrig-Chiello. 12. August 2022, abgerufen am 15. Oktober 2024.
- ↑ Pasqualina Perrig-Chiello im Datenportal des Schweizerischen Nationalfonds
- ↑ Leseprobe »Own your Age«: Die besten Jahre. Abgerufen am 16. Oktober 2024.
- ↑ Die Midlife-Crisis als Chance Blogbeitrag auf swisslife.com vom 8. Januar 2024
- ↑ Sarah: Obertreis: So werden Sie zufrieden alt: Wer spirituell ist, hat im Alter die besten Karten Interview mit Perrig-Chiello Faz.net vom 9. April 2014
- ↑ Gelassen älter werden Der 60+ Podcast (von Bertram Kasper). Teil 5 Liebe im Alter - Wissenschaft trifft Lebenserfahrung mit Pasqualina Perrig-Chiello (youtube.com)
- ↑ Pasqualina Perrig-Chiello auf ResearchGate.net
- ↑ Die Kunst des gelassenen zufriedenen älter Werdens - Treffpunkt - SRF. In: srf.ch. Abgerufen am 16. März 2024.
- ↑ Beat Steiger: Own your Age: Optimale Strategien des Alterns Seniorweb vom 7. Februar 2024
- ↑ Tom Levold: Wenn die Liebe nicht mehr jung ist (Rezension). systemagazin.com com 1. September 2017
- ↑ Rezension "Wenn die Liebe nicht mehr jung ist auf getabstract.com
Personendaten | |
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NAME | Perrig-Chiello, Pasqualina |
ALTERNATIVNAMEN | Perrig-Chiello, Pasqua Maria (amtlich) |
KURZBESCHREIBUNG | Schweizer Entwicklungspsychologin und Psychotherapeutin |
GEBURTSDATUM | 7. Oktober 1952 |
GEBURTSORT | Bagheria, Italien |