Kurische Sprache

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(Alt-)Kurisch

Gesprochen in

Kurland (heute Lettland und Litauen)
Sprecher (ausgestorben)
Linguistische
Klassifikation
Baltische Sprachen
  • Kurisch
Sprachcodes
ISO 639-1

ISO 639-2

bat (sonstige Baltische Sprachen)

ISO 639-3

xcu

Siedlungsgebiet der historischen Kuren um 1200 in der Umgebung der übrigen baltischen Stammesverbände (westbaltische Stämme in Grüntönen, ostbaltische Stämme in Brauntönen). Das Gebiet gehört heute im Norden zum lettischen Sprachgebiet, Region Kurland, im Süden zum litauischen Sprachgebiet, Westteil der Region Schemaiten/Niederlitauen/Samogitien.

Die kurische Sprache (lettisch kuršu valoda; litauisch kuršių kalba) zählte zu den indogermanischen Sprachen, genauer zu den baltischen Sprachen. Sie wurde ursprünglich in Kurland (West-Lettland) und Samogitien/Schemaiten/Niederlitauen (West-Litauen) von den Kuren gesprochen. Nicht verwechseln sollte man die kurische Sprache mit dem späteren Nehrungskurischen, das eine nahe Verwandtschaft zum Lettischen aufweist. Die eigentliche kurische Sprache wird zum Zweck der Abgrenzung zum Nehrungskurisch auch oft als Altkurisch bezeichnet.

Es ist nicht klar, ob Kurisch zur west- oder ostbaltischen Gruppe der baltischen Sprachen gehört. Nach einer jüngeren, aber nicht unumstrittenen Theorie handelte es sich vormals um eine westbaltische Sprache, die später durch den Einfluss ostbaltischer Sprachen zum ostbaltischen Typus wechselte.[1] Die Sprache starb wahrscheinlich im Laufe des 16. Jahrhunderts aus,[2] hinterließ aber Spuren im Lettischen (Dialekt Kurlands) und Litauischen (Schemaitischer/Niederlitauischer Dialekt). Von der Sprache sind keine schriftlichen Quellen überliefert, sie ist nur durch ein Substrat alter Lehnwörter im Litauischen (besonders im schemaitischen Dialekt) und Lettischen (besonders im westlichen Dialekt Kurlands) und durch eine Schicht geografischer Toponyme in den genannten Regionen begrenzt rekonstruierbar. Aus diesem rekonstruierten Vokabular stammt die mutmaßliche, aber umstrittene Zuordnung zu den westbaltischen Sprachen.[3]

Sprachbeispiel: Altkurisches (?) Vaterunser

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Der Chronist Simon Grunau hinterließ in seiner Preussischen Chronik 1526 ein baltischsprachiges Vaterunser, deren Sprache er als Preußisch (Prußisch) bezeichnete, sich aber von anderen überlieferten altpreußischen Vaterunsers sehr unterschied, möglicherweise durch Irrtümer der Informanten falsch zugeordnet wurde. Im 19. Jahrhundert identifizierte es Adalbert Bezzenberger als wahrscheinlich deutlichen preußischen Dialekt vom westbaltischen Typ, aber schon Rudolf Philippi, Max Perlbach und P. Wagner beobachteten 1876 Ähnlichkeiten einiger Teile zum rekonstruierten Altkurischen. Zuletzt arbeitete Wolfgang P. Schmid 1961 heraus, dass die Sprache dem Altlettischen etwas näher steht, als dem Altpreußischen, möglicherweise also Altkurisch vielleicht mit späten, schon lettisch überformten Elementen ist.[4] Der Text lautet:

nossen thewes cur thu es delbas
sweytz gischer tho wes wardes
penag munis tholbe mystlastilbi
tolpes prahes girkade delbeszisne
tade symmes semmes worsunii
dodi mommys an nosse igdemas mayse
unde gaytkas pames mumys nusze noszeginu
cademes pametam musen prettane kans
newede munis lawnā padomā
swalbadi munis nowusse loyne
Jhesus amen[5]

Zum Sprachvergleich mit den in Wortschatz, Satzbau und Grammatik teilweise deutlich verschiedenen nehrungskurischen, altpreußischen, lettischen, litauischen und jatwingischen Vaterunser, siehe Sprachvergleich baltischer und finno-ugrischer Vaterunser.

Einzelnachweise

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  1. Pietro U. Dini: Foundations of Baltic Languages. Vilnius 2014, S. 295 zuletzt 1981 von Vytautas Mažiulis weiter fundiert.
  2. Harald Haarmann: Kurisch. In: Milos̆ Okuka, Gerald Krenn (Hrsg.): Lexikon der Sprachen des europäischen Ostens (= Wieser-Enzyklopädie des Europäischen Ostens, Bd. 10). Wieser, Klagenfurt/Wien 2008, ISBN 978-3-85129-510-8, S. 957.
  3. Pietro U. Dini: Foundations of Baltic Languages. Vilnius 2014, S. 295–297.
  4. Pietro U. Dini: Foundations of Baltic Languages. Vilnius 2014, S. 297.
  5. Zitiert nach Pietro U. Dini: Foundations of Baltic Languages. Vilnius 2014, S. 297.