Karl Heinrich Waggerl

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Denkmal für Karl Heinrich Waggerl in St. Johann im Pongau
Grabstelle für Karl Heinrich Waggerl und seine Frau Dita in Wagrain
Waggerlhaus in Wagrain

Karl Heinrich Waggerl, geboren als Karl Waggerl (* 10. Dezember 1897[1] in Bad Gastein; † 4. November 1973 in Schwarzach im Pongau), war ein österreichischer Schriftsteller.

Karl Waggerl – den zweiten Vornamen „Heinrich“ legte er sich erst als Schriftsteller zu –[2] besuchte gemeinsam mit seinem späteren langjährigen Freund und Wegbegleiter Karl Springenschmid die Lehrerbildungsanstalt Salzburg. Dort legte er jedoch nicht das Examen ab, sondern meldete sich im Ersten Weltkrieg 1916 freiwillig zum Dienst beim Infanterieregiment 59, mit dem er den Stellungskrieg am Isonzo erlebte. Am 30. Juni 1918 geriet er, inzwischen Leutnant, in italienische Kriegsgefangenschaft. Dort erkrankte er durch Unterernährung an Tuberkulose. Nach seiner Entlassung am 26. August 1919 musste Waggerl aufgrund dieses Leidens seinen 1920 ergriffenen Beruf als Dorfschullehrer in Wagrain (Pongau) bereits 1923, mit 27 Jahren, wieder aufgeben. Im vorzeitigen Ruhestand begann er zuerst zu malen, dann zu schreiben.[3] Zeit seines Lebens blieb er durch seine Kriegserfahrungen pazifistisch geprägt.

Sein Erstlingsroman Brot, inspiriert von Knut Hamsun, erschien 1930 im Insel-Verlag. In seinen populären Erzählungen und Romanen thematisierte Waggerl – zunehmend idealisierend – das Landleben. Von August 1940 bis Mai 1941 war er Bürgermeister von Wagrain, wo er 50 Jahre lebte.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er für seine idyllisierende Kurzprosa geschätzt. Der Schriftsteller Hermann Hesse äußerte: „Die eigentlich dichterischen Bücher in unserer Literatur werden immer seltener, aber die von Waggerl gehören zu ihnen.“ Vor allem in der Weihnachtszeit las er bis zu seinem Tode häufig aus seinen Erzählungen und Legenden, was auch durch einige Schallplattenaufnahmen dokumentiert ist.

In Wagrain gibt es in seinem ehemaligen Wohnhaus ein Waggerl-Museum. An der Außenmauer seines Geburtshauses in Bad Gastein (heute Kurpension und Restaurant Bergfriede in der Karl-Heinrich-Waggerl-Straße 23) erinnert eine Gedenktafel an ihn.

Waggerl als Nationalsozialist

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1936 wurde Waggerl Mitglied des Bundes deutscher Schriftsteller Österreichs, der sich 1934 vom P.E.N.-Club abgespalten hatte, da einige Schriftsteller eine Protestnote gegen die Verfolgung und Einkerkerung deutscher Schriftstellerkollegen im Zuge der Bücherverbrennung im März 1933 im Deutschen Reich verfasst hatten. Die Mitglieder des „Bundes“ arbeiteten energisch auf den „Anschluss“ hin, um „den Weg zur Befreiung ihres Volkes zu bahnen und zu vollenden“ (Max Stebich 1938).[4] In ihm fanden sich Mitglieder und Sympathisanten der NSDAP zu einer illegalen Tarnorganisation zusammen.

Nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich im Jahr 1938 beteiligte sich Waggerl mit einem Beitrag am Bekenntnisbuch österreichischer Dichter (herausgegeben vom Bund deutscher Schriftsteller Österreichs),[5] das den Anschluss begeistert begrüßte. Unter dem Titel „Dichter bekennen sich zur Heimkehr ins Reich“ schrieb Waggerl: „Mögen alle Sünden verziehen sein, nur die eine nicht: Jetzt noch zu zweifeln oder zu verneinen!“[6] An Adolf Hitler rühmte der Salzburger Heimatdichter „die befreiende Kraft einer wahrhaft großen Menschlichkeit“[7]. Am 31. Mai 1938 beantragte Waggerl die Aufnahme in die NSDAP und wurde rückwirkend zum 1. Mai aufgenommen (Mitgliedsnummer 6.347.556),[8][9] im Mai 1939 machten ihn die Nationalsozialisten zum Landesobmann der Reichsschrifttumskammer im NS-Gau Salzburg.[10]

Waggerl war mit dem nationalsozialistischen österreichischen Schriftsteller Karl Springenschmid befreundet, der sein Schul- und Lehrerkollege und Hauptverantwortlicher für die Salzburger Bücherverbrennung am 30. April 1938 war und der ein Erinnerungsbuch an Waggerl mit dem Titel Servus Heiner! Erinnerungen an Karl Heinrich Waggerl herausgab, in dem er Waggerl als Sympathisanten sah, „der überhaupt nicht begriffen habe, was die Nationalsozialisten wollten“. Nach dem Zweiten Weltkrieg führten die beiden eine ideologische Kontroverse über das Wesen, den Sinn und die Aufgaben der Ehe.

Im Jahre 1941 nahm Waggerl am Weimarer Dichtertreffen teil, bei dem die Europäische Schriftsteller-Vereinigung gegründet wurde.[11] Die Europäische Schriftsteller-Vereinigung hatte zum Ziel, die europäische Literatur nach einem Endsieg des Deutschen Reiches unter deutsche Vormacht zu stellen.

Waggerl und Weihnachten

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Bis heute sind besonders Waggerls Weihnachtsgeschichten äußerst populär geblieben, in erster Linie das Buch Und es begab sich (1952), das u. a. die berühmten Weihnachtslegenden Worüber das Christkind lächeln musste oder Warum der schwarze König Melchior so froh wurde enthält. Diese Geschichten, die außerhalb Österreichs noch weitaus berühmter als ihr Autor sind, gelten als Meisterwerke des Genres und gehören längst zur klassischen Weihnachtsliteratur.

Fünf der sechs Legenden des Buches hat Waggerl auch für die Schallplatte eingesprochen, zunächst für seinen Salzburger Verleger Otto Müller; später erschien die Aufnahme – um die fehlende Geschichte ergänzt – auch im literarischen Archiv der Deutschen Grammophon Gesellschaft.

Neben den Legenden hat Waggerl auch viele Betrachtungen über und Erinnerungen an das Weihnachtsfest niedergeschrieben, die häufig in frühen Erinnerungen seiner Kindheit wurzeln. „Gottlob für einen winzigen Funken Licht in der schrecklichen Finsternis“, so hat Waggerl einmal die Vorweihnachtszeit beschrieben.

Bis heute sind Waggerls Geschichten und Betrachtungen über die „stillste Zeit im Jahr“ von den besten Interpreten gesprochen worden, neben seiner eigenen Interpretation u. a. auch von Josef Meinrad, Heinz Rühmann und Hans-Joachim Kulenkampff.

Die besondere und entscheidende Rolle, die Karl Heinrich Waggerl als rezitierender Dichter zudem lange Zeit für das Salzburger Adventsingen spielte, rührt ebenfalls von der tief empfundenen Liebe des bekennenden Atheisten für das Weihnachtsfest her, die in vielen seiner literarischen Arbeiten zum Ausdruck kommt.

Literaturgeschichtliche Bedeutung

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Mein Stein, Lesepark Neumarkt

Neben den Weihnachtsgeschichten, den zwar handwerklich einwandfreien, aber kaum international relevanten Romanen und der eher marginalen Blumenlyrik hat Waggerl einige kürzere Texte geschrieben, die ihm durchaus einen Platz unter den österreichischen Schriftstellern des 20. Jahrhunderts sichern. Die Erzählung Wagrainer Tagebuch etwa bietet eine sprachlich durchgeformte resignative Selbstbeobachtung, die ein Innenleben voller Selbstskepsis und Verzweiflung, aber auch den Willen zum Schönen herausstellt. Im Wiesenbuch wagt Waggerl merkwürdige Bilder von einem geliebten Mädchen, das als koboldartiges Wiesenwesen sich immer wieder dem Erzähler entzieht.

Im Rahmen der Umwandlung des Waggerlhauses – dem Wohnhaus von K.H. Waggerl – in ein Museum und Archiv für seinen Nachlass wurde umfangreiches fotografisches Material entdeckt: 34 in Passepartouts gefasste Fotos, zahlreiche weitere Fotos, Edeldrucke, Negative auf Platten und auf Film, Kameras und Laborausrüstung.[12] Die gefundenen Fotografien enthalten einerseits Erinnerungsbilder aus Freundes- und Familienkreis auf Kleinbild- und Diafilm, aber auch künstlerische Aufnahmen auf Fotoplatten und Spuren experimentellen Arbeitens – Retusche, Kunstdrucke, bzw. Abdecken oder Freistellen von Negativteilen.

Waggerl gründete einen Fotoverein, in dem er bereitwillig sein großes fotografisches Wissen weitergab. Wie aber Waggerl selbst zu seinen Kenntnissen kam, ist heute unbekannt. Wiederkehrende Motive in seiner Fotografie sind beispielsweise die Berglandschaft um Wagrain, Porträts (insbesondere von seiner Frau Edith), inszenierte Selbstporträts, Nahaufnahmen, Stillleben und Foto-Experimente. Ob Waggerl sich in seinen Fotos bewusst auf bestehende künstlerische fotografische Strömungen bezog oder ob sie aus seiner eigenen Experimentierfreudigkeit stammen, lässt sich nicht mehr feststellen. Waggerls Nachlass zeigt jedoch, dass seine Kenntnisse und Ambitionen weit über die eines durchschnittlichen Amateurs dieser Zeit gingen. Entgegen seinem literarischen Spätwerk beschäftigte er sich in den Fotografien mit der Dokumentation bäuerlichen Lebens, „frei von romantischem Sentiment“.[13]

Aktfotos fertigte Waggerl ebenfalls an. Künstlerischer Anspruch ist hier ebenfalls festzustellen.[14]

Das fotografische Werk von Waggerl wurde von Kurt Kaindl in dem Buch Frauenmantel erstmals in einer umfassenden Monografie publiziert.

Auszeichnungen und Ehrungen

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  • Brot, 1930
  • Schweres Blut, 1931
  • Das Jahr des Herrn, 1934
  • Mütter, 1935
  • Das Wiesenbuch, 1934
  • Du und Angela, 1934
  • Feierabend, 1944
  • Die Pfingstreise, 1946
  • Fröhliche Armut, 1948
  • Wagrainer Geschichtenbuch, 1950
  • Kleines Erdenrund, 1951
  • Und es begab sich…, 1953
  • Liebe Dinge, 1956
  • Das ist die stillste Zeit im Jahr, 1956
  • Die grünen Freunde, 1957
  • Kleine Münze, 1957
  • Der Leibsorger, 1958
  • Die Kunst des Müßiggangs, 1959
  • Lob der Wiese, 1960
  • Der Lückenbüßer, 1961
  • Die Traumschachtel, 1962
  • Ein Mensch wie ich, Residenz Verlag, o. J. (ca. 1964)
  • Liebhabereien, 1966
  • Blick in die Werkstatt, 1967
  • Die Traumschachtel, 1968
  • Erzählungen für Zeitschriften und Hauskalender
  • Wagrainer Tagebuch, 1936
  • Pfingstidyll an der Reichsautobahn, 1941 (Schriftenreihe der Presseabteilung des Reichsministers Dr. Todt, Band 14)
  • Das Lebenshaus. Eine innere Biographie, hrsg. von Dino Larese, 1955
  • Liebe Dinge Miniaturen, 1956, (mit Aquarellen von K.H.W.) Otto Müller Verlag
  • Schöne Sachen, 1967
  • Der ländliche Lebenskreis, 1968
  • Alles Wahre ist einfach, 1979 (Aphorismen)
  • Frauenmantel, Fotografien, 1993, Edition Fotohof im Otto Müller Verlag
  • Gesammelte Werke, 5 Bde., 1951–52
  • Briefe, hrsg. v. L. Besch, 1976
  • Nach-Lese-Buch, hrsg. v. L. Besch, 1977
  • Sämtliche Werke, 2 Bde., 1997
  • Und Er Sah das Grün zur Osterzeit (Geschichten zur Osterzeit)
  • Seine Schönsten Geschichten zu Advent und Weihnachten
  • Die Weihnachtserzählungen
  • Fröhliche Armut
  • Otto Amann: Das andere Gesicht. Studien zur frühen Erzählprosa von Karl Heinrich Waggerl. Inst. für Germanistik Innsbruck (= Innsbrucker Beiträge zur Kulturwissenschaft: Germanistische Reihe, 29), Innsbruck 1986, ISBN 3-85124-111-8.
  • Rudolf Bayr: Karl Heinrich Waggerl. Der Dichter und sein Werk. Müller, Salzburg 1947.
  • Laurenz Krisch: Der Bad Gasteiner Karl Heinrich Waggerl. Festschrift anläßlich seines 100. Geburtstages 1997. Gasteiner Museum, Bad Gastein 1996.
  • Karl Müller: Zäsuren ohne Folgen. Das lange Leben der literarischen Antimoderne Österreichs seit den 30er Jahren. Müller, Salzburg 1990, ISBN 3-7013-0796-2
  • Karl Müller: Karl Heinrich Waggerl. Eine Biographie mit Bildern, Texten und Dokumenten. Müller, Salzburg 1997, ISBN 3-7013-0960-4.
  • „Nichts Komplizierteres heutzutage als ein einfacher Mensch“. Beiträge des Internationalen Karl-Heinrich-Waggerl-Symposion 1997. hrsg. von Karl Müller, Verlag Müller, Salzburg 1999, ISBN 3-7013-0984-1.
  • Ernst Pichler: Karl Heinrich Waggerl. Eine Biografie. Haymon Verlag, Innsbruck 1997, ISBN 3-85218-257-3.
  • Gerhart Schinke: Karl Heinrich Waggerl. Mensch und Werk. Schneider, München 1985, ISBN 3-7955-0173-3.
  • Karl Springenschmid: Servus Heiner! Erinnerungen an Karl Heinrich Waggerl. Schneider, München 1979, ISBN 3-7955-0117-2.
  • Karl Heinrich Waggerl. In: Hans Sarkowicz, Alf Mentzer: Literatur in Nazi-Deutschland. Ein biografisches Lexikon. Europa-Verlag, Hamburg 2002, ISBN 3-203-82030-7.
  • Karl Heinrich Waggerl. In: Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-10-039326-5.
  • Romeo Felsenreich: Die Journalisten des Völkischen Beobachters – Woher kamen sie? Wohin gingen sie?, Universität Wien, Magisterarbeit, Fachbereich Publizistik und Kommunikationswissenschaften, September 2012, insbesondere S. 114–117.
  • Karl Heinrich Waggerl. In: Deutsche Biographie (Index-Eintrag).
Commons: Karl Heinrich Waggerl – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Taufbuch – TFBV | Bad Gastein | Salzburg, rk. Diözese | Österreich | Matricula Online. Abgerufen am 30. Oktober 2018.
  2. Michael Ellmer: Ortschronik Wagrain. Marktgemeinde Wagrain, Wagrain 1993, S. 375.
  3. Springenschmid, Karl, 1897-: Servus Heiner! : Erinnerungen an Karl Heinrich Waggerl. R. Schneider, München 1979, ISBN 978-3-7955-0117-4.
  4. Eintrag zu Österreichische Literatur im Austria-Forum (im AEIOU-Österreich-Lexikon)
  5. Bund Deutscher Schriftsteller Österreichs (Hrsg.): Bekenntnisbuch Österreichischer Dichter. Krystall Verlag, Wien 1938
  6. Die propagandistische Vorbereitung der Volksabstimmung (Memento des Originals vom 18. Januar 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/doewweb01.doew.at aus „Anschluß“ 1938, herausgegeben vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes.
  7. Michael Freund: „Dies im Namen des Bluts!“ Der Standard, 7. März 2013, S. 26.
  8. Bundesarchiv R 9361-VIII KARTEI/24790261
  9. Nach NS-belasteten Personen benannte Straßen in der Stadt Salzburg S. 948–76
  10. Helga Mitterbauer: NS-Literaturpreise für österreichische Autoren. Eine Dokumentation. Böhlau, Wien 1994, ISBN 3-205-98204-5, S. 66.
  11. Frank-Rutger Hausmann: „Dichte, Dichter, tage nicht!“ Die Europäische Schriftsteller-Vereinigung in Weimar 1941–1948. Klostermann, Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-465-03295-0, S. 256.
  12. Elisabeth Kornhofer: Zur Entdeckung der Fotos K.H. Waggerls in Wagrain. In: Kurt Kaindl (Hrsg.): Frauenmantel. Edition Fotohof im Otto Müller Verlag, Salzburg 1993. ISBN 3-7013-0866-7, S. 94.
  13. Kurt Kaindl: Fotohistorischer Essay. In: Kurt Kaindl (Hrsg.): Frauenmantel. Edition Fotohof im Otto Müller Verlag, Salzburg 1993, ISBN 3-7013-0866-7, S. 82.
  14. Gruber-EDV.at: Fotos / Bilder von Karl Heinrich Waggerl in Wagrain auf Wagrain24. Abgerufen am 6. November 2023 (deutsch).