Jar’Edo-Wens-Hoax
Der Jar’Edo-Wens-Hoax betrifft ein ehemaliges Lemma in der englischsprachigen Wikipedia, das im November 2014 als vermutlicher Hoax erkannt und im März 2015 gelöscht wurde. Bis dahin stand der Artikel zu einer australischen Aborigines-Gottheit knapp 10 Jahre in der Online-Enzyklopädie und war damit die bis dahin (Stand: März 2015) langlebigste bekannt gewordene Wikipedia-Fälschung.[1]
Entstehung des Lemmas
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Am 29. Mai 2005 ergänzte ein anonymer Nutzer (australische IP-Adresse) einen Artikel zur australischen Aborigines-Mythologie um eine Gottheit: „Jar’Edo Wens“.[2] Einige Minuten später erstellte derselbe Nutzer ein Lemma mit einem kurzen Text zur Gottheit, die für Stärke und Weisheit stehend darüber wachen sollte, dass die Menschen nicht zu überheblich werden.[3] Es wird angenommen, dass der Nutzer Jared Owens hieß und seinen Namen unter Verwendung eines willkürlich gesetzten Wortzeichens als Bezeichnung der Gottheit verwendete.[4] In der Folgezeit wurde der Artikel von anderen Autoren und von Bots gemäß Wikipedia-Standard formatiert, klassifiziert und mit Tags versehen.
Derselbe anonyme Autor hatte in die genannte Mythologie-Liste zeitgleich eine weitere Gottheit mit dem Namen „Yohrmum“ eingefügt. Diese offensichtliche aus „Your mum“ (Deine Mutter) abgeleitete Bezeichnung wurde nach einigen Monaten als falsch erkannt und gelöscht.[5]
Übernahme des Hoax
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In mehreren weiteren Wikimedia-Projekten wurde der Eintrag „Jar’Edo Wens“ ungeprüft übernommen. Die französisch-, die polnisch-, die russisch- und die türkischsprachige Wikipedia übernahmen den Eintrag in ihre Artikel zur Mythologie der Aborigines; in zwei Sprachversionen wurde auch „Yohrmum“ erwähnt. In der französischsprachigen Wikipedia wurde „Jar’Edo Wens“ mit eigenem Lemma übernommen. Ebenso wurde bei Wikidata ein Eintrag erstellt.
Matthew S. McCormick, Philosophieprofessor an der California State University, Sacramento, stellte 2012 in seinem Buch Atheism and the case against Christ in Anlehnung an die Liste des Satirikers Henry L. Mencken eine eigene, erweiterte Liste von 500 „Göttern und Religionen in der Geschichte, die in Ungnade gefallen sind“[6] auf, unter denen sich auch „Jar'Edo Wens“ findet.[7][8]
Aufdeckung des Hoax
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Jahr 2009 wurde der englische Artikel „Jar’Edo Wens“ aufgrund mangelnder Quellen als verbesserungswürdig („multiple issues“) klassifiziert.[5] Am 27. November 2014 wurde der Artikel von einem anonymen Nutzer als möglicher Hoax gekennzeichnet und am 1. März 2015 zur Löschung vorgeschlagen. Ein Administrator löschte das Lemma schließlich am 3. März 2015.
Wikipediocracy, eine Website, die sich kritisch mit der Qualität von Wikipedia auseinandersetzt, veröffentlichte am 15. März 2015 einen Artikel zu dem Hoax.[2]
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Jared Owens, God of Wikipedia, 15. März 2015, Wikipediocracy. (englisch)
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Washington Post, 15. April 2015: The story behind Jar’Edo Wens, the longest-running hoax in Wikipedia history
- ↑ a b Als Hoax enttarnt: Falsche Gottheit narrte jahrelang Wikipedia-Nutzer, 25. März 2015, Krone.at
- ↑ Originaltext des Lemmas: In Australian Aboriginal mythology, Jar'Edo Wens is a god of earthly information and physical might, designed by Altjira to oversee that the people did not get as well big-headed, linked with victory and intelligence.
- ↑ How One Man Made Himself Into an Aboriginal God With Wikipedia, 19. März 2015, asiaeu.com; basierend auf einem Artikel in: gawker.com. In Englisch
- ↑ a b Peter Bodkin, Wikipedia’s longest-lived hoax has finally been outed, 23. März 2015, TheJournal.ie, bei: Yahoo News UK & Ireland. In Englisch
- ↑ Im Original: gods and religions in history that have fallen out of favor
- ↑ Matthew S. McCormick: Atheism and the case against Christ. Prometheus Books, 2012, ISBN 978-1-61614-582-8, S. 146 (englisch, google.com).
- ↑ Stephen Hutcheon, Aussie’s Jar'Edo Wens prank sets new record as Wikipedia’s longest-running hoax, 23. März 2013, The Sydney Morning Herald (englisch)