Heizwagen

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Heizwagen sind Eisenbahnwagen die für den Betrieb der Heizungen in Zügen eingesetzt werden. Da die Versorgung der Heizung meist vom Triebfahrzeug aus erfolgt oder die Wagen über autonome Heizsysteme verfügen, stellt der Einsatz von Heizwagen eine Ausnahme dar. Heizkesselwagen wurden zur Versorgung von Dampfheizungen verwendet, sie sind heute nur noch von historischer Bedeutung. Zur Versorgung der heute üblichen elektrischen Zugheizungen werden manchmal Generatorwagen verwendet. Weiters existieren Heizwagen die für elektrisch beheizte Züge Strom aus der Oberleitung entnehmen können.

Heizkesselwagen der Bauart 1931–1943 der Ulmer Eisenbahnfreunde beim Süddeutschen Eisenbahnmuseum Heilbronn
Generatorwagen der Norddeutschen Eisenbahngesellschaft Niebüll
Kombinierter Gepäck- und Heizwagen der Rhätischen Bahn zur Versorgung der elektrischen Zugheizung mit Energie aus der Oberleitung

Entwicklung der Heizwagen

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Ab Ende der 1860er Jahre wurde begonnen, Reisezüge mit durchlaufenden Dampfheizleitungen auszustatten. Schon damals entstanden auch Heizwagen, es setzte sich aber schon bald durch, den Dampf über Druckminderer aus den Kesseln der Dampflokomotiven zu entnehmen. Nur bei sehr langen Zügen wurden in kalten Regionen weiterhin zusätzlich Heizkesselwagen eingestellt.[1] Die ersten Heizwagen waren zwei- oder dreiachsig.[2] Die ersten Elektro- und Diesellokomotiven für Personenzüge hatten zunächst zusätzliche Heizkessel für die Zugheizung, um die Dampfheizleitungen versorgen zu können.

Bei den Elektrolokomotiven verzichtete man bereits ab Anfang der 1930er Jahre, bei den Diesellokomotiven ab etwa 1965 auf diese Heizkessel und stellte auf elektrische Zugheizung um. Die Reisezugwagen erhielten schrittweise entweder zusätzliche oder ab etwa 1960 ausschließlich Einrichtungen für die elektrische Zugheizung. Um die Heizung der Reisezüge sicherzustellen, auch wenn noch nicht alle Wagen mit elektrischen Heizungen versehen waren, mussten für einige Verbindungen, die mit elektrischer Traktion betrieben wurden, Heizwagen zur Versorgung der Dampfheizungen bereitgestellt werden. Bedarf für Heizwagen bestand ferner im Winter, wenn bei langen Zügen nicht ausreichend Heizdampf von den (Dampf-)Lokomotiven zur Verfügung gestellt werden konnte.

Zu unterscheiden sind Heizwagen von Heizlokomotiven, die vor allem in der DDR bei der Deutschen Reichsbahn gebräuchlich waren. Dabei handelte es sich um ausgemusterte Lokomotiven, die nur zum stationären Einsatz bestimmt (oder allenfalls noch aus eigener Kraft zum Einsatzort fahren konnten) und nicht in Züge eingestellt wurden. Hierin besteht der Unterschied zu den Schweizer Heizwagen (siehe unten), die ebenfalls aus ausgemusterten Lokomotiven bestanden, aber in Zügen mitliefen.

Heutiger Einsatz von „Heizwagen“

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Heute sind Reisezugwagen meist mit Klimaanlagen ausgestattet die über die Heizstromleitung von den Triebfahrzeugen mit elektrischer Energie versorgt werden. In manchen Fällen werden Generatorwagen eingesetzt, die teilweise auch als Heizwagen bezeichnet werden.[3] Weiter gibt es mit Transformatoren und Stromabnehmer ausgerüstete Gepäckwagen, die abgestellte Wagen oder einen Teil des Zuges mit Energie ab Fahrleitung versorgen können.

Heizwagen in einzelnen Ländern

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Heizwagen der Bauart 1931–1943

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Heizwagen im Eisenbahnmuseum Schwarzenberg

Anlässlich der Elektrifizierung der Bahnstrecke Stuttgart – Ulm – Augsburg – München im Mai 1933 stellte die Deutsche Reichsbahn vierachsige Drehgestellwagen in Dienst, passend zu den damals angeschafften Schnellzugwagen.

Diese Heizwagen wurden von 1931 bis 1943 angeschafft. Allein in den Jahren 1941 bis 1943 wurden 180 Stück vorrangig für militärische Zwecke gebaut (Truppentransporte, Lazarettzüge). Die Wagen verfügen über einen Seitengang und können in der Zugmitte eingestellt werden, um die Reisezugwagen an beiden Zugenden gleichmäßig zu versorgen. Das Gewicht dieser Heizwagen beträgt 62,2 t, die Länge über Puffer 17,10 m. Wegen ihres relativ hohen Gewichts wurden die Wagen auch für entsprechende Testfahrten gerne eingesetzt.[4] Der Kessel zur Dampferzeugung wurde im ursprünglichen Zustand mit Kohle befeuert, die durch Klappen im Dach in entsprechende Kohlenkästen eingefüllt wurde. An jedem Ende des Wagens befanden sich zudem Wasserkästen. Die Feuerung wurde durch ein Gebläse angefacht, da anders als in Lokomotiven kein Blasrohr verwendet werden konnte, da der Dampf komplett für Heizzwecke benötigt wurde.

Der Einsatz der Heizwagen endete bei der Deutschen Bundesbahn vermutlich ca. 1965, es wurden aber auch noch betriebsfähige Heizwagen um 1971/72 beobachtet.[5] Bei der Deutschen Reichsbahn (DR) waren sie bis 1993 im Einsatz. Dort wurden sie zuletzt als strategische Reserve zur Versorgung von Lazarett- und Militärzügen vorgehalten.

Diese vierachsigen Heizwagen haben heute bei Museumsbahnen eine besondere Bedeutung bekommen. Einerseits ermöglichen sie das Vorheizen der historischen Wagenzüge vor Beginn der Zugfahrten, andererseits werden sie zum Vorwärmen der Schwerölvorräte, Ölfeuerungsanlagen und Kessel der Dampflokomotiven verwendet.

Erhalten sind zwei betriebsfähige Heizwagen der Bauart 1931–1943, davon einer kohlegefeuert, bei den Ulmer Eisenbahnfreunden. Ein Wagen ist auf dem Gelände des Süddeutschen Eisenbahnmuseums Heilbronn vorhanden. Dort wird dieses Fahrzeug zum Vorheizen ölgefeuerter Dampflokomotiven verwendet. Ein weiterer Heizwagen wird derzeit bei der Dampflok-Gemeinschaft 41 096 e. V. zu diesem Zweck aufgearbeitet. Der Verein Sächsischer Eisenbahnfreunde in Schwarzenberg e. V. ist im Besitz eines derartigen Heizwagens, der restauriert wird. Schließlich ist ein nicht betriebsfähiger Heizwagen von außen und innen im Bayerischen Eisenbahnmuseum in Nördlingen zu besichtigen.

Dampfspeicherwagen DB 7030 Mainz

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Als bei der Meterspur-Eisenbahnstrecke Ludwigshafen–Meckenheim die Dampflokomotiven abgelöst werden sollten, stellte sich die Frage nach der Zugheizung. Die neuen Diesellokomotiven der Baureihe V 29 besaßen im Gegensatz zu den normalspurigen Baureihen V 100 oder 215 keine Heizkessel. An den Endbahnhöfen wurden deshalb Dampfspeicherwagen, also spezielle Kesselwagen, mit Dampf gefüllt und die Züge mit diesen beheizt. Das Prinzip der Energiespeicherung funktionierte wie bei den Dampfspeicherlokomotiven. Nach der Einstellung des Personenverkehrs gelangten die Wagen zur Schmalspurbahn Nagold–Altensteig, wo sie nach kurzer Zeit durch Webasto-Standheizungen in den Wagen ersetzt wurden.

Osthannoversche Eisenbahnen

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Der zweiachsige OHE-Heizwagen 0103² ist im Bestand des VBV – Braunschweig erhalten.

Heizwagen Xd 99005 der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB), 1920 umgebaut aus einer Dampflokomotive des Typs Ec 2/2.
Heizwagen X 90109 der SBB, 1922 erbauter Einheitstyp, 1961–62 umgebaut auf Ölfeuerung

Durch die früh begonnene Elektrifizierung wurden die schweizerischen Reisezugwagen bereits ab diesem Zeitpunkt mit elektrischer Heizung ausgerüstet. Hingegen erforderte die Heizung internationaler Zugskompositionen die Bereitstellung von Heizwagen. Zudem waren zu Beginn der Elektrifikation in den 1920er-Jahren für einzelne Inlandzüge Heizwagen erforderlich. Die SBB bauten ab 1919 mehr als dreißig solcher Wagen teilweise aus Dampflokomotiven (Xd 99001-05, 1919–20, Xd 99006–13 1925–27) oder Gepäckwagen (Xdü 99026–30 ex Fü 17502–06 ex GB 1642–46[6]) um, teilweise mit Gepäckwagen-ähnlichen Aufbauten neu auf (Xdü 99031–45).[7] Zehn dieser Wagen wurden Anfang der 1960er-Jahre noch auf Ölfeuerung (Xd 90101–10) umgebaut. Der Xd 90109 ist erhalten geblieben und wird vom Verein Mikado1244 im ehemaligen Depot Brugg aufgearbeitet.

1921 wurde versuchsweise der Gepäckwagen Fü 17501 (ex GB 1641) mit einem elektrischen Dampferzeuger ausgerüstet und als Xdü 99099 in Betrieb genommen. Das Experiment blieb ohne Folge.

Neben den SBB hatte die BLS, die 1913 elektrisch in Betrieb ging, fünf Heizwagen Xdü 9201–05 in Betrieb genommen. Diese waren bis in die 1930er-Jahre im planmäßigen Einsatz und wurden ab 1935 zu Gepäck- oder Dienstwagen umgebaut. Anfang der 1920er-Jahre wurden die von der BLS mitbetriebenen so genannten Dekretsbahnen auf Anordnung («per Dekret») der Berner Regierung elektrifiziert. Der Umbau der Wagen auf elektrische Heizung zog sich danach bis Anfang der 1930er-Jahre hin. Um diese Zeit zu überbrücken, erhielten 15 Gepäckwagen so genannte Elektrodampfer eingebaut, also elektrische Durchlauferhitzer, die mit Heizstrom von der Lokomotive Dampf erzeugten. Dazu war ein Wasserbehälter von 1500 Liter eingebaut worden. Im Gegensatz zum größeren Wagen der SBB haben sich diese Wagen, die vom Lokführer vor der Fahrt in Betrieb gesetzt werden konnten, über rund zehn Jahre bewährt, bis sie nicht mehr gebraucht wurden.[8]

Heutiger Einsatz von Heizwagen

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Wegen der nur sehr niedrigen Heizspannung von 320 V setzt die Rhätische Bahn auf der Albulabahn seit einigen Jahren in aus Personenwagen gebildeten Zügen Heizwagen ein. Es handelt sich um umgebaute Gepäckwagen mit Stromabnehmer und Transformator.[9]

Heizwagen VDrz 809.251 im Eisenbahnmuseum von Apulien

Auch die Ferrovie dello Stato Italiane (FS) setzte Heizwagen in Zügen ein, wenn deren Lokomotiven entweder keine Einrichtung zum Beheizen der Züge mit Dampf hatten oder diese zu schwach war, um den ganzen Zug zu versorgen. In den Wagen standen Boiler, mit denen Dampf für die Heizung erzeugt wurde. Die ersten Heizwagen beschaffte die Staatsbahn 1907/1908. Ab den 1950er Jahren, mit der zunehmenden Umstellung auf elektrische Zugheizung, wurden die Fahrzeuge nach und nach ausgesondert.[10]

Ein solcher Heizwagen, VDrz 809.251 (ursprünglich VDr 917), ist im Eisenbahnmuseum von Apulien erhalten, wo er 2011 restauriert wurde und nun in einer Ausstellungshalle präsentiert wird. Er wurde von Breda in Mailand gebaut. Ursprünglich wurde er mit Steinkohle beheizt, 1966 wurden zwei Tanks eingebaut. Diese fassten 1.250 Liter Heizöl und 8,3 Kubikmeter Wasser. Das Fahrzeug diente im Übrigen als Gepäckwagen.[11]

In den USA bauten einige Bahngesellschaften Dampfheizwagen aus Diesellokomotiven um. Beispielsweise betrieb die Denver and Rio Grande Western Railroad bis 1983 Jahre Heizwagen, die in den 1960er Jahren aus Alco PB-1 umgebaut und später mit anderen Drehgestellen versehen wurden.[12]

  • Apulia Railway Museum. Illustrated Guide. Cartografica Rosato 2015. Ohne Seitenzählung , S. [17].
  • Peter Zander: Schienenfahrzeugbau in Kassel. In: Lutz Münzer (Hrsg.): Vom Drachen zur RegioTram. Eisenbahngeschichte in der Region Kassel. Kassel 2014, ISBN 978-3-933617-56-9, S. 132–142.

Einzelnachweise

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  1. Dr. Freiherr v. Röll: Heizung der Eisenbahnwagen (Enzyklopädie des Eisenbahnwesens). 1914, abgerufen am 12. Juli 2024.
  2. Zander, S. 141.
  3. https://www.lok-report.de/news/deutschland/mit-der-kamera-notiert/item/6454-dagebuell.html
  4. Heinz R. Kurz: Die Baureihen VT 08 und VT 125. Die „Eierköpfe“ der Deutschen Bundesbahn. EK-Verlag, Freiburg 2018, ISBN 978-3-8446-6033-3, S. 34.
  5. www.Drehscheibe-online.de Bild 8: betriebsfähiger Heizwagen der DB um 1971/72 in Helmstedt, abgerufen am 3. Januar 2017.
  6. Daniel Schöngut/Heinz Sigrist: Das Rollmaterial der Gotthardbahn 1874–1909. VRS, Winterthur 1988, Seite 46.
  7. SBB-Zugförderungs- und Werkstättedienst: Verzeichnis der Triebfahrzeuge, Personen-, Kranken-, Gepäck- und Dienstwagen der schweizerischen Bundesbahnen. Bestand am 1. Januar 1925. Nachdruck 1976, Minirex, Luzern, Seite 46
  8. Theo Stolz: Die Bahnen der BLS-Gruppe, Geschichte und Rollmaterial. 2.1: Das Rollmaterial 1872–1943. Eigenverlag 1989, ISBN 3-907976-07-X, Seiten 166–167.
  9. mr: RhB stellt neue Albula-Züge vor. In: Eisenbahn-Revue International 2/2016, S. 66ff (66, 68).
  10. Apulia Railway Museum.
  11. Apulia Railway Museum.
  12. A Water Boiler on Rails, Foto des Heizwagens DRGW 253, James Belmont, 1983