Folpet
Strukturformel | |||||||||||||||||||
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Allgemeines | |||||||||||||||||||
Name | Folpet | ||||||||||||||||||
Andere Namen |
N-(Trichlormethylthio)phthalimid | ||||||||||||||||||
Summenformel | C9H4Cl3NO2S | ||||||||||||||||||
Kurzbeschreibung |
weißer bis gelblicher Feststoff[1] | ||||||||||||||||||
Externe Identifikatoren/Datenbanken | |||||||||||||||||||
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Eigenschaften | |||||||||||||||||||
Molare Masse | 296,56 g·mol−1 | ||||||||||||||||||
Aggregatzustand |
fest[1] | ||||||||||||||||||
Dichte |
1,72 g·cm−3[1] | ||||||||||||||||||
Schmelzpunkt | |||||||||||||||||||
Dampfdruck |
0,0013 Pa (20 °C)[2] | ||||||||||||||||||
Löslichkeit |
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Sicherheitshinweise | |||||||||||||||||||
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Toxikologische Daten | |||||||||||||||||||
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa). |
Folpet ist ein Wirkstoff zum Pflanzenschutz und eine chemische Verbindung aus der Gruppe der Phthalimide, Sulfenamide und organischen Chlorverbindungen.
Gewinnung und Darstellung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Folpet kann durch Reaktion von Trichlormethansulfenylchlorid (Perchlormethylmercaptan) mit dem Natriumsalz von Phthalimid in einem kalten wässrigen System oder mit Kaliumphthalimid in organischen Lösungsmitteln hergestellt werden.[3]
Eigenschaften
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Folpet ist ein brennbarer, nicht flüchtiger, weißer bis gelblicher Feststoff, welcher praktisch unlöslich in Wasser ist.[1]
Verwendung und Zulassung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Folpet wird als Fungizid in Pflanzenschutzmitteln verwendet.[1] In Deutschland, Österreich und der Schweiz sind Pflanzenschutzmittel mit diesem Wirkstoff zugelassen, meist gegen Pilzkrankheiten im Weinbau (z. B. Folpan).[5]
Folpet ist in der EU seit 2015 als Biozid der Produktart 6 genehmigt.[6] Es kommt zum Beispiel bei der Konservierung von Farben zum Einsatz. Außerdem wurde es für die Produktarten 7 (Beschichtungsschutzmittel) und 9 (Schutzmittel für Fasern, Leder, Gummi und polymerisierte Materialien) genehmigt.[7][8]
Folpet ist vermutlich karzinogen. Aus Gründen der Anwendersicherheit (Einatmen von Staub beim Einfüllen) wurde 1986 die Zulassung nicht verlängert[9] und Folpet erst deutlich später als Wasserdispergierbares Granulat (WDG) wieder zugelassen.
Notfallzulassung und Erhöhung der zulässigen Rückstandshöchstmenge für Kernobst 2024
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Äpfel und andere Kernobstarten dürfen gemäß der europäischen Verordnung über Höchstgehalte an Pestizidrückständen maximal einen Rückstand von 0,3 Milligramm Folpet pro Kilogramm enthalten.[10]
Im Sommer 2024 beantragte die Bundesfachgruppe Obstbau, die berufsständische Vertretung der deutschen Erwerbsobstbauern, den Erlass einer sogenannten Notfallzulassung, da sie die Kernobst-, insbesondere die Apfelernte in der Bodensee-Region bedroht sah. Aufgrund langanhaltender Regenfälle hatten sich hier die Sporen des Apfelschorfpilzes (Venturia inaequalis) stark verbreitet. Er kann auf dem Obst leicht gewölbte, dunkelgrüne oder braune Flecken hervorrufen. Diese können rissig werden, was dann zu einer Verringerung der Lagerdauer des Obsts führt.
Grundsätzlich kann dieser Pilzbefall auch mit dem Wirkstoff Captan bekämpft werden. In der Bodenseeregion ist dies aber nur so lange möglich, wie sichergestellt werden kann, dass dieses Mittel nicht auf benachbarte Hopfenfelder abdriftet. Dies würde den Export des Hopfens in Länder gefährden, die hinsichtlich des Captans eine Nulltoleranz-Schwelle eingeführt haben. Dazu zählen unter anderem die wichtigen Abnehmerländer USA und Japan.
Das zuständige Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit kam dem Antrag nach und erteilte die beantragte Notfallzulassung. Aufgrund dieser durften Kernobstbetriebe in den Landkreisen Bodenseekreis, Ravensburg und Lindau vom 18. Juli 2024 bis 14. November 2024 6.750 kg Folpet auf einer Fläche von 1.500 ha ausbringen.[11]
Da das Mittel damit relativ kurz vor der Obsternte ausgebracht werden durfte, war zu erwarten, dass das hier geerntete Obst weit mehr Folpet enthalten würde, als nach der Europäischen Rückstandshöchstmengen-Verordnung erlaubt. Um die Verkehrsfähigkeit des Obstes, zumindest innerhalb Deutschlands, dennoch sicherzustellen, wurde daher zugleich eine nationale Erhöhung der zulässigen Rückstandshöchstmenge Folpet in Kernobst beantragt. Am 16. August 2024 erhöhte das BVL den Rückstandshöchstgehalt an Folpet im Wege einer nationalen Ausnahmeverordnung auf 6 Milligramm pro Kilogramm Kernobst.[12] Da der europäische Grenzwert weiterhin bei 0,3 Milligramm Folpet pro Kilogramm Kernobst lag, war deutsches Kernobst mit höheren Rückstandsmengen auf dem europäischen Markt außerhalb Deutschlands nicht verkehrsfähig.
Bereits die Ankündigung der Erhöhung des Grenzwerts rief massive Kritik von Umweltverbänden hervor. So sprach sich etwa der BUND bereits bei Vorlage des Verordnungs-Entwurfs „aufs Schärfste“ gegen die Erteilung der Notfallzulassung aus. Er verwies darauf, dass das Mittel nicht nur für Menschen, sondern auch für zahlreiche weitere Organismen gefährlich sei, wohingegen der Verzehr von verschorftem Obst keineswegs gefährlich, sondern nur eine ästhetische Beeinträchtigung sei.[13] Außerdem forderte er, Notfallzulassungen und Grenzwerterhöhungen für gefährliche Pestizide nicht mehr zu erteilen.[14] Das Umweltinstitut München wies darauf hin, dass der Wirkstoff Folpet sehr giftig für Wasserorganismen sei, im Verdacht stehe, Krebs zu erzeugen, neurotoxisch sei und die Parkinson-Krankheit auslösen könne.[15]
Der BUND sprach in dem Zusammenhang von „giftigen Schneewittchen-Äpfeln“,[16] es gab kritische Presseberichte.[17] Diese Darstellungen wurden von den Obstbauern der Region als überzogen und falsch zurückgewiesen.[18]
Kurz nach Erteilung der Notfallzulassung teilte die Arbeitsgemeinschaft der Erzeugerorganisationen und Obstbauvereine am Bodensee mit, Folpet werde nun doch nicht im ursprünglich beabsichtigten Umfang eingesetzt. Einerseits hätten die Regenfälle nachgelassen, die Pilzbehandlung sei daher nicht mehr so dringend. Andererseits hätten verschiedene Großkunden die Abnahme der Äpfel mit dem deutlich erhöhten Pestizidrückstand abgelehnt.[19]
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b c d e f g h i j k Eintrag zu Folpet in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 20. Januar 2022. (JavaScript erforderlich)
- ↑ Donald Mackay, Wan Ying Shiu, Kuo-Ching Ma, Sum Chi Lee: Handbook of physical-chemical properties and environmental fate for organic chemicals, Vol. IV, 2nd Edition, CRC Press, 2006, ISBN 978-1-56670-687-2, S. 4065.
- ↑ a b Eintrag zu Folpet in der Hazardous Substances Data Bank (via PubChem), abgerufen am 27. Juli 2012.
- ↑ Eintrag zu N-(trichloromethylthio)phthalimide im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 1. Februar 2016. Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern.
- ↑ Generaldirektion Gesundheit und Lebensmittelsicherheit der Europäischen Kommission: Eintrag zu Folpet in der EU-Pestiziddatenbank; Eintrag in den nationalen Pflanzenschutzmittelverzeichnissen der Schweiz, Österreichs (Eingabe von „Folpet“ im Feld „Wirkstoff“) und Deutschlands, abgerufen am 12. März 2016.
- ↑ Durchführungsverordnung (EU) 2015/1757 der Kommission vom 28. September 2015 zur Genehmigung von Folpet als Wirkstoff zur Verwendung in Biozidprodukten der Produktart 6
- ↑ Durchführungsverordnung (EU) 2015/1758 der Kommission vom 28. September 2015 zur Genehmigung von Folpet als alter Wirkstoff zur Verwendung in Biozidprodukten der Produktarten 7 und 9
- ↑ Information on biocides. ECHA, abgerufen im Jahr 2023.
- ↑ Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Frau Hönes, Werner (Dierstorf) und der Fraktion DIE GRÜNEN – Drucksache 10/5953 – Nichtverlängerung der Zulassung von 36 Pflanzenschutzmitteln mit den Wirkstoffen Captan, Captafol und Folpet (22. September 1986).
- ↑ Verordnung (EU) 2023/1042 der Kommission vom 26. Mai 2023 zur Änderung des Anhangs II der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Höchstgehalte an Rückständen von Folpet in oder auf bestimmten Erzeugnissen
- ↑ Notfallzulassung nach Artikel 53 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 für das Pflanzenschutzmittel: Folpan 80 WDG. (pdf) Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, abgerufen am 8. November 2024.
- ↑ Fünfte Verordnung zur Änderung der EU-RHG-Ausnahmeverordnung. In: Bundesgesetzblatt 2024 I Nr. 265. 16. August 2020, abgerufen am 9. November 2024.
- ↑ Stellungnahme zum Referentenentwurf des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit – Fünfte Verordnung zur Änderung der Verordnung über Ausnahmen hinsichtlich des Inverkehrbringens und der Verfütterung von bestimmten Erzeugnissen mit Pestizidrückständen (EU-RHG-Ausnahmeverordnung EURGHAusnahmV). (pdf) BUND, 13. August 2024, abgerufen im Jahr 2024.
- ↑ Giftige Äpfel: Bundesamt will Grenzwert für gefährliches Pestizid in Äpfel und Birnen um das 20-fache erhöhen. BUND, 13. August 2024, abgerufen im Jahr 2024.
- ↑ Bodensee-Äpfel: Grenzwert des Pestizids Folpet massiv erhöht. Umweltinstitut München, abgerufen im Jahr 2024.
- ↑ Bundesamt für giftige Schneewittchen-Äpfel. BUND, 13. August 2024, abgerufen am 9. November 2024 (Pressemitteilung).
- ↑ Michael Bauchmüller: Verbotene Früchte. Süddeutsche Zeitung, 7. August 2024, abgerufen am 10. November 2024.
- ↑ Robin Halle: Wieder Ärger um Bodensee-Äpfel: „Außen schick, innen giftig“. Schwäbische Zeitung, 22. August 2024, abgerufen im Jahr 2024.
- ↑ Vera Baumert, Christine Vogt: Bodensee-Äpfel: Grenzwert des Pestizids Folpet massiv erhöht. Umweltinstitut München, 22. August 2024, abgerufen im Jahr 2024 (Update vom 4. September 2024).
- Gefährlicher Stoff mit harmonisierter Einstufung (CLP-Verordnung)
- Sensibilisierender Stoff
- Augenreizender Stoff
- Gesundheitsschädlicher Stoff bei Einatmen
- Stoff mit Verdacht auf krebserzeugende Wirkung
- Umweltgefährlicher Stoff
- Biozid (Wirkstoff)
- Phthalimid
- Sulfensäureverbindung
- Trichlormethylverbindung
- Pflanzenschutzmittel (Wirkstoff)
- Fungizid
- Schwefel-Stickstoff-Verbindung