Benutzer:Hjaekel/Friede von Riga (1921)
Der Frieden von Riga (auch Vertrag von Riga genannt, polnisch: Traktat Ryski, russisch: Рижский мирный договор) ist ein am 18. März 1921 zwischen Polen auf der einen und der Russischen SFSR und der Ukrainischen SSR auf der anderen Seite geschlossener Vertrag, mit dem der Polnisch-Sowjetische Krieg endete. Der Friedensvertrag legt die polnische Ostgrenze fest, die nun bis zu 250 Kilometer östlich der Curzon-Linie liegt, jedoch nicht die Grenze von 1792, vor der Polnischen Teilung, erreicht.
Hintergrund
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Hauptartikel: Polnisch-Sowjetischer Krieg
Inmitten des Russischen Bürgerkriegs strebten die Polen an, die ehemaligen Gebiete der Republik Beider Nationen von ihrem Erbfeind Russland zurückzuerobern. Gleichzeitig wollten die Sowjets ihre Revolution, wenn nötig mit Gewalt, nach Westen exportieren. Wenn die Bolschewiki Polen besetzten, könnten sie den deutschen Kommunisten zu Hilfe kommen und so möglicherweise den Erfolg einer sowjetischen Revolution in Deutschland sichern. Der Militärhistoriker John Fuller bezeichnete die Schlacht bei Warschau (1920) als eine der bedeutendsten Schlachten der Geschichte. Nach der Schlacht, als Polen die sich abzeichnende Niederlage in einen großen Sieg gewendet hatte, war die Sowjetunion begierig darauf, einen Friedensvertrag zu unterzeichnen.
Der Vertrag
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Friedensverhandlungen wurden am 17. August 1920 in Minsk begonnen, aber als sich die polnische Gegenoffensive der Stadt näherte, wurden die Gespräche nach Riga verlagert und dort am 21. September fortgesetzt. In Riga machten die Sowjets zwei Angebote: eines am 21. September und ein weiteres am 28. September. Die polnische Delegation machte am 2. Oktober ein Gegenangebot. Am 5. Oktober schlugen die Sowjets einige Nachbesserungen des polnischen Angebotes vor, die von der polnischen Seite akzeptiert wurden. Der Waffenstillstand wurde am 12. Oktober unterzeichnet[1] und trat am 18. Oktober in Kraft.
Die Chefunterhändler waren Jan Dąbski für Polen und Adolf Joffe für die Sowjetunion.
Auf polnischer Seite war der Vertrag von Riga von Beginn an umstritten. Viele Gegner bemängelten, dass vieles von dem was Polen während des Polnisch-Sowjetischen Krieges gewonnen hätte, in den Friedensverhandlungen, die als kurzsichtig und engstirnig charakterisiert wurden, wieder verloren würde. Den Verhandlungen hätte gefehlt, was Polen die Unabhängigkeit gebracht hat: Józef Piłsudskis Verbindung aus Weitsicht und Verständnis, sein Herz eines Kämpfers und seine Integrität. 1921 war Piłsudski jedoch noch nicht Staatsoberhaupt und nahm deshalb nur als Beobachter an den Verhandlungen in Riga teil, die er einen Akt der Feigheit[2] nannte. Aufgrund ihrer militärischen Rückschläge boten die Bolschewiki der polnischen Delegation substanzielle territoriale Zugeständnisse in den umkämpften Grenzgebieten and. Vielen Beobachtern schien es jedoch, als wenn die polnische Seite die nicht als Sieger, sondern als Verlierer des Krieges führen würde. Tatsächlich hat eine parlamentarische Delegation bestehend aus sechs Mitgliedern der Sejm über das weitreichende sowjetische Zugeständnis abgestimmt, das die Stadt Minsk der polnischen Seite zuschlagen würde. Der Druck des Nationaldemokraten Stanisław Grabski bewirkte, dass die polnische Seite die 100 km zusätzliches Territorium ablehnte. Dies war ein Sieg für die nationalistische Doktrin und ein schwerer Rückschlag für Piłsudskis Idee von einem föderalen Polen. Die Nationaldemokraten strebten einen einheitlichen polnischen Staat an, innerhalb dessen Grenzen die Minderheiten einen Bevölkerungsanteil von nicht mehr als einem Drittel hatten. Dies war in ihren Augen eine unabdingbare Voraussetzung für erfolgreiche Polonisierung. Unter dem Druck des Völkerbundes entschieden sich die Polen, den Friede von Riga am 18. März 1921 zu unterzeichnen, womit die umstrittenen Gebiete in Weißrussland und der Ukraine zwischen Polen und Russland aufgeteilt wurden.
Die Ukrainer unter der Führung von Symon Petljura hatten Seite an Seite mit den Polen gekämpft, aber in Riga wurden sie von den Polen betrogen – letztendlich zum beiderseitigen Nachteil. Piłsudski fühlte, dass das Abkommen eine schamlose und kurzsichtige politische Berechnung war. Angeblich sagte er, als er den Sitzungsraum verließ, zu den Ukrainern, die dort auf die Ergebnisse der Konferenz warteten: „Meine Herren, ich entschuldige mich vielmals bei Ihnen.“ Der Vertrag verletzte Polens militärische Allianz mit der Ukraine, die explizit einen separaten Frieden ausschloss. Dies verschlechterte die Beziehungen zwischen Polen und seiner ukrainischer Minderheit, die spürten, dass die Ukraine von ihrem polnischen Verbündeten betrogen wurde. Dieses Gefühl sollte später von der sowjetischen Propaganda ausgenutzt werden und führte zu wachsenden Spannungen und letztendlich Gewalt in den 1930ern und 1949ern. Ende 1921 hatte die Mehrheit der ukrainischen und weißrussischen Soldaten entweder die Grenze zu Polen überschritten und dort ihre Waffen niedergelegt, oder sie wurden von den Sowjets zerschlagen.
Allerdings wurde Józef Piłsudskis Traum einer osteuropäischen konföderierten Staates (Międzymorze) durch diesen Vertrag vereitelt. Polen war nicht in der Lage, als Verpflichtungen aus der Allianz mit der Ukraine ihre Unabhängigkeit zu unterstützen, und die polnisch-litauischen Beziehungen verschlechterten sich aufgrund von Polens Annexion von Vilnius, das von den Litauern als ihre Hauptstadt beansprucht wurde.
Auf der anderen Seite führte der Vertrag von Riga zu einer Stabilisierung der Ostgrenze Polens. Der neue polnische Staat verzichtete auf einen Großteil des Landes, das bereits in der Ersten und Zweiten Teilung Polens von der Republik Beider Nationen an Russland verloren wurde. In diesen Gebieten lebte noch eine beträchtliche polnische Minderheit (etwas weniger als eine Million Menschen), insbesondere in der Gegend um Sluzk und Schytomyr. Dies erlaubte es den Sowjets, harte Repressalien gegen diese Polen auszuführen, von der Konfiskation von beträchtlichem Vermögen (Land und Wälder), religiöse Verfolgung (Verurteilung des Bischofs Jan Cieplak zum Tode 1923), und letztendlich die gesamte Deportation von Polen nach Kasachstan in den Jahren 1931 bis 1934. Die Bevölkerung auf der polnischen Seite der in Riga vereinbarten Grenze, die Polen und insgesamt etwa 6 Millionen Angehörige einer Minderheit (Ukrainer, Weißrussen, Litauer und Juden), waren zum größten Teil von einer kommunistischen Diktatur verschont geblieben und genossen für die nächsten 17 Jahre, bis 1938, die Gewährleistung des Eigentums und Religionsfreiheit. Jedoch schützte sie dies nicht von ethnischen Konflikten, insbesondere während der Weltwirtschaftskrise seit 1929.
Polen war außerdem in der Lage, in den Vertragsverhandlungen eine monetäre Kompensation für den wirtschaftlichen Beitrag zum Russischen Reich während der Teilungen Polens in Höhe von 30 Millionen Rubel zu erreichen. Die Russen mussten außerdem Kunstgegenstände und andere polnische Nationalschätze, die seit 1772 erbeutet wurden, wie z.B. die Załuski-Bibliothek zurückgeben. Beide Seiten verzichteten auf Ansprüche auf Reparationen.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Abbildung des Vertrages: Seite 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23; Anlage 2: 25, 26, Anlage 3: 27, 28, Anlage 4: 29, 30, 31, 32, Anlage 5: 33
Anmerkungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Norman Davies: White Eagle, Red Star: the Polish-Soviet War, 1919-20, Pimlico, 2003, ISBN 0712606947. (Erste Auflage: New York, St. Martin's Press, inc., 1972.)
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