Belästigung der Allgemeinheit

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Belästigung der Allgemeinheit (§ 118 OWiG, alte Bezeichnung: grober Unfug) ist nach deutschem Recht eine Handlung, die geeignet ist, den äußeren Bestand der öffentlichen Ordnung unmittelbar zu stören oder zu beeinträchtigen, so dass die Öffentlichkeit belästigt wird. Hierfür kann nach § 17 eine Geldbuße zwischen 5 und 1000 Euro verhängt werden, wobei in nicht unerheblichen Fällen auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters in Betracht kommen.

Rechtliche Bedeutung

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Die Subsidiaritätsklausel des § 118 Abs. 2 OWiG ordnet die Norm anderen Ordnungswidrigkeiten nach. Es handelt sich insofern um einen Auffangtatbestand, um Verhaltensweisen zu sanktionieren, die von anderen Ordnungswidrigkeitstatbeständen nicht erfasst werden.

Der Normzweck der Vorschrift ist dabei, unverändert, der Schutz der öffentlichen Ordnung.[1] § 118 OWiG soll damit solche Verhaltensweisen sanktionieren, die derart gegen anerkannte Regeln von Sitte, Anstand und Ordnung in einem Ausmaß verstoßen, dass die Allgemeinheit unmittelbar gefährdet oder belästigt und zugleich die öffentliche Ordnung dadurch (zumindest potenziell) beeinträchtigt wird.[2] Da der Tatbestand der Norm jedoch weiterhin sehr unbestimmt gefasst ist, wird bei der Rechtsanwendung vorwiegend auf herausgearbeitete Kasuistik zurückgegriffen.[3]

Als grober Unfug bzw. als Belästigung der Allgemeinheit wurden beispielsweise bereits folgende Verhaltensweisen betrachtet:

Strittig sind:

Nicht als unter den Tatbestand fallend wurde hingegen zum Beispiel Folgendes gesehen:

  • Protestveranstaltungen auf Friedhöfen anlässlich von Gedenkfeiern[19]
  • Warnung der Verkehrsteilnehmer vor einer polizeilichen Verkehrskontrolle[20]
  • Teilnahme an einer Kettenbriefaktion[20]
  • Überkleben eines Wahlplakates einer Partei mit einem Wahlplakat einer anderen Partei[20] (Hier kommt jedoch Strafbarkeit wegen Sachbeschädigung in Betracht.)
  • Entgegen früherer Rechtsprechung[21]: Spazieren in Badehose im „Hofraum eines erstklassigen Fremdenhotels“, „obwohl sich […] nur etliche Minuten vom Hotel entfernt eine Badeanstalt befand“[22]

Entstehungsgeschichte

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In der Bundesrepublik Deutschland war „grober Unfug“ bis zur Strafrechtsreform 1969 noch als Übertretung strafbar. § 360 Abs. 1 Nr. 11 StGB alter Fassung ordnete für eine Übertretung wegen groben Unfugs eine Geldstrafe bis zu 500 Deutsche Mark oder Freiheitsstrafe bis zu 6 Wochen an. Heute ist die Übertretung zu einer Ordnungswidrigkeit heruntergestuft, die nach § 118 OWiG nur mit Geldbuße bewehrt ist.

Die Ersatzvorschrift des § 118 OWiG n. F. orientiert sich nunmehr eng an der vorhergehenden Fassung des § 360 Abs. 1 Nr. 11 StGB a. F. Daher darf die bisherige Rechtsprechung zur Vorgängernorm auch für die Auslegung des § 118 OWiG n. F. herangezogen werden.[23]

In den USA werden Verstöße gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung als Straftat (Disorderly conduct) verfolgt.

Kritiker sehen den § 118 als überkommenes Recht an. Hierbei werden vor allen Dingen die unbestimmten Rechtsbegriffe kritisiert. Somit überlasse dieser Paragraph die Auslegung dem jeweiligen sittlichen Empfinden des Gerichts.[24]

Einzelnachweise

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  1. Senge, Karlsruher Kommentar zum OWiG, 3. Auflage 2006, Rn. 2, m. w. N.
  2. VGH Baden-Württemberg, NVwZ 1999, 560.
  3. Bohnert, OWiG, 3. Auflage 2010, Rn. 1.
  4. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 4. Mai 2000 – 2 Ss 166/99 23 OWi AK 139/99, NStZ-RR 2000, 309.
  5. BayObLG, BayObLGSt Band 26, Jahr 1927, S. 111.
  6. OLG Celle, OLG Hamburg jeweils 1951.
  7. OLG Hamm 1952.
  8. RGSt 53, S. 139.
  9. RGSt 19, S. 296.
  10. RG, Urteil vom 5. Juni 1894 - 1506/94, RGSt 25, 404 (405).
  11. KG, Beschluss vom 11. Mai 1987 – Ws (B) 60/87, NStZ 1987, 467.
  12. OLG Karlsruhe, Urteil vom 27. August 1969 - Ss 151/69, NJW 1970, 64.
  13. OLG Koblenz, Beschluss vom 14. Januar 2010 – 2 SsBs 68/09, Landesrecht Rheinland-Pfalz.
  14. OLG Oldenburg, Beschluss vom 16. September 2015 - 2 Ss (OWi) 163/15, NJW 2016, 887.
  15. OLG Frankfurt, Beschluss vom 23. Mai 2018 - 2 Ss-OWi 506/17.
  16. OLG Rostock, Beschluss vom 12. Februar 2018 - 21 Ss OWi 200/17 (Z).
  17. AG München, Urteil vom 24. Juni 2019 – 1119 OWi 275 Js 116967/19, Pressemitteilung.
  18. AG Lübeck, Urteil vom 29. Juni 2023 – 83a OWi 739 Js 4140/23 jug.
  19. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 20. Juni 2014 – 1 BvR 980/13.
  20. a b c Karlsruher Kommentar zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, Herausgegeben von Lothar Senge, dritte aktualisierte Auflage, 2006, Verlag C. H. Beck München.
  21. BayObLG, BayObLGSt Band 21, Jahr 1922, S. 175.
  22. KK-OWiG/Senge, 5. Aufl. 2018, OWiG § 118 Rn. 7; BeckOK OWiG/Weiner, 43. Ed. 1.7.2024, OWiG § 118 Rn. 11
  23. KG, Beschluss vom 11. Mai 1987 – Ws (B) 60/87, NStZ 1987, 467 (468), m. w. N.
  24. Julian Philipp Seibert: Die „öffentliche Ordnung“ als überflüssiges polizeiliches Schutzgut, Zuletzt abgerufen am 25. Juni 2024.