Alban Berg Quartett
Das Alban Berg Quartett (abgekürzt: ABQ) war eines der weltweit führenden Streichquartette.[1] Es bestand von 1970 bis 2008 und war nach dem Komponisten Alban Berg benannt.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Gründung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Alban Berg Quartett wurde 1970 gegründet. Helene Berg, die Witwe des Komponisten Alban Berg, wurde zu einem Privatkonzert des Quartetts eingeladen und gab dem Quartett die Zustimmung, den Namen ihres Mannes zu tragen.
Mitglieder
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- 1. Violine: Günter Pichler (1971–2008)
- 2. Violine: Klaus Maetzl (1971–1978), Gerhard Schulz (1978–2008)
- Viola: Hatto Beyerle (1971–1981), Thomas Kakuska (1981–2005), Isabel Charisius (2005–2008)
- Violoncello: Valentin Erben (1971–2008)
Künstlerisches Wirken
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nach einem einjährigen Studienaufenthalt in den USA auf Einladung von Walter Levin (LaSalle String Quartet) begann eine kometenhafte Karriere des Quartetts. Einen Schwerpunkt bildete der über Jahrzehnte gespielte jährliche Zyklus im Wiener Konzerthaus, zu dem das Quartett direkt nach seiner Rückkehr eingeladen wurde. Darauf folgten später auch eigene Zyklen in der Londoner Queen Elizabeth Hall, der Alten Oper Frankfurt, dem Pariser Théâtre des Champs-Élysées, der Kölner Philharmonie, dem Auditorio Nacional de Música in Madrid und dem Opernhaus Zürich. Des Weiteren konzertierte das Quartett in fast allen bedeutenden Konzerthäusern, unter anderem Teatro alla Scala, Concertgebouw Amsterdam, Berliner Philharmonie, Carnegie Hall, Teatro Colón und Suntory Hall sowie bei internationalen Musikfestivals wie zum Beispiel bei den Berliner Festwochen, beim Edinburgh Festival, IRCAM im Centre Georges Pompidou, beim Maggio Musicale Fiorentino, bei den Wiener Festwochen und den Salzburger Festspielen.
Nach dem Tod des Bratschisten Thomas Kakuska im Juli 2005 setzte das Quartett seine Konzerttätigkeit mit Isabel Charisius, einer ehemaligen Schülerin Kakuskas, fort. Der Verlust war aber zu groß, wie Cellist Valentin Erben meinte („There was a big rupture in our hearts“).[2] 2007 gab das Quartett bekannt, sich zum Ende der Konzertsaison 2007/2008 aufzulösen. Nach einer weltweiten Tournee im Jahr 2008 beendete das Alban Berg Quartett seine Konzerttätigkeit.[3][4]
Das Quartett pflegte kammermusikalische Partnerschaften mit Künstlern wie Alfred Brendel, Rudolf Buchbinder, Philippe Entremont, Elisabeth Leonskaja, Boris Pergamenschikow, Maurizio Pollini, András Schiff, Heinrich Schiff, Christian Zacharias und Tabea Zimmermann, Hariolf Schlichtig, Georg Hörtnagel und Alois Posch. Es liegt eine umfangreiche Diskografie vor.
Lehrtätigkeit
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Neben zahlreichen Meisterkursen hatte das Alban Berg Quartett von 1993 bis 2012 an der Musikhochschule Köln die Meisterklasse für Streichquartett in der Nachfolge vom Amadeus Quartett übernommen. Aus dieser Unterrichtstätigkeit gingen Ensembles hervor wie das Belcea Quartett, das Artemis Quartett, das Cuarteto Casals, das Fauré Quartett, das Asasello Quartett, das Schumann Quartett, das Aron quartet, oder das Amaryllis Quartett. Viele von ihnen gehören heute zur internationalen Elite.
Repertoire und Uraufführungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Repertoire des Quartetts war weit gespannt und umfasste Werke von der Früh-Klassik über Klassik und Romantik, der Zweiten Wiener Schule (Berg, Schönberg und Webern) und Bartók bis hin zu zeitgenössischen Komponisten des 20. Jahrhunderts wie zum Beispiel Witold Lutosławski und Luciano Berio.
Folgende Werke (in chronologischer Reihenfolge) wurden für das Alban Berg Quartett geschrieben und von diesem uraufgeführt: Fritz Leitermeyer, Erich Urbanner (Quartette 1 und 4), Gottfried von Einem (1. Streichquartett), Roman Haubenstock-Ramati (1. und 2. Streichquartett), Wolfgang Rihm (4. Quartett und „Requiem für Thomas“), Alfred Schnittke (Quartett Nr. 4), Luciano Berio („Notturno“), Kurt Schwertsik („Adieu Satie“).
Einspielungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bereits für seine ersten Einspielungen erhielt das Alban Berg Quartett den Grand Prix du Disque; im Laufe der Zeit folgten mehr als 30 renommierte Schallplattenpreise, darunter der Preis der Deutschen Schallplattenkritik, der Japanese Grand Prix, der Edison Award und der Gramophone Award. Allein der Beethoven-Zyklus des Alban Berg Quartetts (EMI) wurde über eine Million Mal verkauft, auch bei Béla Bartók wurden höchste Verkaufszahlen erreicht (über 500.000). Es wurden Aufnahmen der Quartette von Brahms (Teldec und EMI), der späten Quartette von Haydn (EMI), Mozart (Teldec und EMI) sowie Schubert (EMI) gemacht, aber das Repertoire erstreckte sich auch auf Tonträger weit über die Wiener Klassik hinaus mit Werken von zum Beispiel Mendelssohn Bartholdy und Schumann über Janáček, Stravinsky, der Zweiten Wiener Schule, Bartók bis hin zu Zeitgenossen wie von Einem, Lutosławski, Rihm, Berio, Haubenstock-Ramati und Schnittke. Viele der letzteren Werke wurden für das Alban Berg Quartett geschrieben und ihm gewidmet. In den letzten ca. 20 Jahren seines Bestehens ging das Quartett dazu über, fast ausschließlich Live-Mitschnitte von Konzerten zu veröffentlichen; unter anderem aus der Carnegie Hall, später meist aus dem Wiener Konzerthaus, so zum Beispiel einen Beethoven-Streichquartett-Zyklus auf CD, Video und DVD.
Ehrungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Quartett ist Ehrenmitglied der Wiener Konzerthausgesellschaft und Associate Artist der Royal Festival Hall London.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Elisabeth Th. Hilscher-Fritz: Berg-Quartett.xml Alban Berg-Quartett. In: Oesterreichisches Musiklexikon. Online-Ausgabe, Wien 2002 ff., ISBN 3-7001-3077-5; Druckausgabe: Band 1, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2002, ISBN 3-7001-3043-0.
- DIE ZEIT Klassik-Edition v.16 | Alban Berg Quartett. Die Zeit, Hamburg 2006, ISBN 3-476-02216-1.
- Dieter Rexroth, Rainer Wilker (Hrsg.): Ludwig van Beethoven. The String Quartets. Alban Berg Quartet. Alter Oper, Frankfurt am Main 1987.
- Franz Schubert: Death and the Maiden (mit Dietrich Fischer-Dieskau) directed by Bruno Monsaingeon (EMI Records)
- The Alban Berg Quartett in St. Petersburg 1991. Unitel Classica.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Werke von und über das Alban Berg Quartett im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Alban Berg Quartett bei Discogs
- Alban Berg Quartett bei AllMusic (englisch)
- Alban Berg Quartett bei Warner Classics (englisch)
- Alban Berg Quartett bei IMDb
- Eine Musiklegende geht in Ruhestand (Alban Berg Quartett). In: klassikinfo.de. Archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 4. März 2016; abgerufen am 30. Mai 2020.
- Volker Hagedorn: Beethoven, bist du das? In: Die Zeit, Nr. 13/2007.
- 38 Jahre Alban Berg Quartett. In: valentin-erben.at. Valentin Erben (Persönliche Website), archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 30. Mai 2020; abgerufen am 30. Mai 2020.
- Günter Pichler im Interview über die Arbeit des Alban Berg Quartetts. Archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 1. Mai 2019; abgerufen am 30. Mai 2020.
- Witold Lutosławski: über das Alban Berg Quartett. guenterpichler.com
- Brief von Luciano Berio an das Alban Berg Quartett. guenterpichler.com
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Kritiken der Zeit zeugen von dem: „One of the greatest ensembles of our time“ (San Francisco Chronicle). „Sicherlich eines der großartigsten Ensembles der Kammermusik“ (France Soir, Paris). „Few if any quartets can match their strength and assurance in the Viennese classics and romantics“ (The Times, London), „Das Alban Berg Quartett hat legendäre Standards in der Kammermusik gesetzt“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung). „[Das] Wunder names Alban Berg Quartett“ (Die Presse, Wien). „Beethoven, bist du das? Das berühmteste Streichquartett der Welt nimmt nach vierzig Jahren Abschied vom Konzertpodium. Eine Begegnung mit dem Alban Berg Quartett.“ (Die Zeit)
- ↑ Anushka Asthana: Arts and Entertainment. The Sunday Times (London), abgerufen im Jahr 2014 (englisch).
- ↑ Rory Williams: Calling it Quits. For the Alban Berg Quartet. In: stringsmagazine.com. Abgerufen am 15. September 2014 (englisch).
- ↑ Beijing Today. Weekend. 5. Juni 2008, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 18. Juli 2011; abgerufen am 17. Juni 2008 (englisch).