Hexe

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Eine Hexe war im Volksglauben eine mit Zauberkräften ausgestattete, meist weibliche, meist unheilbringende Person, die im Rahmen der Christianisierung häufig mit Dämonen oder dem Teufel im Bund geglaubt wurde.

Zur Zeit des Hexenwahns wurde Hexe als Fremdbezeichnung auf Frauen und Männer angewandt, die sich vermeintlich oder tatsächlich in irgendeiner Weise vom christlichen Glauben entfernt hatten, womit ihre Verfolgung legitimiert wurde. Eigenbezeichnungen, die nicht unter peinlicher Befragung entstanden, sind nicht bezeugt.


Verkäuferin von Opfergaben in La Paz (Bolivien)

Methodik und Quellen der Hexenforschung

In die Vorstellungen zur Hexe sind Elemente unterschiedlicher Herkunft eingeflossen, dies führt im Allgemeinen zu einer Konfusion, da diese verschiedenen Strömungen nicht getrennt werden, sondern auch rückwirkend in ein Hexenbild projiziert werden.

  • Zunächst kann die Etymologie des Wortes untersucht werden - hier erhält man Informationen über die Vorstellungen zu einer Zeit, als die etymologische Motivation noch lebendig war - grob geschätzt bis spätestens 1000 n. Chr. Diese Erkenntnis darf auch maximal für das Westgermanische verwendet werden.
  • Eine zweite Strömung entstammt Märchen und Sagen. Hier finden sich aber auch andere Figuren, die in gleichem Sujet die Rolle der Hexe einnehmen können, wie Riese, Menschenfresser oder Drache. Es ist bemerkenswert, dass viele Sujets europaweit oder darüber hinaus verbreitet sind - allerdings immer mit den jeweils regionaltypischen Entsprechungen von Hexe oder Menschenfresser. Märchen und Sagen wurden zudem erst spät aufgezeichnet - sie sind also bereits beeinflusst von den neuzeitlichen Hexenvorstellungen und Hexenprozessen.
  • Drittens gibt es Informationen über den Glauben an Zauberei und die Bestrafung von Zauberinnen aus der Bibel, also aus dem Nahen Osten. Die Vorstellungen gelten also wieder nur für eine Region und für die Begriffe in der jeweiligen Sprache.
  • Viertens liegen Dokumente zum Hexenglauben aus Mittelalter und Neuzeit vor, einschließlich der Akten zu den Hexenprozessen. Diese sind vom Volksglauben der jeweiligen Region aber auch der biblischen Tradition beeinflusst. Es ist darauf zu achten, dass die frühen Dokumente nicht deutsch verfasst waren. Es ist daher immer riskant die lateinischen Begriffe malefica u.a. mit deutsch Hexe zu übersetzen - wo doch Übeltäter wesentlich neutraler wäre.

Etymologie

Die Wurzeln des deutschen Wortes Hexe finden sich nur im westgermanischen Sprachraum: mittelhochdeutsch Hecse, Hesse, althochdeutsch Hagzissa, Hagazussa, mittelniederländisch Haghetisse, altenglisch Haegtesse: (gespenstisches Wesen) – im modernen Englisch verkürzt zu hag. Die genaue Wortbedeutung ist ungeklärt; der erste Bestandteil von hagazussa ist wahrscheinlich althochdeutsch Hag (Zaun, Hecke, Gehege), vgl. Hagen (Flurname), der zweite ist möglicherweise mit germanisch/norwegisch tysja (Elfe, böser/guter Geist) und litauisch dvasia Geist, Seele verwandt, also vermutlich ein auf Hecken oder Grenzen befindlicher Geist.

Aus dieser Sicht steht kein Zweifel an der Zugehörigkeit des Begriffs zur Religion. Allerdings ist zu bezweifeln, dass der Begriff Hexe (bzw. dessen Vorgänger) vor der Christianisierung eine Bezeichnung für kultisch tätige Personen war. Eher hat man niedere mythische Wesen oder ggf. eine Göttin des alten Glaubens in Betracht zu ziehen.

Metaphorisch ließe sich der Begriff somit als Beschreibung einer Wesenheit begreifen, die mit einem Bein im Reich der Lebenden, mit dem anderen im Reich der Toten weilt. Es gibt auch die Varianten, dass der profane und der heilige Bereich hier einander gegenüber stehen und somit die Grenze bilden, oder das Diesseits und das Jenseits.

Walter W. Skeats etymologisches Wörterbuch leitet das englische witch (Hexe) ab aus altenglisch wicche, angelsächsisch wicca (mask.) oder wicce (fem.): einer verderbten Form von witga der Kurzform von witega (Seher, Wahrsager), das seinerseits von angelsächsisch witan (sehen, wissen) herrührt. Entsprechend entwickelt isländisch vitki (Hexe) aus vita (wissen) oder vizkr (Kluger, Wissender). Wizard (Zauberer) stammt von normannisch-französisch wischard, altfranzösisch guiscart (der Scharfsinnige). Die englischen Wörter wit (Witz) und wisdom (Weisheit) stammen aus der gleichen Wurzel.

Herkunft des Hexenglaubens

Der Hexenglauben ist ein paneuropäischer Aberglaube (Volksglaube), dessen Wurzeln im heidnischen Götterglauben liegen. Diese weitgehende Übereinstimmung fällt nicht ins Auge, weil die Bezeichnungen regional unterschiedlich sind. So ist im postkeltischen Kulturkreis von Feen (Morgane etc.) die Rede, die gut und böse sein konnten, in Irland zweigesichtig dargestellt wurden und im übrigen vom Hexenwahn verschont blieben. Im postgermanischen Raum erfolgte eine personelle Spaltung. So steht der Begriff Elfe primär für die gute Hexe, während es ansonsten eher (wohl als Folge christlicher Indoktrination) die böse Hexe gibt.

Der Begriff Hexenglauben ist doppeldeutig. Zum einen bezeichnet er die Überzeugung von der realen und bedrohlichen Existenz der Hexen, wie er im Volksglauben verwurzelt war und sich als Reaktion der Kirche zum Hexenwahn steigern konnte. So überliefert das Neue Testament eine Reihe von Exorzismen (Heilungen durch Austreibungen der Dämonen, die im antiken Wunderglauben allgemein als Krankheitsverursacher gedacht wurden) sowohl Jesu wie auch seiner Jünger. Zum anderen kann der Begriff, an die prä-christlichen Vorstellungen anknüpfend (ohne sie in ihrem Wesen zu verstehen), heute die (naturreligiösen) Überzeugungen der sich selbst so bezeichnenden Hexen beiderlei Geschlechts bezeichnen.

Das märchenhafte Stereotyp der Hexe, nämlich einer alten Frau, die auf einem Besen reitet – hinzu kommt oft die Begleitung durch einen schwarzen Vogel (der Rabe Odins) oder eine Katze – leitet sich von der Vorstellung eines Wesens ab, das sich in Hecken oder eher in Hainen aufhält oder auf Grenzen reitet; aus der Zaunstange, meist gegabelte Äste, wurde in der bildlichen Darstellung der Hexenbesen. Diese Version unterlag jedoch bereits christlich verfälschender Einflussnahme. Für das Bild von der Zaunreiterin gibt es verschiedene Erklärungen: Es könnte sich einmal um eine Art archaischer (Wald)-Priesterinnen gehandelt haben, andererseits wird auch ein abstraktes Bild bemüht: Demnach pendeln die Beine von Wesen, die auf Zäunen sitzen, ja auf zwei verschiedenen Seiten, in diesem Fall die Seite der menschlichen Welt und die Seite der Geister (siehe auch Hexensalbe).

Wenn die Hecke, die ursprünglich wohl den Bannkreis darstellt, die vorchristliche Kultorte umgab, eine Trennlinie zwischen der diesseitigen Welt und der jenseitigen Welt darstellt, ist die Hexe eine Person, die zwischen beiden Welten vermitteln kann - somit divinatorische, aber auch heilende Fähigkeiten und hohes Wissen besitzt, und damit die Eigenschaften der vorchristlichen Kultträger.

Der Begriff Hexe ist ein Sammelbegriff, der viele Ausrichtungen wie zum Beispiel Incantata (Beschwörende), Bacularia (Besenreiterin), Herberia (Kräuterfrau), Strix (Eule) und vieles mehr zusammenfasst. Von je her sind die Bedeutungen Heilerin, Hebamme, Orakelsprechende, Zaubersprechende, Kräuterfrau, (Hell-)Seherin und weitere in der Bezeichnung Hexe eingeschlossen – alles Attribute, die auch der nordischen Freya, der irischen Brigid und anderen archaischen Göttinnen zugeordnet wurden.

Die wahrscheinlichste Herkunft des Archetypus 'Hexe' ist aufgrund der etymologischen Hinweise und des überlieferten Volksglaubens eine Frau mit okkultem oder Naturheilwissen, die unter Umständen einer Priesterkaste angehörte. Dies ist eine Übertragung der Fähigkeiten (Heilen, Zaubern, Wahrsagen) der Göttin Freya und vergleichbarer Göttinnen in anderen Regionen auf ihre Priesterinnen, die im frühchristlichen Umfeld noch lange in der gewohnten Weise agierten. Mit dem Vordringen des Christentums wurden die heidnischen Lehren und ihre Anhänger dämonisiert.

Siehe hierzu auch Hexenlehre.

Hexenverfolgung

Titelseite des „Malleus maleficarum”, Lyon 1669

Verfolgungen von der bösen Zauberei verdächtigen Personen gab es in fast allen Kulturkreisen. Mit Hexenverfolgung als historischem Begriff bezeichnet man allerdings die Periode der legalen Hexenverfolgung bzw. der Hexenprozesse in Europa vom 15. bis ins 18. Jahrhundert. Der Großteil der Hexenverfolgungen liegt entgegen der landläufigen Ansicht nicht im Mittelalter, sondern in der frühen Neuzeit.

Die Hexenverfolgungen betrafen nicht nur Frauen. Obgleich diese insgesamt die Mehrheit (75 %) der Verfolgten bildeten, gab es Abweichungen in Regionen, wo das Bild des Zauberers traditionell männlich besetzt war. In Island waren beispielsweise 80% der verfolgten Hexen Männer. Die Männer wurden als mit einem speziellen Gürtel, der sie in Tiere (Werwölfe) verwandelte, ausgestattete Wesen beschrieben.

Im Tanach, der hebräischen Bibel, wird Zauberei mit Todesstrafe bedroht (u.a. Num 20,6.27; Dtn 18,10; 1. Sam 28,9). Besonders die Stelle Ex 22,17 - die Zauberinnen sollst du nicht am Leben lassen - diente den Verfolgern der Hexen später immer wieder als Rechtfertigung. Auch im antiken römischen Recht stand die Schadenszauberei unter Strafe.

In der spätantiken und frühmittelalterlichen Kirche gab es zwei konkurrierende Ansichten zur Hexerei. Augustinus von Hippo schloss von der physikalischen Unmöglichkeit des Zauberns auf eine implizite Einladung des Teufels zur Bewerkstelligung der sonst unmöglichen Aufgabe. Diese semiotische Auffassung der Hexerei trat aber zunächst in den Hintergrund zugunsten einer Auffassung, die sich aus den Regelungen der Kirchenväter zum Umgang mit Frauen ableitete, die glaubten mit Diana des nachts auszufahren: Diese Frauen, so heißt es dort, seien mit Nachsicht zu behandeln, denn da das, was sie zu tun glaubten, physikalisch unmöglich sei, basiere es auf Einbildung. Ebenso sind die Regelungen Karls des Großen gegenüber den Sachsen zu verstehen.

Der Begriff an sich stammt aus der Schweiz: Hexereye taucht erstmals 1419 in einem Prozess gegen einen Mann im schweizerischen Luzern auf. Allerdings ist schon 1402/03 in einem Rechnungsbuch aus Schaffhausen von einem hegsen brand, also einer Hexenverbrennung, die Rede. Das Standardwerk der Hexenjäger Malleus Maleficarum des Dominikaners Heinrich Kramer, gen. Institoris nennt die Hexen maleficae [Pl.] anstelle des männlichen Äquivalents malefici [Pl.] ursprünglich „Übeltäter“, erst später „Zauberer“.

Bis zu diesem Zeitpunkt wurden vereinzelte Forderungen der Bevölkerung nach Hexenprozessen von den Obrigkeiten nicht verhandelt. Die landläufig als treibende Kraft der Hexenverfolgungen vermutete Inquisition richtete sich gegen Glaubensabweichler, nicht gegen "Hexen". Die staatliche spanische Inquisition lehnte ausdrücklich Hexenverfolgung ab.

Im weiteren Verlauf des 15. Jahrhundert setzte sich jedoch die oben erwähnte Auffassung der Hexerei als Teufelspakt durch. Zudem festigte sich das Bild der Hexen als Hexensekte oder -kult mit Zusammenkünften und Riten, das später zusammen mit der Folter als Verhörmethode zu der explosionsartigen Ausbreitung der Beschuldigungen führen sollte. Das Zeitalter der legalen Hexenverfolgungen hatte begonnen.

Den Prozessen lag die peinliche Halsgerichtsordnung Karls V. zugrunde. Gegenüber der mittelalterlichen Rechtspraxis bedeutete dies einen Fortschritt, da die Anwendung der Folter streng reglementiert war und auf Gottesurteile verzichtet wurde. Der scheinbar definitive Beweis der Schuld wurde durch ein Geständnis des Angeklagten erbracht, welches ohne Folter wiederholt werden musste. Es war allerdings möglich, den Angeklagten erneut zu foltern, falls er das Geständnis widerrief. Damit war dieser „Fortschritt“ leider bereits ad absurdum geführt.

Obwohl die Hexenprozesse sicherlich teils zur Beseitigung unliebsamer Nachbarn oder Geschäftspartner genutzt worden sind, entspringt die Initiative dazu einer realen Angst vor Verhexung. Die größte Welle der Hexenprozesse Ende des 16. Jahrhunderts fällt zusammen mit der so genannten kleinen Eiszeit. Auch das durch die kaltfeuchte Witterung begünstigte Auftreten von Mutterkorn könnte Teilursache gewesen sein.

Das feststehende Konzept der Hexe, das regelmäßige Treffen (Hexensabbate) einer Art Hexensekte imaginierte, erwies sich als ebenso verhängnisvoll wie die Erzwingung des Geständnisses unter Folter: Da die Angeklagten ihre Reue zeigen sollten, indem sie ihre Mitverschwörer verrieten, zog ein Hexenprozess so immer gleich etliche andere in einer regelrechten Welle nach sich. Es gibt sogar Hinweise darauf, dass beispielsweise in deutschen Hexenprozessen des 17. Jahrhunderts gezielt Adlige in die Verfolgung einbezogen wurden, in der vergeblichen Hoffnung, den Prozesswellen dadurch ein Ende zu machen. Im Wort Hexensabbat zeigt sich nicht nur eine xenophobe Tendenz: Für die christliche Mehrheit werden neben die fremden Juden die aus der Gemeinschaft ausgegrenzten Hexen gestellt. Zudem wird auch deutlich, wie unsauber und schwammig die Grenze zwischen Häresie und Hexerei war.

Die anfänglichen Beschuldigungen zumindest waren also, wie oben gesagt, in der Regel einem wirklichen Hexenglauben entsprungen. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch, dass die späteren Verfolgungswellen (im 17. Jahrhundert) fast ausschließlich auf Beschuldigungen durch Kinder zurückgingen.

Am 4. April 1775 wurde im Stift Kempten im Allgäu Anna Schwegelin wegen erwiesener Teufelsbuhlschaft als letzte Hexe in Deutschland der Prozess gemacht. Das Urteil des Fürstabt Honorius von Schreckenstein, dem Kraft kaiserlichen Privilegs (Campidona sola judicat…) die geistliche und weltliche Gerichtsbarkeit zustand, wurde aber aus unbekanntem Grunde nicht vollstreckt.

Noch später, nämlich 1782, wurde als letzte Hexe der Schweiz Anna Göldi hingerichtet. Diesen Prozessen begegnete man in der aufgeklärten Öffentlichkeit Europas allerdings bereits mit Abscheu.

Das Ende der europäischen Hexenverfolgung begann mit juristischen Erwägungen, wie sie von dem Jesuiten Friedrich von Spee in seinem einflussreichen Werk Cautio Criminalis (Rechtliche Bedenken wegen der Hexenprozesse) formuliert wurden, und vollendete sich in den Zeiten der Aufklärung. Mit dem Abwenden der Rechtspraxis vom Eid und Gottesurteil hin zur Beweisbarkeit führte die Nichtbeweisbarkeit von übernatürlich entstandenem Schaden dazu, dass den Hexerei-Beschuldigungen nicht mehr nachgegangen wird, obwohl Teile der Bevölkerung dies lange weiterhin forderten.

Die Opferzahlen sind schwer einzuschätzen. Neuerdings geht man von Zahlen für ganz Europa im Zeitraum der frühen Neuzeit von einigen zehntausend Opfern aus.

Die weltweit einzige offizielle Erklärung einer Kirche zur Hexenverfolgung wurde 1997 von der Synode der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern veröffentlicht. Der Text dieser Stellungnahme ist im Internet zu finden auf der Webseite http://www.anton-praetorius.de (Menüpunkt Arbeitskreis Hexenprozesse, 3. Kirchliche Stellungnahme aus Bayern). Die deutschen Dominikaner haben explizit die Fehler ihrer Vorgänger bei der Hexenverfolgung benannt; vgl. dazu "Dominikaner und Inquisition heute" unter Inquisition . Ferner hat Papst Johannes Paul II. in seiner Schulderklärung zum Jahr 2000, dem "Mea culpa", alle mit eingeschlossen, denen von Seite der Kirche Unrecht angetan wurde; die Hexen sind hier mitzudenken.

Moderne Hexenverfolgung

Das Thema Hexen ist im Sinne von Personen, die Schadenszauber ausführen, in vielen Ländern und Kulturen, z. B. in Lateinamerika, Südostasien und vor allem in Afrika, heute noch hochaktuell. Seit 1960 sind vermutlich mehr Menschen wegen Hexerei hingerichtet oder umgebracht worden als während der gesamten europäischen Verfolgungsperiode. Allein im ostafrikanischen Land Tansania sind, besonders unter Staatspräsident Julius Kambarage Nyerere, zwischen 10.000 und 15.000 Menschen getötet worden. Hexereivorstellungen und Hexenverfolgungen sind somit nach wie vor in vielen Teilen der Welt endemisch, z. B. auch in Westafrika, wo noch in den 1970ern Hexen für eine Epidemie verantwortlich gemacht wurden. Anstatt Impfprogramme zu initiieren, ließ die Regierung im Radio Geständnisse alter Frauen verbreiten, dass diese die Gestalt von Waldkäuzen angenommen haben, um die Seelen der kranken Kinder zu stehlen. In einigen Ländern Afrikas – z. B. in Kamerun – ist seit deren Unabhängigkeit eine Gesetzgebung gegen Hexerei wieder eingeführt worden. Dies kann als Versuch eines Prozess der Verrechtlichung von Hexenprozessen gesehen werden, um eine unkontrollierte Verfolgungen der verdächtigten Personen einzuschränken. Auch in der Amtszeit des südafrikanischen Präsidenten Nelson Mandela sind mehrere Hundert Menschen wegen Hexerei getötet worden.

Neue Hexen

In jüngster Zeit wird der Begriff Hexe häufig in positiver Weise neu verstanden und mit einer Tradition bestimmter weiser Frauen und Männer verknüpft. Als Hexe bezeichnen sich heutzutage viele Frauen des Hexenkults die sich unteranderem mit Heilkräutern und Ur-Religionen, größtenteils mit der der Kelten beschäftigen.
Man spricht von den Neuen Hexen.

Der Hexenbegriff im europäisch-amerikanischen Kulturraum hat dagegen eine grundlegende Wandlung erfahren. Durch Margaret Alice Murrays Buch Witch-Cult in Western Europe (Hexen-Kult in Westeuropa) wurde der Hexenbegriff 1921 in einem neuen Konzept der Öffentlichkeit nahe gebracht. Mit der Rezeption der frühen Forschung zu den Hexenverfolgungen (u.a. Jules Michelet: La Sorcière) durch die alternative Szene und die Frauenbewegung, insbesondere der Vorstellung, die Hexen seien eigentlich weise Frauen gewesen, die von den Herrschenden verfolgt wurden, bietet der Hexentopos ein weites Spektrum der Identifikation für die Esoterikszene. Zu nennen ist hier vor allem die Wicca-Religion, die sich heute als neue Form (siehe Neo-Keltismus), einer heidnische Natur-Religion der Hexen versteht und in den USA viele Anhänger hat.


Männliche Hexen

Männliche Hexen bezeichnen sich heute manchmal als "Hexe", auch wenn es ihnen freisteht, sich Hexer, Zauberer (in besonderen Fällen auch Hexenmeister) zu nennen.

Die weibliche und die männliche Ausprägung entstammen allerdings nicht dem gleichen historischen Ursprung und rufen deswegen auch jeweils andere Assoziationen hervor.


Überlieferungen, Sagen, Märchen

Urbilder der Hexenvorstellung sind die Figuren der Medea und der Circe aus der griechisch-römischen Mythologie. Letztere ist kräuterkundig, kennt Zaubersprüche und kann u. a. Menschen in Tiere verwandeln.

Märchen von Hexen finden sich zahlreich in der Sammlung der Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm. Das bekannteste ist wohl das Märchen von Hänsel und Gretel, in dem die Hexe mit allen Merkmalen dargestellt wird, die ihr der Volksglaube angedichtet hat. Dazu gehört insbesondere auch die Bedrohung von Kindern. Unterstützt wurden die beiden von ihrem Bruder Ludwig Grimm, der als Illustrator der ersten Auflage der Hexe ihr typisches Aussehen gab.

Im Harz, wo in der Walpurgisnacht das Treffen der Hexen auf dem Blocksberg vermutet wurde, wird der Hexenglaube als folkloristisches Brauchtum weiter gepflegt.

Im Bereich der schwäbisch-alemannischen Fastnacht wie auch in der tirolischen Fastnacht treten Fastnachtshexen auf, die sich im 20. Jahrhundert vor allem im schwäbisch-alemannischen Raum explosionsartig vermehrt haben. Inwieweit sie sich auf die Hexenverfolgung oder die Märchenhexe zurückführen lassen, ist in der volkskundlichen Forschung nicht ausreichend geklärt.

Die literarischen und filmischen Verarbeitungen des Hexenmotivs sind zahllos und reichen von Shakespeares Macbeth bis etwa zum Blair Witch Project. Das traditionelle (Schreckens-)Bild der Hexe lebt in modernen Märchen wie Charmed oder den Hexen von Eastwick fort.

Daneben zeigt sich jedoch eine neue Tradition positiver Hexenbilder in der Literatur. Während Die kleine Hexe bei Otfried Preußler (1957) wegen ihrer guten Taten noch zur Außenseiterin wird, kennen heutige Kinderbücher überwiegend „gute“ Hexen (Bibi Blocksberg, Lisbeth, Zilly) oder lassen gute und böse Hexen gleichermaßen zu (Harry Potter). Der Begriff der Hexe hat hier seine frühere negative Konnotation weitgehend eingebüßt.

Ein Beleg dafür, dass die Bedrohung auch von männlichen Akteuren ausgehen konnte, ist das Märchen vom Rumpelstilzchen. Hier wird der mythische Grundtenor der Märchen besonders deutlich: Es geht im Kern um die Menschenopfer im Glauben der Ackerbauern. Eine durch Getreide reich gewordene Frau soll ihr Kind als Opfer hergeben. Dies wird letztlich dadurch verhindert, dass das Männchen bei seinem Namen genannt und also erkannt wird.

Psychologische Deutung

Der Analytischen Psychologie in der Tradition Carl Gustav Jungs gelten die in Träumen, Sagen, Mythen und Märchen auftretenden Hexen als Ausprägung des nefasten Aspekts des so genannten Mutterarchetyps, also der zerstörenden und verschlingenden Mutter.

Berühmte Hexen

Authentische Personen

  • Die „Kindhexe“ Agatha Gatter
  • Die Hexen von Salem. Salem ist bekannt durch die im Jahr 1692 stattgefundenen Hexenprozesse. Dieser Umstand trug der Stadt in den USA den Beinamen The Witch City ein.
  • Elisabeth von Doberschütz, geborene von Strantz, Ehefrau des früheren Stadthauptmanns von Neustettin Melchior von Doberschütz, wurde am 17. Dezember 1591 vor den Toren Stettins enthauptet und verbrannt.
  • Sidonie von Borcke (1548-1620) aus dem Jungfrauenstift Marienfließ wurde am 28. September 1620 vor dem Mühlentor enthauptet und auf dem Scheiterhaufen verbrannt.
  • Tempel Anneke“, bürgerlicher Name Anna Roleffes, war eine der letzten in Braunschweig verurteilten und dort am 30. Dezember 1663 hingerichteten „Hexen“.
  • Hester Jonas, genannt „die Meurer“, wurde 1635 verhaftet, am Hexenstuhl gefoltert und am Heiligen Abend 1635 im Alter von etwa 64 Jahren vor der Windmühle zu Neuss enthauptet und verbrannt. Das vollständige Protokoll des Prozesses ist in Neuss erhalten.
  • Anna Göldi, letzte – im Juni 1782 – in Europa hingerichtete Hexe
  • Anna Truels, im 18.Jhd. auf der nordfriesischen Insel Nordstrand verbrannt
  • Maria Holl, (1549 - 1627) Die "Hexe von Nördlingen" widerstand als eine der ersten Frauen allen Torturen während des 1593/1594 gegen sie geführten Hexenprozesses. Durch ihre Kraft befreite sie die Stadt Nördlingen vom Hexenwahn. Ihre Beständigkeit führte zu Zweifeln an der Richtigkeit von Hexenprozessen und letztlich zum Umdenken von Bevölkerung und Obrigkeit.

Fiktive Gestalten

Hexenfiguren in anderen Kulturen

  • Baba Jaga, Hexe in der (ost)slawischen Mythologie und im Märchen
  • Ragana, litauische und lettische Hexe

Hexen und Hexensabbat in der Weltliteratur


Siehe auch

Wiktionary: Hexe – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Hexenhammer - Anguane - Fastnachtshexe - Hexensalbe - Hexer - Hexenmeister - Osterhexe