„Matthäus Paris“ – Versionsunterschied

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'''Matthaeus Parisiensis''' (''Matthäus Paris'', auch ''Matthäus von Paris''; * um 1200 in England; † 1259 in St. Albans) war [[Geschichtsschreibung|Geschichtsschreiber]] im [[Abtei von St Albans|Benediktinerkloster St Albans]] unweit von London. Er gilt als einer der bedeutendsten Chronisten, Historiographen und Kartenzeichner des 13. Jahrhunderts in England. Daneben war er auch als Goldschmied und Bildhauer tätig.
'''Matthaeus Parisiensis''' (''Matthäus Paris'', auch ''Matthäus von Paris''; * um 1200 in England; † 1259 in [[St Albans]]) war [[Geschichtsschreibung|Geschichtsschreiber]] im [[Abtei von St Albans|Benediktinerkloster St Albans]] unweit von London. Er gilt als einer der bedeutendsten Chronisten, Historiographen und Kartenzeichner des 13. Jahrhunderts in England. Daneben war er auch als Goldschmied und Bildhauer tätig.


Das einzig gesicherte Datum aus Matthaeus Biographie ist das Jahr 1217, in dem er in St. Albans eintrat. Ohne jemals ein offizielles Amt zu bekleiden, entwickelte er eine rege Tätigkeit als Historiograph und Hagiograph. Mit seinem Hauptwerk, den ''[[Chronica Maiora]]'' (7 Bände, die 1872–1883 in London herausgegeben wurden), setzte er [[Roger von Wendover]]s ''Flores historiarum'' für die Zeit von 1234 bis 1259 fort. Das Werk ist als Universalchronik angelegt, enthält aber gleichzeitig wichtige Informationen zum damaligen Zeitgeschehen. Daneben verfasste Matthaeus auch zwei historische Abhandlungen zur Geschichte Englands, die ''Historia Anglorum'' und die ''Abbrevatio Chronicorum Angliae''. Auch Heiligenviten ([[Eduard der Bekenner]], [[Thomas Becket]], [[Stephen Langton]]) in lateinischer und altfranzösischer Sprache stammen von ihm. Parisiensis verfasste und illustrierte seine Handschriften selbst. Die darin enthaltenen mehr als 100 Wappenschilde sind die früheste englische Quelle der [[Heraldik]]. Seine heraldischen Werke sind somit als wichtige Quellen der Heraldik anzusehen.
Das einzig gesicherte Datum aus Matthaeus Biographie ist das Jahr 1217, in dem er in St. Albans eintrat. Ohne jemals ein offizielles Amt zu bekleiden, entwickelte er eine rege Tätigkeit als Historiograph und Hagiograph. Mit seinem Hauptwerk, den ''[[Chronica Maiora]]'' (7 Bände, die 1872–1883 in London herausgegeben wurden), setzte er [[Roger von Wendover]]s ''Flores historiarum'' für die Zeit von 1234 bis 1259 fort. Das Werk ist als Universalchronik angelegt, enthält aber gleichzeitig wichtige Informationen zum damaligen Zeitgeschehen. Daneben verfasste Matthaeus auch zwei historische Abhandlungen zur Geschichte Englands, die ''Historia Anglorum'' und die ''Abbrevatio Chronicorum Angliae''. Auch Heiligenviten ([[Eduard der Bekenner]], [[Thomas Becket]], [[Stephen Langton]]) in lateinischer und altfranzösischer Sprache stammen von ihm. Parisiensis verfasste und illustrierte seine Handschriften selbst. Die darin enthaltenen mehr als 100 Wappenschilde sind die früheste englische Quelle der [[Heraldik]]. Seine heraldischen Werke sind somit als wichtige Quellen der Heraldik anzusehen.
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Er pflegte Kontakt zu bedeutenden Persönlichkeiten seines Umfelds, darunter König [[Heinrich III. (England)|Heinrich III.]] von England, sowie [[Håkon IV. (Norwegen)|Haakon IV.]] von Norwegen.<ref>Lexikon der Heraldik, Gert Oswald, Bibliographisches Institut Leipzig, 1984</ref>
Er pflegte Kontakt zu bedeutenden Persönlichkeiten seines Umfelds, darunter König [[Heinrich III. (England)|Heinrich III.]] von England, sowie [[Håkon IV. (Norwegen)|Haakon IV.]] von Norwegen.<ref>Lexikon der Heraldik, Gert Oswald, Bibliographisches Institut Leipzig, 1984</ref>


Matthäus propagierte in seinen Schriften [[Ritualmordlegende]]n und andere [[Antisemitismus|antisemitische]] Thesen. So stellte er einen polemischen Bezug zwischen der [[Zirkumzision|Knabenbeschneidung]] und der angeblich von Juden verübten [[Falschgeld|Münzverfälschung]] mittels Beschneidung der Münzränder her oder setzte eine [[J%C3%BCdische_Weltverschw%C3%B6rung#Mittelalterliche_Vorl.C3.A4ufer|Vorläuferthese der „Jüdischen Weltverschwörung“]] in Umlauf, dass die Juden hinter dem [[Mongolensturm]] stünden, um das Christentum zu vernichten. Außerdem ist er Urheber einer frühen Form der [[Ewiger Jude|Legende vom Ewigen Juden]] <ref>[[Wolfgang Benz]], [[Werner Bergmann (Soziologe)|Werner Bergmann]], [[Johannes Heil (Historiker)|Johannes Heil]], [[Juliane Wetzel]] und [[Ulrich Wyrwa]] (Herausgeber), [[Handbuch des Antisemitismus]], Band 2/1 Personen A-K, Berlin 2009, Seite 527f</ref>
Matthäus propagierte in seinen Schriften [[Ritualmordlegende]]n und andere [[Antisemitismus (bis 1945)|antisemitische]] Thesen. So stellte er einen polemischen Bezug zwischen der [[Zirkumzision|Knabenbeschneidung]] und der angeblich von Juden verübten [[Falschgeld|Münzverfälschung]] mittels Beschneidung der Münzränder her oder setzte eine [[J%C3%BCdische_Weltverschw%C3%B6rung#Mittelalterliche_Vorl.C3.A4ufer|Vorläuferthese der „Jüdischen Weltverschwörung“]] in Umlauf, dass die Juden hinter dem [[Mongolensturm]] stünden, um das Christentum zu vernichten. Außerdem ist er Urheber einer frühen Form der [[Ewiger Jude|Legende vom Ewigen Juden]] <ref>[[Wolfgang Benz]], [[Werner Bergmann (Soziologe)|Werner Bergmann]], [[Johannes Heil (Historiker)|Johannes Heil]], [[Juliane Wetzel]] und [[Ulrich Wyrwa]] (Herausgeber), [[Handbuch des Antisemitismus]], Band 2/1 Personen A-K, Berlin 2009, Seite 527f</ref>


== Werke ==
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== Literatur ==
== Literatur ==

* Evelyn Edson: ''Matthew Paris other map of Palestine'' (The Map Collector 66) S. 18–22.
* Evelyn Edson: ''Matthew Paris other map of Palestine'' (The Map Collector 66) S. 18–22.
* V. H. Galbraith: ''Roger Wendover and Matthew Paris.'' Glasgow 1944.
* V. H. Galbraith: ''Roger Wendover and Matthew Paris.'' Glasgow 1944.
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Version vom 15. April 2014, 09:05 Uhr

Selbstporträt des Matthäus Paris aus seiner Chronik (London, British Library, MS Royal 14.C.VII, folio 6r).

Matthaeus Parisiensis (Matthäus Paris, auch Matthäus von Paris; * um 1200 in England; † 1259 in St Albans) war Geschichtsschreiber im Benediktinerkloster St Albans unweit von London. Er gilt als einer der bedeutendsten Chronisten, Historiographen und Kartenzeichner des 13. Jahrhunderts in England. Daneben war er auch als Goldschmied und Bildhauer tätig.

Das einzig gesicherte Datum aus Matthaeus Biographie ist das Jahr 1217, in dem er in St. Albans eintrat. Ohne jemals ein offizielles Amt zu bekleiden, entwickelte er eine rege Tätigkeit als Historiograph und Hagiograph. Mit seinem Hauptwerk, den Chronica Maiora (7 Bände, die 1872–1883 in London herausgegeben wurden), setzte er Roger von Wendovers Flores historiarum für die Zeit von 1234 bis 1259 fort. Das Werk ist als Universalchronik angelegt, enthält aber gleichzeitig wichtige Informationen zum damaligen Zeitgeschehen. Daneben verfasste Matthaeus auch zwei historische Abhandlungen zur Geschichte Englands, die Historia Anglorum und die Abbrevatio Chronicorum Angliae. Auch Heiligenviten (Eduard der Bekenner, Thomas Becket, Stephen Langton) in lateinischer und altfranzösischer Sprache stammen von ihm. Parisiensis verfasste und illustrierte seine Handschriften selbst. Die darin enthaltenen mehr als 100 Wappenschilde sind die früheste englische Quelle der Heraldik. Seine heraldischen Werke sind somit als wichtige Quellen der Heraldik anzusehen.

Er pflegte Kontakt zu bedeutenden Persönlichkeiten seines Umfelds, darunter König Heinrich III. von England, sowie Haakon IV. von Norwegen.[1]

Matthäus propagierte in seinen Schriften Ritualmordlegenden und andere antisemitische Thesen. So stellte er einen polemischen Bezug zwischen der Knabenbeschneidung und der angeblich von Juden verübten Münzverfälschung mittels Beschneidung der Münzränder her oder setzte eine Vorläuferthese der „Jüdischen Weltverschwörung“ in Umlauf, dass die Juden hinter dem Mongolensturm stünden, um das Christentum zu vernichten. Außerdem ist er Urheber einer frühen Form der Legende vom Ewigen Juden [2]

Werke

  • Chronica Maiora
  • Liber Additamentorum
  • Historia Anglorum
  • Gesta Abbatum
  • Vitae Offarum
  • Abbrevatio Chronicorum Angliae

Literatur

  • Evelyn Edson: Matthew Paris other map of Palestine (The Map Collector 66) S. 18–22.
  • V. H. Galbraith: Roger Wendover and Matthew Paris. Glasgow 1944.
  • P. D. A. Harvey: Matthew Paris´s map of Palestine. In: Michael Prestwich, Richard Hugh Britnell, Robin Frame (Hrsg.): Thirteenth Century England VIII (Proceedings of the Durham Conference 1999) Woodbridge 2001, S. 165–177.
  • P. D. A. Harvey Matthew Paris´s maps of Britain. In: Peter R. Coss, S. D. Lloyd (Hrsg.): Thirteenth Century England IV. (Proceedings of the Newcastle upon Tyne conference 1991) Woodbridge 1992, S. 109–121.
  • P. D. A. Harvey: The illustrated Chronicles of Matthew Paris. Observation of Thirteenth-Century Life. Cambridge 1993.
  • Hans-Eberhard Hilpert: Kaiser- und Papstbriefe in den Chronica majora des Matthaeus Paris. Klett-Cotta, Stuttgart 1981, ISBN 3-12-915510-4.
  • Claude Jenkins: Monastic chronicler and the early school of St. Albans. London 1992.
  • Suzanne Lewis: The Art of Matthew Paris. Cambridge 1987.
  • Karl Schnith: England in einer sich wandelnden Welt (1189–1259): Studien zu Roger Wendover und Matthäus Paris. Hiersemann, Stuttgart 1974, ISBN 3-7772-7404-6.
  • Peter-Johannes Schuler: Mathäus Parisiensis. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 5, Bautz, Herzberg 1993, ISBN 3-88309-043-3, Sp. 999–1000.
  • Richard Vaughan: Chronicles of Matthew Paris. Monastic Life in the Thirteenth Century. Gloucester/ New York 1984.
  • Richard Vaughan: The Handwriting of Matthew Paris. In: Transactions of the Cambridge Bibliographical Society I. 1953, S. 376–395.
  • Richard Vaughan: Matthew Paris. (Cambridge Studies in Medieval Life and Thought VI) Cambridge 1958. (Dazu ein JSTOR:559243 von F. M. Powicke, In: The English Historical Review. Vol. 74, No. 292 (Juli 1959), S. 482–485.)
  • Johannes Weiss: Das kartographische Erbe von Matthaeus Parisiensis in Spätmittelalter und früher Neuzeit. Dissertation, Universität Wien 2010.
Commons: Matthew Paris – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Lexikon der Heraldik, Gert Oswald, Bibliographisches Institut Leipzig, 1984
  2. Wolfgang Benz, Werner Bergmann, Johannes Heil, Juliane Wetzel und Ulrich Wyrwa (Herausgeber), Handbuch des Antisemitismus, Band 2/1 Personen A-K, Berlin 2009, Seite 527f