Gunter Gabriel

deutscher Sänger (1942–2017)

Gunter Gabriel (* 11. Juni 1942 als Günter Caspelherr in Bünde/Westfalen;[1]22. Juni 2017[2] in Hannover) war ein deutscher Country- und Schlagersänger, Komponist, Liedtexter, Produzent, Synchronsprecher und Fernsehmoderator. Zu seinem Künstlernamen „Gabriel“ kam er durch den Vornamen seiner ersten Ehefrau. Bekannt wurde er vor allem mit den Titeln Er ist ein Kerl (der 30 Tonner Diesel) und Hey Boss, ich brauch mehr Geld sowie seinen deutschsprachigen Interpretationen von Liedern Johnny Cashs.

Gunter Gabriel, 2008
Gunter Gabriel, 2006

Herkunft und Ausbildung

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Günter Caspelherr, später bekanntgeworden als Gunter Gabriel, wuchs mit seiner jüngeren Schwester in Bünde und Kirchlengern auf. Seine Mutter erhängte sich,[3] als er vier war,[4] nachdem der Vater sie zu einer Abtreibung mit einer Stricknadel gedrängt hatte.[5] Er heiratete nach einem Jahr neu und schlug seinen Sohn oft.[6]

Die Volksschule brach er vorzeitig ab, um Geld zu verdienen. Er schlug sich mit verschiedenen Arbeiten in verschiedenen Ländern Mitteleuropas durch. Schließlich machte er das Fachabitur und studierte Maschinenbau an der FH Hannover,[4] brach das Studium aber ab. Er widmete sich in der Folge ganz der Musik, war DJ und wurde schließlich Promoter bei einer Plattenfirma. So kam er in Kontakt mit verschiedenen Künstlern, für die er Lieder zu schreiben begann.[4]

Musikalische Karriere

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Nachdem Gunter Gabriel 1970 seinen ersten Song für Norman Ascot komponierte, kam im Dezember 1973 mit dem Fernfahrersong Er ist ein Kerl (der 30 Tonner Diesel)[7] sein erster eigener Hit heraus, für den er die Goldene Europa bekam und der die Bahn ebnete für deutschsprachige Schlager im Country-Musikstil mit Interpreten wie Truck Stop, Tom Astor oder Linda Feller, die bis heute erfolgreich sind. Ein weiterer großer Hit wurde der im April 1974 erschienene Titel Hey Boss, ich brauch mehr Geld. Viele seiner Songs waren Übertragungen, die sich sehr eng an ihre US-amerikanischen Originale hielten, unter anderem Johnny Cashs Wanted Man (Ich werd gesucht in Bremerhaven) oder Shel Silversteins The Winner (Der Sieger).

 
Gunter Gabriel, 2013

Mitte der 1970er Jahre begann Gabriels Zusammenarbeit mit Juliane Werding. Er schrieb für sie u. a. die Titel Wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur, du denkst, Wer nichts mehr zu verlieren hat, Man muß das Leben eben nehmen wie das Leben eben ist und Meine alte Stadt. 1976 erschien der Titel ...und darum Herr Richter über ein zerrüttetes Ehepaar, das seine Scheidung vor dem Richter rechtfertigen muss. Bei diesem fungierte Gabriel erneut als Autor und sang das Stück gemeinsam mit Werding als Duett für ihr viertes Studioalbum Oh Mann, oh Mann....[8] Weitere Liedtexte verfasste er etwa für Frank Zander (Ich trink auf dein Wohl, Marie), Wencke Myhre (Das wär John nie passiert, Ein Sonntag im Bett), Siw Inger, Peter Alexander, Tom Astor und die Zillertaler Schürzenjäger.[4] Schließlich erhielt er mit Country-Musik mit Gunter Gabriel eine eigene Fernsehshow beim Bayerischen Rundfunk. 1993 erhielt er zusammen mit Tom Astor für Sturm und Drang den Award der German American Country Music Federation (GACMF), den er 2002 erneut für das Album Gunterwegs erhielt. 1993 nahm ihn die GACMF in die deutsche „Country Music Hall of Fame“ auf.

Im Jahr 2003 nahm er im Studio von Johnny Cash in Hendersonville (Tennessee) ein Album mit Cash-Liedern auf Deutsch auf, Gabriel singt Cash – Das Tennessee-Projekt, das von dessen Sohn John Carter Cash produziert wurde. Bereits von einer schweren Krankheit gezeichnet, trug Cash kurz vor seinem Tod ein gesprochenes Intro bei, das auf Liebe, Autos, Abenteuer erschienen ist – an diesem Tributalbum beteiligten sich insgesamt 54 Künstler aus den unterschiedlichsten Musikrichtungen. Gabriels 2009 erschienenes Album Sohn aus dem Volk war eine weitere Hommage an Johnny Cash und trägt den Untertitel German Recordings, ein Pendant zu Cashs American Recordings. Das Album war – genauso wie die 2007 begonnene „Wohnzimmertour“, auf der er für anfangs 1000 Euro für jedermann spielte, der ihn anfragte – ein Wendepunkt in Gabriels Karriere. Es wurde in den Feuilletons der seriösen Presse thematisiert und seine Fähigkeit gewürdigt, die eigenen wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu überwinden.[4] Postum veröffentlichte Gabriels Tochter Yvonne im Februar 2023 das Album Denkmal, auf dem mehrere unveröffentlichte Titel Gabriels enthalten sind, die seine Tochter teilweise um Textzeilen und Arrangements erweitert hatte.[9] Denkmal platzierte sich auf Platz 92 der Deutschen Albumcharts.[10]

Weitere Tätigkeiten

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Im August und September 2010 spielte Gabriel seine erste große Theaterrolle als Titelfigur im Bühnenstück Hello, I’m Johnny Cash (Regie und Buch: Volker Kühn),[4] an der Seite der Sängerin Helen Schneider, die die Rolle von Cashs Ehefrau June Carter Cash übernahm.[11] Anfang 2012 spielte er in einer Folge des Großstadtreviers mit (Folge: Wann hast du Zeit für die Liebe?).

Gunter Gabriel war Erzählstimme der Fernsehsendung Asphalt Cowboys auf DMAX.[12] Im Januar 2016 war er Kandidat in der Sendung Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!, aus der er nach fünf Tagen auf eigenen Wunsch vorzeitig ausschied.[13]

Privatleben

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Mitte der 1980er Jahre folgte für Gunter Gabriel der wirtschaftliche Ruin.[4] Er hatte Millionen bei Immobilieninvestitionen verloren, seine Ehen scheiterten, und die beruflichen Erfolge blieben aus.[14]

Für negative Schlagzeilen sorgte Gabriel, als er Alkoholprobleme bekam und angeblich seine Frau misshandelt hatte. Bei einem Auftritt in Eisleben im September 2004 sorgte er mit Äußerungen für einen Eklat, die als Beschimpfung von Arbeitslosen empfunden wurden („Ihr habt ja so viel Zeit, sonst wärt ihr ja nicht am Nachmittag schon hier. Ich hab leider keine Zeit, ich muss meinen Arsch immer in Bewegung halten, damit die Knete stimmt.“). Das Publikum hatte vorher mit Unmut auf Gabriels Verspätung reagiert. Dieser Satz wurde auch in Form eines Samples zur Grundlage eines Liedes von DJ Koze. In einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 2. September 2012 zog Gabriel zum 70. Geburtstag Bilanz. Auf die Frage, ob er Angst vor dem Tod habe, antwortete der Sänger: „Keinesfalls. Ich sag’ dir auch warum: weil ich einen Haufen Zeugs gut gemacht habe in meinem Leben. Nicht Kinder zeugen. Das kann jeder. Und als Vater war ich schließlich ein Totalversager. Viermal verheiratet, da hab’ ich mich auch nicht mit Ruhm bekleckert. Aber ich hab’ ein paar geile Songs geschrieben. Und ich habe ein superinteressantes Leben gelebt mit allen Amplituden.“ Persönlich sehe er sich als Außenseiter. „Aber natürlich möchte ich auch Teil der Gesellschaft sein.“ Er selbst allerdings sei gar nicht so wichtig, es zähle die Philosophie seiner Lieder.

2009 beschrieb Gabriel unter anderem diese Tiefpunkte seines Lebens in einer Autobiografie mit dem Titel Wer einmal tief im Keller saß. Erinnerungen eines Rebellen beim Hamburger Edel Verlag. Statt das Buch Wort für Wort einzulesen, vertonte Gabriel die Kapitel im gleichnamigen Hörbuch erzählerisch.

 
Gedenkstein für Gunter Gabriel auf dem Friedhof Heerstraße in Berlin-Westend

Gunter Gabriel war viermal verheiratet, hatte vier Kinder und drei Enkelkinder. Er lebte 20 Jahre auf dem ehemaligen DDR-Arbeiterschiff Magdeburg. Das rund 400 Quadratmeter große Hausboot, das er 1995 für 80.000 DM gekauft hatte, lag zuletzt im Harburger Binnenhafen in Hamburg vor Anker.[15] Nach Gabriels Tod kauften es Olli Schulz und Fynn Kliemann, kernsanierten es und vermieteten es danach für kulturelle Zwecke.[16] Über die Sanierung wurde eine vierteilige Netflix-Dokuserie gedreht.[17] 2024 kaufte Rick Zabel das Hausboot.[18]

Gabriel starb am 22. Juni 2017 im Klinikum der Medizinischen Hochschule Hannover an den Folgen von Operationen eines dreifachen Bruchs des ersten Halswirbels, den er sich elf Tage zuvor – an seinem 75. Geburtstag – in Herford bei einem Treppensturz zugezogen hatte.[19] In der Hamburger Flussschifferkirche wurde am 22. Juli 2017 seine Trauerfeier abgehalten.[20] Am Tag danach wurde er in der Ostsee vor Travemünde im engen Familienkreis seebestattet. Auf dem Friedhof Heerstraße in Berlin befindet sich ein Gedenkstein.[21][22]

Diskografie

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Studioalben

Jahr Titel Höchstplatzierung, Gesamtwochen, AuszeichnungChartplatzierungenChartplatzierungenTemplate:Charttabelle/Wartung/ohne Quellen
(Jahr, Titel, Plat­zie­rungen, Wo­chen, Aus­zeich­nungen, Anmer­kungen)
Anmerkungen
  DE   AT   CH
1973 Gesucht DE32
(20 Wo.)DE
Erstveröffentlichung: 1973
1974 Das ist meine Art DE26
(12 Wo.)DE
Erstveröffentlichung: 1974
1975 Gunter Gabriel
Erstveröffentlichung: 1975
1977 Meine Helden und andere Pechvögel DE35
(6 Wo.)DE
Erstveröffentlichung: 1977
1978 Damen wollen Kerle
Erstveröffentlichung: 1978
1979 Die größten Country-Songs aller Zeiten
Erstveröffentlichung: 1979
Rastlose Cowboys und ehrbare Mädchen
Erstveröffentlichung: 1979
1982 Waschecht
Erstveröffentlichung: 1982
1983 Die ewig wilden Western Lieder
Erstveröffentlichung: 1983
1989 Dieselknechte
Erstveröffentlichung: 1989
1994 Straßenhund
Erstveröffentlichung: 1994
1996 Ein Halleluja für ein Truckerherz
Erstveröffentlichung: 1996
2002 Gunterwegs
Erstveröffentlichung: 14. Juni 2002
2003 Gabriel singt Cash – Das Tennessee-Projekt
Erstveröffentlichung: 20. Oktober 2003
2009 Sohn aus dem Volk – German Recordings DE61
(3 Wo.)DE
Erstveröffentlichung: 23. Oktober 2009
2011 Gabriel singt Cash
Erstveröffentlichung: 12. August 2011
2017 LickLab Akustik Session
Erstveröffentlichung: 14. April 2017
2023 Denkmal DE92
(1 Wo.)DE
Erstveröffentlichung: 3. Februar 2023
mit Yvonne Gabriel

grau schraffiert: keine Chartdaten aus diesem Jahr verfügbar

Literatur

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Commons: Gunter Gabriel – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. Gunter Gabriel bei laut.de
  2. Gunter Gabriel ist tot. In: bild.de. 22. Juni 2017, abgerufen am 22. Juni 2017.
  3. Gunter Gabriels letztes Interview: "Man muss das Leben nutzen". bei 1:24. Abgerufen am 3. Februar 2023.
  4. a b c d e f g Torsten Hampel: Der Straßenkreuzer. In: Der Tagesspiegel online. 2. Januar 2011.
  5. Gunter Gabriel, Oliver Flesch: Wer einmal tief im Keller saß: Erinnerungen eines Rebellen. edel Edition, Hamburg 2009, ISBN 978-3-941378-17-9.
  6. Gunter Gabriel, Deutsche Countrylegende. (MP3; 39,5 MB) Eins zu Eins. Der Talk. In: cdn-storage.br.de. BR2, 12. Juni 2022, archiviert vom Original am 30. Juni 2022; abgerufen am 26. Januar 2024.
  7. chartsurfer.de: Er Ist Ein Kerl (Der 30 Tonner Diesel)
  8. Juliane Werding – ...und darum Herr Richter. hitparade.ch, abgerufen am 24. Februar 2023.
  9. Dirk Neuhaus: Yvonne & Gunter Gabriel: Denkmal – Album mit unveröffentlichten Songs. In: country.de. 10. Oktober 2022, abgerufen am 10. Oktober 2022.
  10. Yvonne & Gunter Gabriel – Denkmal. In: offiziellecharts.de. GfK Entertainment, abgerufen am 24. Februar 2023.
  11. Andreas Weihs: Gunter Gabriel und Helen Schneider brillieren in Hello I’m Johnny Cash. In: countrymusicnews.de. 27. August 2010, abgerufen am 24. Juni 2017.
  12. Asphalt Cowboys – Die Serie. In: dmax.de. Abgerufen am 24. Juni 2017.
  13. Andreas Grabahn: Gunter Gabriel zieht ins 2016er Dschungelcamp. In: countrymusic.com. 7. Januar 2016, abgerufen am 8. Januar 2016.
  14. Christian Schröder: Mein größter Feind bin ich. In: tagesspiegel.de. 26. April 2003, abgerufen am 24. Juni 2017.
  15. Deutschlands bekanntester Hausboot-Bewohner: Zu Besuch bei Gunter Gabriel. In: roomido. 6. Mai 2016, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 17. Mai 2016; abgerufen am 15. April 2019.
  16. Gunter Gabriels Hausboot ist zurück im Harburger Binnenhafen - harburg-aktuell.de. Abgerufen am 8. August 2020.
  17. Patrick Ziob: Das Hausboot – Die DDR-Geschichte hinter der Netflix-Serie. In: ostkoster.de. 21. März 2021, abgerufen am 24. Mai 2021.
  18. Fynn Kliemann und Olli Schulz haben ihr Hausboot verkauft - an einen früheren Radprofi. In: Spiegel Online. 20. Juni 2024, abgerufen am 21. Juni 2024.
  19. Peter Steinert: Gunter Gabriel stürzte im Hotel Waldesrand. In: Neue Westfälische online. 22. Juni 2017, abgerufen am 24. Juni 2017.
  20. Ganz ohne Promis, aber mit der ganzen Familie: Leiser Abschied von Gunter Gabriel. In: focus.de. 24. Juli 2017, abgerufen am 1. August 2017.
  21. Klaus Nerger: Gedenkstein für Gunter Gabriel. In: knerger.de. Abgerufen am 14. Juli 2018.
  22. Gunter Gabriel: Seebestattung. In: youtube.com. 1. August 2017, abgerufen am 14. Juli 2018.