Blindschacht

verbindet 2 oder mehr Sohlen eines Bergwerks miteinander ohne die Erdoberfläche zu erreichen

Als Blindschacht[1] oder Blinder Schacht[2] bezeichnet man im Bergbau einen seigeren oder tonnlägigen Grubenbau, der nicht bis zur Tagesoberfläche reicht.[1] Er verbindet innerhalb des Grubengebäudes eine oder mehrere Sohlen eines Bergwerks.[3] Bedingt dadurch mündet der Blindschacht an beiden Enden immer in einen anderen Grubenbau.[4] Die Tagesoberfläche erreichende Schächte werden als Tagesschächte bezeichnet.[1] Blindschächte werden in der Bergmannssprache „blind“ genannt, da sie nicht „zu Tage“ treten und sie also kein Licht der Oberfläche erreicht.[5]

Grundlagen

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Füllort eines Blindschachtes

Bei der Ausrichtung des Grubengebäudes steht der Bergmann häufig vor der Aufgabe, einzelne Grubenbaue, die nicht auf demselben Höhenniveau sind, miteinander zu verbinden, um von einem Teil des Grubengebäudes in den anderen Teil zu gelangen, ohne dabei auf den Hauptschacht angewiesen zu sein.[6] Als Verbindungsbau zwischen unterschiedlichen Höhenniveaus können Gesteinsberge oder Blindschächte verwendet werden.[7] Insbesondere bei mehreren übereinander liegenden Lagerstättenteilen, z. B. mehreren Flözen, haben Blindschächte den großen Vorteil, dass man mit einem Blindschacht gleich alle Flöze, die zwischen den jeweiligen Sohlen liegen, an einem Punkt erreicht.[8] Insbesondere bei der flachen Lagerung bieten Blindschächte diese Vorteile gegenüber Gesteinsbergen.[9] Allerdings haben Blindschächte den Nachteil, dass die in ihnen stattfindende Blindschachtförderung die teuerste Art der untertägigen Förderung ist.[10] Je nach Art der Erstellung und dem Zweck ihrer Nutzung bezeichnet man Blindschächte auch als Gesenk, Aufbruch oder Stapelschacht.[6] In der Regel haben heute erstellte Blindschächte einen runden Querschnitt.[1] Die Anzahl der innerhalb eines Grubenfeldes benötigten Blindschächte ist von der Ausbildung der Lagerstätte abhängig.[7]

Geschichte

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Blindschächte wurden bereits im späten Mittelalter im Bergbau eingesetzt.[11] Dies hatte hauptsächlich technische Gründe.[12] Zum einen konnte man mit den damals verfügbaren Seilen technisch eine bestimmte Länge[ANM 1] nicht wesentlich überschreiten.[13] Zum anderen waren die damals verfügbaren Fördermaschinen wie der Handhaspel nicht leistungsfähig genug, um aus größeren Teufen als maximal 100 Metern zu fördern.[12] Wenn also die im reinen Schachtbergbau ausgeführten Teufen ein bestimmtes Maß überschritten, wurde im Rahmen einer Haspelkammer, eines Absatzes oder dergleichen seitlich versetzt ein neuer Blindschacht abgeteuft, um so eine weitere Seilförderstelle mit Übergabemöglichkeit einzurichten.[11] Dieses Prinzip, auf der untersten Sohle eines seigeren Tagesschachtes neben diesem Schacht einen Blindschacht zu betreiben, um in eine größere Teufe zu gelangen, bezeichnet man im Bergbau als abgesetzten Schacht.[8] Wollte man noch größere Teufen mittels Schachtförderung überbrücken, so wurden mehrere Blindschächte kaskadenförmig[ANM 2] betrieben.[11] Erst als der Pferdegöpel im Bergbau bei der Schachtförderung zum Einsatz kam, war man in der Lage, aus Teufen von bis zu 250 Metern zu fördern.[12] Blindschächte wurden auch weiterhin verwendet.[11] Die weitere Nutzung von Blindschächten zur Verbesserung des Wetterstromes, der Entwässerung und der Personenbeförderung sowie des Materialtransportes markiert den Übergang zum modernen (Tief-)Bergbau.[7]

Blindschächte dienen zur Verbesserung der Wetterführung innerhalb eines Bergwerks, zur Verkürzung des Transports von Erz und Bergen in besser zur Abfuhr geeignete Stollen oder Sohlen, zur Erleichterung des internen Personen- und Materialtransports sowie zur Vorrichtung zum Abbau vorgesehener Erzgangabschnitte im Firstenbau.[6] Zur Förderung des abgebauten Minerals werden, wenn die Abförderung nach unten erfolgen soll, Wendelrutschen in einem separaten Trum des Blindschachtes eingebaut.[8] Soll das Fördergut zu einer höheren Sohle gefördert werden, nutzt man beispielsweise im Kalibergbau Skipförderanlagen.[14] War eine höhere Förderleistung erforderlich, um mehr Güter innerhalb eines festen Zeitraumes fördern zu können, so wurde die Blindschachtförderanlage auch zweitrümig ausgeführt.[6]

Abgrenzung

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Blindschächte verbinden mindestens zwei Sohlen oder eine Sohle und eine Teilsohle eines Grubengebäudes.[7] Die Abgrenzung zu sohlenübergreifenden Abbauen oder sonstigen höheren Hohlräumen eines Bergwerkes kann im Einzelfall schwierig sein; in diesem Falle kommt es in erster Linie auf die Nutzung, d. h. die infrastrukturelle Funktion an.[6] Ebenso werden Rolllöcher trotz der Funktion des Erztransportes gewöhnlich nicht als Blindschächte bezeichnet.[1]

Literatur

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  • Hans Grothe (Hrsg.): Rororo-Techniklexikon Bergbau. Rowohlt, Reinbek 1972, ISBN 3-499-19044-3.

Einzelnachweise

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  1. a b c d e Walter Bischoff, Heinz Bramann, Westfälische Berggewerkschaftskasse Bochum: Das kleine Bergbaulexikon. 7. Auflage, Verlag Glückauf GmbH, Essen 1988, ISBN 3-7739-0501-7.
  2. Erklärendes Wörterbuch der im Bergbau in der Hüttenkunde und in Salinenwerken vorkommenden technischen und in Salinenwerken vorkommenden technischen Kunstausdrücke und Fremdwörter. Verlag der Falkenberg’schen Buchhandlung, Burgsteinfurt 1869.
  3. Tilo Cramm, Joachim Huske: Bergmannssprache im Ruhrrevier. 5. überarbeitete und neu gestaltete Auflage, Regio-Verlag, Werne 2002, ISBN 3-929158-14-0.
  4. Julius Dannenberg, Werner Adolf Franck (Hrsg.): Bergmännisches Wörterbuch. Verzeichnis und Erklärung der bei Bergbau - Salinenbetrieb und Aufbereitung vorkommenden technischen Ausdrücke, nach dem neuesten Stand der Wissenschaft - Technik und Gesetzgebung bearbeitet, F. U. Brockhaus, Leipzig 1882.
  5. Heinrich Veith: Deutsches Bergwörterbuch mit Belegen. Verlag von Wilhelm Gottlieb Korn, Breslau 1871.
  6. a b c d e Carl Hellmut Fritzsche: Lehrbuch der Bergbaukunde. Mit besonderer Berücksichtigung des Steinkohlenbergbaus, Erster Band, achte Auflage, mit 615 Abbildungen im Text und einer farbigen Tafel, Springer Verlag, Berlin 1942, S. 326, 327, 329, 337–342.
  7. a b c d Ernst-Ulrich Reuther: Lehrbuch der Bergbaukunde. Erster Band, 12. Auflage, VGE Verlag GmbH, Essen 2010, ISBN 978-3-86797-076-1, S. 67–69.
  8. a b c Ernst-Ulrich Reuther: Einführung in den Bergbau. Ein Leitfaden der Bergtechnik und Bergwirtschaft. 1. Auflage, Verlag Glückauf GmbH, Essen, 1982, ISBN 3-7739-0390-1, S. 17, 31, 38.
  9. Carl Hellmut Fritzsche: Lehrbuch der Bergbaukunde. Mit besonderer Berücksichtigung des Steinkohlenbergbaus, Zweiter Band, achte und neunte völlig neubearbeitete Auflage, mit 615 Abbildungen, Springer Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1958, S. 37–39, 41.
  10. F. W. Wedding: Leistungen und Kosten des Förderbetriebes im Ruhrkohlenbergbau. In: Glückauf, Berg- und Hüttenmännische Zeitschrift. Verein für die bergbaulichen Interessen im Oberbergamtsbezirk Dortmund (Hrsg.), Nr. 43, 67. Jahrgang, 24. Oktober 1931, S. 1317–1325
  11. a b c d Förderverein Rammelsberger Bergbaumuseum Goslar e.V. (Hrsg.): Schächte des Rammelsberges. Eigenverlag des Fördervereins, Druck Papierflieger Clausthal-Zellerfeld, Goslar 2006, 17, 18, 20.
  12. a b c Otfried Wagenbreth, Eberhard Wächtler (Hrsg.): Der Freiberger Bergbau. VEB Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie Leipzig 1986, S. 36, 37.
  13. Josef Hrabak: Die Drahtseile. Alles Nothwendige zur richtigen Beurtheilung, Construcction und Berechnung derselben. Eine der Praxis angepasste Abhandlung, mit 72 Textfiguren und 14 Tafeln, Verlag von Julius Springer, Berlin 1902, S. 1.
  14. K+S Aktiengesellschaft: Antrag auf Planfeststellung Hartsalzwerk Siegfried - Giesen. Planfeststellungsunterlage zum Rahmenbetriebsplan, Hildesheim 2016, S. 41.
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Anmerkungen

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  1. Bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts verwendete man Seile aus Hanf oder Ketten aus Eisen. Um eine ausreichende Tragfähigkeit bei größeren Teufen zu erreichen, mussten die Hanfseile mit zunehmender Teufe sehr große Durchmesser haben. Die verwendeten Ketten hatten aufgrund der Dicke ein enormes Gewicht, was die Förderung aus größeren Teufen erheblich begrenzte. (Quelle: Josef Hrabak: Die Drahtseile.)
  2. Man förderte das Erz von der untersten Sohle mit einem Haspel zur darüberliegenden Sohle. Von dort aus mit einem weiteren Haspel in einem danebenliegenden Blindschacht zur nächsten Sohle, bis man auf dem Niveau des Füllortes des Tagesschachtes angelangt war. Dann wurde das Erz mit dem Tagesschacht nach über Tage gefördert. In der Regel reichten aber ein Tages- und ein Blindschacht aus. (Quelle: Förderverein Rammelsberger Bergbaumuseum Goslar e.V. (Hrsg.): Schächte des Rammelsberges.)