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=== Widerstand und Haft als Jugendliche ===
[[Datei:Kaufhaus Hertie in Berlin-Kreuzberg, Belle-Alliance-Straße 1-3.jpeg|miniatur|Das Kaufhaus von Hermann Tietz nach der [[Arisierung]] als Kaufhaus [[Hertie Waren- und Kaufhaus|Hertie]] ca. 1938 in der Belle-Alliance-Straße 1–3, Berlin-Kreuzberg]]
Eva Mamlok war vermutlich noch keine vierzehn Jahre alt, als sie in der Nähe ihrer Wohnung auf das Dach des Kaufhauses [[Hermann Tietz (Kaufmann)|Hermann Tietz]] am [[Belle-Alliance-Platz]] in [[Berlin-Kreuzberg]] kletterte und darauf mit Farbe die Parole „Nieder mit [[Hitler]]!“ pinselte. Sie sollwurde verhaftet, aber wieder freigelassen worden sein, da sie wegen ihres Alters noch nicht strafmündig war. Diese Aktion ist nicht durch Polizeiberichte oder Zeitungsartikel belegt, sondern nur durch mündliche Überlieferung. Aktenkundig wurde sie erst, als sie am [[Buß- und Bettag]], dem 21. November 1934, zusammen mit dem Neuköllner Sozialisten Edgar Würgau (1914–1963) Blumen oder einen Kranz auf die Gräber von [[Rosa Luxemburg]] und [[Karl Liebknecht]] am [[Gedenkstätte der Sozialisten|Friedhof der Sozialisten]] auf dem [[Zentralfriedhof Friedrichsfelde]] niederlegte.
An dieser Aktion der verbotenen [[KPD]] waren mehrere Personen beteiligt, sie wurde am darauffolgenden [[Totensonntag]] wiederholt.
Beide wurden verhaftet, Eva befand sich daraufhin seit dem 23. November 1934 in „[[Schutzhaft]].“ Bereits am 27. November 1934 wurde ihre Überführung in das niedersächsische [[KZ Moringen#Frauenkonzentrationslager|Frauenkonzentrationslager Moringen]] befürwortet. Edgar Würgau wurde in den [[KZ Lichtenburg]] und [[KZ Esterwegen|Esterwegen]] interniert.<ref>Entschädigungsakte Edgar Würgau, LABO Berlin, Reg. Nr. 20549, Lebenslauf, Bl. M11-14.</ref>
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=== Zwangsarbeit in Berlin ===
Eva Mamlok musste [[NS-Zwangsarbeit|Zwangsarbeit]] in der Fabrik der F. Butzke Schrauben-Industrie und Fassondreherei GmbH in der Brandenburgstraße 72–75 (heute Lobeckstraße 76) in Kreuzberg leisten. Hier lernte sie im April 1941 [[Inge Berner|Inge Gerson]] (1922–2012, späterdamals verheiratetenoch BernerInge Gerson) kennen, die sich Evas Gruppe anschloss. Mehrfach legte GersonBerner, nach 1945 die einzige Überlebende der Gruppe, legte direkt nach Kriegsende und später in den USA immer wieder Zeugnis von deren Aktivitäten ab. VonSie ihrerinnerte wurdesich überliefert, dassan Eva Mamlok voller Tatendrang undals einesehr lebensfrohelebenslustige junge Frau warPerson. An der Drehmaschine in der Fabrik sang sie amdie liebstenlängst Songs aus derverbotene „[[Die Dreigroschenoper|Dreigroschenoper]]“: „She was very beautiful, full of fun, and always singing.“<ref>Berner: ''The Death Sentence'', S. 88.</ref>
 
=== Erneute Verhaftung 1941 und Deportation nach Riga 1942 ===
Ende September 1941 wurden Eva Mamlok, Inge Gerson und Inge Levinson, eine weitere Zwangsarbeiterin imbei der F. Butzke Schraubenindustrie und selbenDreherei BetriebGmbH, verhaftet. NachEin Gersonsmissliebiger ErinnerungVorarbeiter warenhatte die am Arbeitsplatz verlieheneverliehenen verboteneverbotenen Bücher der Gestapo gemeldet worden, dieund leichtsinnigerweiseeins Evasenthielt leichtsinniger Weise Inges [[Exlibris|Ex Libris]] enthielten. Kurz zuvor hatte sich ein Kontaktmann ihrer Widerstandsgruppe das Leben genommen und vermutlich belastendes Material hinterlassen, das die Gestapo fand. Es handelthandelte sich dabei sehr wahrscheinlich um Heinz Allenstein (1914–1941), der sich am 28. September 1941 das Leben nahm und zusammen mit seiner Frau Annelise Allenstein (1910–1985; geb. Cassel; überlebte als Elisabeth Gorn) nur zwei Häuser weiter in der Neuenburger Straße 1 zur Untermiete wohnte.<ref>[https://www.mappingthelives.org/bio/a39a348b-af70-4a8c-a402-d48ecf362ed6 Heinz Chaim Allenstein] auf mappingthelives.org</ref><ref>[https://www.exil-archiv.uni-hamburg.de/receive/def_personen_00008030 Anneliese Cassel] überlebte nach Angaben des Schauspielers [[Bernhard Minetti]] unter dem Decknamen Elisabeth Gorn In: Theaterdatenbank im P. Walter Jacob Archiv, Universität Hamburg</ref>

Die drei Frauen wurden in das [[Polizeipräsidium Alexanderplatz (1890–1945)|Polizeigefängnis]] am [[Alexanderplatz]] gebracht. Wegen „[[Zersetzung der Wehrkraft]] des deutschen Volkes“ wurden sie nach Erinnerung von Inge GersonBerner zum Tode verurteilt. Später wurde, das Urteil jedoch später in lebenslange [[Konzentrationslager|KZ]]-Haft umgewandelt. NachLaut der Überlieferung Inge GersonsBerner gelang dies durch Bestechung und die Intervention eines ihrerihres nichtjüdischen VerwandtenOnkels.
 
Evas Schwester Hildegard Mamlok starb am 11. Dezember 1941 im Alter von 29 Jahren an [[Tuberkulose]] in der Neuenburger Straße 3, während Eva in Haft war. Hildegard musste Zwangsarbeit bei der [[AEG]] leisten und wurde neben ihrem Vater Albert Mamlok ohne Grabstein auf dem Jüdischen Friedhof Berlin-Weißensee beerdigt.
 
Am 13. Januar 1942 wurden Eva Mamlok, Inge Gerson und Inge Levinson mit dem 8. „Osttransport“ ins [[Ghetto Riga|Ghetto von Riga]] deportiert.<ref>[https://collections.arolsen-archives.org/de/document/127187334 DocID: 127187334] Transportliste Welle 8 - 8. Osttransport nach [[Riga]], 13. Januar 1942 In: Arolsen Archives</ref> Eva wurdemusste in Arbeitskommandos nahe der lettischen Hauptstadt eingesetztZwangsarbeit leisten, unter anderem beim Bau des Flugplatzes [[Liste der Außenlager des KZ Riga-Kaiserwald|Riga-Spilwe]].
 
=== Widerstand in Riga ===
Nach Inge Gerson war Eva Mamlok auch in Riga weiterhin im Widerstand aktiv. Auf der Baustelle des Flugplatzes hatte Gerson einen deutschen Ingenieur kennengelernt, der für sie Post an ihre mit einem nichtjüdischen Mann verheiratete Tante in Berlin schickte, wodurch eine in einem Kuchen versteckte Minikamera an Mamlok gelangte:
„And Eva, who was with me at the construction site, with some Latvians, she had taken up some connection again with the resistance group. ... She was a very courageous girl. And they told her that my aunt should contact such-and-such, and they would give her a cake and she should send the cake to me. Which she did, not knowing what was with the cake or anything. Well, in the cake was a miniature camera. And Eva gave that to someone, I don't know to whom. But there were pictures taken with it, and some appeared in books, these pictures.“<ref>„Und Eva, die mit mir und ein paar Letten auf der Baustelle war, hatte wieder Verbindung mit der Widerstandsgruppe aufgenommen. ... Sie war ein sehr mutiges Mädchen. Und sie sagten ihr, dass meine Tante mit dem-und-dem Kontakt aufnehmen sollte, und sie würden ihr einen Kuchen geben und sie sollte mir den Kuchen schicken. Das machte sie, ohne zu wissen, was es mit dem Kuchen und alldem auf sich hatte. Nun, in dem Kuchen war eine Miniaturkamera. Und Eva gab die jemandem, ich weiß nicht, wem. Aber damit wurden Fotos gemacht, und ein paar von diesen Bildern sind in Büchern erschienen.“ Inge Berner, Interview 31206. Visual History Archive, USC Shoah Foundation, 1997. Accessed 20 July 2023, Tape 3, 00:27:39</ref>
 
Nach Inge GersonBerner war Eva Mamlok auch in Riga weiterhin aktiv im Widerstand aktiv. Auf der Baustelle des Flugplatzes hatte Berner (damals Inge Gerson) einen deutschen Ingenieur kennengelernt, der für sie Post an ihre mit einem nichtjüdischen Mann verheirateteverheirateten Tante in Berlin schickte, wodurchdie schließlich, ohne es zu wissen, eine in einem Kuchen versteckte Minikamera anvon MamlokBerlin gelangtenach Riga schickte:
Diese heimlichen Fotos aus Riga konnten bisher nicht identifiziert werden.
 
„And Eva, who was with me at the construction site, with some Latvians, she had taken up some connection again with the resistance group. ... She was a very courageous girl. And they told her that my aunt should contact such-and-such, and they would give her a cake and she should send the cake to me. Which she did, not knowing what was with the cake or anything. Well, in the cake was a miniature camera. And Eva gave that to someone, I don't know to whom. But there were pictures taken with it, and some appeared in books, these pictures.“<ref>„Und Eva, die mit mir und ein paar Letten auf der Baustelle war, hatte wieder Verbindung mit der Widerstandsgruppe aufgenommen. ... Sie war eineine sehr mutigesmutige MädchenFrau. Und sie sagten ihr, dass meine Tante mit dem-und-demSoundso Kontakt aufnehmen sollte, und siedie würden ihr einen Kuchen geben und sie sollte mir den Kuchen schicken. Das machtetat sie, ohne zu wissen, was es mit dem Kuchen und alldem auf sich hatte. Nun, in dem Kuchen war eine Miniaturkamera. Und Eva gab die jemandem, ich weiß nicht, wem. Aber damit wurden Fotos gemacht, und ein paar von diesen Bildern sind in Büchern erschienen.“ Inge Berner, Interview 31206. Visual History Archive, USC Shoah Foundation, 1997. Accessed 20 July 2023, Tape 3, 00:27:39</ref>
 
Diese heimlichen Fotos aus Riga konnten bisher nicht eindeutig identifiziert werden.
 
=== Deportation von Mutter, Tante und Tochter 1942 ===
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=== Haft und Tod im KZ Stutthof 1944 ===
Auf Anordnung der [[Sicherheitspolizei (Nationalsozialismus)|Sicherheitspolizei]] Riga wurde Eva Mamlok am 1. Oktober 1944 ins [[KZ Stutthof|Konzentrationslager Stutthof]] gebracht, wo sie die Häftlingsnummer 94020 bekam.<ref> [https://collections.arolsen-archives.org/de/document/4562190 DocID: 4562190 (EVA MAMLOK)] Häftlings-Personal-Karte In: Arolsen Archives</ref> Die Gründe für diese Überstellung sind nicht bekanntnäher benannt; sie wird vermutlich auf die Auflösung des [[KZ Riga-Kaiserwald]] zurückgehen.
 
Am 23. Dezember 1944 um 8.35 Uhr starb Eva Mamlok nach offiziellen Angaben im Block 21 des KZ Stutthof an „allgemeiner Körperschwäche“.<ref>[https://collections.arolsen-archives.org/de/document/4562189 DocID: 4562189 (EVA MAMLOK)] Todesbescheinigung In: Arolsen Archives</ref>
 
Inge GersonBerner ging in ihren Erinnerungen 1991 noch davon aus, dass Eva bereits 1943 in Spilwe aufgrund von Unterernährung, extrem harter Arbeit und allgemeiner Mangelsituation an einer Sepsis gestorben sei.
 
GersonBerner selbst gelang nur einen Monat später im Januar 1945 gemeinsam mit Charlotte Arpadi die Flucht aus einem Außenlager von Stutthof.<ref>Berner, The Death Sentence, S. 96f.</ref> Sie überlebte, kehrte im Sommer 1945 nach Berlin zurück und emigrierte im Juli 1949 mit ihrem Mann Wolf Berner in die USA.
 
== Ehrungen ==
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* Kim Wünschmann: ''Gewaltsam aus der „Volksgemeinschaft“ ausgestoßen. Jüdische Häftlinge in den Konzentrationslagern 1933 bis 1936/37.'' In: Jörg Osterloh, Kim Wünschmann (Hrsg.): ''»... der schrankenlosesten Willkür ausgeliefert« Häftlinge der frühen Konzentrationslager 1933–1936/37.'' Campus Verlag, 2017, ISBN 978-3-593-50702-6, S. 197–220.
* [[Achim Doerfer]]: ''„Irgendjemand musste die Täter ja bestrafen“. Die Rache der Juden, das Versagen der deutschen Justiz nach 1945 und das Märchen deutsch-jüdischer Versöhnung.'' Kiepenheuer & Witsch Verlag, 2021, ISBN 978-3-462-31813-5
* Jutta Faehndrich: ''Das kurze Leben der Tana Mamlok'', in: [https://www.aktives-museum.de/fileadmin/user%20upload/Extern/Dokumente/rundbrief%2091.pdf Mitgliederrundbrief 91], August 2024 (PDF): Faschismus und Widerstand in Berlin e.V. (PDF), Aktives Museum, August 2024.
 
== Weblinks ==