Krieg in Nahost:Gezielte Tötungen gehen weiter

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In der Nacht auf Freitag war die Beiruter Vorstadt Dahiye, eine Hochburg der Hisbollah, erneut Ziel von israelischen Bombardierungen. (Foto: Hassan Ammar/AP)

Israel soll in Beirut den mutmaßlichen Nachfolger des getöteten Hisbollah-Führers Nasrallah angegriffen haben.

Von Magdalena Gräfe

Ein seltener Auftritt. Irans oberster Führer Ayatollah Ali Chamenei hat bei einer Freitagspredigt in der iranischen Hauptstadt Teheran die Raketenangriffe auf Israel gelobt und sie „völlig legal und legitim“ genannt. In der 40-minütigen Rede betonte er, Iran werde nicht aufhören, mithilfe seiner Verbündeten gegen Israel zu kämpfen. „Der Widerstand in der Region wird auch nach der Tötung seiner Anführer nicht aufgeben“, sagte er.

Für den bei einem israelischen Angriff vor einer Woche getöteten Führer der Terrororganisation Hisbollah, Hassan Nasrallah, gab es zudem eine Zeremonie in der großen Imam-Khomeini-Moschee. Anwesend waren neben Chamenei auch Irans Präsident Massud Peseschkian und weitere führende Politiker. Unterdessen reiste Irans Außenminister Abbas Araghchi für Gespräche nach Beirut.

In der Nacht auf Freitag war die Beiruter Vorstadt Dahiye, eine Hochburg der Hisbollah, erneut Ziel von israelischen Bombardierungen. Sie galten Berichten zufolge Hashem Safieddine, dem Cousin und möglichen Nachfolger Nasrallahs. Israelische Beamte bestätigten der New York Times, dass sich Hashem und weitere Hisbollah-Anführer dort in einem Bunker getroffen haben sollen. Dieser sei daraufhin massiv bombardiert worden. Über Safieddines Schicksal war zunächst nichts bekannt.

In der Nähe des Flughafens soll es Explosionen gegeben haben

Am Freitagmittag gab das israelische Militär bekannt, dass es den Leiter der Kommunikationsabteilung der Hisbollah, Rashid Skafi, getötet habe. Schon am Donnerstag sei ein hochrangiger Hisbollah-Kämpfer bei einem Luftangriff getötet worden. Mohammed Anisi war an der Entwicklung von Lenkraketen beteiligt. Die Hisbollah bestätigte zunächst nicht. Wie der Sprecher der israelischen Armee mitteilte, habe diese seit Beginn ihrer Bodenoffensive im Südlibanon rund 250 Mitglieder der Hisbollah getötet. „Es ist uns gelungen, der Hisbollah einen schweren Schlag zu versetzen“, sagte der Armeesprecher.

Fünf Bataillonskommandeure und weitere Kommandeure der von Iran unterstützten Miliz seien unter den Toten. Allein zwischen Donnerstag und Freitag seien 100 Hisbollah-Mitglieder etwa bei Nahkämpfen und bei Luftangriffen ums Leben gekommen. Auch dies bestätigte die Hisbollah zunächst nicht. Israel hatte in der Nacht auf Dienstag eine „begrenzte Bodenoffensive“ in Libanon begonnen. Seither starben nach früheren Angaben der Armee acht ihrer Soldaten. Durch die anhaltenden israelischen Luftangriffe habe es in den 24 Stunden mehr als 37 Tote gegeben, teilte das libanesische Gesundheitsministerium mit. Die Hisbollah wiederum soll über 100 Raketen auf israelisches Gebiet geschossen haben.

Die Bundesregierung ließ mehr als 200 Deutsche ausfliegen

Die Bombardierungen gingen am Freitag weiter. Am Morgen soll es in der Nähe des Beiruter Flughafens Zeugenberichten zufolge zu großen Explosionen gekommen sein. Ebenfalls am Freitagmorgen zerstörte ein israelischer Luftangriff eine wichtige Verbindungsstraße zwischen Syrien und Libanon. Dadurch sei der Grenzübergang Masnaa nicht mehr für Fahrzeuge passierbar, sagte eine Sprecherin des UN-Flüchtlingshilfswerks Reportern. In den vergangenen zwei Wochen hatten Zehntausende – vor allem syrische Staatsangehörige – den Grenzübergang genutzt, um nach Syrien zu fliehen. Nach UN-Angaben war Masnaa dabei der wichtigste Weg nach Syrien. Mehrere weitere Grenzübergänge sollen noch offen sein.

Am Donnerstag hatte das israelische Militär der Hisbollah vorgeworfen, den Grenzübergang Masnaa zum Schmuggeln von Waffen nach Libanon zu nutzen. Um gegen den Transport von Militärgerät vorzugehen, zerstörte das israelische Militär nach eigenen Angaben auch einen dreieinhalb Kilometer langen Tunnel unter der libanesisch-syrischen Grenze.

Auch im besetzten Westjordanland setzt Israel auf Luftangriffe. Am Donnerstagabend waren in Tulkarem beim Angriff eines israelischen Kampfjets auf ein Wohnhaus mit Café im Erdgeschoss mindestens 18 Menschen getötet worden. Damit ist es der tödlichste Angriff im Westjordanland seit Beginn des Krieges zwischen der Hamas und Israel vor knapp einem Jahr. Ziel des Angriffs war laut Militärangaben ein lokaler Hamas-Führer. Die Hamas bestätigte am Freitagabend dessen Tod.

In Jemen griffen US-Streitkräfte erneut Stellungen der Huthi-Miliz an. Wie das US-Zentralkommando Centcom mitteilt, wurden 15 Ziele der von Iran unterstützten Gruppe ins Visier genommen.

Mittlerweile haben mehrere Regierungen ihre Staatsangehörigen zur Ausreise aus Libanon aufgefordert. Das US-Außenministerium teilte mit, dass es rund 350 Amerikaner und Familienangehörige ausgeflogen habe. Die Bundesregierung ließ seit Montag insgesamt 460 deutsche Staatsangehörige ausfliegen.

© SZ/dpa/Reuters/AP/mgra - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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