Mitten in … Key West
High Noon in Key West, der Sheriff kommt. S. Perez, so steht es auf seiner blauen Uniform, reitet im Schritttempo souverän zwischen den Badegästen auf ihren Liegen hindurch, am südlichsten Strand der USA. Dann steigt er ab, leint seinen Schimmel mit großer Ruhe am Beach-Lokal an, nimmt die Sonnenbrille ab und setzt sich, die Pistole am Gurt verstaut, die Tattoos am rechten Arm gut sichtbar. Der Inselpolizist bestellt sich jetzt sein Mittagssandwich. Das übrige Publikum ist, nun ja, etwas überrascht, aber auch sehr interessiert. Plötzlich ein wasserfallartiges Geräusch, das Pferd pinkelt mit voller Wucht vor die Kneipe. S. Perez steht kurz auf, lässt sich einen Eimer bringen, schüttet Wasser drüber und isst weiter. Dann setzt er seinen Hut wieder auf und hievt sich in den Sattel. 12.30 pm, Lunchpause vorbei. Die Polizei hat alles im Griff, 90 Meilen entfernt von Kuba. Peter Burghardt
Mitten in … Funafuti
Über manche Gäste-Bedürfnisse schaut man im Lagoon Hotel souverän hinweg. Klar, denn auf dem Hauptatoll der winzigen Pazifik-Nation Tuvalu ist der vernachlässigte Staatsbetrieb eine der wenigen Übernachtungsmöglichkeiten. Wem was nicht passt, der kann ja draußen schlafen. Also fügt man sich. Schadet nicht – und dieser Schatten, der einmal durchs Zimmer huschte, war vielleicht auch gar keine Maus, sondern nur die Eidechse, die vorher schon gesichtet wurde. Eines Abends: Kräftiges Pochen an der Tür. Aufmachen! Es klingt wie ein Polizeikommando auf Verbrecherjagd. „Moment!“ Wenn man aus der Dusche kommt, geht es nicht so schnell. Eilig das Hemd übergeworfen und zur Tür gehastet, bevor sie eingetreten wird. Es ist eine der netten Rezeptionsfrauen. Sie fragt: „Kann ich Ihre Fernbedienung für die Klimaanlage ausleihen?“ Thomas Hahn
Mitten in … München
Am Münchner Hauptbahnhof rollt der ICE in Richtung Stuttgart ein. „Bitte nicht einsteigen. Wir putzen für Sie“, steht in digitalen Lettern an der Tür, die sich dann aber doch sofort öffnet. Also rein da, wird schon fahren, und falls jemand durchsaugen will, hebt man eben kurz die Füße. Im Ruhebereich hört man dann eine Stimme: „Haben Sie die Putzkraft gesehen?“, erkundigt sich ein Mann in schön genähten Lederschuhen, aus dessen Po-Tasche ein Küchenpapier ragt. Der wird doch wohl nicht selbst durchwischen? Macht er nicht, stattdessen schimpft er: über seine Zugverspätungen, die Grünen, den Atomausstieg und über das zerstückelte europäische Bahnnetz. Damals in den Siebzigern, sagt er, habe der Orientexpress noch Istanbul direkt mit Paris verbunden. Heute müsse er zwischen Budapest und Paris vier Mal umsteigen. Früher war alles besser. Tobias Bug
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