In Schweinfurt ist Rektorin Monika Zeyer-Müller umstritten. Nun soll sie das bekannteste deutsche Eliteinternat leiten.

Stuttgart - Die Berufung von Monika Zeyer-Müller zur neuen Leiterin der Schule Schloss Salem verursacht innerhalb und außerhalb des Eliteinternates Aufregung. Schüler, Eltern und Lehrer reagierten mit Unverständnis und Ablehnung auf die Einsetzung der bisherigen Rektorin des Alexander-von-Humboldt-Gymnasiums in Schweinfurt. Dort sind viele froh, dass die umstrittene Schulleiterin die Bildungsanstalt zum Ende des Schuljahres verlässt.

In ihrem Lehrerberuf, so viel darf man sagen, leuchtete Monika Zeyer-Müller ein immerwährender Glücksstern. Der berufliche Aufstieg der 53-jährigen Pädagogin war stets von glücklichen Umständen begleitet. Das war bereits so, als die Tochter des ehemaligen, im Jahr 2000 verstorbenen saarländischen CDU-Ministerpräsidenten Werner Zeyer noch einfache Oberstudienrätin am Armin-Knab-Gymnasium im fränkischen Kitzingen war. 2004 wurde sie - völlig überraschend - zur Schulleiterin des Alexander-Humboldt-Gymnasiums in Schweinfurt bestellt, obwohl ihr dazu die formale Voraussetzung fehlte. Um die Leitung von Gymnasien dürfen sich in Bayern nur Studiendirektoren bemühen.

Weil Monika Zeyer-Müller das CSU-Parteibuch hat und den Ortsverein Volkach leitet, schlug ihre Berufung zur Leiterin des größten Gymnasiums in Bayern mit 1700 Schülern und hundert Lehrkräften politische Wellen. Durch diese Personalie war unter anderem die damalige Kulturministerin und Tochter von Franz Josef Strauß, Monika Hohlmeier (CSU), in die Bredouille geraten. Hohlmeier sah sich genötigt, öffentlich zu verneinen, mit Zeyer-Müller befreundet zu sein. Es habe nur zwei Bewerber gegeben. Der andere Aspirant habe seine Kandidatur zurückgezogen. Zeyer-Müller erklärt ihren Karrieresprung mit der damaligen Not an Schulleitern. Gleich mehrere Oberstudienräte seien so zu Rektoratsehren gekommen.

20 Kandidaten wollten den Posten


Nun hat die Lehrerin für Deutsch und Englisch in ihrem Beruf zum Erstaunen von Beobachtern ein weiteres Treppchen geschafft, das nur wenige erklimmen können. Zum neuen Schuljahr 2010/2011 wird Monika Zeyer-Müller neue Leiterin der Schule Schloss Salem, des bekanntesten und wohl auch teuersten deutschen Internats. Die bisherige Leiterin, Professor Eva Marie Haberfellner, räumt nach drei Jahren altershalber ihren Posten. Sie hatte die Aufgabe 2007 nach dem überraschenden Abgang von Ingrid Sund übernommen. Die frühere Leiterin der Deutschen Schule in Paris war bereits nach nur einem Jahr als Nachfolgerin des Vorzeigepädagogen Bernhard Bueb gescheitert. Die Chemie habe nicht gestimmt, hieß es.

Die traditionelle Ausbildungsstätte für Kinder des Hoch- und Geldadels ist gespickt mit Sprösslingen deutscher Unternehmerfamilien und von Geistesgrößen. Zu den Ehemaligen gehören unter anderem August Oetker, Prinz Philip, Königin Sophia von Spanien oder Golo Mann, der Sohn Thomas Manns. Um einen geeigneten Leiter zu suchen, wurde die Personalberatungsfirma Spencer-Stuart beauftragt - auf Empfehlung des früheren Aufsichtsratschefs der Schule wie der Deutschen Bank, Clemens Börsig. Unter 20 Kandidaten setzte sich Zeyer-Müller in vier Auswahlrunden durch. Einstimmig und "mit voller Überzeugung" stimmte der Aufsichtsrat der Schule Schloss Salem vorige Woche für sie.

An ihrem Gymnasium habe sie "mit großem Erfolg (...) einen hohen Exzellenzanspruch und Leistungsorientierung etabliert". Sie verfüge über "hohe Sozialkompetenz, Kommunikationsfähigkeit und politisches Gespür", lobt der Aufsichtsratschef Jochen Spethmann in einem Brief. Man dürfte ihr "Innovation, Beharrlichkeit, Ausbau von Strukturen, eine hohe Menschlichkeit, Empathie sowie Führungsstärke" zutrauen. Das sehen in Schweinfurt viele Lehrer, Schüler und Eltern völlig anders. Ihnen gilt die Rektorin als verstockt und wenig kommunikativ. Sie agiere bisweilen autoritär bis zur Herrschsucht.

Proteste und ein Klima der Angst


Unter ihrer Leitung hatte das Gymnasium immer wieder Negativschlagzeilen gemacht. Im Spätherbst 2009 hatten mehr als 400 Schüler gegen Missstände an der Schule protestiert. Es ging um fehlendes Toilettenpapier, aber auch um ein "Klima der Angst". Wegen offensichtlich falscher Abrechnungen von Skikursen war die Schule zeitweise ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten. Die Ermittlungen sind inzwischen eingestellt.

In Salem stiften derlei Nachrichten Unruhe. Die Bestallung Zeyer-Müllers wird mit einer Mischung aus Verwunderung, verhaltener Kritik und offener Ablehnung begleitet. "Ihr fehlt alles, was man für dieses Amt braucht", sagt eine hochrangige Fachkraft. So habe Zeyer-Müller keine internationale Erfahrung und auch keine in der Leitung eines Internats - schon gar nicht von der Güte Salems. Auch verfolge sie kein reformpädagogisches Konzept, das in Salem seit den Gründertagen von Kurt Hahn eine Selbstverständlichkeit sei.

Kenner der Schule verstehen nicht, warum der Aufsichtsrat des Internats die Belastung durch eine bereits im Vorfeld umstrittene Schulleiterin zumutet, zumal Monika Zeyer-Müller parteipolitisch klar an die CDU/CSU gebunden ist, was mit der politischen Unabhängigkeit Salems nicht vereinbar sei. Die Schulleiterin ficht das nicht an. Dem Geist von Salem fühle sich sie verpflichtet, beteuert sie. Bedenken will sie durch ihre "tägliche Arbeit" zerstreuen.