Bis hin zum Totalausfall Diese Aktien waren 2019 pures Gift im Depot
31.12.2019, 08:30 UhrDelle, Krise, Katastrophe: Manche Papiere machten in diesem Jahr keinen Spaß. Während es bei einigen zumindest Anzeichen für eine Besserung gibt, sind andere wohl noch Problemfälle für einige Zeit.
Die Aktien, die 2019 zu den großen Verlierern am deutschen Aktienmarkt gehörten, lieferten häufig bereits im Vorjahr eine unterdurchschnittliche Performance. So ist bei Thyssenkrupp der Firmenumbau in diesem Jahr ins Stolpern geraten. Es scheiterte der Verkauf des Stahl-Geschäfts an den regulatorischen Hürden. Nachdem die Marktkapitalisierung wie Eis in der Sonne schmolz, musste die Aktie im September aus dem Dax in den MDax wechseln. Aber auch der Automobilsektor kam in den vorangegangenen zwölf Monaten nicht richtig in Fahrt. Allerdings zeichnete sich dies bei den Unternehmen bereits im Vorjahr ab. Zudem gab es einige Totalausfälle.
Thyssenkrupp ein Schatten vergangener Zeiten
Innerhalb von zwei Jahren hat sich der Wert der Aktie von Thyssenkrupp halbiert. Die Finanzinvestoren kamen in der Zeit an Bord und erzählten ihr Mantra, dass die Aufspaltung des Konzerns die Rettung sei. Der Plan A, das Stahlgeschäft abzuspalten und in ein Joint-Venture mit Tata Steel einzubringen, ging nicht auf - im Frühjahr legte die EU-Kommission ihr Veto ein, Synergien von bis zu 500 Millionen Euro konnten nicht gehoben werden, die bilanzielle Entlastung blieb aus. Im Sommer sah die Aktie bei Kursen unter 10 Euro ihr Tief. Nach 31 Jahren musste das Dax-Gründungsmitglied den Index verlassen, der Wert gehört seitdem nicht mehr in die erste Reihe am deutschen Aktienmarkt.
Momentan wird an Plan B gearbeitet. Denn nachdem das Stahlgeschäft, das mit teils veralteten Maschinen in einem Markt der globalen Überkapazitäten ums Überleben kämpft, nicht abgetrennt werden konnte, wird es nun Kerngeschäft. Wegen fehlender Investitionen bei hochfesten Stählen wurde inzwischen der Anschluss zu den Wettbewerbern verloren.
Nun steht das Geschäft mit den Aufzügen, das seit Jahren wächst und einen hohen Anteil wiederkehrender Umsätze erwirtschaftet, zur Disposition. Hier geben sich die Kaufinteressenten die Klinke in die Hand. Der Bereich Elevator kann aber auch noch an die Börse gebracht werden. Den Gesamtwert beziffern Analysten auf mindestens 15 Milliarden Euro.
Eine Entscheidung, ob es zu einem Verkauf kommt oder einem Börsengang, soll im 1. Quartal fallen. Ob es Thyssenkrupp gelingt, mit vielen kleinen Maßnahmen in den vielen nicht gut laufenden Geschäften einen Turnaround hinzulegen, ist fraglich. Thyssenkrupp gaben um 18,9 Prozent nach.
Automobil-Zulieferer leiden weiter unter dem Umbruch
Nachdem die Schwäche am Absatzmarkt China im Vorjahr bereits den gesamten Automobilsektor getroffen hat, war auch 2019 kein einfaches Jahr für die Branche. Die Aktie von VW lieferte in diesem Jahr eine bessere Performance als der Dax ab, Daimler und BMW schafften zumindest ein kleines Plus. Wenn die großen Automobilkonzerne sparen müssen, leiden oft deren Lieferanten. Das war auch in diesem Jahr zu beobachten.
Zu den größten Verlierern in dem Sektor gehörte Leoni. Bereits im Februar verschreckte das Unternehmen mit einer Gewinnwarnung und schob Anfang März eine weitere nach. Zugleich strich der Kabelspezialist den Ausblick zusammen und trennte sich vom Finanzvorstand. Auch wenn sich die Quartalszahlen im weiteren Verlauf stabilisierten, überstiegen nach Aussage der Analysten von Independent Research (IR) nach dem 3. Quartal die kurzfristigen Finanzverbindlichkeiten die liquiden Mittel deutlich. Nun sehen die Analysten in einer Kapitalerhöhung die gängige Option, mit der sich das Unternehmen frisches Geld besorgen kann. Leoni kostete den Anleger 65,8 Prozent des eingesetzten Geldes.
Eine andere Geschichte ist Aumann: Die Aktie wurde den Investoren als der vermeintlich große Gewinner der Elektromobilität verkauft. Der Ausgabe-Preis lag im Frühjahr 2017 noch bei 42 Euro. Nachdem sich der Kurs zunächst verdoppelte, achtelte er sich in der Folge. Aktuell stabilisiert sich das Geschäft und somit auch der Kurs. Die langfristige Story ist intakt, allerdings lässt die Nachfrage nach Autos mit Elektroantrieb weltweit auf sich warten. Doch es gibt Hinweise, dass es nun doch langsam besser werden könnte. Zum einen werden der Industrie mehrere Milliarden zur Verfügung gestellt, um eine europäische Batterie-Produktion aufzubauen. Auf der anderen Seite stehen Gelder zur Verfügung, eine Infrastruktur mit Ladesäulen zu errichten.
Sollte der Absatz bei Elektro-Autos anziehen, dürften auch wieder mehr Aufträge in den Büchern von Aumann landen. Die Bilanz ist gesund, zudem sind ausreichend Barmittel vorhanden, um eine absehbare Durststrecke zu überwinden. Die ersten Analysten haben die Aktie bereist zum Kauf empfohlen. Aumann gaben 2019 um 47,1 Prozent nach.
Hälfte des eingesetzten Kapitals ist weg
Wer in Aktien wie Delticom, Singulus oder Vapiano in diesem Jahr investiert war, hat seit Jahresbeginn rund die Hälfte seines Geldes verloren. Nun lautet die Frage: Geht es so weiter oder gibt es eine Chance, den Einstandskurs wiederzusehen? Es gibt zum Beispiel Unternehmen, die bereits einen schlechten Track-Rekord besitzen, also in der Vergangenheit bereits bewiesen haben, dass das Geschäftsmodell nicht nachhaltig ist. Hier fällt einem ein, dass Singulus bereits 2016 das Kapital heruntergesetzt hatte, damals bekam der Aktionär für 160 alte 1 neue Singulus-Aktie. Momentan hofft das Unternehmen auf Aufträge aus Asien. Diese lassen aber bereits seit Spätsommer auf sich warten, deshalb musste das Unternehmen im September eine Gewinnwarnung aussprechen. Sollten die Aufträge kommen, dürfte es für die Aktie steil nach oben gehen.
Während der Online-Reifenhändler Delticom in den vergangenen Jahren noch beim Umsatz überzeugen konnte, blieb unter dem Strich nicht viel übrig. Ob das Geschäftsmodell langfristig tragfähig ist, bleibt die Frage. An der Börse hat das Unternehmen bereits aktuell immer weniger Fans.
Das Gastronomie-Franchise-System Vapiano hatte von Anfang an keinen guten Start. Im Sommer 2017 kam die Aktie mit 23 Euro an die Börse, im Jahrestief gab es 2019 den Anteilsschein für nur noch 3,74 Euro. Die Gewinnwarnungen liegen den Anteilseignern schwer im Magen. Unter anderem machte der Systemgastronom das Wetter für die Misere verantwortlich. Aber auch die schnelle Expansion kostete viel Geld und brachte nicht die gewünschten Resultate. Momentan befindet sich das Unternehmen in einer Sanierung. 2019 ist ein Übergangsjahr, für 2020 strebt das Unternehmen einen positiven Cashflow an.
Delticom gaben um 41,4 Prozent nach. Singulus büßten im abgelaufenen Jahr 43,9 Prozent ein. Vapiano kostete den Anleger 38,3 Prozent des eingesetzten Kapitals.
Das Geld ist weg - Totalausfälle
Auch 2019 gab es Aktien, mit denen der Anteilseigner sein eingesetztes Kapital nahezu verlieren konnte. In der Regel handelt es sich dabei um Unternehmen, bei denen das Geschäftsmodell nicht mehr funktioniert und in der Folge die Liquidität austrocknet. Hier ist zum Beispiel Senvion zu nennen, der Hersteller von Windkraftanlagen. Nachdem das Unternehmen, die ehemalige Repower, im Frühjahr 2016 zu damals 15,75 Euro erneut an die Börse kam, ging es für die Aktie nur nach unten. Doch obwohl in der deutschen Landschaft immer mehr Windräder zu sehen sind, verdiente das Unternehmen kein Geld. Im April wurde Insolvenzantrag gestellt, inzwischen wurden die Filetstücke des Unternehmens verkauft.
Mit einem Minus von 75 Prozent stand die Aktie von Gerry Weber bereits 2018 auf der Liste der größten Verlierer. Gleich im Januar 2019 folgte der finale Ausverkauf in der Aktie, sie viertelte sich innerhalb von zwei Tagen. Das Unternehmen irritierte, als es Anfang 2019 den Verlust für das bereits abgeschlossene Geschäftsjahr 2017/18 ausweitete. Schon damals warnten Analysten vor der Insolvenzgefahr des Unternehmens, die auf dem Fuße folgte. Geschäfte wurden geschlossen, Hallhuber verkauft, ein Kapitalschnitt durchgeführt - nun haben die Gläubiger das Zepter übernommen.
Mologen sollte zumindest der Vollständigkeit halber erwähnt werden, auch wenn das biopharmazeutische Unternehmen nur den Small-Cap-Spezialisten bekannt sein dürfte. Während die Aktie im Februar noch über 5,50 Euro notierte und damals mit 55 Millionen Euro an der Börse bewertet wurde, im April nochmals Kapital eingesammelt wurde, stellte das Unternehmen Anfang Dezember den zum Teil an der Börse erwarteten Insolvenzantrag. Mit Senvion verlor der Anleger 2019 99,9 Prozent seines Geldes. Mit Mologen verloren Anleger 92,7 Prozent.
Quelle: ntv.de, jwu/DJ