Retinol wird als wahres Wundermittel in der Kosmetik präsentiert: Es soll im Gesicht Falten reduzieren, Pigmentflecken verblassen lassen, Unreinheiten minimieren und für ein insgesamt ebenmäßigeres Hautbild sorgen. Tatsächlich ist es einer der wenigen Inhaltsstoffe, bei denen man tatsächlich sagen kann: Das stimmt!
Allerdings bringen wirksame Retinoide, wie man die Gruppe der Vitamin-A-Wirkstoffe nennt, einige nicht vernachlässigbare Nachteile mit sich, die von Kosmetikherstellern gern verschwiegen werden. Alternativ wird auf mildere Derivate gesetzt, von denen wiederum die angepriesene Wirkung des Retinols und eine Verlangsamung der Hautalterung nicht zu erwarten ist.
Wir haben 20 Retinol-Seren getestet und dabei genauestens auf die Zusammensetzung der Inhaltsstoffe geachtet. Vorab: Im Test sind uns zahlreiche Produkte begegnet, die zwar Retinol auf dem Label stehen haben, aber keins in der Flasche haben.
Kurzübersicht
Der Colibri Skincare Vitamin A Serum kombiniert Retinol mit Retinal und Granactive Retinoid zu einem potenten Anti-Aging-Serum, das sich für erfahrenere Anwender eignet oder sparsam dosiert für Einsteiger mit robuster Haut. Das Irritationspotenzial wird durch viele beruhigende, antientzündliche Wirkstoffe gesenkt. Das ist genau der richtige Ansatz für ein gutes Retinol-Serum. Der Pumpspender ist praktisch, jedoch nicht luftdicht, sodass man es schnell aufbrauchen oder teilen sollte, bevor die Wirkung nachlässt.
Etwas mehr Vitamin-A-Power für schon eingewöhnte Haut bietet der erschwingliche Moonys Retinol Booster. Wer seine Haut jedoch als sehr robust einstuft und gewissenhaft dosiert, kann vielleicht sogar direkt mit dieser leichten Lotion einsteigen. Auch hier wird auf das Power-Duo aus Retinal und Retinol gesetzt, Drittes im Bunde ist jedoch ein Peptid, das ähnliche Anti-Falten-Eigenschaften wie Retinoide aufweisen soll. Allein wäre es uns zu vage, in Kombination sehen wir solche Goodies jedoch gern. Dazu gibt es noch einige Antioxidantien im Airless-Pumpspender. Haarscharf am Testsieg vorbei, weil Colibri in puncto Hautberuhigung einfach noch etwas mehr bietet.
Paula’s Choice Skin Balancing Super Antioxidant Concentrate Serum eignet sich vor allem aber nicht nur für ölige Haut, weil es auf leichtes, nicht fettendes und leicht mattierendes Silikon als Basis setzt. Auf Wasser wird verzichtet, sodass die enthaltenen 0,3 Prozent Retinol vor Luft und somit Destabilisierung geschützt werden. Dazu tragen auch die zahlreichen, potenten Antioxidatien bei. Das macht es, wie der Name schon verrät, zu einer Bereicherung im Alltag über die Einstiegskonzentration Retinols hinaus.
Bevor Retinol ein omnipräsenter Wirkstoff wurde, war Paula’s Choice Clinical 1% Retinol Serum das freiverkäufliche Standardprodukt unter erfahrenen Anwendern. Es war das Ziel einer monatelangen Eingewöhnungsphase und ist »auf dem Papier« nahezu perfekt formuliert. Neben dem Schutz, den Colibri auch bietet, werden hier weitere aktive Anti-Aging-Wirkstoffe eingesetzt, sodass man je nach Hauttyp nur noch eine günstige Feuchtigkeitspflege und Sonnenschutz benötigt. So verlockend es klingt: für Anfänger definitiv zu stark. Wer jedoch langfristig sichtbarer Hautalterung entgegenwirken möchte, sollte auf ein höherdosiertes Retinol wie dieses hinarbeiten
Für den Einstieg und besonders empfindliche Haut empfehlen wir die günstige The Ordinary Granactive Retinoid 2% Emulsion. Der Hauptwirkstoff ist jedoch ein besonderes Retinsäure-Derivat, das als nahezu irritationsfrei gilt. Man wird vermutlich nicht die umfassenden Ergebnisse einer langjährigen Retinolanwendung erreichen, für sensible Haut reicht aber sicherlich schon ein kleines Stück vom Kuchen. Eine unbekannte, kleine Menge Retinol ist dennoch enthalten – auf andere Benefits muss man zu dem günstigen Preis leider verzichten.
Vergleichstabelle
- Für Aufbau und Einstieg mit robuster Haut
- Retinol, Retinal, Granactive Retinoid & Bakuchiol
- Beruhigende Zusätze
- Einfache Dosierung & Auftrag
- Leichte Lotion
- Einfacher Pumpspender (schnell aufbrauchen)
- Für Aufbau
- Retinol, Retinal, RetinoPeptide 189 & Bakuchiol
- Mit Antioxidantien
- »Airless«-Pumpspender
- Cremig-leichte Lotion
- Guter Preis
- Für Aufbau und Einstieg mit robuster Haut
- Viele Antioxidantien & beruhigende Wirkstoffe
- Stabiler durch wasserlose Formulierung
- Gewöhnungsbedürftige Silikonbasis
- Hochpreisig
- Für Fortgeschrittene!
- Viele sinnvolle Wirkstoffe
- Einfache Dosierung & Auftrag
- Cremige Lotion
- »Airless«-Pumpspender
- Hochpreisig
- Für Einsteiger & empfindliche Haut
- Leichte Lotion
- Günstig
- Studienlage noch vage
- Pipettenflasche
- Eigengeruch
- Für Einsteiger
- Cremige Lotion
- Enthält Peptide, Niacinamid & Ceramide
- Hochpreisig
- Für Aufbau und Einstieg mit robuster Haut
- Cremige Lotion
- »Airless-Pumpspender« (neue Verpackung)
- Günstig
- Nur einige Antioxidantien extra
- Für Einsteiger
- Mit Algenextrakt
- Sehr leichte, angenehme »Öl«-Textur (Ester)
- Stabiler durch wasserlose Formulierung
- Sehr günstig
- Pipettenflasche
- Für Einsteiger
- Sehr leichte, angenehme »Öl«-Textur (Ester)
- Stabiler durch wasserlose Formulierung
- Keine nennenswerten Wirkstoffextras
- Pipettenflasche
- Mit 0,2%, 0,5% und 1% Retinol erhältlich
- Stabiler durch wasserlose Formulierung
- Sehr günstig
- Vorsichtig herantasten!
- Öltextur
- Pipettenflasche
- Keine besonderen Inhaltsstoffe
- Für Aufbau
- Leichte Lotion
- Mit Panthenol & etwas Hagebuttenkernöl
- Pipettenflasche
- Hochpreisig
- Für Einstieg auf robuster Haut
- Leichte Lotion
- Enthält ein Peptid & Niacinamid
- Konzentration unbekannt
- Sehr weiß für ein Retinoid
- Verpackung scheint halbleer
- Kann nicht richtig geleert werden
- Pipettenflasche
- Für Einsteiger & empfindliche Haut
- Eher für trockene Haut
- Stabiler durch wasserlose Formulierung
- Unparfümiert
- Studienlage noch vage
- Öltextur, bei Pickeln weniger geeignet
- Relativ teuer für Formulierung & 20ml
- Pipettenflasche
- Keine besonderen Inhaltsstoffe
- Zum Herantasten
- Enthält Retinol (ehem. »Power Serum Retinol Shot«)
- Präzise dosierbar
- Gel
- Enthält Parfum & deklarationspflichtige Duftstoffe
- Nur 10 Milliliter Inhalt
- Konzentration unbekannt (sehr niedrig)
- Für Einstieg auf robuster Haut
- Leichte Lotion
- Hoher Alkoholanteil
- Enthält Parfum & deklarationspflichtige Duftstoffe
- Pipettenflasche
- Viele zusätzliche Wirkstoffe (Bakuchiol, Panthenol , Antioxidantien)
- Dünnes, schnell einziehendes Fluid
- Strategisch irreführend beschrieben
- Sehr flüssig, tropft
- Pipettenflasche
- Zum Herantasten
- Leichte Lotion
- Günstig
- Extras in Mikrodosen
- Intensiv parfümiert
- Kann nicht richtig geleert werden
- Pipettenflasche
- Mit Antifalten-Tripeptid & Vigna Aconitifolia Seed Extract
- Bei Retinoid-Unverträglichkeit
- Dünnes, schnell einziehendes Fluid
- Enthält werder Retinol noch andere Retinoide
- Alle Extras in Mikrodosen
- Intensiv parfümiert
- Pipettenflasche
- Sehr teuer
- Verpackung enthält Fehler
- Enthält kein Retinol!
- Öltextur
- Pipettenflasche
- Keine besonderen Inhaltsstoffe
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Für eine gesunde Haut: Retinol-Seren im Test
Man könnte sagen, mit der Entscheidung für Retinol leitet man einen neuen Lebensstil ein. Planlos ab und zu ein Retinol-Serum zu verwenden, ist Geldverschwendung und wird keine Erfolge mit sich bringen. Die Anwendung von Retinoiden im Gesicht lässt sich mit Kraft-Training vergleichen: Man muss Ressourcen investieren, gelegentlich einen »Muskelkater« ertragen und für beste Ergebnisse den »Trainingsplan« immer mal anpassen. Langfristig wird man dafür auf mehreren Ebenen belohnt und erreicht gesündere, gestärkte Haut und verlangsamt die Hautalterung.
Ohne Geduld & Kontinuität ist nicht mit Erfolgen zu rechnen
Ein gutes und frisches Retinol-Serum konsequent und richtig im Gesicht in Kombination mit Sonnencreme mit UVA-Schutz angewendet kann sich nachweislich sehr positiv auf unterschiedliche Hautprobleme und die Hautqualität auswirken. Vitamin A ist wesentlich an der Regeneration, also Entstehung neuer, gesunder Hautzellen beteiligt. Durch topisch angewendete Retinoide wird dieser Zyklus beschleunigt und resultiert in folgenden Effekten:
- Reineres Hautbild mit verbessertem Talgfluss, der sich in weniger Unreinheiten wie Mitessern und Pickeln äußert.
- Weniger und flachere Falten durch stimulierte Kollagenproduktion und Prophylaxe durch antioxidative Wirkung.
- Verbesserte Hautstruktur und Hautqualität mit dickerer, robusterer und physiologisch jüngerer Haut.
- Reduzierte Hyperpigmentierung durch beschleunigte Zellerneuerung. Ohne UV-Schutz jedoch Kampf gegen Windmühlen. Weitere Wirkstoffe gegen Hyperpigmentierung, beispielsweise Niacinamid, Vitamin C oder Alpha-Arbutin, sind dennoch sinnvoll.
Die Resultate sind in aufsteigender Reihenfolge sortiert, worauf man länger hinarbeiten muss. Während man den Einfluss auf unreine Haut bereits nach rund zwei Monaten sehen kann, dauern Fältchen, Falten und Pigmentflecken umso länger, je länger sie zum Entstehen gebraucht haben. Nach drei Monaten sieht man vermulich schon erste Verfeinerungen der Hautstruktur nah im Spiegel. Deutlich wird es frühstens nach einem halben Jahr.
Die erzielten Effekte bilden sich wieder zurück, sobald man der Haut das Vitamin A wieder vorenthält. Die Hautalterung wird leider nicht dauerhaft angehalten: Kollagenproduktion und Elastinsynthese werden nur temporär stimuliert. Wer sich lange geduldet, wird bestenfalls auch mit mehr Hyaluronsäure in der Dermis belohnt.
Nebenwirkungen von Retinol
Besonders zu Beginn einer Retinol-Anwendung ist mit deutlicher Irritation zu rechnen, die sich bei jedem unterschiedlich (stark) und durch beispielsweise trockene, spannende Haut, Rötungen, Sensibilität, Schuppung sowie Unreinheiten bis Pickeln äußert. Es ist daher wichtig, bereits vor der Anwendung und auch konsequent begleitend auf eine intensiv feuchtigkeitsspendende, beruhigende und barrierestärkende Pflege zu achten.
Retinoide sollten während einer Schwangerschaft und Stillzeit nicht verwendet werden.
Man sollte also auch bei robuster Haut keinesfalls gleich mit ein Prozent Retinol loslegen, weil sich die Haut schlimmstenfalls einmal komplett abschält. Auch sollte man eine Eingewöhnungsphase von mehreren Wochen einplanen, in denen man mit sichtbaren Nebenwirkungen leben kann.
Leider kommt man um eine zumindest milde Phase der Unverträglichkeit nicht herum, wenn man auch tatsächlich positive Effekte erzielen möchte, insbesondere auf die Kollagenproduktion. Darum wird empfohlen, »klein« anzufangen und über Monate, die Konzentration des Retinols zu steigern. Inhaltsstoffe wie Antioxidantien (entzündungshemmend), beruhigendes Panthenol, Bisabolol, Allantoin, Ectoin, Cica oder Beta-Glucan sowie hautbarrierestärkende Ceramide oder Aminosäuren als Teil der Pflege können zu gemäßigteren Nebenwirkungen beitragen.
Die Haut gewöhnt sich an Retinol – Nebenwirkungen lassen nach
Um die Reizungen und Rötungen gering zu halten, setzen die Hersteller häufig auf verkapseltes Retinol, bei dem nach dem Retard-Prinzip der Wirkstoff über den Tag hinweg portionsweise freigegeben wird. Damit werden Nebenwirkungen nicht völlig verhindert, aber je nach Haut durchaus gemildert.
Mit der Zeit entwickelt die Haut erfreulicherweise eine Toleranz gegen die Irritationen. Pausiert man jedoch längere Zeit, lässt die Widerstandsfähigkeit nach. Man sollte daher trotz unerwünschter Effekte am Ball bleiben und reduzieren statt absetzen, um nicht immer wieder von vorn anzufangen.
Retinol ist empfindlich
Retinol ist ein Antioxidans, reagiert sehr schnell mit Luft und Licht und verliert dabei nach und nach seine Wirkung. Eine darauf abgestimmte Verpackung ist daher nicht nur eine Frage des Anwendungskomforts und sollte stets kühl, dunkel und verschlossen aufbewahrt werden.
Insbesondere wenn man eine Emulsion mit Wasser bevorzugt, sollte man Retinol-Seren schnell aufbrauchen (maximal drei Monate). Ein Airless-Pumpspender oder eine Alu-Tube, die keine Luft beim Loslassen einsaugt, kann die Nutzungsdauer ausdehnen. Pipetten sollten vor dem Eintauchen zusammengedrückt werden (und sowieso nie die Haut berühren). Antioxidantien im Produkt können auch zum Schutz der Formulierung beitragen. Leider kann man es weder einem Produkt ansehen, ob das Retinol darin noch wirksam ist, noch gibt das Haltbarkeitssymbol Auskunft über die Wirkungsdauer.
Ein Retinol-Serum ohne Wasser kann die Stabilität des Retinols ebenfalls verbessern. Daher bieten einige Hersteller Produkte auf Ölbasis oder Silikonbasis an. Erstere eignen sich eher für trockene, letztere für ölige Haut. Sie sind etwas gewöhnungsbedürftig und man tendiert dazu, weniger Produkt zu verwenden. Auch die Kombination mit anderen Produkten ist nicht so bequem wie eine Emulsion.
Macht Retinol die Haut dünner & sonnenempfindlich?
Für langfristige Effekte ist täglicher Sonnenschutz unabdingbar
Der durch Retinol angekurbelte Hautzyklus hat einen ähnlichen Effekt wie Peelings auf die obere Hautschicht und reduziert den Anteil abgestorbener Hautschüppchen. Das sorgt für eine feinere, strahlendere Haut, aber auch für weniger Schutz vor UV-Strahlung (erhöhte Photosensitivität). Darum gehen sowohl chemische Peelings, als auch Retinol stets Hand in Hand mit sinnvoll ausgewähltem UV-Schutz. In unserem Test der Sonnencremes fürs Gesicht erklären wir, worauf man dabei achten sollte.
In den ersten Monaten der Retinol-Anwendung kann die Haut aus diesem Grund auch tatsächlich als dünner bezeichnet werden, weil die obere Hautschicht sich zeitnah schält. Ist die volle Wirkung von Retinol jedoch erst einmal entfaltet, kann man mit dickerer, robusterer und gesünderer Haut als vorher rechnen.
Tipps für eine Retinol-Routine
- Man sollte sich erst dann auf Retinol einlassen, wenn man die Muße für Anpassungen im Alltag hat, bereit für unschöne Phasen ist und nicht vorzeitig aufgibt. Erfolge stellen sich erst nach Monaten ein.
- Augen, Mund, Nasenflügel stets großzügig aussaperen (Retinol »wandert« und irritiert verwinkelte Bereiche und kann Tränenkanäle austrocknen)
- Der Start einer Retinol-Routine im Winter kann aufgrund der geringen Luftfeuchtigkeit die Irritation steigern. Im Sommer anzufangen empfiehlt sich nur, wenn man konsequent täglich ausreichend Sonnenschutz verwendet und sich eher selten in praller Sonne aufhält.
- Die Haut sollte zu Beginn der Anwendung in einem soliden Zustand sein und die Hautbarriere bestenfalls schon durch Anwendung von Pflege mit beispielsweise Ceramiden oder Aminsäuren vorbereitet werden. Durch Retinol irritierte Haut kann Feuchtigkeit nicht mehr ordentlich speichern und wird trocken, daher kann man kombinierte Produkte getrost rechhaltiger als üblich wählen.
- Mit kleiner Konzentration anfangen. Wer robuste Haut hat und Nebenwirkungen wie Rötungen für eine »Abkürzung« hinnehmen kann, kann sich die verbreitete Konzentration von 0,3 Prozent vornehmen. Die Konzentration kann man auch über die Menge justieren.
- Retinol verwendet man am besten abends und nimmt sich die notwendige Zeit für das Ritual. Ist das aus irgendwelchen Gründen nicht möglich, ist nach der Eingewöhnungsphase auch eine Anwendung morgens möglich, insofern man Haut UND das aufgetragene Retinol mit Sonnencreme schützt.
- Eine leichte Schuppung, Rötungen, Merkmale einer trockenen Haut oder kleine Unreinheiten sind ein Zeichen, dass man auf einem guten Weg ist. Ist die Irritation ausgeprägter und die Haut ist berührungsempfindlich oder tiefliegende Pickel entstehen, sollte man die Konzentration wieder reduzieren.
- Die Intensität von Wirkung und Irritation geht auch damit einher, wie tief das Retinol in die Haut einzieht. Diesen Effekt kann man selbst justieren – bei Irritation vermeiden oder strategisch zur Steigerung der Wirksamkeit.
- Retinol muss nicht täglich angewendet werden, weil die Rezeptoren einmal aktiviert länger als einen Tag lang stimuliert bleiben. Wer sehr sanft anfangen möchte und es mit Effekten nicht eilig hat, verwendet das Retinol circa zweimal die Woche. Alle zwei Tage ist ein sportlicher Rhythmus bei einem potenten Serum. Bei vorsichtigen 0,01 Prozent Retinol oder mit Derivaten (siehe unten) kann man aber durchaus täglich ran.
- Bauch- und Seitenschläfer sollten bedenken, dass die Wange auf dem Kissen ebenfalls okklusiv wirkt und Irritationen verstärken kann. Es kann daher sinnvoll sein, die Routine morgens einzuplanen oder sie einige Stunden vor dem Zubettgehen zu durchlaufen.
- Hat sich die Haut an das gewählte Retinol-Serum gewöhnt und reagiert werden mit Rötungen noch trockenen Stellen, kann man die genannten Tipps umkehren, um die Wirkung zu steigern statt zu vermeiden. Tipp: in Kombination mit einem Hyaluronsäure-Serum kann die Wirkung ebenfalls verstärkt werden. Für stärkere Effekte kann man auf ein höherdosiertes Produkt umsteigen und wieder schrittweise gewöhnen und justieren.
- Die »Retinol-Sandwich-Methode«: nach der Reinigung Haut mit Feuchtigkeit versorgen, einziehen lassen. Anschließend Retinol auftragen und wieder abwarten. Abschließend erneut eine reichhaltigere, feuchtigkeitsspendende Pflege (einfache, günstige Produkte reichen völlig aus) auftragen, um Trockenheit zu vermeiden.
Unterschiedliche Vitamin-A-Wirkstoffe
Retinol ist einer von mehreren Kosmetikwirkstoffen aus der Vitamin-A-Familie. Die Wirkung in der Haut wird an den Rezeptoren für die Retinsäure eingeleitet, die man auch unter dem Namen Tretinoin kennt und die verschreibungspflichtig erhältlich ist.
Unsere Haut ist jedoch in der Lage, Retinol in diesen potenten Wirkstoff umzuwandeln. Dafür wird es zunächst in Retinaldehyd (kurz: Retinal) verarbeitet. Auch dieser Wirkstoff wird in Kosmetik eingesetzt, zuletzt immer häufiger. Retinal ist noch empfindlicher, reaktionsfreudiger als Retinol, sodass es eine Weile dauerte, den Wirkstoff stabil und kosteneffizient zu stabilisieren. Mittlerweile findet man zahlreiche Optionen in allen Preisklassen, die eine gute, wenn nicht bessere Alternative zu Retinol sind.
Diese drei Retinoide: Tretinoin, Retinal und Retinol sollte man kennen und unterscheiden können. Eine übersichtliche Tabelle mit allen Retinoiden und Konzentrationen finden Sie hier.
Während Tretinoin vor allem für die Aknetherapie über Jahrzehnte studiert und seine Wirksamkeit zahlreich belegt werden konnte, werden Retinol und vor allem Retinal für den kosmetischen Einsatz noch nicht ganz so lange erforscht. Während die Effekte auf das Hautbild nahezu in Stein gemeißelt sind, sind es vor allem die Stabilisierung und die Minimierung der Irritation, die man nun im Visier hat.
Retinol-Derivate
Noch einen weiteren Umwandlungsschritt zur Retinsäure entfernt sind Retinylester oder Retinol-Derivate, zum Beispiel Retinyl Palmitate oder Retinyl Acetate. Sie werden wegen ihrer guten Verträglichkeit und Stabilität sehr gern ergänzend, aber auch allein eingesetzt. Bedauerlicherweise ist das Wirkpotenzial gering und auch beispielsweise hinsichtlich der Kollagenstimulation limitiert. In der Theorie ist zwar ein schnurgerader Prozess möglich, in der Praxis gibt es eine Reihe von Faktoren, die die Umwandlungsschritte behindern oder gar umkehren.
Kosmetikhersteller setzten diese Inhaltsstoffe besonders gern ein, weil sie sich kaum Sorgen wegen Reklationen aufgrund von Nebenwirkungen machen müssen. Durch die Stabilität sind sie günstig in Entwicklung und Logistik. Da sie antioxidativ wirken und auch problemlos mit anderen Wirkstoffen kombiniert werden können, haben die Produkte mit Retinylestern durchaus Effekte. Mit den Anti-Aging-Effekten von Retinol, Retinal und Tretinoin sollte man hier jedoch nicht rechnen. Weil keine nennenswerte Irritation stattfindet, eignen sich Retinol-Ester auch nicht für eine Phase der Eingewöhnung. Man beißt am besten direkt in den sauren Apfel und legt mit echtem Retinol los.
Nicht selten: »Retinol« auf dem Label, aber nicht in der Flasche
Einige Hersteller nennen sogar Produkte irreführend »Retinol Serum«, obwohl keines enthalten ist, wie beispielsweise beim Serum von Beautyglam in unserem Test. Hier sollte man genau auf den verwendeten Wortlaut achten: Wird die Wirkung des Retinols ausgelobt oder die des Produktes? Warum werden Effekte von Retinol ausgelobt, wenn das Derivat es doch auch können soll? Das Positive daran ist, dass man so ganz schnell die Blender unter den Marken entlarven und in Zukunft bei Produkten zweimal hinsieht, wo noch überspitzt und geflunkert wird.
Bessere Alternative
Anders verhält es sich mit dem andersartigen Derivat »Hydroxypinacolone Retinoate«, das in einigen von uns getesteten Produkten enthalten ist. Es ist kein Derivat des Retinols, sondern der Retinsäure. Das heißt, es muss nur einen Umwandlungsschritt in der Haut durchlaufen. Wer das volle Potenzial von Retinoiden ausschöpfen möchte, sollte bei aktuellem Wissensstand noch den »Retinolpfad« gehen – insofern man es verträgt. Hydroxypinacolone Retinoate ist der beste Kompromiss, den man derzeit eingehen kann und ist den voran genannten Estern vorzuziehen.
Phyto-Retinol: Bakuchiol
Bakuchiol ist kein Retinoid und »Phyto-Retinol« ein waschechter Marketing-Begriff. Bakuchiol ist ein vielversprechender, potenter und pflegender Wirkstoff, dessen Effekte sich durchaus mit dem eines gering dosierten Retinols überschneiden. Wenn das jedoch zum Titel einer »Retinol-Alternative« ausreicht, müsste man viele andere Inhaltsstoffe so betiteln. Hier gilt das gleiche wie beim Hydroxypinacolone Retinoate: Wer Retinol nicht nutzen kann oder möchte, geht mit Bakuchiol einen soliden Kompromiss ein. Auch für Schwangere ist es interessant ebenso, wenn man einen Anti-Aging-Wirkstoff für den Körper sucht. Man kann die Wirkstoffe auch bestens kombinieren. Mehr über Bakuchiol in diesem Video mit unserer Autorin.
Bakuchiol ist jedoch nicht der einzige Wirkstoff, der irreführend als »botanische Retinol-Alternative« vermarktet wird. Beispielsweise wird auch der Vigna Aconitifolia Seed Extract aus der Mattenbohne (Handelsnamen: VIT-A-LIKE® oder Retinew A16). Auch bei diesem durchaus spannenden Pflanzenauszug kann man die Erwartungen irgendwo auf dem Niveau von Retinylestern einordnen.
Kontroverse Inhaltsstoffe
Der kontroverseste Inhaltsstoff in Retinol-Seren ist vermutlich Retinol selbst. Die ausschweifend beschriebenen Irritationen sind dabei nur ein Kritikpunkt.
Retinol oder Vitamin A1 ist ein essenzielles Vitamin, das über die Ernährung zugeführt werden muss. Eine bekannte Anekdote ist vermutlich die Karotte für bessere Augen, denn auch Carotinoide zählen zu den Quellen. Ein zu hoher Verzehr kann allerdings auch toxisch sein. Obwohl sich die Grenzwerte hauptsächlich auf Ernährung beziehen, kann eine übermäßige Anwendung von retinolhaltigen Produkten durchaus einen Einfluss auf die Werte haben. Von der Anwendung während der Schwangerschaft wird daher abgeraten
Neuer Retinol-Grenzwert ab 2026
2022 wurde die EU-Kosmetikverodnung aktualisiert und ein Grenzwert für Retinol sowie auch die beiden Derivate Retinyl Palmitate oder Retinyl Acetate eingeführt: 0,3 Prozent für Gesichtsprodukte und 0,05 Prozent für den Körper ab 2026. Derzeit befinden wir uns in der Übergangszeit, die den Herstellern zur Anpassung ihres Sortiments eingeräumt wird. Dabei sollte sich gerade bei »echten« Retinolseren gar nicht viel ändern, weil die 0,3 Prozent schon lange ein »Sweet Spot« der Hersteller war. Bei den Produkten mit den beiden Derivaten könnten durchaus Änderungen folgen. Da man hier jedoch äußerst selten Anteile kommuniziert werden, wird man auch davon vermutlich wenig mitbekommen.
Der Grund für die Beschränkung ist kein dermatologischer, sondern dient dem Schutz von Risikogruppen vor langfristig hoher Exposition gegenüber Vitamin A. Wenn dieses im Organismus nämlich gespeichert wird, nimmt es eine dieser Formen an und kann sich anreichern. Retinalaldehyd bleibt beispielsweise von dieser Einschränkung unberührt, weil es im Gegensatz zu den anderen Formen im Körper nicht wieder in Retinol umgewandelt werden kann. Dies erklärt mitunter den derzeitigen Boom an Retinal-Seren. Retinsäure wiederum ist bereits verschreibungspflichtig, wäre in diesem Kontext aber ebenso außen vor.
Weitere potente Ingredenzien, wie beispielsweise Vitamin C, Peeling-Säuren wie Glycolsäure und bei empfindlicher Haut gegebenenfalls auch Niacinamid, sollte man im selben Routineschritt vermeiden und bei Eingewöhnung an Retinol am besten auch erst einmal komplett weglassen und langsam wieder integrieren.
Duftstoffe und erst recht ätherische Öle sollten in Retinol-Serum nicht enthalten sein, um das eh schon hohe Irritationspotenzial nicht auch noch unnötig zu steigern. Ähnlich sieht es mit Alkohol aus (meist als Alcohol denat. unter den Inhaltsstoffen). Er kann zwar strategisch als Penetrationsverstärker, also einer Art Wirkungs-Booster, zum Einsatz kommen. Das ist bei Retinol-Seren jedoch eher kontraproduktiv. Auch Hyaluronsäure hat diese Wirkung. Wer trotz Vorsicht irritierte Haut erlebt, sollte eine Zeit lang Produkte mit Hyaluronsäure im selbten Anwendungsschritt weglassen.
Einige Retinol-Seren enthalten Silikone, die nach dem Abwaschen in die Gewässer gelangen. Sie mit Abschminktüchern oder Wattepads zu entfernen und über den Hausmüll zu entsorgen, schafft ein neues Problem. Silikone werden natürlich nicht völlig grundlos eingesetzt und können eine optimale Dosierung und Applikation begünstigen und vor allem bei öliger Haut zur Feuchtigkeitsversorgung ohne öligen Film beitragen. Zur Haut verhalten sich Silikone ansonsten neutral und bieten keinen Grund zu Sorge. Sie legen sich als schützender Film auf die Haut, sind dabei jedoch luftdurchlässig und ein bewährtes Mittel bei Narbenbehandlungen.
Unser Favorit
Das Colibri Skincare Vitamin A Serum hieß ehemals »Retinol Booster«. Doch wurde bei genauem Hinsehen nicht nur der Name geändert, sondern auch die Zusammensetzung. Bedauerlicherweise hat man die zuvor enthaltenen Ceramide herausgenommen. Wir waren beim Update 10/2024 daher darauf eingestimmt, einen neuen Favoriten zu küren. So sehr wir uns jedoch über diese Entscheidung ärgern, ist das Produkt auch nach wie vor absolut vorbildlich zusammengesetzt und der Preis fair.
Der neue Name spiegelt besser wider, dass es sich um ein Retinoid-Kombiprodukt handelt, bei dem nicht nur Retinol (0,05%) zum Einsatz kommt, sondern auch Retinal (0,05%), Granactive Retinoid (0,2%) und auch Bakuchiol. Dieses Zahlengewusel übersetzt sich zu einer gut verträglichen, aber potenten Konzentration für den Einstieg, mit der man langsam anfangen und sie langsam zum täglichen Einsatz aufbauen kann. Zur Namensänderung hat man sich gewiss auch entschieden, um es deutlicher vom neueren, stärkeren 1% Retinol Booster der Marke abzugrenzen.
Die neue Rezeptur beschränkt sich weiterhin auf wohltuende Ergänzungen (Panthenol, Allantoin und Centella Asiatica) und verzichtet erfreulicherweise auf Duftstoffe und Alkohol. In der Hinsicht begrüßen wir sogar, dass man Niacinamid aus der Formulierung entfernt hat. Es ist zwar ein wunderbarer Inhaltsstoff, mit 4 Prozent war er in der vorherigen Version ein unnötiger Risikofaktor für Irritationen. Man kann ihn problemlos an anderer Stelle in der täglichen Routine integrieren und findet ihn in unzähligen Produkten, teils ohne Nennung auf dem Label.
In der Praxis wiederum schätzen wir die leichte Lotion-Textur. Sie lässt sich problemlos dosieren und gleichmäßig auftragen. Es zieht zügig ein und bedarf auf öliger Haut nicht zwangsläufig zusätzlicher Pflege. Das Finish ist zwar nicht geschmeidig oder seidig, aber auch nicht klebrig oder fettig. Bei feuchtigkeitsarmer und trockener Haut ist es auch nicht zu viel zum Moisturizer und funktioniert problemlos unter Sonnencreme.
Weniger gelungen finden wir die Wahl der Verpackung und dass man die Namensänderung nicht genutzt hat, um eine Airless-Pumpe zur Dosierung der luftempfindlichen Emulsion einzusetzen. Colibri scheint jedoch gerade nach und nach das Sortiment genau in diese Richtung umzuverpacken. Hoffen wir also, dass das Vitamin-A-Serum bald an der Reihe ist. Durch die Produktion in Deutschland sind die Lieferwege immerhin kurz und den Verkauf direkt an den Verbraucher stehen die Flaschen hoffentlich nicht all zu lang in den Regalen. Das Serum ist vegan, silikonfrei und enthält kein Parfum, duftet jedoch dezent süß.
Colibri Skincare Retinol Serum im Testspiegel
Bislang gibt es zu unserem Testsieger noch keine offiziellen Testberichte. Sollte sich das ändern, tragen wir sie hier nach.
Alternativen
Der Moonys Retinol Retinal Booster muss sich nicht hinter unserem Testsieger von Colibri verstecken, sondern ist viel eher ein optimaler Nachfolger, wenn man unseren Favoriten als Einstieg verwendet hat. Die beiden sind sich im Konzept und auch in der Textur recht ähnlich, Moony eventuell minimal cremiger. Bei öliger Haut bedarf es nicht zwangsläufig zusätzliche Feuchtigkeitspflege, insbesondere nicht, wenn man es morgens anwendet und Sonnencreme verwendet.
Für den Einstieg ist die Kombination aus 0,3 Prozent Retinol und 0,05 Prozent Retinal je nach Hauttyp eventuell etwas zu viel und könnte für Rötungen und Schüppchen sorgen. Bei robuster Haut beziehungsweise gesunder, gewissenhaft gepflegter Haut und strategischer Dosierung alle zwei bis drei Tage kann man auch mit Moony starten. Tendenziell würden wir den Booster jedoch für die Aufbauphase empfehlen.
Zwei Anti-Aging-Goodies sind neben den Retinoiden zudem erwähnenswert. Bakuchiol, das gerade bei öliger Haut vorteilhaft sein kann, sowie 5 Prozent RetinoPeptide-189-Komplex. Es enthält einen Peptid (Einweisbaustein), der auf Zellen teilweise ähnlich stimulierend wirken soll wie Retinoide. Würde ein Produkt ausschließlich damit eine Anti-Aging-Wirkung bewerben, wäre uns das zu vage.
Als Ergänzung sehen wir solche Goodies sehr gern, weil man aufgrund der guten Verträglichkeit keine Nachteile hat, aber durchaus Chancen auf einen Benefit. Die fünf Prozent beziehen sich leider nicht auf das Peptid allein, dennoch sollte es keine vernachlässigbare Menge sein. Außerdem kommt Provitamin Q10 als Antioxidans zum Einsatz sowie beruhigendes Allantoin und eine Ceramid-Vorstufe. Auf Duftstoffe und Ethylakohol wird verzichtet, das Produkt hat jedoch einen leichten, nicht störenden Eigengeruch.
Dieses Paula’s Choice Retinol Serum hat eine etwas ungewöhnliche Textur, die bei Paula’s Choice aber durchaus häufiger vorzufinden ist: ein Serum auf Silikonbasis ohne Wasser. Damit sind Retinol und Antioxidantien noch besser geschützt ohne die Nachteile, von Ölen wie von The Ordinary oder Nø Cosmetics. Es ist insbesondere, aber nicht nur für ölige Haut im Gesicht geeignet, weil es eher mattiert als glänzt, nicht fettig ist und sich neutral gegenüber Aknebakterien verhält. Allerdings ist die Textur etwas gewöhnungsbedürftig, weil es direkt aus der Tube dosiert ein wenig an Wackelpudding erinnert und fast krümelig wirkt.
Wie der Name verspricht, ist es randvoll mit schützenden Antioxidantien, die wunderbar zu den enthaltenen 0,3 Prozent Retinol passen und es zusätzlich stabilisieren. Das Silikon spendet Feuchtigkeit ohne zu beschweren. Für empfindliche Haut vermutlich noch etwas zu stark, handelt es sich ansonsten um eine potente Einstiegskonzentration, zumal man es sehr gut geringer dosieren und ausstreichen kann. Der Wermutstropfen ist leider der Preis. Sie bietet nicht ganz so viele Benefits wie unsere beiden erstgenannten Empfehlungen. Das Preis-Leistung-Verhältnis ist nur stimmig, wenn man diese besondere Textur zu schätzen weiß. Das Serum ist unparfümiert, hat aber einen leichten Eigengeruch und wird ohne Umkarton geliefert.
Das Paula’s Choice Clinical 1% Retinol Serum ist ein Kultprodukt für Skincare Fans. Es war lange Zeit eine von sehr wenigen, freiverkäuflichen Optionen für hochdosiertes Retinol und eine Art Trophäe nach vielen Monaten, wenn nicht Jahren der Eingewöhnung. Es ist jedoch nicht nur die sehr potente Menge reinen Retinols, die für dieses Produkt für erfahrene Haut spricht: Die Marke tut viel dafür, dass die unausweichliche Irritation in Schach gehalten wird. Es sind sehr viele starke Antioxidantien enthalten, die schützen und Entzündungen reduzieren können. Es sind barrierestärkende und beruhigende Bestandteile dabei sowie ausgewählte Peptide, die die Anti-Aging-Wirkung des Retinols sinnvoll unterstützen. Diesen Vorteil hat das Treatment Colibri voraus und sorgt vermutlich auch mitunter für den saftigen Preis.
Die Emulsion enthält viele Silikone, die für eine sehr angenehme Textur, ein Makeup-kompatibles Finish sorgen und Feuchtigkeit spenden. Der Airless-Pumpspender ist nicht völlig luftdicht, schützt die Antioxidantien jedoch mit am besten und dosiert in diesem Fall angenehm kleine, kontrollierte Mengen. Die Formulierung verzichtet auf Duftstoffe, hat aber einen ganz dezenten Eigengeruch. Als einzige Marke in unserem Test wird auf einen Umkarton verzichtet. Das liegt sicherlich auch daran, dass Paula’s Choice eine riesige Wissensdatenbank online bereitstellt. Die Marke ist nicht nur eine hervorragende Anlaufstelle für Retinol-Produkte aller Formen und Stärken. Es gibt Produkte ab 0,01 Prozent Retinol für unterschiedliche Hautbedürfnisse, beispielsweise das von uns ebenfalls getestete Super Antioxidant Concentrate Serum.
The Ordinary hat mit Paula’s Choice nicht nur eine riesige Auswahl an Retinoid-Produkten gemein, sondern auch eine besondere Stellung als Pionier unter den Beauty-Marken – wenn auch in unterschiedlichen Kategorien. The Ordinary hat mit einem wirkstofffokussierten, minimalistischen Ansatz und sehr günstigen Preise die Branche extrem aufgemischt und ist sicherlich auch daran »schuld«, dass wir nun über Retinol-Seren sprechen und nicht über »Anti-Falten-Seren« mit unbekanntem Hintergrund.
Die Granactive Retinoid 2% Emulsion ist dafür ein gutes Beispiel, weil man das Produkt nach dem Wirkstoffkomplex eines Zulieferers direkt beim Namen nennt. Granactiv Retinoid ist eine Mischung eines Lösungsmittels mit zehn Prozent Hydroxypinacolone Retinoate, einem vielversprechenden aber noch wenig erforschten Retinoid. Man sollte das Produkt daher mit geringer Erwartungshaltung angehen. Eine kleine Menge Retinol ist dennoch enthalten, sodass man zumindest auch mit dessen leichter Wirkung rechnen kann. Insbesondere mit empfindlicher Haut ist dieses Retinol-Serum den Produkten mit Retinol-Estern vorzuziehen, zumal es auch sehr günstig ist.
The Ordinary bietet den neuen Wirkstoffkomplex ähnlich wie das reine Retinol auch in Squalan an und das sowohl mit zwei und fünf Prozent, also einer Ölmischung. Das mag und verträgt nicht jeder. Die getestete 2% Emulsion erinnert mit einer leichten, milchigen Textur jedoch viel mehr an ein Serum und funktioniert besser für ölige Haut oder wenn man Öle nicht mag. Alle Produkte sind unparfümiert mit leichtem Eigengeruch. Der Sparfuchspreis bietet leider keinen Spielraum für spannende Extrawirkstoffe.
Außerdem getestet
Daytox Retinol Serum
Das Daytox Retinol Serum ist eines der wenigen empfehlenswerten Retinolprodukte in den stationären Drogerien. Zwar findet man vermehrt Produkte mit Retinol (oder Retinol im Titel), hier hat man sich jedoch tatsächlich getraut, mit 0,3 Prozent eine Menge einzusetzen und mit potenziellen Irritationen, Reklamationen zu riskieren. Dafür ermöglicht man zu einem moderaten Preis Zugang zu den echten Retinol-Resultaten. Sicherlich wird sich hier zeitnah noch einiges tun. Das muss man der deutschen Marke auf jeden Fall hoch anrechnen.
Erst kürzlich hat man die Verpackung von einer Tube mit feiner Dosiertülle auf einen Airless-Spender gewechselt. Wobei die alte Version schon vielen Herstellern etwas voraus hatte. Ein Pumpspender hilft aber noch einmal präziser zu dosieren. Die Formulierung hat sich dabei nicht verändert und verbleibt vegan, parfümfrei, kommt ohne Silikone aus und ist in Deutschland produziert. Leider gibt es keine weiteren nennenswerten Inhaltsstoffe, die man hervorheben könnte, außer einigen Antioxidantien. Dafür ist die Textur sehr umgänglich, leicht zu verstreichen und zieht ohne unangenehme Rückstände schnell ein. Gerade in einer Einstiegsphase wäre ein wenig mehr Schutz willkommen.
The Ordinary 1% Retinol in Sqalane
Das The Ordinary 1% Retinol in Sqalane ist eine von drei erhältlichen Stärken des günstigen Retinol-Serums. Wir haben die besonders starke 1-Prozent-Version im Test berücksichtigt, um eine Alternative für das hochpreisige Paula’s Choice Clinical 1% Retinol Serum nennen zu können. Dafür muss man leider auf allerlei nützliche Zusatzingredenzien verzichten. Die kann man sich aber gegebenenfalls durch andere günstige Produkte dazukaufen. Dazu würden wir auf jeden Fall raten, egal welche Stärke man wählt, anfänglich jedoch nicht höher als 0,2 Prozent und sparsam dosieren. Es ist denkbar, dass die Wirkung aufgrund der Verpackung unter Erwartungen bleibt. Man sollte zunächst jedoch nichts riskieren.
Die Ölmischung ohne Wasser sorgt für längere Stabilität, die bei einer Pipettenflasche willkommen ist. Die Haltbarkeit nach Anbruch mit drei Monaten anzugeben ist realistisch und transparent. Aber man muss die sehr flüssige Textur schon mögen. Es ist nicht so bequem und leicht wie die The Ordinary Emulsion. Gegebenenfalls kann man es auch in ein cremiges Produkt mischen und schauen, ob man damit gut zurechtkommt. Als Kompromiss zwischen den beiden The Ordinary Produkten im Test gibt es das Granactive Retinoid auch in Sqalan, beispielsweise für trockene Haut.
Das Öl-Serum ist unparfümiert, hat aber auch einen nicht gerade schönen Eigengeruch.
Nø Cosmetics renew tøday Retinol Serum
Das Nø Cosmetics renew tøday Retinol Serum setzt auf den gleichen Wirkstoff wie The Ordinary bei der Granactive Retinoid Emulsion und vertraut auf das noch nicht ausreichend erforschte, aber vielversprechende Tretinoin-Derivat Hydroxypinacolone Retinoate (0,1 Prozent als Bestandteil von 2 Prozent Granactive Retinoid) in Kombination mit 0,01 Prozent Retinol. Die Basis bildet Squalan und ohne eine Wasserphase. Das ist vorteilhaft für die Stabilität und bietet eine interessante Option für trockene Haut. Die intensiv gelbe Farbe dürfte den Karottenextrakten zu verdanken sein.
Die Dosierung und Anwendung sind durch die unterdurchschnittlich kleine 20-Milliliter-Flasche etwas friemelig und relativieren auch den Preis. Die Pipette hat keine Kugel am Ende und verlockt unnötigerweise zum Gleiten über die Haut. Auch tropft das Öl bei leichtester Berührung des Kopfes. Schnell hat man ein öligeres Finish als nötig. Der Duft ist dabei überraschend angenehm und neutral bis süßlich.
So günstig wie es zunächst scheint, ist das Serum nicht und bietet für den Preis auch keine erwähnenswerten Inhaltsstoffe. Wem dennoch das Konzept gefällt, sollte wissen, dass The Ordinary auch ein Granactive Retinoid in Squalan anbietet. Wer regelmäßig mit Pickeln und Unreinheiten zu kämpfen hat, sollte das No Serum aufgrund der Pflanzenöle eher meiden.
Balea Beauty Collagen Retinol Serum
Das Balea Beauty Collagen Retinol Serum lügt im Namen gleich zweimal, denn weder ist Retinol enthalten, noch findet sich darin Kollagen. Dass sich das »Collagen« auf die kollagenanregende Wirkung des Retinols beziehen soll, macht’s nicht besser. Balea behauptet zwar, die eingesetzte Menge des Retinyl Palmitate entspreche 0,3 Prozent Retinol, bleibt aber einen Beleg schuldig. Die »Studienergebnisse« auf dem Umkarton laden eher zum Schmunzeln ein: Multiple-Choice-Bestätigung von Eindrücken in Selbstbewertung der Testpersonen.
Das Verpackungs-Design des Serums wurde geändert, die Zusammensetzung ist jedoch identisch geblieben.
Dabei ist das Fluid ansonsten sehr angenehm auf der Haut und kann auf öliger Haut sogar eine Feuchtigkeitspflege ersetzen, klebt aber etwas nach dem Trocknen. Das Serum hat etwas mehr Substanz als die anderen in unserem Retinol-Serum-Test und bietet mehr feuchtigkeitsspendende Eigenschaften. Leider konnte man sich eine saftige Menge Parfum nicht verkneifen. Eine recht stechende, an After Shave erinnernde Note, die den Eigengeruch dennoch nicht überdeckt. Eine unangenehme Mischung.
Die Pipettenflasche ist etwas breiter, dickwandiger als andere und liegt damit sicherer in der Hand. Wie man hier aber die recht feste Textur nach zwei Dritteln herausbekommen will, ist uns ein Rätsel.
Olay Retinol24 Nachtserum
Die Inhaltsstoffliste des Olay Retinol24 Nachtserum liest sich eigentlich nicht schlecht. Es erhält neben Retinol und Retinyl Propionate auch Niacinamide und ein Peptid, das die Anti-Aging-Wirkung unterstützen soll. Wer die Marke ebenso wie eine leichte, silikonlastige Lotion ohne Duftstoffe schätzt, kann es einfach einmal probieren. Allerdings macht uns die schneeweiße Farbe ähnlich skeptisch wie die Tatsache, dass so große Marken ihre Seren um den halben Globus schicken und lange bevorraten. Wer jedoch keine der versprochenen Effekte erzielt, sollte einfach reklamieren. Insbesondere wenn zu Konglomeraten (hier P&G) keine Konzentrationen verraten, verweisen sie interessierte Kunden auf die Wirkung.
Als sehr problematisch sehen wir allerdings die Verpackung an. Zur per se schlecht gewählten Pipette kommt hinzu, dass die Flasche bei Anbruch halb leer erscheint. Sie ist leicht und die Pipette füllt sich erst mit Lotion, wenn man sie sehr tief eintaucht. Durch die festere Textur dürfte auf halbem Weg auch Schluss mit Dosieren sein. Wie man den Rest herausbekommen soll, bleibt wie bei Balea ein Rätsel. Auch hier würden wir bei dem stattlichen Preis für ein Drogerieprodukt sagen: zurückbringen – oder gleich etwas Anderes wählen.
Bioniva Retinol Serum
Bei Bioniva handelt es sich um eine typische Amazon-Marke, von denen man zahlreiche auch auf anderen Plattformen vorfindet. Die Produkte stammen in der Regel aus dem Repertoire von sogenannten Private-Label-Anbietern und sind weitestgehend austauschbar. Sie sind zwar nicht zwangsläufig wirkungslos, die Vermarktung jedoch irreführend bis gefährlich.
Aktuell wird das Bioniva Retinol Serum nicht mehr mit der Angabe »2,5 Prozent Retinol« im Titel verkauft, die Rezensionen zeigen jedoch, dass es mal so gewesen ist. Auch wenn man in der Suchmachine nach dem Produkt sucht, sieht man in der Meta-Beschreibung diese bewusst falsche Aussage. Man musste sicherlich zurückrundern, sodass es nicht auf der Seite direkt oder in der Amazon-Beschreibung zu lesen ist. Allerdings wird die Bionova Retinol Creme noch immer doppeldeutig als »Retinol Lift Creme Testsieger – 2,5 Prozent Retinol Liposomen Liefersystem« beschriftet. Die wenigsten dürften die 2,5 Prozent auf das »Liefersystem« beziehen, sondern 2,5 Prozent Retinol annehmen.
Das Problem sehen wir vor allem darin, dass die Kunden verunsichert werden, welche Menge Retinol angemessen ist und »mehr ist mehr« gilt. Schlimmstenfalls greift man zu einem anderen, viel zu starken Produkt und erlebt unangenehme Reizungen. Wie andere Websites dieses Produkt noch immer empfehlen können, erschließt sich uns nicht.
Während die liposomale Verkapselung das Retinol in dennoch unbekannter Konzentration schützt (warum wird es verschwiegen, wenn man die 2,5 Prozent so exzessiv zur Bewerbung nutzt?), ist eine Pipettenflasche gleichermaßen kontraproduktiv. Die Dosierung ist aufgrund der extrem flüssigen Textur eher schwierig, was bei Retinol nicht nur eine Frage der Bequemlichkeit ist. Es tropft auch, ohne auf den Gummistöpsel gedrückt zu haben. Immerhin zieht das Liquid schnell weg und hinterlässt keinen unangenehmen Film.
Positiv muss man zumindest anmerken, dass mehrere Antioxidantien zum Schutz der Formulierung eingesetzt werden sowie Bakuchiol und beruhigendes Panthenol. Die Ersparnis seriösen Produkten gegenüber ist dennoch nicht groß genug, als dass man sagen könnte, die Ungewissheit und das fehlende Vertrauen in die Marke könnte man hinnehmen. Wozu eine solche Praxis unterstützen, ohne die Gewissheit eines guten Produktes?
Beauty Glam Retinol Serum
Das relativ günstige Beauty Glam Retinol Serum aus der Drogerie enthält entgegen dem Namen kein Retinol, sondern setzt auf 0,35 Prozent Retinyl Acetate, einem Retinol-Derivat. Immerhin weist man auf diese Alternative auch vorn auf dem Karton hin. Mit welchen Effekten man tatsächlich rechnen kann, ist spekulativ. Darüber hinaus lädt flüssige Textur auf Neutralölbasis nicht unbedingt zum großzügigen Auftragen ein und reduziert daher noch einmal die potenziell wirksame Menge. Allerdings richtet sich die Marke eher an eine junge Zielgruppe, für die Anti-Aging-Effekte selbst prophylaktisch noch keine große Rolle spielen sollten. Für zu Akne neigende Haut würden wir eine ölige Formulierung wie diese jedoch nicht wählen.
Eine kleine Menge hautpflegenden Squalans ist enthalten. Die gelbe Tönung kommt vermutlich hauptsächlich vom Beta-Carotin. Wir empfehlen Erwachsenen mit Erwartungen an Resultate mindestens The Ordinary Granactive Retinoid oder für Ölfreunde Nø Cosmetics. Trotz kleinen Preises ist das Preis-Leistung-Verhältnis unserer Ansicht nach eher schwach.
Isana Power Serum Bakuchiol Shot
Den Isana Power Serum Bakuchiol Shot von Rossmann haben wir noch unter dem vorherigen Namen »Power Serum Retinol Shot« getestet. Den Inhaltsstoffen nach handelt es sich jedoch um dasselbe Produkt mit gering dosiertem Retinol und Bakuchiol. Man sollte sich von der klobigen Verpackung nicht voreilig vom günstigen Preis verführen lassen, denn es sind nur 10 Milliliter enthalten.
Die an eine Spritze erinnernde Verpackung dosiert zwar sehr angenehm und präzise, beschert letztlich aber auch ziemlich viel Müll, zu dem noch ein Umkarton hinzukommt. Allerdings ist es nicht die schlechteste Strategie, als allererstes Retinol-Produkt dieses Serum zum Beschnuppern zu wählen, weil man kaum überdosieren kann. Angst vor Reaktionen sind hier allerdings nicht wirklich nötig. Auch wenn die Konzentration nicht angegeben ist, wird sie sehr gering ausfallen.
Das Produkt wurde umbenannt, die Zusammensetzung ist jedoch gleich geblieben.
Während das Produkt zuvor noch als Retinol-Serum angeboten wurde, ist nun auf einmal Bakuchiol der namensgebende Star. Retinol wird auf der Verpackung gar nicht erst erwähnt, in der Produktbeschreibung im Shop aber durchaus. Das hinterlässt schon ein Geschmäckle. Einerseits untermauert es unsere Vermutung, es sei so wenig Retinol enthalten, dass man es »kaum merkt« (in Wirkung und Nebenwirkung). Andererseits könnte es bei leichten Verbesserungen des Hautbilds den Eindruck erwecken, es sei dem Bakuchiol zu verdanken. Das ist sicherlich ein schöner Wirkstoff, entgegen geschicktem Marketing keinesfalls eine gleichwertige Alternative.
Leider muss man auch Duftstoffe und einen leicht stechenden Geruch in Kauf nehmen.
Catrice Youth Repairing Sleep Oil
Mit 0,2 Prozent enthält das günstige Catrice Youth Repairing Sleep Oil eine gute Einstiegskonzentration Retinol für unempfindliche Haut. Die wasserlose Formulierung unterstützt die Verkapselung bei der Stabilisierung, sodass wir in der Hinsicht nicht viel zu meckern haben. Die Grundlage bildet ein leichter, sehr dünnflüssiger Ester mit zusätzlich 5 Prozent Squalan. So fühlt sich die Mischung ein wenig wie ein Hybrid aus dem leichten Neutrogena Serum und The Ordinary (auch in 0,2 Prozent erhältlich) an. Nicht ganz so schwerelos wie ersteres, aber deutlich leichter, weniger fettig und glänzend als letzteres.
Ein kleiner Bonus ist der Extrakt der Alaria Esculenta. Das ist eigentlich ein sehr spannender Algenextrakt mit potenziellem Anti-Aging-Effekt. Für den müssten aber schon einige Prozent enthalten sein. Hier liegt die Konzentration unterhalb der 1-Prozent-Marke. Schön, dass Catrice hier auch nichts ausschmückt, sondern nur auf die damit einhergehende antioxidative Schutzleistung verweist. Ein wenig eine vertane Chance, für die wir auch gern auf einen Zehner aufgerundet hätten. Es ist vegan, unparfümiert und bietet ein rundes Preis-Leistungs-Verhältnis.
Doctor Duve Retinew Serum
Wer Retinol oder überhaupt ein Retinoid möchte, bekommt trotz des andeutenden Namens beim Doctor Duve Retinew Serum keines. Obwohl man sich auf dessen bewährte Anti-Aging-Effekte bezieht, ist das eigentliche Produktversprechen eigentlich recht treffend eingeordnet. Die Haut soll nach längerer Anwendung frischer, jugendlicher aussehen und Fältchen vermindert ohne die Nebenwirkungen eines Retinoids (etwas Trockenheit kann dennoch vorkommen). Nicht mehr, nicht weniger. Dafür hat das Produkt durchaus das Potenzial. Die Vergleiche zum Retinol, das deutlich mehr kann, haben uns zunächst ein wenig in die Irre geführt, vermutlich nicht ganz grundlos. Man scheint Retinol häufiger zu erwähnen als die eigentlichen Wirkstoffe.
Die lieblos gestaltete, mager ausgefüllte Website ohne Erläuterungen, Belege und ja, bei dem Preis auch eine liebevolle oder kreative Gestaltung, Fotos und Illustrationen haben wir bereits bei einem anderen Produkt der Marke kritisiert. Auf dem Beipackzettel in der Packung erfährt man ein, zwei Stichworte mehr, das hilft vor dem Kauf aber natürlich wenig. Bei einem so hochpreisigen Produkt den Kunden mit ein paar Zeilen Text abzuspeisen, obwohl es eigentlich sehr viel zum Produkt zu erzählen gibt, hinterlässt einen gleichgültigen Eindruck.
Schlamipig wirkt auch der Fehler auf der Front der Box. »With Growth Factors & Tripeptid« fehlt »e«, wenn es nur ein Tripeptid wäre. Es sind jedoch zwei, es müsste also »Tripeptides« heißen. Beide gelten als ebendiese Wachstumsfaktoren, das »&« ist damit nicht richtig gewählt (an dieser Stelle verweisen wir erneut mit ungläubigem Blick auf den Preis). Dabei ist dieser Teil der Formulierung vielversprechend, und beide Tripeptide können die Regeneration fördern und auch Kollagensynthese anregen. Sie werden hier jedoch sehr gering dosiert, ohne einen absorptionsfördernden Mechanismus. Man sollte die Erwartungen nicht zu hoch schrauben.
Ähnlich ist es mit dem namensgebendem Retinew 16, einem Extrakt aus der Mattenbohne, das als »botanisches Retinol« betitelt wird. Man konnte zeigen, dass dieser Wirkstoff zumindest einen Teil derselben Gene anspricht wie Retinol. Ein Anti-Aging-Effekt ist daher zumindest theoretisch drin (Hersteller selbst verweist auf ex-vivo-Tests, also Petrischale). Mit höchstens einem Prozent entspricht der zu erwartende Effekt eher dem eines Vitamin-A-Derivats oder einer Einstiegskonzentration. Das passt letztlich auch zum Herstellerversprechen. Von Falten- oder Pigmentreduktion ist nicht die Rede.
Beide Wirkstoffe schrauben den Preis sicherlich nach oben, man findet sie jedoch auch in wesentlich günstigeren Produkten. All diese Details wissen wir nicht etwa von der Website. Nicht einmal die Liste der Inhaltsstoffe wird bereitgestellt. Wir erfahren aber, dass Doctor Duve Retinol bevorzugt.
Kiehl’s Retinol Skin-Renewing Daily Micro-Dose Treatment
Das Kiehl’s Retinol Skin-Renewing Daily Micro-Dose Treatment gefällt uns konzeptionell richtig gut, es ist nur leider sehr, sehr teuer. Für den gehobenen Preis bekommt man allerdings auch etwas geboten und das Gesamtpaket macht für alle, die es unkompliziert haben möchten, den Einstieg in die Retinol-Routine besonders einfach und reduziert den Bedarf an zusätzlichen Produkten.
»Micro-Dose« steht für die Verkapselung, die den empfindlichen Wirkstoff schützt und zugleich über den Tag hinweg in kleineren Mengen dosiert. Das reduziert die potenzielle Irritation, weil die Haut nicht der vollen Power des Retinols auf einmal ausgesetzt ist. Die eigentliche Konzentration wird jedoch nicht preisgegeben, sollte aber nicht über 0,3 Prozent liegen, eher weniger. Damit ist das Produkt hauptsächlich anfängerfreundlich oder für besonders junge Haut zur Verfeinerung der Hauttextur und nicht unbedingt im Kampf gegen existierende Falten.
Die Haut wird mit Zusätzen beruhigt, entspannt und gestärkt (Ceramid + Vorstufe, Peptidkomplex). Ein wirksamer, aber nicht zu hoher Anteil Niacinamid wirkt sich langfristig auf viele Aspekte der Hautgesundheit aus. Und auch die Verpackung ist gelungen. Nicht nur, weil sie handlich ist und einen guten Pumpspender hat, sondern weil man auf eine zeitgemäße Ballon-Abfüllung im Inneren der Glasflasche setzt. Die Emulsion befindet sich in einem mit jedem Pumphub schrumpfenden Säckchen, das den Luftkontakt minimiert. Nachfüllbar ist es bis dato allerdings nicht.
Das Produkt ist nicht parfümiert, hat jedoch einen süßlichen Eigenduft, der uns sehr an das Paula’s Choice Clinical 1% Retinol Serum erinnert. Auch die Textur und das fassettenreiche Konzept sowie der gehobene Preis haben die beiden Produkte gemein. Ein nahtloser Übergang vom einen zum anderen Produkt bei entsprechendem Budget erscheint uns naheliegend. Keinesfalls jedoch muss man so viel Geld ausgeben, es gibt aber definitiv schlechtere Gesamtpakete.
L’Oréal Paris Revitalift Laser Pure Retinol Night Serum
Die Pipette des L’Oréal Paris Revitalift Laser Pure Retinol Night Serum dosiert eine leichte, weiße Lotion, die blitzschnell einzieht. Dabei riecht man einerseits eine recht dezente, blumige Parfümierung, andererseits auch den hohen Alkoholanteil, der dabei verdunstet. Damit ist eigentlich alles gesagt und das Produkt scheidet für uns als Option aus.
Das Letzte, das man in Kombination mit Retinol benötigt, ist penetrationsfördernder und austrocknender Ethylalkohol und Duftstoffe. Erst recht bei einer Einsatzmenge von 0,2 Prozent und einer vermutlich eher unerfahrenen Zielgruppe. Retinol trocknet die Haut aus und ein gutes Produkt sollte dem entgegenwirken und es nicht begünstigen. Die Zusammensetzung hat keinerlei dieser wünschenswerten, hautberuhigenden Wirkstoffe, die wir bei anderen, teils günstigeren Herstellern loben.
Positiv ist, dass man sehr deutlich anleitet, zweimal pro Woche zu starten und die Frequenz langsam zu erhöhen, Verträglichkeit vorausgesetzt. Doch dass man verspricht, dass bereits nach vier Wochen Falten (nicht nur Fältchen) reduziert sein sollen, ist einfach physiologisch nicht möglich. Nicht nur die Aussagen, sondern auch das Vorher-Nachher-Bild sollten entsprechende Instanzen unserer Meinung nach auf ihren Wahrheitsgehalt geprüft werden.
M.Asam Retinol Intense 1% Retinol Treatment
Das M.Asam Retinol Intense 1% Retinol Treatment lockt mit einer hohen Vitamin-A-Konzentration, bietet uns für den Preis allerdings einfach zu wenige Goodies. Beim The Ordinary Öl mit einem Prozent lassen wir das aufgrund des Preises durchgehen. Für das Dreieinhalbfache jedoch sollte sich die Liste eher wie bei Kiehl’s, besser noch wie bei Paula’s Choice lesen und randvoll mit schützenden, stärkenden und beruhigenden Zusätzen gespickt sein.
Jeweils einen Prozent Panthenol und Hagebuttenkernöl empfinden wir anders als der Hersteller nicht als »intensiv regenerierend« sondern ein absolutes Minimum. Warum nicht fünf Prozent? Die Verkapselung als »revolutionär« zu betiteln, bestärkt uns im Eindruck, dass man den heutigen Optionen mindestens zehn Jahre hinterhergehinkt und sich das Serum an die Fan-Gemeinde der Marke richtet. In dem Kontext gibt es immerhin keine Schnitzer wie Duftstoffe oder Alkohol, die gegen eine Anwendung sprechen. Der Nutzen einer kleinen Menge Tensids wirft zwar Fragen auf, wird hoffentlich einfach nur zur zügig einziehenden, leichten Textur beitragen.
Neutrogena Retinol Boost+ Intensives Nacht Serum
Das Neutrogena Retinol Boost+ Intensives Nacht Serum besteht größtenteils aus synthetischen Emollienten, die öllöslich, aber nicht wasserlöslich sind. Es hat eine ganz dünne, sehr leichte Öltextur, ist aber nur zu einem geringen Anteil tatsächlich eins. Im Vergleich zu den anderen Retinolölen im Test ist es nahezu schwerelos auf der Haut und hat eine sehr angenehme, nicht fettende Konsistenz. Die Knopfpipette dosiert ganz präzise je einen Tropfen, sodass die dünne Textur nicht unfreiwillig überallhin verläuft. Auf sauberer, trockener Haut kann es besonders gut einziehen und anschließend mit Feuchtigkeitspflege versorgt werden. Es handelt sich nämlich nicht um ein feuchtigkeitsspendendes Pflegeöl fürs Finish.
Wasser kommt in der Formulierung nicht zum Einsatz und schützt so die 0,23 Prozent Retinol vor vorzeitiger Oxidation. Üblicherweise setzt Neutrogena innerhalb der Retinol Boost Serie in dieser Funktion auf einen bestimmten Extrakt, der auch bei unserem Antifaltencreme-Testsieger enthalten ist. Das ist hier weder nötig noch löslich. Antioxidatives Vitamin E, die Formulierung und eine kleine Menge Bisabolol wirkt beruhigend.
Alles in allem handelt es sich um ein recht ungewöhnliches Produkt, das aufgrund seiner besonderen Darreichungsform für einige Routinen eine sinnvolle Ergänzung bieten kann. Insbesondere im Kontext des Drogerieangebots ist das Serum eine interessante Option ohne Duftstoffe oder ein beschwerendes Finish. Der Hersteller klärt über mögliche Nebenwirkungen auf und die Effektversprechen sind realistischer als beim Konkurrenten aus Frankreich. Wem es gefällt, kann auch das halb so teure Catrice-Öl probieren.
So haben wir getestet
Unsere Testerin ist fast 40 und hat eine tendenziell robuste, sehr helle, zu Unreinheiten und Pickelmalen neigende Haut mit wenigen Fältchen und Pigmentflecken. Retinol in leichter Dosierung wurde schon genutzt, jedoch nicht unmittelbar vor dem Test. Die Haut ist aber an stärkere aktive Wirkstoffe wie chemische Peelings gewöhnt. Beruhigende und stärkende Pflegestoffe sind Teil der Routine.
Der Fokus des praktischen Tests liegt auf sensorischen Eindrücken und gegebenenfalls eintretenden Nebenwirkungen, die als Wirksamkeitsnachweis und nicht als Nachteil gedeutet werden. Es wurde dreimal wöchentlich mit den Derivaten auf trockener Haut gestartet und langsam durch geringer Konzentrierte im Zweiwochen-Takt abgelöst. Die hoch konzentrierten Produkte wurden zunächst nur einmal, später zweimal die Woche angewendet. Die einprozentigen Produkte sind zu stark, um derzeit länger getestet zu werden. Bei unserer Testerin äußerten sich Reizungen vorrangig in Akne-Symptomen.
Die wichtigsten Fragen
Welches ist das beste Retinol-Serum?
Das beste Retinol-Serum für die meisten ist das Colibri Skincare Vitamin A Serum. Er eignet sich besonders für den Aufbau und den Einstieg mit robuster Haut, bietet viele zusätzliche Wirkstoffe und lässt sich ganz leicht dosieren und auftragen.
Was ist besser: Retinol-Serum oder Retinol-Creme?
Ein Retinol-Serum hat den Vorteil, schneller und bestenfalls tiefer in die Haut einzudringen und somit effektiver zu wirken. Man kann es auch flexibler in die Routine integrieren und es enthält bestenfalls zusätzliche Wirkstoffe. Eine Retinol-Creme kann wiederum durch ihre feste Textur das Einziehen auch begünstigen. Man sollte dabei aber nie zu einem Tiegel greifen. Stetiger Luftkontakt macht Retinol wirkungslos.
Welche Retinol-Konzentration?
Wer bisher keine Erfahrungen mit aktiven Wirkstoffen gemacht hat und die Haut als (potenziell) empfindlich einstuft, wählt zunächst maximal 0,01% Retinol. Ist die Haut robuster und man scheut keine leichte Nebenwirkung, fährt mit 0,3% gut. Dann kann man langsam steigern. 1% Retinol ist nur etwas für an Retinol gewöhnte Haut nach ca. einem Jahr Anwendung.
Was ist der Unterschied zwischen Retinol und Retinal?
Unsere Haut wandelt Retinol in Retinal(dehyd) um, bevor dieses wiederum zur eigentlich wirksamen Retinsäure konvertiert. Retinal ist demnach in kleinerer Menge und schneller wirksam. Allerdings kann es auch zu stärkeren Nebenwirkungen führen, sodass man Produkte mit Retinal meist nur in der Apotheke findet, wo man beraten darüber aufgeklärt werden kann.