Model über Modewoche :
Warum ich nicht zur Berliner Fashion Week gehe

Von Anne-Sophie Monrad
Lesezeit: 2 Min.
2010: Model Monrad bei den Schauen in New York
In Berlin hat die Modewoche begonnen. Aber lohnt sich die Arbeit auf dem Laufsteg überhaupt? Ein Model berichtet.
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Eine Facebook-Erinnerung: Brasilien, Fußballweltmeisterschaft 2014, ich auf einer Yacht mit zehn Models und einem Hollywood-Schauspieler. Danach bin ich direkt nach Paris geflogen und hatte einen meiner größten Jobs: die Chanel-Chance-Parfum-Kampagne. In Paris lebte ich ein einsames Leben. Mit meiner Mitbewohnerin im Model-Apartment ­habe ich mich über die Model-Branche ausgekotzt. Wir waren hungrig, betranken uns, aßen nichts. Sie rauchte, ich paffte, und sie nahm Drogen.

Berlin, Europameisterschaft 2024: Ich sitze auf meinem Balkon, der Schweiß läuft mir runter, und ich plane die nächsten Tage. Ach, die Berlin Fashion Week geht los? Die Agentur hat gar nicht darauf reagiert, dass ich verfügbar wäre. Manche sagen, ich sei zu bekannt dafür. Aber die Wahrheit ist, es bucht mich einfach keiner. Oder es gibt ein Budget von 100 Euro, wovon dann nach der Provision für die Agentur und nach Steuern nur noch die Goodie-Bag übrig bleibt. Da bleibe ich lieber auf dem Balkon.

Bist du laut, musst du die Kon­sequenzen tragen

Vor ein paar Jahren entschied ich mich für die Gesundheit und dafür, ehrlich zu sein. Ein paar Agenturen kamen auf mich zu. Meine Voraussetzung für eine Zusammenarbeit: „Nur so, wie ich bin.“ In Europa bin ich bei großen Model-Agenturen vertreten. Als Curvy Model. Eigentlich weiß ich gar nicht, wie man meine Figur bezeichnet. Haupt­sache, ich bin gesund und fühle mich wohl. Das tue ich heute, wenn ich im Club halb nackt tanze. Damals im Bikini auf der Yacht, als ich 20 Kilogramm weniger wog, trug ich lieber Hotpants, weil ich mich dick und unwohl fühlte. Und dann vor ein paar Jahren war es vorbei. Keine Jobs, keine Anfragen. Ich wusste, dass die Entscheidung, ein Buch über die Modebranche zu schreiben, öffent­lich und ehrlich davon zu erzählen, Folgen für meine Karriere haben würde. Das wurde mir schließlich auch direkt von der Agentur gesagt: Bist du laut, musst du die Kon­sequenzen tragen.

Trotzdem habe ich Hoffnung. Ich wünsche mir, dass Kunden und Desi­gner mich genau deshalb buchen. Ungefähr fünf Jobs hatte ich die letzten Jahre. Warum sollte ich das Ende akzeptieren? Solange ich auf einer Agentur-Website bin, kann ich mich auch Model nennen. Das wäre vor zehn Jahren gar nicht möglich gewesen mit 106 Zentimetern Hüfte. Ein Schimmer Hoffnung in der Branche.

Mein Wunsch für alle Models, die um ihre Zentimeter und ihre Gesundheit kämpfen: dass unsere Körper akzeptiert werden, so wie sie sind, und wir von dem extremen Schönheitsideal wegkommen, das eine Ursache für Essstörungen ist, eine Krankheit, die dann nicht mehr nur Models betrifft.