Tennis in Bad Homburg: Wohl und Wehe vor Wimbledon für Jule Niemeier

Dass sie sich an diesem Samstag voll aufs Tennis konzentrieren muss, passt Jule Niemeier eigentlich nicht so richtig in den Kram. Dabei gehts um die letzte Phase der Vorbereitung auf das Highlight ihrer Saison: Wimbledon, das älteste und prestigeträchtigste Tennisturnier der Welt. Die Hauptrunde beginnt in der kommenden Woche. Niemeier wird also wohl schon in London sein, kann die DFB-Elf, anders als beim Eröffnungsspiel gegen Schottland oder beim letzten Gruppenspiel gegen die Schweiz in Frankfurt, nicht im Stadion unterstützen. Die Dortmunderin ist bekennender Fußballfan, bei der EM für die Deutschen, in der Liga für die Schwarz-Gelben, mit Nico Schlotterbeck ist sie gut bekannt. Aber jetzt muss sie sich nun mal auf Wimbledon konzentrieren. Als finaler Test gelten die in dieser Woche die Bad Homburg Open, die nach der Aufwertung zur 500er-Kategorie der WTA-Turniere noch attraktiver für die Weltspitze geworden waren. Wie auch Wimbledon findet das Turnier auf Rasen statt, Niemeiers liebstem Untergrund. Vor zwei Jahren errang sie darauf ihren bisher größten Karriereerfolg: sie hatte es bis ins Viertelfinale von Wimbledon geschafft, bevor sie gegen Landsfrau Tatjana Maria nach drei Sätzen knapp unterlag. „Ein besonderer Sieg“ In Bad Homburg ist für sie jedoch nach dem Achtelfinale Schluss. Am Dienstagabend verlor sie gegen die Spanierin Paula Badosa nach drei Sätzen und konnte damit nicht an ihre starke Leistung vom Montag anknüpfen. Nachdem sie den ersten Satz für sich hatte entscheiden können (6:4), zog die Spanierin das Tempo an und gewann letztlich deutlich mit 6:2 und 6:1 den zweiten und dritten Satz. Niemeier schied damit als letzte von fünf deutschen Spielerinnen bei den Bad Homburg Open aus. Das Turnier war für sie ein stetiges Auf und Ab gewesen. Vieles lief nicht nach Plan. Bereits in der Qualifikation am Samstag war Niemeier eigentlich ausgeschieden. Nur, weil die Italienerin Elisabetta Cocciaretto spontan verletzungsbedingt ausgefallen war, hatte die Deutsche als Lucky Loser nachrücken können. Im Erstrundenmatch am Montag wartete direkt die an Position eins gesetzte Weltranglistenneunte Maria Sakkari aus Griechenland. Nach für eine Partie auf Rasen langen gut zweieinhalb Stunden entschied Niemeier das enge Match im dritten Satz im Tiebreak für sich und gewann 2:6, 6:2, 7:6 (7:4). Zwar hatte sie zuvor den ersten Matchball vergeben. Den zweiten verwandelte jedoch die Griechin für sie – mit einem Doppelfehler. Überhaupt haderte Sakkari nach dem souveränen ersten Satz mit sich und auch dem Schiedsrichter, mit dem sie sich immer wieder in lautstarke Diskussionen verstrickte. Niemeier kümmerte das wenig. „Es ist ein besonderer Sieg. Hoffentlich kann ich so weitermachen“, sagte sie noch am Montag nach dem Erfolg. „Es war ein hartes Match. Ich wusste, dass ich solche Spielerinnen schlagen kann.“ Vor allem kann sie das auf Rasen. Sakkari war, wie Ons Jabeur im vergangenen Jahr beim WTA-Turnier in Berlin, eine der wenigen Top Ten-Spielerinnen, die die 24-jährige Niemeier bisher bezwingen konnte. Sie lobte die Atmosphäre in der Arena, die, obwohl die Ränge nur gut zur Hälfte gefüllt waren, „großartig“ gewesen sei. In der Runde der besten 16 traf Niemeier dann am Dienstagnachmittag auf Badosa. Die Spanierin war einst Weltranglistenzweite, ist nach langwieriger Verletzung nun 17 Plätze hinter der an Platz 96 rangierenden Deutschen gelistet. Niemeier zeigte diesmal, wie auch die anderen deutschen Starterinnen in Bad Homburg, nicht ihr bestes Tennis: Die Grand-Slam-Siegerin Angelique Kerber, die Wimbledon-Halbfinalteilnehmerin Tatjana Maria, Tamara Korpatsch und die erste 15 Jahre junge Julia Stusek, die wie Niemeier als Lucky Loser nachgerückt war, waren schon in der ersten Runde ausgeschieden. Nun geht der Blick in Richtung Wimbledon. Niemeier zeigte sich glücklich darüber, vor dem Turnier noch einmal drei Partien auf Rasen ausgetragen haben zu können. Besonders aus dem Match gegen Sakkari will sie für Wimbledon etwas mitnehmen. In der Vergangenheit habe sie viele knappe Spiele am Ende verloren. Gegen Sakkari ein solches für sich entschieden zu haben, „tut jetzt besonders gut“, sagte Niemeier. So sei es ihr vor allem im dritten Satz gut gelungen, den Druck auf ihre Gegnerin hochzuhalten. Einmal habe sie sogar breaken können, also ein Spiel für sich entscheiden können, als Sakkari Aufschlag hatte. Druck aufzubauen, offensiv zu spielen sei besonders auf Rasen wichtig, der als sehr schneller Untergrund gilt. Einmal in der Defensive, „sei es unmöglich, noch mal da rauszukommen“, sagte Niemeier. Den Druck, den Sakkari spürte, auch auf andere Gegnerinnen auszuüben, ist nun erklärtes Ziel für Wimbledon.