Hammerwerfer mit großen Zielen :
Klose und der große Wurf

Von Katja Sturm
Lesezeit: 3 Min.
Im Zeichen des Hammers: Sören Klose war kürzlich bei der EM in Rom, wo er Vierter wurde – und ist jetzt in Braunschweig deutscher Meister geworden.
Deutscher Meister im Hammerwerfen ist Sören Klose schon. Nun will der Eintracht-Athlet auch bei den Olympischen Spielen in den Ring. Dabei hatte ihn das Coronavirus beinahe aus der Bahn geworfen.

Vielleicht sind es am Ende genau diese 100 Zusatzpunkte, die den Unterschied ausmachen. Die entscheiden zwischen einem Platz auf der Startliste bei den Olympischen Spielen in Paris und einem auf der Couch vor dem Fernseher. Irgendwann in den nächsten Tagen wird Sören Klose das wissen. Am Mittwoch soll das finale World Ranking für das Großereignis in Frankreich im Internet stehen, und der Hammerwerfer der Frankfurter Eintracht kann sehen, ob er dabei sein wird oder nicht.

„Völlig entspannt“ schaut der 22-Jährige dem Urteil entgegen. „Das wird eine knappe Sache“, sagt er. „Wenn es passt, bin ich glücklich. Ansonsten hoffe ich, dass ich beim nächsten Mal dabei bin.“ Er habe alles gegeben, um sich ein Ticket für die Reise ins Nachbarland zu reservieren. Bei den deutschen Meisterschaften am Wochenende in Braunschweig flog sein Wurfgerät im letzten und stärksten Versuch zwar nur auf 75,70 Meter. Eine Verbesserung seiner Bestweite von 77,49 Metern und damit eine weitere Annäherung an die direkte Olympianorm von 78,20 blieben aus.

„Eine Chance“

Doch auch der nationale Titel, den Klose vor seinem härtesten Konkurrenten Merlin Hummel (74,37) erfolgreich verteidigte, beschert ihm zusätzliche 100 Zähler. „Ich war schon dolle angespannt“, gibt er zu. „Ich wusste, ich habe nur noch diese eine Chance und muss performen.“

Beim Warmmachen habe er zwei sehr schöne Würfe getroffen, im vom Regen nassen Ring klappte es im Wettkampf nicht mehr ganz so gut. Trotzdem übernahm er mit dem zweiten Versuch die Führung und gab sie nicht mehr ab.

Vor drei Wochen schien Klose weit entfernt von einer Wiederholung seines Premierenerfolgs aus dem Vorjahr zu sein. Da hatte das Coronavirus den starken jungen Mann fast gebrochen. „Ich hatte Probleme mit dem Körper, konnte nicht mehr zucken, hatte kein Gefühl mehr und keine Spannung.“

Krankheit wirkt auf Psyche

Bei der Anreise zu den Europameisterschaften in Rom hatte Klose die Erkrankung bereits gemerkt. Kopf- und Gliederschmerzen plagten ihn, dazu kam ein trockener Husten. Während der Kulmbacher Hummel als Vierter im Finale die direkte Olympianorm abhakte, war der Hesse schon im Vorkampf gescheitert, pausierte nach der Rückkehr eine ganze Woche lang und schluckte Antibiotika. „Es war, als hätte man mir den Stecker gezogen“, sagt er. Das wirkte sich auf die Psyche aus.

Seine Eltern halfen ihm, sich wieder aufzurappeln. Holger Klose und Kirsten Münchow sind Disziplinkollegen ihres Sohnes. Er nahm viermal an Weltmeisterschaften teil, sie gewann 2000 Olympiabronze mit deutschem Rekord. Beide starteten für Eintracht Frankfurt. „Es ist ein Segen, wenn so ein klasse Duo hinter dir steht und dir Tipps gibt“, sagt Sören Klose. Hätte er nicht selbst zum Hammer gegriffen, „wären sie mir sicher böse gewesen“.

Doch das Kreiseln um die eigene Achse macht auch ihm viel Spaß. „Ich war ein Sportplatzkind und hatte schon meinen ersten Plastikhammer, als ich gerade laufen konnte.“ Die Karriere war vorgezeichnet.

Das jüngste Tief erforderte auch deshalb so viel Beistand, weil der Dritte der U-23-Europameisterschaften sich auf einem sehr guten Weg befand. Im Herbst war er nach Leverkusen gezogen, um dort bei Helge Zöllkau zu üben. Mit dem Frankfurter Meistermacher Michael Deyh­le, der seine Mutter zu Höchstleistungen führte, sei er „im Reinen“. Aber er habe nach zwei Jahre währender Zusammenarbeit entschieden, für sich eine andere Lösung zu suchen. „Ich habe mich nicht so gut aufgehoben gefühlt in gewisser Art und Weise.“

Die Saison im neuen Umfeld lief gut an. „Wir haben im Training viel verändert, aber ich nutze auch alte Sachen, die ich von Michael gelernt habe“, sagt Klose. Beim Meeting in Fränkisch-Crumbach im Mai knackte er erstmals die 77-Meter-Marke. Dann schleuderte ihn das Virus zu Boden. „Wenn du alles gibst, und der Hammer fliegt einfach nicht, dann ist das sehr belastend.“ Doch diese Phase ist überwunden. Klose hat sich und sein Gefühl für große Würfe wiedergefunden.