Wahl in Großbritannien :
Kein Amtsbonus für frühere Regierungsmitglieder

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Die kürzeste Amtszeit in britischer Geschichte: Rishi Sunak löste Liz Truss nach 49 Tagen im Amt ab.
Gleich mehrere bekannte Konservative haben ihren Sitz in Westminster nach der Wahl verloren. Unter ihnen sind auch einige Kabinettmitglieder von Rishi Sunak. Das Ergebnis zeigt: Die Regierung wurde abgestraft.

Schon bevor alle Wahlkreise bei der britischen Unterhauswahl ausgezählt sind, steht fest, dass die Konservativen nur gut ein Drittel ihrer Parlamentssitze in Westminster in der kommenden Legislaturperiode halten können. Dabei hatten einige bekannte Mandatsträger nicht so viel Glück wie der nun abgewählte Premierminister Rishi Sunak. Er konnte seinen Wahlkreis Richmond knapp gegen die Labour-Partei verteidigen, trotzdem kündigte er am Freitag seinen Rückzug als Parteichef an. Währenddessen müssen andere Kabinettmitglieder nicht nur den Regierungssitz in der Downing Street verlassen, sondern auch das Parlament.

Grant Shapps hatte nicht viel Zeit sich als Verteidigungsminister in Großbritannien zu behaupten. Erst im August vergangenen Jahres hatte er Ben Wallace in dem Amt abgelöst – jetzt ist es nicht nur damit vorbei. Shapps Wahlkreis Welwyn Hatfield ist bei der Unterhauswahl an Labour gegangen und der ehemalige Verteidigungsminister damit aus dem Parlament ausgeschieden.

Schon 1997 ist ein Verteidigungsminister in Großbritannien nach einer Wahl nicht nur aus dem Kabinett, sondern auch aus dem Parlament geflogen: Michael Portillo. Damals stand Portillo sinnbildlich für den haushohen Labour-Sieg unter Tony Blair – und das schlechte Abschneiden der Konservativen.

Acht hochrangige Kabinettmitglieder verlassen das Parlament

Bei der diesjährigen Unterhauswahl haben noch mehr „Frontbenchers“ ihren Sitz verloren: Shapps ist einer von insgesamt acht hochrangigen Kabinettmitgliedern, die das gleiche Schicksal ereilt. Auch der Justizminister Alex Chalk, die Bildungsministerin Gilian Keegan und die Ministerin für Kultur Lucy Frazer scheiden aus dem Parlament aus.

Das zeigt, dass es bei der Wahl keinen Vorteil der Amtsinhaber gab. Im Gegenteil: Kabinettsmitglieder wurden eher dafür abgestraft, Teil der Regierung zu sein. Schon im Wahlkampf war von so manch einem konservativen Kandidaten zu hören, dass die parteiliche Verbindung zu Rishi Sunak eher als Nachteil gesehen werde.

Es geht aber nicht nur um Regierungsmitglieder. Auch die ehemalige Premierministerin – mit der kürzesten Amtszeit in der britischen Geschichte von 49 Tagen – Liz Truss wird kein Teil des nächsten Parlaments in London sein. Seit 2010 hat sie den als sicher gesehenen Wahlkreis South West Norfolk für die Konservativen gehalten, in der Wahl vor fünf Jahren sogar mit 69 Prozent der Stimmen. Nun konnte sich Labour dort mit einer dünnen Mehrheit von 630 Stimmen durchsetzen. Auch die rechtspopulistische Reform-Partei konnte in dem Wahlkreis vormalige Truss-Anhänger von einem Stimmwechsel überzeugen.

Liz Truss sucht die Verantwortung bei der konservativen Parteiführung

Nachdem Truss' Wahlniederlage festgestanden hatte, suchte die Politikerin die Schuld bei der Parteiführung. Die Konservativen hätten in Bereichen wie niedrige Steuern und der Begrenzung der Einwanderung „nicht genug geliefert". Auf die Frage, ob sie bei den Konservativen weiterhin politisch aktiv bleiben wolle, sagte Truss: „Ich muss über vieles nachdenken“ und bat um „ein wenig Zeit".

Und dann gibt es noch zwei Konservative, die vor allem die britische Innenpolitik aufgemischt haben. Jacob Rees-Mogg, ein Vorreiter des Brexit innerhalb der Partei, konnte seinen Parlamentssitz nicht gegen seinen Labour-Konkurrenten verteidigen, genauso wie Penny Mordaunt. Sie erlangte nicht nur als Vorsitzende des Unterhauses nationale Bekanntheit, sondern auch wegen ihrer besonderen Rolle bei der Krönung König Charles III. Dort hatte sie das schwere Staatsschwert getragen.

Eigentlich galt Mordaunt als potentielle Nachfolgerin Sunaks an der konservativen Parteispitze. Nach den hohen Verlusten der Regierungspartei gehen viele Beobachter davon aus, dass sich die Partei neu ausrichten will. Mordaunt kommt dafür nun nicht mehr in Frage – ohne Parlamentssitz kann man nicht Parteichef werden.