Gewalt in Bangladesch :
Demonstranten stürmen staatlichen Fernsehsender

Von Anna Schiller
Lesezeit: 2 Min.
Ein brennendes Behördengebäude am Donnerstag in Dhaka
Im Zuge der Studentenproteste in Bangladesch kommen bei den bislang schwersten Kämpfen Dutzende Menschen ums Leben. Die Behörden verbieten Kundgebungen und schalten das mobile Internet ab.

In Bangladesch wurden am Freitag sämtliche politische Kundgebungen in der Hauptstadt Dhaka verboten. Dadurch solle die „öffentliche Sicherheit“ gewährleistet werden, teilte der Polizeipräsident Habibur Rahman mit. Die Behörden reagierten damit auf gewaltsame Studentenproteste, die seit Anfang der Woche weite Teile des Landes erfassten.

Wie die Nachrichtenagentur AFP berichtet, wurden bislang 39 Menschen getötet und Hunderte weitere verletzt. Schulen und Universitäten blieben seit Beginn der Eskalation landesweit geschlossen.

Die Demonstrationen hatten sich an einem Gerichtsentscheid entzündet, der die Einführung eines Quotensystems für die Vergabe von Arbeitsplätzen im öffentlichen Dienst vorsieht. Demnach sollen etwa 30 Prozent der Stellen mit Nachfahren von Veteranen besetzt werden, die im Unabhängigkeitskrieg gekämpft haben.

Wohl mehrere Polizeiwachen niedergebrannt

In Bangladesch herrscht eine hohe Jugendarbeitslosigkeit. Das Wirtschaftswachstum geriet zuletzt ins Stocken. Eine Stelle im öffentlichen Dienst gilt vielen Studenten daher als vergleichsweise stabile Einkommensquelle.

Straßenkämpfe am Donnerstag in Dhaka
Straßenkämpfe am Donnerstag in DhakaAFP

Die Einführung der Quote wurde vergangene Woche zwar vorerst gerichtlich gestoppt. Seit Montag kam es dennoch landesweit immer wieder zu Zusammenstößen zwischen Studenten, Polizisten und Anhängern der Regierungspartei Awami League.

Am Donnerstag ereigneten sich offenbar die bislang schwersten Kämpfe. Nach Angaben der Behörden sollen etwa 50 Polizeiwachen niedergebrannt worden sein. Demonstranten stürmten das Büro des staatlichen Fernsehsenders BTV und steckten Teile des Gebäudes in Brand. Die Behörden stellten das mobile Internet ab, um die Kommunikation zwischen den Demonstranten zu behindern.

Quote ist Ziel von Regierungschefin Hasina

In den sozialen Medien beklagen viele Studenten das harte Vorgehen der Sicherheitskräfte. So soll der Student Abu Sayeed, der als erstes Opfer der Proteste gilt, in der Stadt Rangpur von mehreren Gummigeschossen der Polizei getroffen worden und später gestorben sein. Im Internet verbreiteten sich Videos, die den Vorfall zeigen sollen. Der Student steht offenbar unbewaffnet und mit ausgebreiteten Armen vor den Einsatzkräften und krümmt sich nach mehreren Schüssen auf ihn zusammen.

Die Quote ist ein politisches Ziel der langjährigen Ministerpräsidentin Sheikh Hasina, die sich in der Wahl im Januar eine fünfte Amtszeit gesichert hat. Die größte Oppositionspartei hatte die Wahl aus Protest gegen Repressionen allerdings boykottiert. Hasina ist die Tochter von Staatsgründer Sheikh Mujibur Rahman, der Bangladesch 1971 in die Unabhängigkeit führte.

In einer Rede an die Nation kündigte sie am Mittwoch eine juristische Aufarbeitung der Proteste an. Man werde herausfinden, wer das Land in Richtung Anarchie gestürzt habe, sagte sie. Am 7. August wird sich das Oberste Gericht abermals mit der Quote befassen. Die Regierung ist gegen das Aussetzen des Vorhabens in Berufung gegangen.