Deutsche Reaktionen auf „Wahl“ :
Glück wünschen sie Putin nicht

Von Eckart Lohse, Berlin
Lesezeit: 2 Min.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier
Bundespräsident Steinmeier, Bundeskanzler Scholz und Außenministerin Baerbock wollen keine Gratulation aussprechen. Sie halten die Wahl für unrechtmäßig.

Eine Überraschung war es nicht: Weder Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier noch Kanzler Olaf Scholz gratulierten Wladimir Putin zur Wiederwahl als russischer Präsident. „Es wird kein Schreiben an Putin geben“, sagte Präsidialamtssprecherin Cerstin Gammelin dem „Tagesspiegel“. In einer auf der Plattform X verbreiteten Erklärung Steinmeiers heißt es: „Heute denke ich an die Menschen in Russland, die dort für Freiheit und Demokratie kämpfen und in ständiger Gefahr vor Putins Regime leben.“ Die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann teilte am Montag mit, Kanzler Scholz habe Putin „nicht gratuliert“. Auch Außenministerin Annalena Baerbock schickte keine Gratulation nach Moskau.

Bereits das Weglassen der Amtsbezeichnung macht deutlich, dass man in Berlin die Wahl in Russland nicht für rechtmäßig hält. Ein Sprecher des Auswärtigen Amts sagte, schon bisher sei nur Putins Name, nicht aber seine Amtsbezeichnung benutzt worden, insofern ändere sich nichts. „Es ist keine demokratische Wahl gewesen“, sagte Sprecherin Hoffmann. Es gebe keine Meinungsfreiheit in Russland. „Russland, das hat ja der Bundeskanzler auch bereits gesagt, ist heute eine Diktatur“, es werde von Putin autoritär beherrscht. „Äußerst problematisch“ finde man, dass in den von Russland besetzten Gebieten in der Ukraine auch gewählt wurde. „Wir erkennen das natürlich in keiner Weise an“, sagte Hoffmann.

Manchmal ist es ein Balanceakt

Im Falle Putins und seiner Wiederwahl ist die Entscheidung, ihm nicht zu gratulieren, vergleichsweise einfach zu treffen, vielmehr wäre in der gegenwärtigen Situation ein Glückwunsch kaum zu rechtfertigen gewesen.

Nicht immer ist das so eindeutig im Umgang mit autoritären Regimen. Neben dem öffentlichen Nicht-Gratulieren gibt es allerdings nach Wahlen, zu denen Glückwünsche nicht selbstverständlich sind, unterschiedliche Abstufungen, wie am Montag in Berlin berichtet wurde. Statt gleich zur Wahl zu gratulieren, kann bis zur Ernennung gewartet werden. Das demonstriert eine gewisse Distanz. In Fällen, da eine öffentliche und offizielle Gratulation unangebracht erscheint, aber diplomatische Gesprächskanäle offen gehalten werden sollen, wird bisweilen ein persönlicher Brief geschickt, der nicht öffentlich gemacht wird.

Nicht immer läuft bei diesen diplomatischen Balanceakten alles glatt. Vor einigen Jahren schwankte Steinmeier zunächst zwischen dem Verschicken eines kritischen Telegramms anlässlich des Jahrestages der Islamischen Revolution in Iran und gar keinem Gruß. Er entschied sich für Letzteres. Doch da war es schon zu spät. Die deutsche Botschaft in Teheran hatte das kritische Telegramm schon abgeschickt.