China-Japan-Südkorea-Gipfel in Seoul: Gespräche auf hoher Ebene

Nordkorea ist nach eigenen Angaben mit dem Versuch gescheitert, einen weiteren Militärsatelliten ins All zu bringen. „Beim Start eines militärischen Aufklärungssatelliten kam es zu einem Unfall“, hieß es in der Nacht auf Dienstag seitens der staatlichen Nachrichtenagentur KCNA. Die Rakete sei in der Luft explodiert. Zuvor hatten japanische und südkoreanische Stellen eine Rakete registriert, die in süd-östlicher Richtung abgefeuert wurde. Die japanische Regierung forderte daraufhin die Einwohner der Präfektur Okinawa auf, Schutz zu suchen. Etwa eine halbe Stunde später hob sie die Warnung wieder auf. Die Rakete werde Japan nicht erreichen, teilte die Regierung mit. Über die genaue Flugbahn der Rakete waren zunächst keine weiteren Informationen bekannt. Vieles deutete jedoch schon kurz nach dem Start auf einen Misserfolg hin. Der japanische Sender NHK verbreitete Aufnahmen von einem Feuerball am Himmel. Laut einem japanischen Regierungsbeamten könne dieser Indikator für einen möglichen Fehler sein. Das südkoreanische Militär teilte mit, im Meer mehrere Fragmente gefunden zu haben, die derzeit noch untersucht würden. Südkoreas Militär geht demnach davon aus, dass die Rakete aus der Gegend von Dongchang-ri abgefeuert wurde. Dort befindet sich der Satellitenstartplatz Sohae. Nordkorea hatte zuvor angekündigt, bis zum 4. Juni einen Satelliten starten zu wollen. Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen verbieten Nordkorea dies eigentlich. In der Vergangenheit hat Pjöngjang Provokationen dieser Art bereits des öfteren in zeitlichem Zusammenhang mit internationalen Treffen getätigt. Erstes Gipfeltreffen Chinas, Japans und Südkoreas seit 2019 Wenige Stunden zuvor waren der chinesische Ministerpräsident Li Qiang, der südkoreanische Präsident Yoon Suk-yeol und der japanische Ministerpräsident Fumio Kishida in Seoul erstmals seit 2019 wieder zu einem trilateralen Gipfel zusammengetroffen. Solche Gipfel hatten von 2008 an regelmäßig stattgefunden, waren aber seit vier Jahren wegen der Covid-Pandemie und geopolitischer Streitigkeiten nicht mehr zustande gekommen. Am Montag kündigten die drei Staaten in einer gemeinsamen Erklärung fortan wieder regelmäßige Treffen an. Li sprach anschließend von einem „Neustart und einem neuen Anfang“, Yoon von gemeinsamen Lieferketten, und Kishida erinnerte an die gemeinsame Verantwortung für Frieden in der Region. Das gilt als Zeichen gemeinsamer Stabilisierungswünsche, nicht zuletzt, weil die drei Nationen einander wichtige Handelspartner sind. Während Südkorea und Japan enge sicherheitspolitische Verbündete der USA sind, ist China ihr größter Handelspartner. Größere Abkommen wurden bei dem Gipfel in Seoul am Montag aber zunächst nicht geschlossen. In der gemeinsamen Abschlusserklärung einigte man sich jedoch auf die Wiederaufnahme der Verhandlungen über ein gemeinsames Freihandelsabkommen, die seit 2019 nicht mehr fortgeführt worden waren. Einen genaueren Zeitrahmen nannten die drei Länder dafür nicht. Über Taiwan schweigt die gemeinsame Erklärung Auch schafften es Streitpunkte wie Taiwan oder die Lage im Südchinesischen Meer nicht in die gemeinsame Erklärung, was auf den tiefen Dissens der drei Staaten bei diesen Themen hindeutet. Zur Lage in Nordkorea bekräftigen die drei den Willen, „Frieden, Stabilität und Wohlstand auf der koreanischen Halbinsel“ aufrechtzuerhalten. Zur Frage der Denuklearisierung habe man jeweilige Positionen ausgetauscht. Den von Nordkorea angekündigten Start eines weiteren Spionagesatelliten verurteilten Yoon und Kishida als Verletzung von UN-Resolutionen, nicht jedoch Li. Der chinesische Ministerpräsident forderte Kishida und Yoon nach Angaben der Staatsagentur Xinhua dazu auf, „Block-Politik“ abzulehnen. Gemeint ist, dass sich Japan und Südkorea nicht so stark wie derzeit an die USA anlehnen, mit denen sich Seoul und Tokio in den vergangenen Monaten immer enger abgestimmt hatten. Li warb darum, die gemeinsamen Lieferketten stabil zu halten, und indirekt auch darum, sich nicht den amerikanischen Maßnahmen anzuschließen, fortgeschrittene Halbleitertechnologie nicht mehr nach China zu exportieren. In einem bilateralen Treffen mit Yoon sagte Li, China heiße südkoreanische Firmen willkommen. Yoon sagte nach dem Gipfelende, man wolle ein „transparentes und vorhersehbares Handelsumfeld“. Japan äußert „ernste Besorgnis“ Kishida wurde Li gegenüber deutlicher. So äußerte der japanische Ministerpräsident in einem bilateralen Gespräch mit Li seine „ernste Besorgnis“ über Chinas zunehmende militärische Aktivitäten einschließlich der Zusammenarbeit mit Russland. Chinas Militäraktionen rund um Taiwan beobachte Japan sehr genau, sagte Kishida. Frieden und Stabilität in der Taiwan-Straße seien für die internationale Gemeinschaft von großer Bedeutung. Li erwiderte nach bekannter Linie, dass Taiwan Pekings „Kerninteresse“ sei und dort keine „rote Linie“ überschritten werden dürfte. Während die Vereinigten Staaten und die Europäische Union die aufstrebenden chinesischen Autohersteller mit neuen Strafzöllen im Zaum halten wollen, versuchen Japan und Südkorea ihre zwischenzeitlich gestoppten Gespräche mit China über ein trilaterales Freihandelsabkommen wieder aufzunehmen. Die drei Staaten wollten die Verhandlungen dazu beschleunigen, hieß es in der gemeinsamen Erklärung. Ziel sei ein „freies, faires, umfassendes, qualitativ hochwertiges und für alle Seiten vorteilhaftes Freihandelsabkommen mit eigenem Wert“. Als Grundlage soll das vor zwei Jahren in Kraft getretene „Abkommen der Regionalen umfassenden Wirtschaftspartnerschaft“ (RCEP) dienen, auf das sich die drei Staaten im Jahr 2020 mit den südostasiatischen Ländern des ASEAN-Bündnisses sowie Australien und Neuseeland geeinigt hatten. Unklar blieb aber zunächst, inwiefern das angestrebte trilaterale Abkommen über das RCEP hinausgehen soll. In japanischen Medien hieß es, das trilaterale Bündnis könnte anders als das RCEP auf den Abbau aller Zölle auf Autos und Autoteile zielen. Enge wirtschaftliche Verflechtungen Das hätte für japanische und koreanische Autokonzerne wie Toyota, Nissan und Hyundai den Vorteil, dass sie ihre Autos günstiger in dem riesigen Markt China verkaufen könnten, in dem sie zuletzt allesamt schwächelten. Gleichzeitig ist in den Ländern die Angst vor einer „Überschwemmung“ durch chinesische E-Autos deutlich kleiner als etwa in Deutschland. Bei allen politischen Differenzen mit China sind die wirtschaftlichen Verflechtungen der drei ostasiatischen Nationen eng. Das Reich der Mitte ist sowohl für Japan als auch für Südkorea der wichtigste Handelspartner und steht für beide Länder jeweils für ein Fünftel ihres Außenhandels. Die Vereinigten Staaten sind für beide Länder der zweitwichtigste Handelspartner. Dennoch hat sich Japan den von Washington initiierten Exportbeschränkungen für Hochleistungschiptechnologie nach China angeschlossen, die das Land technologisch auf Abstand halten sollen. Südkorea, das mit Samsung Electronics und SK Hynix die beiden größten Speicherchiphersteller der Welt beheimatet, wird von der amerikanischen Regierung dazu gedrängt, dies ebenfalls zu tun. Für China sind die USA der wichtigste Handelspartner, Japan steht auf Platz zwei und Südkorea auf Rang drei.