Übergabe an Innenministerium : Mehr als 1,5 Millionen Menschen unterschreiben Petition für Böllerverbot
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hat eine Petition für ein Böllerverbot an das Bundesinnenministerium überreicht. „Wenn weit mehr als eine Million Menschen für eine Gesetzesveränderung unterschreibt, kann auch verantwortliche Politik das nicht mehr einfach wegatmen und zur Tagesordnung übergehen“, sagte der GdP-Landeschef Stephan Weh laut Mitteilung. Bis zum Montagmittag hatten mehr als 1,5 Millionen Menschen unterschrieben. Auch die Deutsche Umwelthilfe übergab einen offenen Brief für ein Böllerverbot.
Allein in Berlin trugen an Silvester 363 Menschen Verletzungen davon. Davon seien 52 stationär in einem Krankenhaus aufgenommen worden, sagte Gesundheitssenatorin Ina Czyborra im Ausschuss für Gesundheit und Pflege. Eine Person habe schwerste Gesichtsverbrennungen erlitten, nachdem eine Rakete direkt vor ihrem Gesicht explodiert sei. Ein Kind sei durch die Explosion einer Kugelbombe lebensbedrohlich verletzt worden.
Unterschriften werden seit zwei Jahren gesammelt
Kugelbomben sind wegen ihrer hohen Explosionskraft hierzulande eigentlich nicht für den Allgemeingebrauch zugelassen. Sie werden hauptsächlich in professionellen Großfeuerwerken bei Veranstaltungen eingesetzt. Andere Menschen hätten schwere Hörschäden und Verletzungen am Auge erlitten, bis hin zum dauerhaften Verlust ihres Seh- oder Hörvermögens. Zudem sind nach Angaben der Senatorin 23 Fälle bekannt, bei denen Pfleger und Ärztinnen von Patientinnen oder Patienten körperlich oder verbal angegriffen worden sind. Bedauerlicherweise entspreche das dem üblichen Niveau. 35 von insgesamt 38 abgefragten Krankenhausstandorten hätten bislang Rückmeldung gegeben.
Die Unterschriftensammlung war vor zwei Jahren nach Böllerexzessen ins Leben gerufen worden. Über den Jahreswechsel stieg die Zahl der Unterschriften stark. „Jedes Jahr Anfang Januar wird darüber geredet, viel versprochen, aber nichts gegen diesen Wahnsinn getan. Ehrlich gesagt können wir diese Mitleidsbekundungen aus dem politischen Raum nicht mehr hören, wenn sich an den Rahmenbedingungen nicht endlich etwas ändert“, sagte Weh.
Faeser und Scholz gegen Böllerverbot
Bundeskanzler Olaf Scholz und Innenministerin Nancy Faeser (beide SPD) hatten sich beide zuvor gegen ein Böllerverbot ausgesprochen. „Die richtige Antwort sind nicht bundesweite Feuerwerksverbote, sondern mehr gezielte Handlungsmöglichkeiten vor Ort“, sagte Faeser der Deutschen Presse-Agentur. Staatssekretärin Juliane Seifert, die die Petition stellvertretend für Faeser entgegennahm, sagte am Montag: „Für uns ist wichtig, dass die Menschen in Deutschland friedlich Silvester feiern können und dass auch friedlich Feuerwerk möglich ist, dass aber keine Gewaltexzesse an Silvester mehr möglich sind.“ Scholz hatte dem Magazin „Stern“ gesagt: „Ich bin dafür, dass wir ordentliche Regeln haben für das Zeug, das da hergestellt wird. Aber ein Böllerverbot finde ich irgendwie komisch.“
Das Sprengstoffrecht erlaubt das Abbrennen von Pyrotechnik am 31. Dezember und am 1. Januar. An allen anderen Tagen ist das nur mit einer Sondergenehmigung gestattet. Die Berliner Sozialverwaltung weist darauf hin, dass nur das Bundesinnenministerium Änderungen am Sprengstoffrecht vornehmen könne. Faeser schlägt vor, den Kommunen mehr Handlungsspielräume für lokale Verbotszonen zu geben. Dafür müsse es aber eine Mehrheit unter den Ländern im Bundesrat geben, die bislang fehle. Zuletzt hatte Bremen im Bundesrat eine Gesetzesinitiative für eine Änderung des Sprengstoffrechts eingebracht, um den Kommunen mehr rechtliche Möglichkeiten zum Einschränken von privatem Feuerwerk zu geben.
Berlins Innensenatorin Iris Spranger plädiert für ein Böllerverbot mit Ausnahmen. Die SPD-Politikerin fordert Änderungen im Sprengstoffrecht, die den Bundesländern erlauben, an festgelegten Orten Ausnahmen von dem Verbot zu gestatten. Sie sprach von „Pyro-Erlaubniszonen“, in denen das Abbrennen von Feuerwerk gestattet ist. Länder und Kommunen brauchen ihr zufolge mehr Freiraum, den Umgang mit Pyrotechnik selbst zu regeln.