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Forum Eine anthropomorph gestaltete Plastik der Linearbandkeramik von Pfaffing, Gemeinde Hafnerbach, Bezirk St. Pölten-Land, Niederösterreich Von Hermann Maurer und Johann Zierhofer Fundgeschichte, Fundort und Bedeutung der Fundobjekte Im Frühjahr des Jahres 2016 führte das Ehepaar Maria und Johann Zierhofer auf landwirtschaftlich genutztem Gebiet im Bereich der Marktgemeinde Hafnerbach ausgedehnte Begehungen durch.1 Dabei konnte unter anderem in der Katastralgemeinde Pfaffing eine bis dahin unbekannte urgeschichtliche Siedlungsfläche lokalisiert werden. Diese erstreckt sich in der westlich an den Ort anschließenden Flur „Grub“ hauptsächlich auf den Parzellen 58, 59, 60, 63 und 64. Dieser Siedlungsplatz liegt leicht erhöht im Bereich der Mündung des Kremnitzbaches in die Pielach auf einem Braunerdeboden, der als gute Ackererde angesprochen werden kann.2 Die Seehöhe der Ackerfläche beträgt etwa 251 Meter. Seither wurde diese urgeschichtliche Fundstelle regelmäßig abgesucht, soweit dies die Feldbeschaffenheit zuließ. Gefunden wurden hier bislang hauptsächlich Belege für eine frühneolithische Besiedlung, in deutlich geringerer Menge aber auch solche des Mittelneolithikums. Die neolithische Siedlungstätigkeit ist durch zahlreiche Verfärbungen von Siedlungsgruben, die nach der Ackerung immer wieder durch ausgeworfene dunkle Erde dokumentiert werden, nachgewiesen. Hüttenlehm, Unterlagsplatten (Reibplatten), Klopfsteine, Silexartefakte sowie Artefakte aus Felsgestein, wie Schuhleistenkeile (Dechsel) und Flachhacken/Flachbeile, belegen menschliche Tätigkeit. Dazu kommen mehrere Bohrkerne und bisher ein durchbohrtes Objekt, welches bei der Bohrung gesprungen war und nicht fertiggestellt wurde, wie der Geröllcharakter und einige sekundäre Beschädigungen (Klopfspuren) zeigen, und daher typologisch nicht exakt angesprochen werden kann. Wie das Fehlen gelochter Artefakte zu bewerten ist, muss, solange nicht mehr Material vorliegt, dahingestellt bleiben. An sich sind gelochte Geräte in linearbandkeramischen Siedlungen aber eher selten. 1 Zur ur- und frühgeschichtlichen Besiedlung der Marktgemeinde Hafnerbach vgl. Johannes-Wolfgang neuGebauer, Die Ur- und Frühgeschichte von Hafnerbach. In: Josef Stern, Hafnerbach. Werden und Sein (Hafnerbach 1987) 17–36. 2 Randolf runGaldier, Der Löß in Niederösterreich, seine Bedeutung und Verbreitung. In: JbLKNÖ NF 34 (1958–1960) 20–35, hier 31–33. 328 Hermann Maurer und Johann Zierhofer Der bisher nur recht kurze Bearbeitungszeitraum dieser Siedlungsfläche erlaubt diesbezüglich keine schlüssigen Erklärungen. Die Bohrkerne würden auf eine lokale Produktion deuten, doch wird diesen auch ein kultischer Wert zugesprochen, sodass sie ebenso als Mitbringsel von einer deutlich außerhalb zu lokalisierenden Produktionsstätte interpretiert werden könnten.3 Die kulturell näher zuordenbaren Objekte gehören mehreren Siedlungsphasen an. Anhand verzierter Keramiken ist hier die frühe, mittlere und späte Linearbandkeramik (Frühneolithikum) feststellbar. Der Lengyelkultur (Mittelneolithikum) gehören grobgemagerte, teils auch stark glimmerhältige, oft mit Griffwarzen versehene Gefäßreste sowie Tüllenlöffelfragmente an. Feinchronologisch datierbare Ware fehlt aber noch. Allerdings deutet die glimmerhältige (glimmergemagerte?) Keramik möglicherweise auf einen späten Ansatz innerhalb der Lengyelphase. Die ältere Linearbandkeramik – Phase I nach Zdeněk Čižmář4 – ist durch typisch dickwandige, meist stark vegetabilisch gemagerte und durch mit breiten und tiefen Glättlinien verzierte Keramik vertreten (siehe Abb. 1/1 und 2). Massive, mit Dellen und Kerben (Einschnitten) verzierte oder geteilte Anfasser aus mit Steinchen gemagertem und auch vegetabilischem Ton sind hier ebenfalls belegt und wohl zeitgleich zu datieren. Sie könnten aber teilweise auch zur Gebrauchskeramik der jüngeren Phasen gehören. Damit ist der Beginn dieser Siedlung im vornotenkopfkeramischen Horizont mehr oder weniger deutlich belegt. Die mittlere Linearbandkeramik – Phase II nach Čižmář5 – ist durch notenkopfverzierte Gefäßkeramik vertreten. In diese Phase kann wahrscheinlich der Großteil der Nachweise gestellt werden. Die Scherben Abb. 1/3, 4, 5 und 8 gehören in diesen Horizont. Die beiden Belege, die Verzierungen mit einem gefüllten Band aufweisen (Abb. 1/6 und 7), können wegen der Tonbeschaffenheit ebenfalls hier angeschlossen werden. Es muss aber darauf hingewiesen werden, dass dieses Verzierungsmotiv der westlichen Linearbandkeramik in Tschechien6 bereits ab dem späten Horizont der älteren Linearbandkeramik – Phase Ib oder Ic – und dann auch oft für die folgende jüngere Phase des linearbandkeramischen Zeitraums nachgewiesen ist. Da es zwischen Niederösterreich, Böhmen und Mähren keine natürlichen Hindernisse als Grenze gibt und sich die Verzierungen auch sonst sehr gleichen, wird man Ähnliches – wenn eher selten – auch südlich der Thaya erwarten dürfen. Der Forschungsstand ist für Niederösterreich noch viel zu unzureichend, um endgültige Aussagen zu tätigen. Das gilt auch für die Spätphase der Linearbandkeramik – das Ende der Hermann M aurer, Prähistorische Realien aus dem Horner Becken – aufgesammelt von Franz Wagner. In: JbLKNÖ NF 83 (2017) 355–370, hier 366 f. 4 Zdeněk ČižMář, Zur relativen Chronologie der Linearbandkeramik in Mähren (Bemerkungen zur Entwicklung des Zierstiles). In: Acta Musei Moraviae, Sci. Soc. 83 (1993) 105–139, hier 106–112. 5 Ebd., 112–120. 6 Ivan pavlů u. Marie z ápotocká, Archeologie pravěkých Čech, Bd. 3: Neolit (Praha 2007) 27–43; ČižMář, Chronologie (wie Anm. 4) 109–117; Rudolf t icHý, Osídlení s volutovou keramikou na Moravě. In: Pamatky archeologicke 53 (1962) 245–305, hier 303 f. 3 Eine anthropomorph gestaltete Plastik der Linearbandkeramik von Pfaffing 329 mittleren Phase IIb und Phase III nach Čižmář7 –, die auf der Siedlungsstelle von Pfaffing durch typische Belege der Želiezovceformung Westungarns und der Slowakei oder deren Nachahmung nachgewiesen ist (Abb. 2).8 Diese Gefäßreste sind als Oberflächenfunde nicht ganz sicher im gegebenen Rahmen zeitlich einzuordnen. Für eine feinchronologische Datierung im Sinne von Čižmář, Tichý und Pavúk liegt zu wenig Material und auch kein befundmäßiger Kontext vor.9 Die Funde können daher nur als erster diesbezüglicher Hinweis gewertet werden. Da es in der weiteren Umgegend einige Nachweise der Šárkaformung gibt,10 ist damit ein nördlicher und östlicher Einfluss evident. Dies bezeugen auch die importierten Hornsteinartefakte von Pfaffing, die hauptsächlich aus ungarischen Lagerstätten (roter Szentgál-Radiolarit aus dem Bakony-Bergland nördlich des Balaton) stammen.11 Es gibt aber auch Silexnachweise aus süddeutschen Schürfen (Feuersteine aus dem Bergwerk von Abensberg-Arnhofen, Landkreis Kelheim, Niederbayern).12 Der Großteil der hier gefundenen Chalzedon-Materialien stammt aber wahrscheinlich aus nicht allzu weit entfernt liegenden Vorkommen des niederösterreichischen Raums (Waldviertel, Dunkelsteinerwald). Endgültiges wird auch bezüglich der geschlagenen Artefakte erst nach Vorliegen weiterer umfangreicher Aufsammlungen festzustellen sein. Die Siedlungsstelle mit ihren weitreichenden Kontakten ist in der Umgegend des Flusses Pielach kein Einzelfall. Gleich in der Nähe, und zwar in Wimpassing an der Pielach,13 befindet sich eine weitere Siedlung der Linearbandkeramik mit reichem linearbandkeramischem Siedlungsmaterial. Eine Scherbe kann anhand der Verzierung in den Proto-Želiezovce-Horizont gestellt werden. Dadurch ist auch hier eine kulturelle Fernbeziehung belegt. Am Unterlauf des Flusses, in der Gegend von Melk, ČižMář, Chronologie (wie Anm. 4) 138 f. Juraj pavuk, Chronologie der Želiezovce-Gruppe. In: Slovenská archeológia 17 (1969) 269–365. 9 Siehe Anm. 6 und 8. 10 Elisabeth ruttkay u. Anton H arrer, Roggendorf, OG Schollach; VB Melk. In: FÖ 39 (2000) 571–573 u. Abb. 273, 274 (zwei Gefäßreste mit Šárkaverzierung). 11 Gerhard t rnka, Ein bemerkenswerter Klingenkern aus Szentgál-Radiolarit von Groß-Schollach im westlichen Niederösterreich. In: Ösrégészeti Társaság / Prehistoric Society 1 (2013) 277–288, 286 Verbreitungskarte (Abb. 6). 12 Alexander binSteiner, Die Verbreitung des Arnhofener Plattenhornsteines im Alt- und Mittelneolithikum entlang der Donauroute nach Niederösterreich. In: Ernst l auerMann u. Peter t rebScHe, Beiträge zum Tag der Niederösterreichischen Landesarchäologie 2016 = Katalog des Niederösterreichischen Landesmuseums NF 531 (Asparn a. d. Zaya 2016) 6–11. 13 Franz t uretScHek, Wimpassing an der Pielach, MG Hafnerbach, VB St. Pölten. In: FÖ 24/25 (1985/86) 219 u. Abb. 126–134; FÖ 26 (1987) 198 u. Abb. 127–136; FÖ 28 (1989) 171 f. u. Abb. 114–122; FÖ 29 (1990) 189 u. Abb. 338–342; FÖ 30 (1991) 243 u. Abb. 285–288; FÖ 31 (1992) 415 f. u. Abb. 261–267; Alexandra k renn-leeb u. Franz t uretScHek, Wimpassing an der Pielach, MG Hafnerbach, VB St. Pölten. In: FÖ 33 (1994) 498–500 u. Abb. 359–371; Franz t uretScHek, Wimpassing an der Pielach, MG Hafnerbach, VB St. Pölten. In: FÖ 34 (1995) 632 f. u. Abb. 252–261; FÖ 36 (1997) 771 u. Abb. 375–387 (Abb. 383 zeigt einen Gefäßrest mit Verzierung im Stil von Proto-Želiezovce). 7 8 330 Hermann Maurer und Johann Zierhofer sind durch jahrzehntelange Feldforschung weitere bedeutende Siedlungsstellen (derzeit etwa 14 Fundplätze) bekannt geworden. Joris Coolen hat in einer groß angelegten siedlungsgeografischen Studie diese Ergebnisse der Lokalforschung aufgearbeitet. Im Melker Umland sind, begünstigt durch die Nähe der Donau, mehr oder weniger alle Phasen des Frühneolithikums nachgewiesen. Fernbeziehungen sind durch Šárka- und Zselitzware sowie durch verschiedene andere Importe gut belegt.14 Anhand der bisher vorliegenden Ergebnisse der Feldforschung wird man wahrscheinlich beidseits des Pielachverlaufs, soweit sich dieser im landschaftlich günstigen Bereich (Lössboden im weitesten Sinne, niedrige Seehöhe) befindet, mit weiteren linearbandkeramischen Siedlungsnachweisen zu rechnen haben. Im Frühjahr und im Herbst des Jahres 2017 fanden nun die Entdecker dieser neuen jungsteinzeitlichen Siedlungsstelle von Pfaffing auf Parzelle 63 den Oberkörper und den dazu gehörigen Kopf einer anthropomorphen Plastik (Abb. 3). Dieses Fragment gehört zu einer Gruppe von figuralen Darstellungen, die in den Siedlungen der Linearbandkeramik Mitteleuropas, im Gebiet etwa zwischen der Ukraine und Frankreich, immer wieder gefunden werden. Eine zusammenfassende Untersuchung darüber wurde unlängst von Valeska Becker veröffentlicht.15 Es gibt Plastiken in stehender und in sitzender Haltung; manche sind als Gefäßbestandteile anzusprechen oder als Gefäß selbst. Das vorliegende Fragment zeigt einen Erhaltungszustand, der vom Kopf bis zum oberen Hüftansatz reicht. Eine verbindliche Entscheidung über die Darstellungsart ist wegen des Erhaltungsgrades nicht möglich. Wahrscheinlich liegt aber eine mit einem Gefäß in Verbindung zu bringende Gestaltung vor. Dafür sprechen die schräg nach außen abstehenden Arme und der flache Körper. Bemerkenswert sind die sorgfältig spitzkegelig gestalteten Brüste, die daran denken lassen, dass damit eine jugendliche, weibliche Darstellung dokumentiert werden sollte. Von besonderer, wenn auch heute weitgehend unbekannter Bedeutung erscheint die Rückenverzierung. Diese reicht vom Halsansatz bis zum beginnenden Hüftbereich und besteht aus zarten Ritzlinien und notenkopfartigen Dellen. Die waagrechten Ritzlinien im Bereich der Schulter und des Beckens deuten wohl die Schulterknochen und die Beckenknochen an. Die zwei ziemlich mittig angeordneten, senkrechten Linien sind als Wirbelsäule zu interpretieren und die davon abzweigenden, schief orientierten Linien wohl als Rippen. Inwieweit die über den ganzen Rücken verstreuten Notenkopfeindrücke zur Verdeutlichung dieser Skelettdarstellung beitragen, lässt sich nicht verbindlich sagen. Die senkrecht orientierten Notenköpfe im Bereich der Wirbelsäule könnten als Darstellung der Wirbelknochen zu verstehen sein, die im Bereich der Schulter waagrecht angeordneten sind vielleicht eine Andeutung der Schulterknochen. Ob die restlichen Notenköpfe, die mit den Rippen zusammenhängen, mehr als Dekorationswert haben, mag dahingestellt bleiben. 14 Joris c oolen, Siedlungsgeografische Studien zum Frühneolithikum in der Umgebung von Melk, Niederösterreich = Beiträge zur Ur- und Frühgeschichte Mitteleuropas 80 (Langenweißbach 2015). 15 Valeska becker, Anthropomorphe Plastik der westlichen Linearbandkeramik = Saarbrücker Beiträge zur Altertumskunde 83 (Bonn 2011). Eine anthropomorph gestaltete Plastik der Linearbandkeramik von Pfaffing 331 Skelettdarstellungen auf linearbandkeramischen Plastiken sind mehr oder weniger im ganzen Siedlungsgebiet anzutreffen. Diese Röntgenstilmerkmale sind hauptsächlich auf anthropomorphen Figurinen vorhanden, finden sich aber manchmal auch auf Tierplastiken.16 Schlüsselobjekte dafür sind in unseren Breiten beispielsweise die Plastikfragmente von Maiersch,17 Reikersdorf18 und Frauenhofen,19 welche jedes für sich einen Teil des Skeletts und in Summe mehr oder weniger ein vollständiges Skelett von den Schultern bis zu den Füßen ergeben. Die älteren Plastiken tragen nur lineare Verzierungen, die jüngeren dagegen weisen oft zusätzlich Notenkopfmuster auf; bei den jüngsten Verzierungen erscheinen diese oft stark reduziert und wirken weitgehend sinnentleert: Darauf weisen Notenköpfe, die mit dem Muster in keinem Zusammenhang stehen und anscheinend nur die vorhandene Fläche füllen sollen. Bei letzteren Verzierungen kann vermutet werden, dass in der linearbandkeramischen Endphase der geistige Inhalt dieser Röntgenstilornamentik nicht mehr vollinhaltlich verstanden wurde.20 Anhand der Rückenverzierung ist eine Datierung des Stückes in den späten linearbandkeramischen Horizont (Zseliz-, Šárkahorizont) möglich. Dies machen die dicht angeordneten Notenkopfderivate deutlich. Eine ähnliche Verzierung ist auf einem bruchstückhaft erhaltenen Figuralgefäß von Winden am See (Burgenland) nachgewiesen.21 Im eindeutigen Želiezovce-Zusammenhang kennt man einen mit einer Mittellinie (Wirbelsäule) und Grübchen (Deutung?) verzierten Oberkörper einer menschlichen Plastik von Olszanica (Polen).22 16 Hermann M aurer, Über frühneolithische Idole und verwandte Objekte aus dem p. B. Horn, NÖ. In: Archaeologia Austriaca 52 (1972) 1–9, hier 7; derS., Neolithische Kultobjekte aus dem niederösterreichischen Manhartsbergbereich. Ein Beitrag zur jungsteinzeitlichen Geistesgeschichte = Mannus-Bibliothek 19 (Hückeswagen 1982) 50–55 u. Abb. 7–8; derS. u. Gottfried H aSenöHrl, Zwei neue zoomorphe Plastiken der Linearkeramik aus Breiteneich, VB Horn, Niederösterreich. In: FÖ 34 (1995) 435 f. 17 Hermann M aurer, Archäologische Zeugnisse religiöser Vorstellungen und Praktiken der frühen und mittleren Jungsteinzeit in Niederösterreich. In: Friedrich berG u. Hermann M aurer, Idole, Kunst und Kult im Waldviertel vor 7000 Jahren (Horn 1998) 23–137, hier 28 u. Abb. 15. 18 Ebd., 30 u. Abb. 23. 19 Hermann M aurer, Linearband- und bemaltkeramische Plastiken aus dem Bezirk Horn, Niederösterreich. In: Archäologie Österreichs 22/2 (2011) 28–33, hier 28. 20 Hermann M aurer, Bemerkungen zu den frühneolithischen Plastiken Mitteleuropas. In: Mitteilungsblatt der Gesellschaft für Vor- und Frühgeschichte 17 (1986) 28–30; derS., Eine frühneolithische Plastik mit Röntgenstilmerkmalen aus der Slowakei. In: Mannus 49 (1983) 55–59. 21 Hermann M aurer, Ein linearbandkeramisches Figuralgefäß von Winden am See, Bezirk Neusiedl am See, Burgenland. In: Burgenländische Heimatblätter 81 (2019) 109–113. 22 Witold H enSel u. Sarunas M iliSauSkaS, Excavations of Neolithic and Early Bronze Age Sites in South-Eastern Poland (Wroclaw 1985) 18, 15, Fig. 5j. 332 Hermann Maurer und Johann Zierhofer Fundbeschreibung Abb. 1/1: Wandscherbe aus stark vegetabilischem, schwarzem Ton. Die gut geglättete, äußere, graubraune Oberfläche trägt als Verzierung breit und tief eingeglättete, gebogene und zueinander parallele Linien. Die dunkelgraue bis schwarze Innenseite ist gut geglättet. Größe der Scherbe: etwa 5,7 cm × 5,2 cm. Fotografische Aufnahme: Abb. 4. Abb. 1/2: Wandscherbe aus mit wenigen Steinchen und mit Vegetabilien versetztem, schwarzem Ton. Die äußere, gut geglättete, dunkelgraubraune Oberfläche trägt als Verzierung breite, tief eingeglättete Linien. Die eine erhaltene ist annähernd gerade, die zweite als Zick-Zack-Band gestaltet. Eine weitere winkelige Linie ist knapp darunter geringfügig erhalten. Die schwarze Innenseite ist gut geglättet. Größe der Scherbe: etwa 4,7 cm × 4,8 cm. Fotografische Aufnahme: Abb. 4. Abb. 1/3: Randscherbe eines Kumpfes aus ganz feinem, hellgrauem Ton. Die äußere, fein geglättete Oberfläche ist hellgrau und trägt als Verzierung ein Linien-Notenkopfmuster (parallele Linien und locker aneinandergereihte Notenköpfe). Die fein geglättete Innenseite ist hell- bis dunkelgrau bis braun. Randdurchmesser: etwa 16 cm. Abb. 1/4: Randscherbe eines Kumpfes aus ganz feinem, hellgrauem Ton. Die fein geglätteten Oberflächen sind ebenfalls hellgrau. Die äußere Oberfläche trägt ein Notenkopfornament (winkelig angeordnete Linien, die am randständigen Ende mehr oder weniger in Notenköpfen enden). Randdurchmesser: etwa 13 cm. Abb. 1/5: Randscherbe eines Kumpes aus ganz feinem, schwarzem Ton. Die hell- bis dunkelgrauen Oberflächen sind fein geglättet. Die äußere Oberfläche trägt die Reste eines Notenkopfmusters (parallel zum Rand orientierte Linien, die in Notenköpfen enden). Randdurchmesser: etwa 13 cm. Abb. 1/6: Wandscherbe aus feinem, kaum steinchenhältigem, grauem bis rötlichem Ton. Die äußere, gut geglättete Oberfläche ist ebenfalls rot. Sie trägt als Verzierung die Reste eines strichgefüllten Bandes. Die innere Oberfläche ist weniger gut geglättet und hat eine graugelbe bis rote Farbe. Größe der Scherbe: 4,4 cm × 2,4 cm. Abb. 1/7: Wandscherbe aus ganz feinem, glimmerhältigem, schwarzem Ton. Die ebenfalls schwarzen Oberflächen sind gut geglättet. Die äußere Oberfläche zeigt als Verzierung die Reste eines punktgefüllten Bandes. Ganz geringe Reste der linearen Umrahmung sind noch vorhanden. Größe der Scherbe: etwa 4,6 cm × 2,8 cm. Abb. 1/8: Weitlichtiger, beidseitig abgebrochener Bandhenkel aus hellgrauem, ganz feinem Ton. Die grauen Oberflächen sind gut geglättet. Die äußere Oberfläche trägt als Verzierung parallele, eingeritzte Linien, die auf einer Seite in Notenköpfen enden. Erhaltene Länge des Bandhenkels: etwa 5,1 cm, Breite: etwa 2,9 cm. Abb. 2/1: Wandscherbe aus ganz feinem, hellgrauem Ton, der mit wenigen Vegetabilien und mit wenigen roten, punktartigen Teilen (Keramik- Eine anthropomorph gestaltete Plastik der Linearbandkeramik von Pfaffing 333 Abb. 1: Frühe (1, 2) und mittlere (3–8) Linearbandkeramik von Pfaffing, Gemeinde Hafnerbach. — Zeichnungen: Herbert Puschnik. 334 Hermann Maurer und Johann Zierhofer Abb. 2: Späte Linearbandkeramik von Pfaffing, Gemeinde Hafnerbach. — Zeichnungen: Herbert Puschnik. bruch? Hämatit? 23) vermischt ist. Die Vegetabilien sind anhand von Negativen sichtbar. Die äußere graue Oberfläche ist nicht besonders gut geglättet. Sie trägt als Verzierung parallele, kräftige Linien, die durch im senkrechten Winkel dazu angeordnete, weitere kräftige Linien begrenzt sind (soweit dies auf dem Bruchstück erhalten bzw. sichtbar ist). Die graubraune Innenseite ist ebenfalls recht nachlässig geglättet. Größe der Scherbe: etwa 4,8 cm × 3,7 cm. Abb. 2/2: Wandscherbe aus ganz feinem, grauem Ton. Die grauen Oberflächen sind gut geglättet. Die äußere Oberfläche trägt als Verzierung annähernd parallele, dünn eingeritzte Linien, die durch schräg dazu verlaufende dünne Linien geschnitten werden. Größe der Scherbe: etwa 3,8 cm × 3,1 cm. Abb. 2/3: Randscherbe eines Kumpfes aus hellgrauem, ganz feinem, nur einige wenige Steinchen enthaltendem Ton. Die graubraunen, teils leicht geschmauchten Oberflächen sind fein geglättet. Die äußere Oberfläche 23 Zur Hämatit-Magerung vgl. Johanna r itter-burkert, Die Bandkeramik in Mittelhessen und angrenzenden Gebieten – Typologie, Chronologie, Kontaktszenarien (Kaarst 2019) 1–395, hier 61. Eine anthropomorph gestaltete Plastik der Linearbandkeramik von Pfaffing 335 Abb. 3: Linearbandkeramisches Plastikfragment von Pfaffing, Gemeinde Hafnerbach. — Zeichnung: Herbert Puschnik. Abb. 4: Die älteste Linearbandkeramik von Pfaffing, Gemeinde Hafnerbach. — Foto: Wolfgang Andraschek. 336 Hermann Maurer und Johann Zierhofer Abb. 5: Die jüngste Linearbandkeramik von Pfaffing, Gemeinde Hafnerbach. — Foto: Wolfgang Andraschek. trägt ein typisches Želiezovcemuster (langovale Kerben, die parallele Linienbänder – hier je zwei parallele Linien – schneiden). Randdurchmesser: etwa 12,5 cm. Fotografische Aufnahme: Abb. 5. Abb. 2/4: Wandscherbe aus ganz feinem, hellgrauem Ton. Die gut geglätteten Oberflächen sind schwarz. Die äußere Oberfläche trägt als Verzierung ein typisches Želiezovcemuster (langovale Kerbe im Bereich paralleler Linienbänder). Größe der Scherbe: etwa 4,5 cm × 3,2 cm. Fotografische Aufnahme: Abb. 5. Abb. 3: Kopf und Oberkörper einer anthropomorph gestalteten Plastik aus dunkelbraunem bis schwarzem, steinchengemagertem, leicht vegetabilischem Ton. Die graubraunen, teils geschmauchten Oberflächen sind gut geglättet, aber abgewittert und durch die aus dem Ton herausstehenden Steinchen daher etwas rau. Die Rückseite der Plastik trägt ein kompliziertes, zart eingeritztes (teils fast nicht sichtbares bzw. nur bei günstigen Lichtverhältnissen erkennbares) Linienmuster in Verbindung mit Notenkopfderivaten, die durch Fingernagelkerben hergestellt wurden. Der annähernd scheibenförmige Kopf trägt eine etwas schräg versetzte, flache Gesichtsdarstellung. Die Augen und der Mund sind durch ovale Eintiefungen gestaltet, die Nase und die linke Augenbraue durch leistenförmige Tonauflagen. Der leicht nach außen gewölbte Hinterkopf weist einige ganz undeutlich sichtbare Glättspuren auf, die aber wohl keine Haartracht darstellen sollen. Die Ohren wurden nicht angedeutet. Der Kopf ist vom leicht gekrümmten Oberkörper durch einen gut abgesetzten Hals abgegrenzt. Der Oberkörper weist einen langovalen Querschnitt auf. Die erhaltenen Reste der Oberarme stehen schräg nach außen vom Körper ab. Die anatomisch richtig platzierten Brüste sind deutlich spitzkegelig ge- Eine anthropomorph gestaltete Plastik der Linearbandkeramik von Pfaffing 337 Abb. 6: Die linearbandkeramische Plastik von Pfaffing, Gemeinde Hafnerbach. — Foto: Wolfgang Andraschek. staltet. Erhaltene Höhe des Torsos: etwa 8,5 cm; Breite des Körpers: etwa 3,2 cm; Dicke des Körpers: etwa 1,5 cm; Höhe des Kopfes (einschließlich des Halses): etwa 3,6 cm; Durchmesser des scheibenförmigen Kopfes: etwa 3,4 cm; Dicke: etwa 1,8 cm; Dicke des Halses: etwa: 1,3 cm. Fotografische Aufnahmen: Abb. 6 und 7. Ausblick Die im Jahr 2016 neu entdeckte urgeschichtliche Siedlungsfläche von Pfaffing, Flur Grub, gehört trotz des kurzen Begehungszeitraums von nur etwa vier Jahren bereits zu den wichtigsten linearbandkeramischen Siedlungen des südlichen Niederösterreichs. Zu klären wären hier anhand von weiteren Funden vor allem die feinchronologische Siedlungsentwicklung, dann 338 Hermann Maurer und Johann Zierhofer Abb. 7: Die Rückenverzierung der Plastik von Pfaffing, Gemeinde Hafnerbach. — Foto: Wolfgang Andraschek. auch die sich durch verschiedene Rohstoffmaterialien andeutenden weitreichenden Fernbeziehungen und die Kontakte zu benachbarten zeitgleichen Kulturen. Siedlungsgeografisch wären auch die Erfassung weiterer, sich bereits andeutender jungsteinzeitlicher Siedlungen im Großraum Hafnerbach und vor allem die darüber hinausreichende Dichte und Ausbreitung im Pielachtal ein Desiderat für die Feldforschung.