Autooperative Designs
und konfluente Subjektivation:
Zur erziehungswissenschaftlichen Bedeutung
von hybriden Materialitäten
am Beispiel von MusikmachDingen
Der Philosophischen Fakultät
(und dem Fachbereich Theologie)
der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
zur Erlangung des Doktorgrades Dr. philosophiae
vorgelegt von Martin Donner
1
2
Als Dissertation genehmigt von der Philosophischen Fakultät (und dem Fachbereich Theologie) der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.
Tag der mündlichen Prüfung: 7.10.2024.
Gutachter/in:
Prof. Dr. Benjamin Jörissen
Prof. Dr. Leopold Klepacki
Prof. Dr. Heidrun Allert
Donner, M. (2024): Autooperative Designs und konfluente Subjektivation: Zur
erziehungswissenschaftlichen Bedeutung von hybriden Materialitäten am
Beispiel von MusikmachDingen. Erlangen: Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg (FAU). https://doi.org/10.25593/open-fau-1192
Dieses Werk ist mit der Creative-Commons-Nutzungslizenz
»Namensnennung 4.0 International« versehen. Weitere Informationen finden
sich unter: https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/legalcode.de.
Von der Creative-Commons-Lizenz ausgenommen ist der Beitrag »Bildungstheoretische Strukturanalysen von hybriden, digital-materiellen MusikmachDingen«, der mit Genehmigung von Springer Nature im Rahmen dieser
Dissertation reproduziert wurde.
3
4
Zusammenfassung
Die vorliegende kumulative Dissertation widmet sich der Frage nach der erziehungswissenschaftlichen Bedeutung von hybriden Materialitäten, die als digital-materielle
Dinge und environments auf Basis von Informatisierung und autooperativen Designs
in zunehmender Weise Alltagspraktiken präfigurieren sowie Selbst- und Weltverhältnisse mitstrukturieren. Exemplarisch untersucht wird dies mit guten Gründen am
Beispiel von Musiktechnologien. Die eingereichten Aufsätze stellen Forschungsergebnisse aus dem Kontext des Verbundprojekts Musikalische Interface Designs:
Augmentierte Kreativität und Konnektivität (BMBF 2017-2022) dar. Sie werden durch
einen ausführlichen Rahmentext kultur- und grundlagentheoretisch eingebettet und
forschungslogisch kontextualisiert.
Die Arbeit knüpft im weitesten Sinn an den Diskurs zur erziehungswissenschaftlichen und pädagogischen Bedeutung der Dinge an, wobei in Anbetracht der untersuchten hybriden, digital-materiellen ›MusikmachDinge‹ und environments einige
perspektivische Aktualisierungen mit allgemeinpädagogischer Relevanz eingeführt
werden. Im Fokus der Arbeit steht insbesondere die Frage nach dem Mitwirken der
interaktiven hybriden Ding-Designs an Subjektivierungsprozessen. Im Anschluss
daran stellen sich zudem Fragen nach damit verbundenen Herausforderungen und
Chancen für den Bildungsbereich. Die vier Aufsätze thematisieren unterschiedliche
Aspekte des Spannungsverhältnisses zwischen den Designs und Affordanzen der
interaktiven Dinge, den damit verbundenen Subjektivierungsprozessen, ihrem neuartigen sozio-technischen Charakter sowie ihrer bildungspolitischen Institutionalisierung. Der Rahmentext erläutert und begründet mit Bezugnahmen auf Diskurse im
Feld sowie auf thematisch angrenzende Disziplinen das forschungslogische
Vorgehen und die grundlegenden Perspektiven der Arbeit.
Die kulturhistorische Kontextualisierung der hybriden MusikmachDinge und ihrer
interaktiven Designs macht diese als Teil einer umfassenderen Entwicklung sichtbar,
die auch die erziehungswissenschaftliche Theoriebildung selbst beeinflusst hat und
sich unter dem Schlagwort einer polyvalenten gesellschaftlichen ›Kybernetisierung‹
subsumieren lässt. Im Rahmen dieser Entwicklung, der auch die Digitalisierung und
der daran anschließende Postdigitalitätsdiskurs zuzuordnen sind, entstehen neue
Bildungs- und Subjektverständnisse, die perspektivisch nicht mehr unbedingt auf
Prozesse der (Selbst-)Reflexion abzielen und die in ihrem Kern posthumanistisch
konfiguriert sind. In genealogischer Perspektive treten zwei Stränge innerhalb des
›kybernetischen Dispositivs‹ zutage – ein repräsentationaler und ein körperlichperformativer – die zwei Möglichkeiten darstellen, dieses Dispositiv zu deuten, sich
ihm gegenüber zu verhalten und es zu gestalten. Die beiden Stränge eröffnen nicht
5
nur unterschiedliche individuelle und kollektive Entwicklungsmöglichkeiten, sondern
spannen auch unterschiedliche normative Horizonte auf.
Da sich die Subjektivierungsprozesse bei der Auseinandersetzung mit den hybriden Materialitäten der interaktiven MusikmachDinge in hohem Maße körperlich
vermitteln, wird eine Perspektive auf Prozesse verkörperter Interaktivität entwickelt,
mit der sich diese vor dem Hintergrund der dargelegten Kybernetisierung als soziotechnische Grenzprozesse empirisch präzise in den Blick nehmen lassen. Um die
damit verbundenen Subjektivierungsformen genauer zu bezeichnen, bietet sich der
Begriff einer konfluenten Subjektivation an, in der Menschen und (rechnende)
environments sich aus Kooperationsgründen möglichst eng aufeinander abstimmen,
wobei die aus der Environmentalität ubiquitärer Medientechnologien resultierende
›ökologische Perspektive‹ sich nicht auf Einzelindividuen beschränkt, sondern auch
auf überindividuelle und transsubjektive Ebenen verweist.
Ein daran anschließendes Ergebnis der Arbeit ist die Entwicklung einer Methode
zum Durchführen von bildungstheoretischen Strukturanalysen für hybride, digitalmaterielle Medientechnologien. Dabei wird an Ideen aus der strukturalen Medienbildung angeknüpft, die mit medien- und designtheoretischen Perspektiven ergänzt
und zu einem eigenständigen Verfahren ausgebaut werden, das komplexere
Analysen erlaubt als gängige Artefaktanalysen, sich aber auch sehr gut für den
Einsatz in konkreten empirischen und (medien-)didaktischen Kontexten eignet.
Basis dessen ist ein Subjektivierungsmodell, in dem verschiedene Relationierungsebenen von Mensch und Artefakt kontrastiv in den Blick genommen und Reduktionismen aller Art möglichst vermieden werden.
Auf Grundlage der empirischen Daten aus dem Projekt wird zudem eine Typologie der Haltungen entwickelt, mit denen die am Projekt Teilnehmenden den ausgeliehenen Musiktechnologien begegnen. In Verbindung mit den Strukturanalysen
können auf dieser Grundlage die Passungsverhältnisse zwischen Nutzer*innen und
Mediendesigns in den Blick genommen und pädagogisch fruchtbar gemacht
werden. In den Haltungen zeichnen sich unterschiedliche Erwartungs-, Vorgehens-,
Aneignungs- und Akzeptanzmuster ab, bei denen musikalische und/oder technische
Vorkenntnisse zwar eine Rolle spielen, aber persönliche Interessen und Anliegen,
private Umfelder, individuelle Zukunftsvorstellungen usw. sich als mindestens
ebenso bedeutsam herausstellen. In (medien-)didaktischer Hinsicht lässt sich die
Verbindung von Haltungstypen und Strukturanalysen sehr gut operationalisieren, um
passgenaue Bildungsangebote mit spezifischen pädagogischen Zielsetzungen für
unterschiedliche Zielgruppen zu entwickeln.
Weitere Ergebnisse der Arbeit sind zum einen das in Auseinandersetzung mit
Jacques Rancière entwickelte Konzept ›medialer Sinnlichkeitsregimes‹ und einer
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damit verbundenen Körperpolitik, die auch mit spezifischen Historizitätstypen von
Bildung und ihrer Vermittlung in und durch Bildungsinstitutionen korrespondieren.
Exemplarisch erläutert wird dies anhand eines kurzen empirischen Beispiels aus
dem Projekt, in dem die Entwicklung und die Adaption bzw. die Ablehnung von
Gestenrepertoires thematisiert wird, die sich im Rahmen neuer Medien-MusizierPraktiken entwickeln. Zum anderen lassen sich neben dem Plädoyer für das
Gestalten passgenauerer Medienbildungsangebote auch einige bildungspolitische
Empfehlungen aus den Forschungsergebnissen ableiten. So wird einerseits für das
Fördern einer integrativen (statt einer zersplitterten) Kulturellen Bildung und für den
Aufbau entsprechender Reflexionskompetenzen im Feld plädiert und andererseits
vorgeschlagen, das Sonische als epistemisch relevanten relationalen Weltzugang
als eigenen Bereich in musikalische Bildungsangebote einzuführen.
Abstract
This cumulative dissertation is dedicated to the question of the educational
significance of hybrid materialities, which, as digital-material things and environments based on informatization and auto-operative designs, increasingly prefigure
everyday practices and help to structure self and world relations. This is examined
with good reason using the example of music technologies. The submitted essays
present research results from the context of the joint research project Musical
Interface Designs: Augmented Creativity and Connectivity (BMBF 2017-2022). They
are embedded and contextualized in terms of research logic by a detailed framework text.
In the broadest sense, the work ties in with the discourse on the educational and
pedagogical significance of things, whereby, in view of the hybrid, digital-material
things and environments examined, some perspective updates with general pedagogical relevance are introduced. The work focuses in particular on the question of
how the interactive hybrid designs of ›music-making things‹ contribute to subjectivation processes. This is followed by questions about the associated challenges
and opportunities for the education sector. The four essays address different
aspects of the tense relationship between the designs and affordances of interactive
things, the associated subjectivation processes, their novel socio-technical character and their institutionalization in educational policy. The framework text explains
the research logic and the fundamental perspectives of the work with reference to
discourses in the field and thematically related disciplines.
The cultural-historical contextualization of hybrid music-making things and their
interactive designs makes them visible as part of a broader development that has
7
also influenced educational theory itself and can be subsumed under the buzzword
of a polyvalent social ›cybernetization‹. As part of this development, which also
includes digitalization and the subsequent discourse about the post-digital, new
understandings of education and the self are emerging that are no longer
necessarily aimed at processes of (self-)reflection but are rather post-humanist in
their core configuration. From a genealogical perspective, two strands emerge
within the ›cybernetic dispositive‹ – a representational and a corporeal-performative
one – which represent two ways of interpreting this dispositive, relating to it and
shaping it. The two strands not only open up different individual and collective
development possibilities, but also span different normative horizons.
Since the processes of subjectivation in the engagement with the hybrid materialities of interactive music-making things are to a large extent mediated physically,
a perspective on processes of embodied interactivity is developed with which these
can be examined empirically and precisely as socio-technical boundary processes
against the background of the cybernetization described above. To designate these
forms of subjectivation, in which people and (computational) environments coordinate as closely as possible with each other for reasons of cooperation, the term
confluent subjectivation seems to be adequate, whereby the ecological perspective
resulting from the environmentality of ubiquitous media technologies is not limited
to individuals, but also refers to supra-individual and trans-subjective levels.
A related result of the work is the development of a method for educationaltheoretical analyses for hybrid media technologies. This is based on ideas from
structural media education, which are supplemented with media and design theoretical perspectives and developed into a method that allows more complex analyses
than conventional artifact analyses, but is also very well suited for use in concrete
empirical and didactic contexts. This is based on a model of subjectivation in which
different levels of relation between humans and artifacts are contrasted and forms
of reductionism are avoided as far as possible.
Moreover a typology of the attitudes with which the participants encounter the
borrowed music technologies is developed. In conjunction with the educationaltheoretical analyses, it’s possible to take a closer look at the fit between users and
media designs and make it useful for educational purposes. In terms of attitudes,
very different patterns of expectation, approach, appropriation and acceptance
emerge, in which previous musical and/or technical knowledge play a role, but
personal interests and concerns, private environments, individual visions of the
future, etc. prove to be at least as important in relation to the results of the
engagement with the music-making things. From a media didactic point of view, the
combination of attitude types and structural analyses can be operationalized well in
8
order to develop tailor-made educational offers with specific pedagogical objectives
for different target groups.
Further results of the work are, on the one hand, the concept of media sensuality
regimes and an associated body politics developed with regard to Jacques Rancière. This also corresponds with specific types of historicity of education and its
mediation as well as with the logics of educational institutions. This is exemplified
by a short empirical example from the project, in which the development and adaptation or rejection of gesture repertoires that emerge in the context of new mediamusic-making practices is addressed. On the other hand some educational policy
recommendations can be derived from the research results. First, the promotion of
an integrative (rather than a ›fragmented‹) cultural education and the development of
corresponding reflection skills in the field is advocated. And second it is suggested
to introduce the sonic as an epistemically relevant approach to the world as a
separate area in music education.
9
10
Eingereichte Originalpublikationen
Folgende Schriften reiche ich hiermit im Rahmen meiner kumulativen Dissertation
mit dem Titel Autooperative Designs und konfluente Subjektivation: Zur erziehungswissenschaftlichen Bedeutung von hybriden Materialitäten am Beispiel von
MusikmachDingen ein. Von den vier Beiträgen wurden zwei in Allein- und zwei in
Erstautorschaft verfasst, wobei die ersten zwei der genannten Texte im PeerReview-Verfahren und die letzten zwei im Editor-Review-Verfahren veröffentlicht
wurden.
I.
Donner, M. (2021): Optimierung und Subversion. Kybernetik und neue künstlerisch-ästhetische Medienpraktiken in den 1960er Jahren. In: MedienPädagogik.
Zeitschrift für für Theorie und Praxis der Medienbildung, Themenheft Nr. 42:
Optimierung in der Medienpädagogik. Forschungsperspektiven im Anschluss an
den 27. Kongress der DGfE, S. 169–198. https://doi.org/10.21240/mpaed/
42/2021.04.30.X. Dieser Text ist mit der Creative-Commons-Nutzungslizenz
»Namensnennung 4.0 International« versehen.
II. Donner, M. (2022): (Un-)Sichtbares Design und Gesten der Freiheit: Zu technomedial bedingten Transformationen in der Ästhetischen Bildung. In: MedienPädagogik. Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung, Jahrbuch
Medienpädagogik 18: Ästhetik – Digitalität – Macht, S. 363–391. https://doi.org/
10.21240/mpaed/jb18/2022.03.03.X. Dieser Text ist mit der Creative-CommonsNutzungslizenz »Namensnennung 4.0 International« versehen.
III. Donner, M. & Jörissen, B. (2022): Digitale Designs und ästhetische Praxis. Biografische, situative und produktionsorientierte Haltungen junger Menschen im
Umgang mit materiell-digitalen MusikmachDingen. In: Ahlers, M., Jörissen, B.,
Donner, M., Wernicke, C. (Hg.), MusikmachDinge im Kontext. Forschungszugänge zur Soziomaterialität von Musiktechnologie, Hildesheim/Zürich/New
York: Georg Olms Verlag, S. 231–264. https://doi.org/10.18442/mmd-6
IV. Donner, M. & Jörissen, B. (2024): Bildungstheoretische Strukturanalysen von
hybriden, digital-materiellen MusikmachDingen. In: Stollfuß, S., Niebling, L.,
Raczkowski, F. (Hg.), Handbuch Digitale Medien und Methoden, Wiesbaden:
Springer VS. https://doi.org/10.1007/978-3-658-36629-2_37-1. Dieser Text ist
nicht mit einer Creative-Commons-Nutzungslizenz versehen. Reproduktion im
Rahmen dieser Arbeit mit Genehmigung von Springer Nature.
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Siglen
OSK
Optimierung und Subversion. Kybernetik und neue künstlerisch-ästhetische
Medienpraktiken in den 1960er Jahren (Donner 2021)
DGF
(Un-)Sichtbares Design und Gesten der Freiheit: Zu technomedial
bedingten Transformationen in der Ästhetischen Bildung (Donner 2022)
DDH
Digitale Designs und ästhetische Praxis. Biografische, situative und
produktionsorientierte Haltungen junger Menschen im Umgang mit
materiell-digitalen MusikmachDingen (Donner und Jörissen 2022b)
BSA
Bildungstheoretische Strukturanalysen von hybriden, digital-materiellen
MusikmachDingen (Donner und Jörissen 2024)
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RAHMUNG UND SYNOPSIS ...................................................................................17
1. EINLEITUNG: PÄDAGOGIK DER DINGE UND HYBRIDE MATERIALITÄTEN .............19
2. DIE HYBRIDEN MATERIALITÄTEN (MEDIEN-)TECHNOLOGISCHER DINGE UND DIE
FRAGE NACH IHREM DESIGN ......................................................................25
2.1 Medientechnologische Dinge sind nicht einfach ›gestimmtes Zeug‹..........29
2.2 Drei erziehungswissenschaftliche Perspektivierungen ...............................33
3. ZUR KULTURHISTORISCHEN KONTEXTUALISIERUNG DER HYBRIDEN
MATERIALITÄTEN UND DER KLÄRUNG GRUNDLEGENDER BEGRIFFE UND
PERSPEKTIVEN ..........................................................................................40
3.1 Kybernetisierungsbewegungen...................................................................41
3.2 MusikmachDing-Praktiken als Inspirationsquelle für die Entwicklung des
ubiquitous computing und der Begriff der verkörperten Interaktivität ........44
3.3 Die Digitalisierung der Audio- und Musiktechnologien in den 1990er Jahren
und der Begriff des Postdigitalen ................................................................62
4. DARSTELLUNG DER THEMATISCHEN SCHWERPUNKTE DER EINGEREICHTEN TEXTE
74
4.1 Theorie und Praxis kybernetischer Materialitäten und Subjektivierung ......76
4.2 Zur ›Macht‹ hybrider Dingdesigns: Sinnlichkeitsregimes und Körperpolitik ...
77
4.3 Empirische Befunde: eine Typologie von sieben Haltungen im Umgang mit
MusikmachDingen und daran anschließende Fragen .................................79
4.4 Methodenentwicklung: Bildungstheoretische Strukturanalysen für hybride
Materialitäten...............................................................................................82
5. ZUSAMMENFASSUNG UND ABSCHLIEßENDE ANMERKUNGEN ...........................83
5.1 Zusammenfassung der Ergebnisse .............................................................83
5.2 Kritik und Ausblick ......................................................................................88
I. OPTIMIERUNG UND SUBVERSION. KYBERNETIK UND NEUE
KÜNSTLERISCH-ÄSTHETISCHE MEDIENPRAKTIKEN IN DEN 1960ER
JAHREN ..............................................................................................................93
Zusammenfassung ............................................................................................95
1. EINLEITUNG ...............................................................................................96
2. ZUR ENTWICKLUNG DER KYBERNETIK: GRUNDLAGEN, SELBSTKONZEPT,
LERNVERSTÄNDNISSE UND LÜCKEN ............................................................97
2.1 Entwicklung der Grundlagen und frühe Kybernetik ...................................97
2.2 Frühkybernetische Lücken: Rauschen, Adressierungsprobleme und
soziale Komplexität .....................................................................................99
2.3 Kybernetik zweiter Ordnung: Die Entwicklung des kybernetischen
Selbstkonzepts..........................................................................................101
13
2.4 Das Lernverständnis des Repräsentationsidioms am Beispiel von
Batesons Lernstufen-Modell .....................................................................102
2.5 Das Lernverständnis des ontologisch-performativen Idioms am Beispiel
von Ashbys Homöostat .............................................................................104
2.6 Die Vervielfältigung der Lücken und neue Steuerungsstrategien ............107
3. DIE AKTIONSKÜNSTLERISCHEN SELBSTPROGRAMMIERUNGEN VON KEN KESEY
UND DEN MERRY PRANKSTERS ................................................................111
3.1 Medienpraktiken ......................................................................................113
3.2 Lebensstil .................................................................................................115
3.3 Weisheit und Kontrolle. Zur Ökologie des Geistes...................................117
4. FAZIT ......................................................................................................119
II. (UN-)SICHTBARES DESIGN UND GESTEN DER FREIHEIT. ZU
TECHNOMEDIAL BEDINGTEN TRANSFORMATIONEN IN DER
ÄSTHETISCHEN BILDUNG..............................................................................123
Zusammenfassung ..........................................................................................125
1. EINLEITUNG: MUSIKMACHDINGE, DESIGN UND UBIQUITOUS COMPUTING ......126
2. DESIGN, HERRSCHAFT UND ÄSTHETIK: ZUM WANDEL EINES DISKURSES ......127
3. DESIGN UND DIGITALITÄT: RISIKEN UND CHANCEN ......................................128
4. INTERFACES ALS SINNLICHKEITSREGIMES ...................................................130
4.1 Die körperliche Ebene: Interface-Gesten .................................................132
4.2 Die Ebene der kontextuellen, (musik-)kulturellen Bedeutung von Interfaces:
Sinnlichkeitspolitik.....................................................................................135
5. KURZES FILMBEISPIEL AUS MIDAKUK TEILPROJEKT 1 ................................137
6. KULTURELLE BILDUNG UND DIGITALE SOUVERÄNITÄT ...................................140
7. FAZIT UND AUSBLICK................................................................................142
III. DIGITALE DESIGNS UND ÄSTHETISCHE PRAXIS. BIOGRAFISCHE,
SITUATIVE UND PRODUKTIONS-ORIENTIERTE HALTUNGEN JUNGER
MENSCHEN IM UMGANG MIT MATERIELL-DIGITALEN
MUSIKMACHDINGEN ......................................................................................145
Abstract ...........................................................................................................147
1 EINLEITUNG .............................................................................................147
2 FORSCHUNGSPROJEKT, DATENBASIS UND METHODOLOGIE..........................149
3 DIGITALE DESIGNS IM KONTEXT UNTERSCHIEDLICHER MUSIK- UND
SOUNDBEZOGENER HALTUNGEN ...............................................................152
3.1 Biografisch zentrierte Haltungen ..............................................................153
3.1.1 Üben und Besserwerden im Lebensverlauf: Die handwerklich orientierte
biografische Haltung .............................................................................153
14
3.1.2 Spüren, Fühlen, Affiziert-Werden als musikalisch-sonisches
Lebensthema: Die emotional-gefühlsorientierte biografische Haltung .155
3.1.3 MusikmachDinge als relationales Moment im künstlerischen Lebensweg:
die Kunstprojekt-orientierte Haltung .....................................................158
3.2 Situativ-emergente Haltungen .................................................................161
3.2.1 Spielerisches Erkunden und Affiziert-Werden: Die ästhetischexperientielle Haltung ...........................................................................161
3.2.2 Entdeckende Nutzer*innen: Die technisch-experientielle Haltung ........163
3.3 Prozess- bzw. produktionsgestaltungsbezogene Haltungen ...................165
3.3.1 Technologieinteressierte Multiinstrumentalist*innen: Die hybride
produktionsorientierte Haltung .............................................................165
3.3.2 Funktionalistische Effizienz: Die elektronische produktionsorientierte
Haltung..................................................................................................168
4 FAZIT ......................................................................................................171
IV. BILDUNGSTHEORETISCHE STRUKTURANALYSEN VON HYBRIDEN,
DIGITAL-MATERIELLEN MUSIKMACHDINGEN ............................................177
Zusammenfassung ..........................................................................................179
1 EINLEITUNG .............................................................................................180
2 BILDUNGSTHEORETISCHE PERSPEKTIVIERUNG VON MENSCH-MEDIUMVERBINDUNGEN ......................................................................................181
3 BILDUNGSTHEORETISCHE STRUKTURANALYSEN: DIE REKONSTRUKTION VON
SUBJEKTIVIERUNGSANGEBOTEN ...............................................................183
3.1 Untersuchung von Artefakt-Design und Marktumfeld ..............................185
3.2 Mediengeschichtliche Kontextualisierung der bildungstheoretischen
Perspektive und Kontrastierung der Strukturanalysen mit den
Videographien ...........................................................................................189
Die materielle und technologische Artefakt-Ebene .........................................190
Die anwendungsbezogene praxistheoretische Ebene ....................................191
Die semantisch-kulturelle Ebene .....................................................................192
Die drei Ebenen im schematischen Überblick ................................................193
3.3 Selektive Codes zur Kartierung des Feldes ..............................................195
4 FAZIT ......................................................................................................196
ABBILDUNGSVERZEICHNIS .................................................................................199
LITERATURVERZEICHNIS.....................................................................................203
15
16
Rahmung und Synopsis
17
18
Rahmung und Synopsis
1. Einleitung: Pädagogik der Dinge und hybride Materialitäten
In seinem Beitrag zum Handbuch der Bildungs- und Erziehungsphilosophie, in dem
es um die Rolle von Dingen in der Erziehungswissenschaft geht, konstatiert ArndMichael Nohl, dass die bildungstheoretische und pädagogische Bedeutsamkeit von
Dingen zwar nie bestritten wird, sie in erziehungswissenschaftlichen Kontexten aber
dennoch eher sporadisch thematisiert werden, worüber »selbst ein konjunktureller
›material turn‹« nicht hinwegtäuschen könne; in der Philosophie hingegen komme
der Auseinandersetzung mit den Dingen und ihrer Erkennbarkeit traditionell eine
geradezu konstitutive Bedeutung zu, zumal sie dort auch mit Fragen des Raums
sowie gelegentlich mit Fragen der Zeitlichkeit in Verbindung gebracht werden (Nohl
2020: 281).1 Um die noch eher sporadische erziehungswissenschaftliche Reflexion
der Dinge, die wichtige Einsichten in die Materialität pädagogischer Prozesse
erbracht habe, zu systematisieren und weiterer Forschung den Boden zu bereiten,
stellt Nohl in Folge die vier maßgeblichen philosophischen Ansätze vor, unter denen
die Dinge in der Erziehungswissenschaft bislang reflektiert worden sind, nämlich
erstens den auf Charles Sanders Peirce zurückgehenden Pragmatismus, zweitens
Heideggers Philosophie des ›gestimmten‹ Zeugs, drittens die Leibphänomenologie
von Merleau-Ponty und viertens die Akteur-Netzwerk-Theorie von Bruno Latour.
Auch Nohl selbst lässt sich in seiner Pädagogik der Dinge, einem wichtigen
Beitrag in der deutschen Debatte, von den Arbeiten Bruno Latours inspirieren,
referenziert Heideggers Zeug-Philosophie und greift auf den Pragmatismus von
Charles Sanders Peirce, John Dewey und George Herbert Mead sowie ergänzend
auf die Wissenssoziologie von Karl Mannheim und Ralf Bohnsack zurück, um die
»Entstehung und Tradierung soziodinglicher Kollektive« (Nohl 2011: 10) zu denken
und dies an pädagogische Fragestellungen anschlussfähig zu machen. Wie schon
Klaus Mollenhauer und Käte Meyer-Drawe geht es auch ihm darum, einen Weg zu
den Dingen zu finden, der ihren »kulturell eingespielten Bedeutungen gegenüber
ursprünglicher ist« (Mollenhauer 1998: 12) und die »Verwicklung« (Meyer-Drawe
1
Tatsächlich gibt es, wie auch Nohl bemerkt, beginnend in den 2010er Jahren (wieder) ein
zunehmendes erziehungswissenschaftliches Interesse am Thema Dinge und Materialität
(vgl. Nohl 2017b: 541). Vgl. Dörpinghaus und Nießeler 2012; Priem, König und Casale
2012; Oelkers 2012; Prange 2012; Nohl und Wulf 2013; Alkemeyer, Kalthoff und RiegerLadich 2015; Thompson, Casale und Ricken 2017; Tervooren und Kreitz 2018; sowie in
Bezug auf die Dinghaftigkeit von Musikinstrumenten bspw. Montandon 2013; in Bezug
auf MusikmachDinge Donner 2017b; Ahlers, Jörissen, Donner et al. 2022; und allgemein
in Bezug auf digitale Medientechnologien bspw. Schelhowe 2018; Bettinger 2020a.
19
1999: 330) von Mensch und Welt für die Theorie zurückgewinnt. In bildungstheoretischer Hinsicht besonders bedeutsam ist für ihn dabei das Konzept der »transaction« von John Dewey und Arthur Bentley (1949: 64, 108), nach dem weder Dinge
noch Subjekte apriorisch gegeben sind, da sich beide erst in ›transaktionalen‹
Prozessen konkreter Mensch-Ding-Verbindungen formieren (vgl. dazu auch Emirbayer 1997; Garrison 2001).
Die Bezugnahme auf den Begriff der trans-action hat maßgebliche Konsequenzen
für das Verständnis von Bildungsprozessen, in denen Dinge eine Rolle spielen. Denn
Bildungsprozesse zeichnen sich dann insbesondere dadurch aus, dass sich in ihrem
Rahmen die relationale Ebene der trans-action verändert, wodurch immer beide
Seiten – d.h. Mensch und Ding – transformiert werden. Vor diesem Hintergrund und
in gleichzeitiger Anlehnung an das wissenssoziologische Konzept des konjunktiven
Erfahrungsraums (Mannheim 1980: 214ff.; Bohnsack 2017: 64ff., 102ff.) entwickelt
Nohl das Konzept des ›konjunktiven Transaktionsraums‹ (Nohl 2018a, 2018b), um
die transaktionalen Mensch-Ding-Verbindungen nicht nur als ereignishaft-singuläre
Prozesse zu verstehen, sondern die Praktiken mit Dingen auch »als sozial konstituiert und eingebunden« (ebd.: 69) zu begreifen. Ergänzt wird dies zudem mit der Idee
von ›gesellschaftlich institutionalisierten Transaktionsräumen‹ (Nohl 2017b: 544), in
deren Rahmung auch ›kollektives implizites Hintergrundwissen‹ in Dinge und DingEnsembles »verlagert« (ebd.) werden kann. In Anlehnung an Burkhard Schäffers
Aufsatz »›Kontagion‹ mit dem Technischen« (Schäffer 2007) verweist Nohl in diesem
Kontext auf Heideggers Konzept des ›gestimmten Zeugs‹ (Nohl 2011: 175f.), was
nicht ganz unproblematisch ist, wie sich noch herausstellen wird.2 Und er schließt
seine Pädagogik der Dinge, auf die er thematisch noch vielfach zurückkommt (vgl.
Nohl 2012, 2013, 2014, 2017a, 2017b, 2018a, 2018b, 2020, 2021), mit der
Bemerkung, die Forschung stecke »insbesondere was die genetische Interpretation
der Dinge anbelangt, noch in den Kinderschuhen« (Nohl 2011: 206). Insofern sei zu
hoffen, dass neue empirische Horizonte erschlossen werden, die »der technikvergessenen empirischen Forschung« durchaus auch neue Strategien abverlangen
können (ebd.: 204).
Die vorliegende kumulative Dissertation, die im Kontext des BMBF-geförderten
Verbundprojekts Musikalische Interface-Designs: Augmentierte Kreativität und
Konnektivität (Jörissen, Ahlers, Donner et al. 2019; Jörissen und Donner 2022)
entstanden ist, versteht sich als ein Beitrag in genau diesem Sinne. Sie knüpft an
die von Nohl entwickelte allgemeinpädagogische Perspektive an, denkt sie aber mit
Blick auf die zunehmend ubiquitären digitalen Medien und deren hybride Materiali2
Vgl. die vorliegende Arbeit, Abschnitt 2.1: »Medientechnologische Dinge sind nicht einfach
›gestimmtes Zeug‹«.
20
täten in entscheidender Weise weiter. Zwar wird die Digitalisierung diskursiv oft mit
Prozessen der Immaterialisierung und Entkörperung (Hayles 1999: 4, 29; Floridi
2002: 131; Wiesemann, Eisenmann, Fürtig et al. 2020: 6; Krämer 2022: 135) assoziiert, doch letztlich sind es ganz konkrete Dinge – Computer, Laptops, Gadgets wie
Smartphones, Tablets und eine immer größere Anzahl weiterer hybrider, digitalmaterieller Dinge –, die sie überhaupt erst ermöglichen, die in zunehmender Weise
die Lebenswelten bevölkern und die Digitalisierung dabei sowohl ästhetisch als
auch im Wortsinn verkörpern. In Begriffen wie dem der ›Postdigitalität‹ (Cramer
2015) und dem einer Kultur der Digitalität (Stalder 2016) wird zugleich deutlich, dass
die dadurch aufgeworfenen Fragen weit über die der bloßen Machbarkeit und
gesellschaftlichen Implementierung von Technologien hinausgehen und die gesamte
Entwicklung einen stark transformativen Charakter hat. Was bedeutet es für die
erziehungswissenschaftliche Reflexion von Dingen, wenn wir in zunehmender Weise
von ›smarten‹ Dingen umgeben sind, die sich durch hybride und vielfach interaktive
und ›autooperative‹ (Donner 2010: 110ff.; Floyd 1997; Richter und Allert 2020)
Materialitäten auszeichnen?3 Welche neuen Spielräume werden durch diese Dinge
und ihre Materialitäten eröffnet, welche kulturellen Muster erschüttert und welche
neuen ermöglicht?
Untersucht wird dieser Themenkomplex prototypisch und, wie auszuführen sein
wird, mit guten Gründen in einem Feld vorrangig informell und tentativ erworbener
künstlerisch-ästhetischer Bildung, nämlich anhand von neuen Musiktechnologien.
Datengrundlage ist das genannte Forschungsprojekt, in dem in einem Zeitraum von
über zwei Jahren Jugendliche und junge Erwachsene videographisch beobachtet
und befragt wurden, die verschiedene hybride, digital-materielle »MusikmachDinge«
3
Donner (2010) verwendet den Begriff der Autooperativität für selbständig ablaufende und
rekursiv strukturierte Prozesse, die sich durch eine gewisse ›Selbsttätigkeit‹ auszeichnen,
wenn sie erst einmal angestoßen sind und genug Energie für ihre Aufrechterhaltung zur
Verfügung steht. Auch computerimplementierte, prozessierende Algorithmen werden in
diesem Sinne als autooperativ bezeichnet. Thematisch eng damit verbunden, aber perspektivisch etwas anders gelagert ist Christiane Floyds Begriff der ›autooperationalen
Form‹ (1997). Den Hinweis darauf verdanke ich einem Vortrag von Christoph Richter aus
dem Jahr 2019 an der Universität Kiel. Die Informatikerin Floyd sieht in ihrem Begriff
einen »pragmatischen Zugang« zur Informatik, deren zentrale Tätigkeit es demnach ist,
mögliche Vollzugsweisen von Tätigkeiten, an denen Interesse besteht, als ›operationale
Form‹ zu modellieren, um sie dann durch algorithmisch implementierbare formalisierte
Beschreibungen als ›autooperationale Form‹ verfügbar zu machen. Eine detailliertere
Darstellung von Floyds Verständnis findet sich auch in Richter und Allert (2020). Während
Donners Perspektive sich also etwas allgemeiner auf verschiedene Arten von selbständig
ablaufenden Prozessen bezieht, die jedoch alle einer im weitesten Sinne rekursiven
Logiken folgen, ist Floyds Begriff thematisch etwas enger gefasst, bezieht sich aber
innerhalb seiner fachspezifischen Eingrenzung auf denselben Sachverhalt.
21
(Ismaiel-Wendt 2016: 3f.) ausleihen und damit ›tun und lassen‹ konnten, was sie
wollten.4 Besonderes Augenmerk wurde dabei auf ihre Selektions-, Erschließungsund Lernprozesse sowie auf sich etablierende Gebrauchsweisen und sich gelegentlich verändernde Orientierungen gelegt. Zusätzlich zu dieser Feldstudie wurde ein
bildungstheoretisch perspektiviertes Strukturanalyseverfahren entwickelt, mit dem
die MusikmachDinge gesondert untersucht wurden, so dass sich die Daten beider
Erhebungen – der Videographien und Interviews sowie der Strukturanalysen – in
Folge systematisch aufeinander beziehen ließen. Ein Ziel dieses zweigleisigen Vorgehens war insbesondere, genauer fokussieren zu können, welche Bedeutung dem
spezifischen Design der MusikmachDinge und ihrer hybriden Materialitäten in Bezug
auf deren Wahrnehmung und Attraktivität bei den Studienteilnehmenden sowie in
Bezug auf die damit verbundenen Subjektivierungsprozesse und Bildungspotenziale
zukommt. Die Fragekomplexe, die in den eingereichten Texten bearbeitet werden,
beziehen sich also allesamt auf die erziehungswissenschaftliche und pädagogische
Bedeutung von ›Medien-Dingen‹, die sich erstens durch ihre hybriden Materialitäten
auszeichnen, die zweitens für Artikulationen im Spannungsfeld von Ästhetik und
Medialität (vgl. Jörissen 2015b; Böhnke, Richter, Schröder et al. 2022) entwickelt
wurden und die drittens im Rahmen der zunehmend ubiquitären Digitalisierung
immer mehr in Alltagskontexten zur Verfügung stehen. Die Bedeutung dieser Dinge
und ihrer Materialitäten wird – auch im Sinne einer »theorieorientierten Bildungsforschung« (Bellmann 2011) – multiperspektivisch und interdisziplinär in den Blick
genommen, wobei die untersuchten Fragekomplexe sich wie folgt umreissen
lassen:5
1) Wenn Menschen und Dinge qua Praxis engstens aufeinander abgestimmt sind
(Nohl 2011: 197) und sich mithin erst gegenseitig konstituieren, so dass von einer
»konstitutiven Verwicklung« (ebd.: 176; Orlikowski 2007; vgl. auch Allert und
Asmussen 2017) gesprochen werden muss, wie verändern die neuen hybriden
Materialitäten respektive die mit ihnen verbundenen technischen Modelle und
Ismaiel-Wendt prägt 2016 den etwas sperrig anmutenden Begriff der ›MusikmachDinge‹,
um »Dinge, Apparate, Audio Workstations und ähnliches« zu bezeichnen, »mit denen
heute oftmals Musik GEMACHT werden kann«, und dabei den Eindruck zu vermeiden,
diese seien nur als »Klangwerkzeuge im Sinne der Verlängerung des menschlichen
Arms« zu verstehen. Der Begriff soll explizit auf den spezifischen Akteurs-Charakter
dieser Dinge hinweisen und betonen, dass sie auch »als eigenständige Musikmachende
wahrzunehmen« sind und in Kompositions- und Aufführungssituationen gelegentlich
sogar mehr Musik machen als die involvierten menschlichen Akteure (vgl. Ismaiel-Wendt
2016, 3f.).
5 Der Autor bringt Hintergründe im Fach Soziologie sowie einen Magistertitel in Medien- und
Kulturwissenschaft mit und hat im beforschten Bereich zudem künstlerisch, technisch
und in Bezug auf die pädagogische Vermittlung langjährige Praxiserfahrungen.
4
22
Theorien dann anthropologische Vorstellungen dessen, was der Mensch bzw.
was ein Subjekt ist, wie es lernt und sich bildet? Welche medienepistemologischen Wirkungen entfalten sich, welche »Technizitäten« (Hoel und van der Tuin
2013) falten sich durch den alltäglichen Umgang mit den hybriden Ding-Designs
in uns ein, wie beeinflussen sie etablierte kulturelle Selbst- und Weltverständnisse
und wie wirkt sich all dies implizit auf Bildungsverständnisse und möglicherweise
auch auf bildungspolitische Visionen aus?
2) Auf das konkrete Untersuchungsfeld gewendet: Wie wirken sich die hybriden
Materialitäten digital-materieller MusikmachDinge auf die Bildungskontexte aus,
die zuvor um die Materialität herkömmlicher Musikinstrumente herum organisiert
waren? Was für neue Anforderungen stellen sie, welche Probleme werden durch
sie möglicherweise aufgeworfen, welche neuen Möglichkeiten eröffnen sich und
was für Reaktionen lassen sich im Feld beobachten? Determiniert das Design der
MusikmachDinge ihren Gebrauch oder ist dies nicht der Fall – bzw. wie ›normativ‹
ist seine Wirkung einzuschätzen und wie wirkt es sich auf die Herangehensweisen ans Musizieren respektive auf die Bildungsinstitutionen und Bildungsangebote im Feld aus?
3) Lässt sich in Bezug auf die Erwartungshaltung und die Auseinandersetzung mit
den hybriden Materialitäten der MusikmachDinge eine Typologie der Studienteilnehmenden aufstellen, an die sich möglicherweise Überlegungen zur Entwicklung spezifizierter pädagogischer Angebote anschließen lassen? Gibt es also
charakteristische Muster der Annäherung, Erschließung und Nutzung und was für
Orientierungen und Motivationen spielen dabei eine Rolle?
4) Wie lassen sich die hybriden Materialitäten – in dem Fall die der MusikmachDinge
– im Anschluss an eine Bemerkung von Arnd-Michael Nohl strukturanalytisch,
also »unabhängig von den Zufälligkeiten des jeweils handelnden menschlichen
Individuums« (Nohl 2011: 206), erfassen und wie könnte eine »genetische Dinginterpretation« (ebd.) im Fall der hybriden Materialitäten aussehen?
Hat die Blochsche Frage: »Was ›treiben‹ die Dinge ohne uns?« (Bloch 1985: 172)
durch die hybriden, digital-materiellen Dinge womöglich ganz neue Bedeutung und
Relevanz erhalten, die sich allein mit den Philosophien und Methodologien aus dem
frühen 20. Jahrhundert, als solche Materialitäten noch nicht existiert haben, gar
nicht mehr adäquat beantworten lässt? Und wenn schon für herkömmliche Dinge
gilt, dass in ihrem »Eigensinn« mehr steckt »als im habituellen Umgang mit ihnen für
gewöhnlich zutage tritt« (vgl. Hahn 2015: 12; vgl. auch Prange 2012: 11; Bräunlein
2012: 20; Uphoff und Dörpinghaus 2012: 155ff.; Thompson und Hoffarth 2013: 271;
Wiesemann und Lange 2015: 272; Schelhowe 2018: 29f.; Trischler 2022: 56; Kuby
und Taylor 2022: 130f.), gilt dies dann nicht noch viel mehr für hybride digital23
materielle Dinge? Christiane Thompson, Rita Casale und Norbert Ricken merken im
Vorwort zu ihrem Sammelband Die Sache(n) der Bildung (2017) an, wenn man aus
heutiger Perspektive in Bezug auf die Dinge zur Sache kommen wolle, so müsse
dies wohl heißen, sich erstens kritisch an einer bildungstheoretischen Tradition
abzuarbeiten, die systematisch das Subjekt ins Zentrum gerückt und die Dinge zu
dessen reiner Verfügungsmasse degradiert hat, zweitens in historischer und
systematischer Perspektive in den Blick zu nehmen, welche Forschungsansätze die
gegenwärtige Diskussion des Themas bereichern können, und drittens die Bedeutung der jüngeren Debatten um Materialität und Raum auszuloten und sie produktiv,
d.h. im Sinne des Generierens neuer Perspektiven auf Bildungs- und Erziehungsprozesse, zu wenden (ebd.: 7). In diesem Sinn geht auch die vorliegende Arbeit
davon aus, dass die Frage nach der erziehungswissenschaftlichen Bedeutung von
digital-materiellen Dingen und deren hybriden Materialitäten sowohl grundlegende
philosophische als auch empirisch-methodologische Implikationen hat. Die mit
ihnen verbundenen Entwicklungen, Phänomene und Diskurse fordern die Entwicklung neuer erziehungswissenschaftlicher Perspektiven geradezu ein, auch wenn
dabei womöglich die ein oder andere etablierte Sicht- und Vorgehensweise in Frage
gestellt und in konstruktiver Weise einer kritischen Untersuchung unterzogen
werden muss.
Da es sich bei dem Forschungskontext, in dem die Arbeit entstanden ist, notwendiger- und sinnvollerweise um ein extrem interdisziplinär angelegtes Projekt
gehandelt hat, werden zur Rahmung und für die Zusammenschau der eingereichten
Texte im Folgenden zunächst einige Hintergründe erläutert und Hinweise gegeben,
wie sich die Arbeit selbst in Bezug auf die tangierten Wissensgebiete und Diskursfelder verortet. Im Rahmen dessen werden auch Zusammenhänge zwischen kulturtheoretischen Überlegungen und forschungspraktischen Fragen nach Zugängen
und Perspektiven deutlich. Im nächsten Abschnitt wird vorerst auf einige Spezifika
hybrider medientechnischer Dingen eingegangen und die besondere Bedeutung
von Designfragen in diesem Kontext erläutert [2]. Ein Blick in das Werk Martin
Heideggers offenbart, dass die in den Sozialwissenschaften und der Designtheorie
gängige Annahme (Medien-)Technologien könnten schlicht als ›gestimmtes Zeug‹
verstanden werden, verkürzt ist. Heidegger weist explizit darauf hin, dass ein
instrumentelles Verständnis, wie es mit seinem Zeug-Begriff verbunden wird, kein
adäquates Verständnis von Hochtechnologien ermöglicht. Vor diesem Hintergrund
überraschen auch die aktuellen kultur- und medienwissenschaftlichen Debatten zu
einem new materialism nicht, die sich ohne die technologischen Entwicklungen der
letzten Jahrzehnte wahrscheinlich kaum in dieser Art entwickelt hätten und die ohne
sie wohl heute auch nicht so prominent diskutiert würden. Der Abschnitt schließt mit
24
einigen Gedanken zu der Frage, wie sich in erziehungs- respektive sozialwissenschaftlicher Hinsicht mit den bis dahin gewonnenen Einsichten umgehen lässt. Im
darauf folgenden Abschnitt werden die Entstehungszusammenhänge der ›MusikmachDinge‹ und ihrer hybriden Materialitäten kulturhistorisch kontextualisiert und
mit dem Begriff der verkörperten Interaktivität wird zudem ein perspektivischer
Schlüsselbegriff der Arbeit sowie seine Verbindung zum Enaktivismus erläutert [3].
Dabei wird die enge Verbindung von MusikmachDingen mit der »technologischen
Bedingung« (Hörl 2011) unserer Kultur sowie mit der künstlerischen Avantgarde und
popkulturellen Gegenkulturen deutlich. Auch der derzeit recht prominente Begriff
des ›Postdigitalen‹ entstammt ursprünglich einem MusikmachDing-Kontext. Im Licht
dieser Zusammenhänge wird klar, warum es sinnvoll und in philosophischer wie
epistemologischer Perspektive folgerichtig ist, die allgemeinpädagogische Frage
nach der erziehungswissenschaftlichen Bedeutung von digital-materiellen Dingen
und hybriden Materialitäten erstens im Kontext von künstlerisch-ästhetischen
(Selbst-)Bildungsprozessen und zweitens am Beispiel von MusikmachDingen zu
untersuchen. »Vom Hören ausgehend gelangen wir nicht an eine beharrliche, sondern an eine kontingente Welt, die sich unserer bemächtigen kann«, bemerkt schon
Meyer-Drawe in ihrem Aufsatz zur »Herausforderung durch die Dinge« (1999: 334).
Von dieser Warte aus können wir uns nicht als ein über den Dingen stehendes
»imperiales Subjekt« entwerfen, wie es die neuhumanistische Bildungstheorie getan
hat, sondern werden immer auch »an die Grenzen unserer Initiativen« und idealerweise auch an unsere Zugehörigkeit zur Welt erinnert (ebd.: 331, 334). Nach diesen
einführenden Abschnitten zur grundlagentheoretischen Verortung und kulturgeschichtlich kontextualisierenden Rahmung der eingereichten Aufsätze werden in
Folge kurz deren Ergebnisse vorgestellt und eingeordnet [4], um dann mit einigen
abschließenden Reflexionen und einem Forschungsausblick zu enden [5].
2. Die hybriden Materialitäten (medien-)technologischer Dinge
und die Frage nach ihrem Design
Die technologischen Bedingungen im Zeitalter der ›Postdigitalität‹ fordern Diskurse
wie den um die Pädagogik der Dinge heraus.6 In seinem Aufsatz zur »Bildung der
Dinge« weist Benjamin Jörissen (2015a) darauf hin, dass die mit den hybriden
Materialitäten verbunden Modernisierungsdynamiken mit ihren charakteristischen
6
In Anlehnung an Gudrun König werden Dinge hier gemeinhin »verstanden als Artefakte, als
dreidimensionale, greifbare Objekte mit polyvalenten Bedeutungen« (König 2012: 15),
wobei darauf hinzuweisen ist, dass sich die Dingbegriffe »ausgeweitet und vervielfältigt
haben« (ebd.).
25
Technologisierungs- und Ökonomisierungsprozessen allein mit »Anleihen aus
Sozialphänomenologie (›Kontagion‹) und Existenzialontologie (›Gestimmtheit‹)«
(ebd.: 220) kaum adäquat in den Blick treten können.7 Eine weitere wichtige Rolle
spielt für ihn in dieser Hinsicht das Design als ein »kultureller und geschichtlicher
Prozess der Verfertigung einer materiellen Dingwelt«, der komplexe Beobachtungen
und epistemische »Lernprozesse über Dinge in subjekthaften Umwelten« (ebd.: 223)
akkumuliert, um sie in Folge den Designs einer »neuen Klasse von Dingen« (ebd.:
221) mit hybrider Materialität einzuschreiben – bzw. mit Deleuze könnte man auch
sagen: aufzumodulieren. Denn was bei den hybriden Materialitäten im Wortsinn
›zählt‹ sind implementierte Mikrochips und Computer, die auch die Aktionen der
Nutzenden erfassen, um dann eine nicht selten mit anderen Dingen vernetzte
»universelle Modulation« (Deleuze 1993: 261) durchzuführen und Funktionalitäten,
Interaktionsweisen etc. dynamisch anzupassen. Nach Deleuze geht mit dieser Entwicklung eine »allgemeine Krise aller Einschließungsmilieus« (Deleuze 1993: 255;
vgl. auch Mühlhoff und Schütz 2019: 31) einher, die ihren Höhepunkt in den
Disziplinargesellschaften zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatten, also in der Zeit als
Karl Mannheim seine Wissenssoziologie entwickelte. Mit »Maschinen der dritten
Art« – also mit »Informationsmaschinen und Computern« (Deleuze 1993: 259) –
verwandeln sich diese Disziplinargesellschaften jedoch nach Deleuze zunehmend in
Kontrollgesellschaften, die sich nunmehr durch elektronisch vermittelte, numerisch
kodierte »ultra-schnelle Kontrollformen mit freiheitlichem Aussehen« (ebd.: 255)
auszeichnen und Menschen »eher wellenhaft« (ebd.: 258) subjektivieren. Dies geht
nach Deleuze mit einer »tiefgreifenden Mutation« der kapitalistischen Ökonomie
einher, deren wesentliches Merkmal nun die »Streuung« wird (ebd.: 259f.). In diesem
Zuge tritt an die Stelle der Fabrik das Unternehmen, »permanente Weiterbildung
[löst] tendenziell die Schule ab; und die kontinuierliche Kontrolle das Examen« (ebd.:
257). Mühlhoff und Schütz begreifen dies – alternativ zu Formen der Einflussnahme
und Machtausübung durch Repression, Zwang, Weisung und Unterwerfung – als
eine neue Form der »immersive[n] Macht« und Gouvernementalität, die sie auch als
»affektive Form des Regierens« bezeichnen, da die Verhaltensmodulationen »im
Register affektiver Dynamiken« verlaufen (Mühlhoff und Schütz 2019: 31f.). Und im
Rahmen dessen werden auch die Gestaltungs- und Leistungsversprechen des
Designs entgrenzt (Kries 2010; Burckhardt 2012; Reckwitz 2012; Wardak, Wilson
und Zeivots 2023: 3) und ›environmentalisiert‹ (Hörl und Parisi 2013; Hörl 2018;
7
MusikmachDinge, Smartphones, Tablets, VR-Brillen und ähnliche Artefakte sind strukturell, funktional und in ökonomischer Hinsicht etwas völlig anderes als ein frühmoderner
Hammer, ein mittelalterlicher Bauernschuh (vgl. Heidegger 1960: 27f.) oder eine handwerklich verfertigte mechanische Uhr, wie Heidegger sie bei der Entwicklung seines
Zeug-Begriff in Sein und Zeit im Sinn hatte (vgl. ebd.; Heidegger 1984: 70).
26
Moser und Vagt 2018; Sprenger 2014, 2015, 2019; Distelmeyer 2019; Kuhn 2021;
Dishon 2023), also mit gouvernementalen Perspektiven auf ganze Umwelten ausgedehnt, wobei nicht nur ökonomische, sondern oft auch explizit erzieherische
Anliegen im Spiel sind (vgl. etwa McHale 1961; Moser und Vagt 2018; Röhl, Schütte,
Knobloch et al. 2021), die sich vielfach affektiv vermitteln sollen (vgl. Leeker 2019:
12f.; Fullagar und Bozalek 2022; auch Hansen 2004; Massumi 2002, 2015).8
Kurzum: die hybriden Materialitäten der neuen Dingwelten lassen sich an, die ganze
Gesellschaftsordnung zu transformieren.
In einem Überblick über die Geschichte des environment-Begriffs konstatiert
Florian Sprenger, dass sich mit ihm »eine umfassende ökologische Reformierung
des Verhältnisses des Menschen zu den Dingen in seiner Umgebung« verbindet,
wobei der Begriff »besonders seit den 1960er Jahren die Grenzen der Ökologie
hinter sich gelassen hat und bereits früh in die Bereiche der Stadtplanung, der
Architektur, der Systemtheorie oder der Kunst übergegangen ist« (Sprenger 2014:
9).9 Ursprünglich aus der Biologie stammend verspricht er demnach, »eine Vielfalt
heterogener Faktoren auf einen Nenner und in einen Singular zu bringen« und damit
beherrschbar zu machen, »was in einer Umgebung liegt und das Umgebene beeinflusst« (ebd.: 18). Diese ›ökologische Relation‹ wird heute zunehmend »technisch
neu gestaltet, indem Umgebungen durch ubiquitous computing und environmental
technologies modifiziert, Natur als technisch gestalteter Raum formiert und diese
Umgebungen durch ihre Relationen und nicht durch ihre Koordinaten definiert
8
9
Der Begriff der Environmentalität schließt an Foucaults Überlegungen zur Gouvernementalität (Foucault 1991; vgl. auch Darier 1999) an und im hiesigen Kontext insbesondere
an Erich Hörls ›universale Ökologie‹ (Hörl 2016, 2018). Er meint also etwas grundsätzlich
anderes als die Verweisungszusammenhänge in Heideggers ›Zeugganzem‹ (Heidegger
1984: 68f.).
Sprenger (2014) thematisiert nicht nur die Herkunft des Begriffs aus der Biologie, sondern
auch seine Verbindungen und begriffsgeschichtlichen Differenzen zu den Begriffen milieu
und Umwelt. Kennzeichnend für den environment-Begriff ist demnach die dyadische
Relation zu organism, die einen Aspekt der Zentrierung beinhaltet, der sich im milieuBegriff so nicht wiederfindet. Er transportiert »die Unterscheidung in ein Inneres und ein
Äußeres, zwischen denen ein Wechselverhältnis herrscht, das später als Ökosystem
beschrieben und mit einer eigenen, nonlinearen Kausalität ausgestattet wird« (ebd.: 17).
Zugleich ist der Zentrierungsaspekt jedoch weniger stark als im Begriff der Umwelt auf
den Menschen und seine Sinnhorizonte bezogen. Insofern ist der environment-Begriff zu
jenen Begriffen zu zählen, »die Dualismen von Kultur und Natur oder Menschlich und
Nicht-Menschlich« (ebd.: 8) unterlaufen, weil sie sich keiner Seite zuordnen lassen.
Gleichwohl lassen sich mit seiner Hilfe Macht- und Gouvernementalitätsfragen
thematisieren. Und an anderer Stelle heißt es zu medientechnologisch konstituierten
environments, dass sie »als gestaltbare Umgebungen aus Information berechnet, synthetisiert, kontrolliert und moduliert« (Sprenger und Engemann 2015: 9) werden.
27
werden«, wobei der environment-Begriff in diesem Zuge zur »Kennzeichnung von
Gegenständen technischer Kontrolle oder Modifikation« (ebd.) dient. Um diese
Entwicklung kurz zu skizzieren, seien einige Beispiele genannt. 1996 entwickelt Nick
Szabo im Kontext seiner Erfindung von Smart Contracts die Idee des smart property
bzw. des »algorithmisch kontrollierten Eigentums« (Szabo 1996; vgl. auch Donner
und Allert 2022: 186). Das Konzept läuft darauf hinaus, den Dingen selbst regulierbare Eigentumsverhältnisse einzuschreiben, die es erlauben, die Gebrauchsmöglichkeiten (etwa in Form von freigeschalteten Funktionalitäten) algorithmisch zu
steuern, je nachdem wieviel beim Erwerb oder im Rahmen eines Abonnements
bezahlt wird. 2003 schreibt der Stanford Psychologie-Professor Philip Zimbardo im
Vorwort zu Foggs Persuasive Technology über die dort thematisierten computervermittelten Beeinflussungsstrategien begeistert: »How effective will the new computer technology become as a source of influence to modify our decisions and
behaviors« (Fogg 2003: xii; vgl. auch Sesink 2009)? Und 2009 veröffentlichen der
Ökonom Richard Thaler und der Rechtswissenschaftler Cass Sunstein ihre Idee des
Nudging, bei dem mit Hilfe von spezifischen Designs ›atheoretisch‹ vermittelt ein
bestimmtes Verhalten ›angestupst‹ werden soll. Unter dem Label eines »libertären
Paternalismus« propagieren sie dies als dritten Weg zwischen Laissez-Faire-Politik
und staatlicher Bevormundung (Thaler und Sunstein 2009: 14f., 333). Nudging wird
in Politik- wie Designkreisen schnell sehr beliebt, auch wenn es ähnlich wie bei den
sogenannten Dark Patterns (vgl. Rieger und Sinders 2020) auch deutliche Kritik gibt
(etwa Helbing 2017).
Hinter all diesen Beispielen steckt immer ein ähnliches Muster: Zunehmend
hybridisierte, digital-materielle Ding-Ensembles fügen sich unmerklich steuernd in
die ›atheoretische‹ Alltagspraxis ein und verfugen sich immer nahtloser zu designten
environments, die bald als quasi-natürliche Umgebung wahrgenommen werden (vgl.
auch Löwgren und Stolterman 2007: 2).10 Bereits 1991 schreibt Mark Weiser,
dessen Team im Palo Alto Research Center (PARC) von Xerox in den 1990er Jahren
die Vision eines ubiquitous computing entwickelt hat, in dem Aufsatz, in dem der
Begriff erstmals fällt: »Specialized elements of hardware and software, connected
by wires, radio waves and infrared, will be so ubiquitous that no one will notice their
presence« (Weiser 1999: 3). Und keine drei Jahrzehnte später konstatiert Jussi
Parikka zu dieser neuen Ontologie vormals ›technischer Medien‹, die nunmehr
zunehmend in hybridisierten Dingwelten aufgegangen sind: »The gadget is itself in
10
Die Verbindung zur Pädagogik (der Dinge) liegt auf der Hand. Schließlich hatte schon
Rousseau (1971) seinerzeit propagiert, die Intentionen der Erziehenden sorgsam hinter
einer hochgradig inszenierten ›Natürlichkeit‹ der Dinge zu verstecken (vgl. auch Schäfer
2009: 248; Thompson und Hoffarth 2013: 270f.). Viele der hybriden Dinge von heute
scheinen sich durch interaktives Design jedoch geradezu ›selbst‹ inszenieren zu können.
28
risk of becoming a victim of its own success by way of disappearing into the
architectural environment« (Parikka 2015: 178).
2.1 Medientechnologische Dinge sind nicht einfach ›gestimmtes Zeug‹
In Anbetracht dieser kurz umrissenen kulturhistorisch neuen Situation stellt sich die
Frage, ob die sozialwissenschaftlich und designtheoretisch weit verbreitete Annahme, im Gebrauch befindliche Dinge könnten im Heideggerschen Sinne schlicht
als sozial – bzw. mit Mannheim als kontagional – ›gestimmtes Zeug‹ verstanden
werden, noch adäquat ist (vgl. Schatzki 2002: 99; Schäffer 2007: 64; Nohl 2011:
175; Zirfas und Klepacki 2013: 48; Hyun Kang 2016: 59; Feige 2018: 80ff.).11 Ein
Blick in die Nachkriegsschriften von Heidegger zeigt zudem, dass er selbst später
der Meinung war, dass diese Sichtweise in Bezug auf technische Dinge und Medien
deutlich zu kurz greift.12 Insofern ist es problematisch, wenn Burckhard Schäffer in
seinem oft referenzierten Aufsatz zur »›Kontagion‹ mit dem Technischen« behauptet,
in Heideggers Zeug-Philosophie sei »die Welt des (medien)technischen ›Zeugs‹,
dem wir in unserem Alltagsleben zunehmend ausgesetzt sind«, sowie »das habituelle Handeln von Hybridakteuren mit technisch hergestellten Dingen gewissermaßen
mit eingeschlossen« (Schäffer 2007: 64f.). Auch Mark Weisers Aufsatz, aus dem der
Begriff des ubiquitous computing stammt, verweist auf Heideggers Zeug-Konzept
(vgl. Weiser 1999: 3), allerdings nicht um eine analytische Perspektive zu begrün-
11
12
Heideggers 1927 erschienenes Hauptwerk Sein und Zeit, das die Zeug-Konzeption
enthält (vgl. Heidegger 1984: 68ff.), hat die Wissenssoziologie schon bei ihrem Begründer Karl Mannheim maßgeblich beeinflusst und tut dies bis heute (vgl. etwa Bohnsack
2017: 62, 67ff.). Auch der wissenssoziologische Begriff des »atheoretischen« praktischen
Wissens dürfte direkt aus Sein und Zeit entlehnt sein (vgl. Heidegger 1984: 59, 69).
Heidegger bestimmt den Ding-Begriff in verschiedenen Perioden mit unterschiedlichem
Schwerpunkt. Dinge sind per Definition geformter Stoff mit einem Bündel von Eigenschaften, die sie von anderen Dingen unterscheiden. In Sein und Zeit zeichnen sich
Dinge für Heidegger vorerst noch vor allem durch ihre negative ›Zuhandenheit‹ aus, d.h.
sie erscheinen uns nur dann als Dinge, wenn sie sich nicht wie intendiert gebrauchen
lassen, sondern ›aufsässig‹ sind, nicht funktionieren usw. Normalerweise gehen sie
jedoch ganz in ihrem Gebrauch auf und verschwinden dabei als Dinge. In diesem Fall
wird aus dem vorhandenen Ding ein zuhandenes ›Zeug‹ (Heidegger 1984: 67ff.). In
späteren Schriften schreibt Heidegger dem Ding jedoch im Gegensatz zum Zeug und
zum Werk eine Selbständigkeit zu, die uns anruft und uns zu den »Be-Dingten« (ders.
2000a: 182) macht, eine Wendung, auf die auch der Titel eines Aufsatzes von Nohl (2012)
anspielt. Hier versteht Heidegger das Ding in Anlehnung an das altdeutsche Wort thing
und dinc als »Versammlung zur Verhandlung einer in Rede stehenden Angelegenheit«
(Heidegger 2000a: 176), was sowohl von Bruno Latour (2005) als auch in der Designtheorie (Ehn 2013: 81) aufgenommen wird.
29
den, sondern eher mit einem Marketing- und Verkaufsanliegen. Denn um die
Technologie möglichst unsichtbar zu machen und tief im Alltag zu verankern, soll
auch die Dinghaftigkeit der hybriden »Ubi-Objects« (Gold 2002: 207) analog zu
Heideggers Zeug ganz hinter ihren Gebrauchscharakter zurücktreten. Dennoch sind
die durch sie etablierten hochtechnologischen environments etwas vollkommen
anderes als die anthropozentrisch gedachten Verweisungszusammenhänge in
Heideggers ›Zeugganzem‹ aus Sein und Zeit (Heidegger 1984: 68f.; vgl. dazu auch
Hörl 2018: 222f.). Eine Ähnlichkeit existiert nur auf den ersten Blick, denn nach dem
späten Heidegger verbirgt sich in der modernen Technik »ein Sinn, den nicht erst
der Mensch erfunden und gemacht hat« (Heidegger 2000b: 527). Und damit einher
geht nicht zuletzt eine neue Position des Menschen in der Welt, die nicht mehr der
Perspektive aus Sein und Zeit entspricht.
Ohne dies hier in aller Ausführlichkeit darlegen zu können, vertritt der frühe, von
den Sozialwissenschaften weithin präferierte Heidegger aus Sein und Zeit eine strikt
anthropozentrische Sichtweise, in welcher der Mensch als das exponierte ›Da‹ des
Seins im Zentrum steht. Erst der spätere Heidegger denkt jedoch die »moderne
Technik« (Heidegger 1962: 6), die zu einem bestimmenden Thema seines Denkens
wird und zu der auch die elektronischen Medien gehören. Dieses Nachdenken über
die neuzeitliche Technik führt zu einer »Kehre« (ebd.: 37) in Heideggers Denken, mit
der die Grenzen der anthropozentrisch gedachten Sozialontologie aus Sein und Zeit
aufgesprengt und der Mensch in einer Art ›posthumanistischer Wende‹ dezentriert
wird.13 Technik ist demnach nicht einfach nur ›zuhandenes‹ und sozial ›gestimmtes
Zeug‹, denn der wesentliche »Sinn der technischen Welt« (ders. 2000b: 527) bleibt
in der allein auf den Zeug-Gebrauch abstellenden Perspektive aus Sein und Zeit
noch verborgen. In Anlehnung an das altgriechische Verständnis von techné – und
damit in gewisser Verwandtschaft zur Kunst – bestimmt Heidegger die moderne
Technik stattdessen als eine Form der poiesis, d.h. als eine Weise der Hervorbringung und des »Entbergens« (ders. 1962: 11f.), die jedoch im Gegensatz zur
Kunst dazu tendiert, »das Sichentbergende« (ebd.: 19) als Bestand zu bestellen, es
also als reines Objekt der Manipulierbarkeit und Ausbeutbarkeit erscheinen zu
13
Auch Luckner betont in seinem Buch über Heideggers Denken der Technik, dass mit der
Kehre »ein grundlegender Perspektivenwechsel gemeint ist, weg vom daseinsinternen
Blick auf die phänomenologisch zu beschreibenden Zusammenhänge des Seienden hin
auf die diese ermöglichenden Strukturen und Bestimmungen des Seins selbst« (Luckner
2008: 94). Der Begriff der Kehre bezieht sich also auf verschiedene Ebenen: zum einen
auf Heideggers Denken selbst und zum anderen meint er das mit der modernen Technik
notwendig gewordene Erkennen des Wesens der Technik, das selbst nichts Technisches
ist (vgl. Heidegger 1962: 5). Diesbezüglich meint Kehre auch ›Einkehr‹ im Sinne von
Besinnung und ›Umkehr‹ in Bezug auf die rein instrumentellen Imperative, welche die
›besinnungslosen‹ zeughaften Technikverständnisse kennzeichnen.
30
lassen, und es damit als Sichentbergendes zugleich zu vernichten. Dazu fordert sie
auch den Menschen selbst heraus, der an diesem Tun nur noch Anteil hat und nicht
mehr zwangsläufig dessen Zentrum darstellt (vgl. ebd.: 18, 23). Der Mensch läuft im
Gegenteil Gefahr, selbst zu einem Teil des Bestandes zu werden. Diesen schicksalhaften Zusammenhang, in den Mensch und Technik gestellt sind, nennt Heidegger
das »Ge-stell« (ebd.: 19ff.). Unter dem Eindruck des technologischen Fortschritts
seiner Zeit wird aus dem anthropozentrisch gedachten ›Dasein‹ aus Sein und Zeit
das ›Es ist‹ des Gestells, das den Menschen nicht nur »in seinem Verhältnis zu sich
selbst«, sondern »zu allem, was ist«, gefährdet (ebd.: 27).14 Und diese Gefahr gilt es
nach Heidegger in Bezug auf die moderne Technik – wenngleich mit einer gewissen
»Gelassenheit« (ders. 2000b: 527) – zuallererst im Blick zu behalten.
Damit das Gestell als das »Wesen der Technik« (ders. 1962: 43) überhaupt
erkannt und die damit einhergehende Gefahr konstruktiv gewendet werden kann,
bedarf es nach Heidegger eines fundamental anderen Verständnisses der Technik
als eines zeughaft-instrumentellen. Denn die ›bewusstseinslose‹ Routinehaftigkeit
des instrumentellen Gebrauchs spielt der Gefahr des Gestells nur in die Karten.
Wenn man sich also konstruktiv auf das spezifische Entbergen der Technik besinnen
will, an dem der Mensch nurmehr einen Anteil hat, ohne noch zwangsläufig in
dessen Zentrum zu stehen, so muss die »Auseinandersetzung mit ihr in einem
Bereich geschehen, der einerseits mit dem Wesen der Technik verwandt und
andererseits von ihm doch grundverschieden ist« – und »ein solcher Bereich ist die
Kunst« (ebd.: 35). Als Alternative zu einer zum Bestand verkommenden und damit
vernichteten Welt, gilt es nach Heidegger, sich daran zu erinnern, dass techné
dereinst auch die Künste meinte, deren poiesis nicht das ausbeutende Verwalten,
sondern »das Hervorbringen des Wahren in das Schöne« (ebd.: 34) war. In der
Besinnung auf die dichterisch entwerfende Kreativität der Kunst vermutet er eine
Möglichkeit und einen Weg, um zu verhindern, dass sich in vollkommener Bewusstseinslosigkeit »überall das Rasende der Technik« (ebd.: 35) einrichtet, bis Mensch
und Welt gänzlich zum Bestand verkommen. Wenn man also mit allgemeinpädagogischer Perspektive nach der spezifischen Bedeutung digitaler Medien-Dinge und
ihrer hybriden Materialitäten fragen und dabei auf Heidegger Bezug nehmen will, so
ist es problematisch, schlicht auf Heideggers Zeug-Begriff zu rekurrieren. Und in
empirischer Hinsicht macht es demnach Sinn, in einem künstlerisch-ästhetischen
Praxisfeld nach ihrer Bedeutung zu fragen, das wie die Musik und die Akustik über
eine ähnlich ›hochfrequente‹ (ebd.: 6) Fluidität und Prozessualität verfügt wie die
elektronisch konfigurierten hybriden Materialitäten, die in den Blick genommen
14
Zu Heideggers Auseinandersetzung mit der Kybernetik als einer zentralen Entwicklung
seiner Zeit vgl. auch Hörl 2004 und Lovink 2019.
31
werden sollen (vgl. dazu auch Ernst 2015; Miyazaki 2008, 2020). Zudem liegt es
perspektivisch nahe, eine den Menschen dezentrierende Perspektive einzunehmen,
da dieser nurmehr ein von der technischen Entwicklung in Anspruch genommener
Teil derselben ist.
In Bezug auf die explizit designten Hochtechnologien der heutigen Zeit greift die
Zeug-Perspektive aus Sein und Zeit also zu kurz, da sie sowohl die Dezentrierung
des Menschen als auch die ›Gefahr‹ verbirgt, die mit dem ›Gestell‹ als dem Wesen
der modernen Technik einhergeht. Eine Pädagogik, die der Gefahr entgegenwirken
will, dass Mensch und Welt perspektivisch zum ausbeutbaren Bestand verkommen,
müsste sich in Bezug auf Heideggers Zeug-Analyse vielmehr gewahr werden, dass
Mark Weiser und sein Team diese Analyse im Silicon Valley der 1990er Jahre bei der
Entwicklung des ubiquitous computing zwar aufgenommen, aber durch ihre Rekontextualisierung zugleich transformiert und gewissermaßen selbst zu einem Teil des
›Gestells‹ gemacht haben, indem sie die Zuhandenheit des Zeugs aus allen (im
Mannheimschen Sinne ›konjunktiv‹ gestimmten) Lebenswelten herausgelöst, sie verwissenschaftlicht, technologisiert und zielgruppengerecht redesignt haben, um sie
in Silicon-Valley-Manier zu einem reinen Verkaufsargument für technologische
Gadgets zu machen. Denn erst wenn die Computer zu hybridem Zeug geworden
sind, das gänzlich hinter dem Gebrauch verschwindet, werden wir uns »without
thinking« (Weiser 1999: 3) auf neue Ziele konzentrieren können. Erst wenn die
Technologie im Gebrauch ganz aus unserem Bewusstsein verschwindet, beginnt sie
sich in allen Schichten der Gesellschaft so tief mit dem Alltag zu verweben, bis sie
von diesem nicht mehr zu unterscheiden ist (vgl. ebd.). Dabei beobachten uns die
»computing environments« (ebd.: 11) jedoch stets ganz genau und speichern, wo
wir waren, an welchen Produkten unser Blick auffällig lange hängen geblieben ist,
wie deren Hersteller heißen, wo man sie erwerben kann usw. (vgl. ebd.: 10). Eine
entsprechende Perspektivenverschiebung stellt auch der Medienwissenschaftler
Timo Kaerlein in der Computerwissenschaft fest, wenn er konstatiert, dass das
entwicklerseitige Ideal der User*innen-Emanzipation aus den 1970er Jahren seit den
1990er Jahren immer mehr in den Hintergrund tritt und sich eine konsumfreundliche Gestaltung bei gleichzeitiger Durchleuchtung der Nutzenden durchsetzt. Ziel
dieser Designs ist folglich auch nicht mehr die Entwicklung von Medienkompetenz,
sondern eine Subjektivierung als Konsument*in (vgl. Kaerlein 2016).
32
2.2 Drei erziehungswissenschaftliche Perspektivierungen
Aus erziehungswissenschaftlicher Perspektive kann man mit diesen Befunden auf
unterschiedliche Weisen umgehen. Die mit dieser Arbeit eingereichten Texte zielen
auf drei verschiedene Ebenen ab, nämlich auf die empirisch-analytische, die grundlagentheoretische und die konstruktiv-gestalterische. In empirisch-analytischer
Hinsicht macht es in Anbetracht der geschilderten Entwicklungen Sinn, Verfahren
und Kompetenzen zu entwickeln, mit denen sich die Designs der hybriden Dingwelten erziehungswissenschaftlich reflektieren lassen, um in Folge konstruktiv
pädagogische Settings mit ihnen entwerfen zu können. Denn die hybriden Materialitäten der computing environments – auch als »everyware« (vgl. Sprenger und
Engemann 2015: 8; Wirth 2016: 31) bezeichnet – sind nicht mehr ansatzweise mit
den Dingwelten früherer Zeiten vergleichbar (vgl. z.B. Adams und Thompson 2016) –
auch nicht mit denjenigen, die den ›konjunktiven‹ Lebenswelten der industrialisierten
disziplinargesellschaftlichen »Einschließungsmilieus« (Deleuze 1993: 255) des 20.
Jahrhunderts entstammen. ›Ubi-Objects‹ werden ständig aktualisiert, erhalten Software-Updates, neue Versionsnummern mit modifiziertem Design und ihre Interfaces
sind möglichst passgenau auf unsere Sinne und unsere Wahrnehmung abgestimmt,
wobei sie aus ökonomischen Gründen meist stark ästhetisierte und erlebnisbezogene neue Erfahrungsräume schaffen sollen (vgl. Reckwitz 2012; Böhme 2013,
2016; Kaerlein 2019), um sich auf dem Markt zu etablieren und dann überhaupt erst
die Entstehung neuer und genuin technologiebezogener Praktiken zu evozieren. Da
sie selbst qua Interaktivität variabel steuernd ins Geschehen eingreifen können,
wirken sie zudem auf ganz neue Weisen subjektivierend und können dabei auch in
Konkurrenz zu den Intentionen pädagogischer Settings treten, wenn beides nicht
explizit aufeinander abgestimmt wird.
Dass Interfaces und Human-Computer-Interaction-Design in zentraler Weise
Subjektivierungsfragen berühren, wird in der einschlägigen Literatur vielfach betont
(vgl. Turkle 2007: 164ff.; Galloway 2012: 18; Hookway 2014: 5, 7, 32; Wirth 2016:
33
23ff.; Pelleter 2020: 29, 84).15 Aus erziehungswissenschaftlicher Perspektive stellt
Benjamin Jörissen fest, dass die hybriden Dinge von heute als spezifisch designte
Subjektivierungsangebote aufzufassen sind, die durch ihr Design und das in ihm
verkörperte, strukturimmanente Wissen nicht nur antizipierte Gebrauchsweisen,
sondern auch »Relationierungspotenziale in Hinblick auf andere (dingliche oder
menschliche) Akteure« (Jörissen 2015a: 215) präfigurieren. Demnach sind solche
hybriden Dinge immer als Angebote zu verstehen, »auf bestimmte Weise zu NutzerSubjekten (Konsumenten, Rezipienten, Prosumenten etc.) zu werden«, wobei »über
den Diskurs des Designs Alltagspraktiken, Ökonomie und Technologie eng aneinander« gekoppelt sind (ebd.: 215f.). Diskutiert wird dieser ›Angebotscharakter‹
der Dinge in der Regel unter dem der Psychologie entlehnten Begriff der Affordanz
15
Norbert Ricken (2013: 80) merkt an, dass das, was unter Subjektivierung bzw. Subjektivation jeweils verstanden wird, weder einheitlich noch ein kohärenter Theorierahmen ist
und es sich eher um einen »Kreuzungspunkt und [eine] Bündelung unterschiedlicher
theoretischer und auch empirischer Diskurse« (ebd.: 71) handelt. Er selbst bevorzugt wie
in Anschluss an die Arbeiten von Foucault und insbesondere von Judith Butler den
Begriff der Subjektivation (vgl. auch etwa Youdell 2006). Viele der neueren praxistheoretischen Perspektiven verwenden hingegen eher den Begriff der Subjektivierung (vgl.
Alkemeyer, Budde und Freist 2013; Alkemeyer 2013; Alkemeyer, Buschmann und Michaeler 2015) und sprechen nur selten von Subjektivation, die in Anschluss an Judith Butler
oft eine etwas sprach- bzw. diskurstheoretischere Konnotation hat und sich eher auf die
Auseinandersetzung mit Machtaspekten bezieht. So heißt es bei Butler (2001: 8) prominent: »›Subjektivation‹ bezeichnet den Prozeß des Unterworfenwerdens durch Macht und
zugleich den Prozeß der Subjektwerdung«. Nach ihr verweist die Genealogie des
Subjekts als kritischer Kategorie darauf, dass das Subjekt »als sprachliche Kategorie
aufzufassen« ist: es ist »die sprachliche Gelegenheit des Individuums, Verständlichkeit zu
gewinnen und zu reproduzieren, also die sprachliche Bedingung seiner Existenz und
Handlungsfähigkeit« (ebd.: 15). Mit dem Begriff der Subjektivierung werden hingegen oft
Prozesse der Inkorporierung fokussiert, wie sie etwa im Rahmen von Alltagspraktiken
stattfinden (vgl. z.B. Geimer und Burghardt 2019). Dies sind nur Tendenzen, denn teilweise wird der Begriff auch synonym verwendet (vgl. etwa Reckwitz 2008, 2017). Die
vorliegende Arbeit nimmt diese Tendenzen dennoch auf und versucht sie fruchtbar zu
machen, indem sie, einem Vorschlag von Jozef Zelinka (2022) folgend, zwischen
Subjektivation und Subjektivierung unterscheidet. Denn wenn das Subjekt als »quasifreiwillige Übernahme eines Selbstverhältnisses verstanden [wird], bei der die Individuen
als spezifische Subjekte adressiert bzw. angerufen werden und auf diesen Ruf mit dem
entsprechenden Verhalten, Denken und Fühlen antworten« (ebd.: 230), dann lässt sich in
analytischer Hinsicht durchaus unterscheiden zwischen den (immer mit Machtfragen)
assoziierten gesellschaftlichen Praktiken, durch welche »die jeweiligen Subjektpositionen
produziert, formiert und gesellschaftlich legitimiert« werden, und den Prozessen auf der
Ebene des Individuums, in denen »eine Einverleibung« stattfindet und »sich die Subjekte
in den gesellschaftlich produzierten und formierten Subjektmodus hineinfühlen und ihn
als natürliche Erscheinung in ihre Denk-, Handlungs- und Lebensweise übernehmen«
(ebd.: 230f.).
34
(Gibson 1979), den Don Norman (1988, 2002, 2016) in einer etwas modifizierten
Lesart in den Designdiskurs und ins Feld der Human-Computer Interaction eingebracht hat (vgl. z.B. Weiser 1999; Svanæs 2000; Oshlyansky 2004; Tanaka 2019;
Leeker 2019). So findet er heute auch in der Analyse von technischen Medien (z.B.
Fuller 2005; Weber 2008; Adams und Thompson 2016; Ernst 2017a; Hörl 2018;
Light, Burgess und Duguay 2018; Oever 2020) und MusikmachDingen (Butler 2014;
Bell 2015, 2018; Strachan 2017; Jörissen, Ahlers, Donner et al. 2019) sowie in der
medienpädagogischen Forschung (Jörissen 2015a; Allert, Asmussen und Richter
2017; Bettinger 2020a; Asmussen 2020; Donner und Jörissen 2022b; Schröder und
Richter 2022; Troeger und Bock 2022) und selbst in der Soziologie (Zillien 2008;
Alkemeyer 2013) Anwendung. Auch die vorliegende Arbeit plädiert in diesem Sinn
für einen designtheoretisch informier-ten Blick auf die ›neue Dingklasse‹ hybrider
Materialitäten. In empirischer Hinsicht ist dabei zu fragen nach den designerisch
antizipierten und den Dingen eingeschriebenen Gebrauchsformen, ihren Konsumästhetiken (Knobloch und Schütte 2017) sowie den »Marktmilieus« (Schrage 2008),
auf die ein Design abzielt, aber auch nach den Nutzungspraktiken, die sich dann
faktisch damit ergeben (vgl. auch Wirth 2016: 29ff.).
In grundlagentheoretischer Hinsicht kann im Anschluss an die eingangs erwähnte
Bemerkung von Thompson, Casale und Ricken (2017), dass es in Bezug auf die
Dinge nicht zuletzt darum gehe, sich kritisch mit subjektzentrierten Denktraditionen
auseinanderzusetzen, auf Heideggers Kehre (Heidegger 1962) hingewiesen werden,
die den Anthropozentrismus von Sein und Zeit aufbricht und einen wichtigen
Referenzpunkt für posthumanistische Positionen darstellt.16 Dass die hybriden
Materialitäten der mediatisierten environments durch ihre designte Zuhandenheit an
Heideggers Zeug-Begriff erinnern und oft auch so gedeutet werden, wurde bereits
erwähnt; und dass dies nur auf den ersten Blick angemessen ist, da ihr zuhandenes
Design in zentraler Weise eine Vermarktungsstrategie darstellt und die hybriden
Dingwelten in struktureller Hinsicht nicht mehr mit den Dingwelten früherer Zeit
verglichen werden können, ebenfalls. Als techné sind hybride Dinge vielmehr eine
spezifisch moderne Form der poiesis, in der sich neue Relationierungsweisen von
Mensch und Maschine respektive von Mensch und Welt entbergen. Branden
16
So bezieht sich etwa die Object-oriented Ontology nach Graham Harman auf Heideggers
späteres Dingverständnis (vgl. Harman 2018: 41ff.; Hoppe und Lemke 2021: 27), das
sich parallel zu dessen Denken der modernen Technik entwickelt. Heidegger beginnt
nun, dem Ding ebenso wie dem Werk und im Gegensatz zum Zeug eine prinzipielle
Selbständigkeit im Gefüge der Welt zuzusprechen. Die Definition des Dings wird also
nicht mehr wie in Sein und Zeit rein negativ bestimmt im Sinne der Nicht-Zuhandenheit
als Zeug, sondern das Ding erscheint nun in existenzialer Hinsicht als erkenn- und
bedenkbar (Heidegger 2000a: 182f.).
35
Hookway interpretiert das Interface daher mit Verweis auf Heidegger auch als einen
genuinen Ort des Gestells, da in ihm wird die Beziehung von Mensch und Maschine
beständig performativ und als Produkt der wechselseitigen Augmentierung hervorgebracht wird. Für ihn sind die Elemente des Interfaces insofern ebenso menschlich
wie technologisch, denn sie erstrecken sich soweit in beide Richtungen, wie es für
das Operieren des Interfaces erforderlich ist (vgl. Hookway 2014: 43). Das Interface
als ein Begriff aus der Physik des 19. Jahrhunderts, der im Rahmen der Hydrodynamik dazu gedient hatte, das Kräftespiel in Flüssigkeiten zu beschreiben (vgl.
ebd.: 15), verflüssigt nun gewissermaßen die gängigen Vorstellungen von statischen
Dingen und der Beziehung zwischen Mensch und Maschine. Als janusköpfige
Entität trennt und verbindet es beide Pole zugleich, indem es ihre Aktionen jeweils in
Formen übersetzt, mit denen die andere Seite weiter operieren kann (ebd.: 40), so
dass ein Prozess der ›Ko-Operation‹ aufrecht erhalten werden kann.
So dürfte es kaum ein Zufall sein, dass die ›jüngeren Debatten um Materialität‹
(Thompson, Casale und Ricken 2017) meist deren Verflüssigung und Prozessualität
betonen und auf deren Verwobenheit mit uns hinweisen, die sich dennoch nicht auf
eine ›Sozialontologie‹ reduzieren lässt (vgl. z.B. Orlikowski 2007; Barad 2012;
Folkers 2013; Haraway 2018; Völker 2019; Hoppe und Lemke 2021).17 Tatsächlich
dürfte die zunehmende Prominenz dieser Debatten maßgeblich inspiriert sein von
der im Rahmen der Digitalisierung zunehmend verbreiteten Alltäglichkeit hybrider
Materialitäten (vgl. Reichert und Richterin 2015; Parikka 2015; Adams und Thompson 2016), die seit den 1990er Jahren zudem beginnen sich zu ganzen Umwelten
und computing environments zu fügen. Vielleicht bedarf die in der Erziehungswissenschaft von Thompson, Casale und Ricken geforderte kritische Perspektive
auf klassisch subjektzentrierte Sichtweisen genau dieser Kontexte, um grundlegende Vorstellungen, die das Fach lange Zeit geprägt haben, wirklich überdenken
zu können. Und durch diese Kontexte nicht nur der Subjektzentrismus, sondern im
17
Eine Sonderrolle nimmt diesbezüglich die Philosophie der Object-oriented Ontology ein
(Bryant, Srnicek und Harman 2011; Bogost 2012; Harman 2018), die zwar auch zum new
materialism zählt, aber keine derart relationale Ontologie entwirft und gelegentlich auch
als radikaler Subjektivismus (vgl. Sheldon 2015; Lemke 2017; Hoppe und Lemke 2021:
34ff.) oder als eine Art quasi-platonische Metaphysik (vgl. Yoran 2018) interpretiert wird.
Eine wohlwollendere Deutung aus der Erziehungswissenschaft findet sich bei Oral
(2014), der ihr Potenzial zur Wiederverzauberung der Welt herausstellt.
36
Sinne von Heideggers Kehre der Anthropozentrismus an sich in Frage gestellt.18
Insofern könnte das Nachdenken über die neuen Dingwelten und ihre hybriden
Materialitäten in grundlagentheoretischer Hinsicht weit über sie selbst hinausführen
und etwa im Sinne von universalökologischen planetaren Perspektiven (vgl. z.B.
Haraway 2016; Hörl 2016; Hörl und Burton 2017; Donner und Allert 2022: 388ff.,
399ff.; Leineweber, Waldmann und Wunder 2023: 237ff.) eine Transformation des
disziplinären Weltverhältnisses selbst – sprich: einen Bildungsprozess – anstoßen.
»Wir sind konfrontiert mit Technologien, die es uns auf verschiedenen Ebenen
nahelegen, Grundbegriffe wie Handlung und Arbeit, Denken und Wahrnehmen,
Leben und Menschsein neu zu durchdenken«, schreiben Sprenger und Engemann
angesichts der ›smarten Dinge‹, die zunehmend unseren Alltag bevölkern und im
Zuge einer »Neuverteilung von Handlungsmacht beginnen, selbstständig zu agieren,
indem sie nicht nur Daten sammeln, sondern auf ihrer Grundlage zukünftige
Ereignisse berechnen oder gar Entscheidungen treffen, die zu diesen Ereignissen
führen oder sie verhindern sollen« (Sprenger und Engelmann 2015: 8). Und sie fügen
(ebd.) hinzu, dass »die sozialen und epistemologischen Folgen dieses Wandels
bislang noch kaum durchdacht« sind, weshalb sie, wie Zirfas (2019: 128) anmerkt,
wohl »nicht nur die Pädagogik in den nächsten Jahren intensiv beschäftigen
werden«.
In konstruktiv-gestalterischer Hinsicht schließlich deuten sich in Heideggers
Bestimmung der Technik als einer Form der poiesis Potenziale an, die, wenn sie
›künstlerisch‹ genutzt werden, Relationierungsweisen von Mensch und Welt eröffnen
18
Damit tut sich die Erziehungswissenschaft verständlicherweise eher schwer, was an
dominanten Paradigmen und Denktraditionen, aber auch am Gegenstandsbereich des
Fachs liegt. So wird bspw. Latours Begriff einer ›symmetrischen Anthropologie‹ (Latour
1995) durchaus kontrovers diskutiert. Vgl. etwa Nohl (2011: 35ff., 39) und dagegen
Wunder (2018). Hinsichtlich des heterogenen Bündels der Praxistheorien weist Reckwitz
(2003: 298) auf eine zwiespältige Haltung gegenüber posthumanistischen Perspektiven
hin, was ebenfalls damit korrespondieren dürfte, dass in der Perspektive der Soziologie
in Bezug auf Praktiken vor allem Prozesse der sozialen Koordination im Interessefokus
stehen. Dabei können Dinge zwar eine Rolle spielen, weshalb auch in den Praxistheorien
zunehmend Fragen der Materialität betont werden (vgl. z.B. Shove, Watson und Hand
2007; Alkemeyer 2013: 63ff.; Trischler 2022), doch ihre Rolle bleibt perspektivisch eher
›nachgeordnet‹, da letztlich soziale Praktiken im Zentrum stehen (vgl. z.B. Wiesemann,
Eisenmann, Fürtig et al. 2020; Bollig 2020). Insofern ist die Bezeichnung ›Praxistheorien‹
etwas irreführend und es wäre präziser, von ›Theorien sozialer Praktiken‹ zu sprechen.
›Symmetrische‹ Perspektiven werden vor allem im Rahmen des new materialism propagiert, wobei Folkers (2013: 28f.) darauf hinweist, dass dies den Handlungsbegriff nicht
zwangsläufig auf eine Weise transformiert, dass von ›handelnden Dingen‹ gesprochen
werden muss, was in den Sozialwissenschaften häufig der Grund für die Ablehnung
symmetrischer Perspektiven ist.
37
könnten, welche dem Menschen jenseits der Gefahr einer bloß ausgebeuteten und
zum Bestand verkommenen Welt einen Ort in ihrem Gefüge einzurichten erlauben,
der nicht mehr gleichermaßen herausgehoben ist wie in den anthropozentrischen
Perspektiven subjektzentrierter Traditionen, sondern der möglicherweise respektvoll
und sorgend Anteil an ihr nimmt. In seiner politischen Designtheorie weist Friedrich
von Borries mit Heidegger darauf hin, dass der Mensch durch den »Entwurf« (vgl.
Heidegger 1984: 145ff.) bestimmt ist und Entwerfen als Gegenteil von Unterwerfen
»die praktische Umsetzung der Aufklärung«, mithin also »Befreiung« (Borries 2016:
14f.) sei. Und mit Blick auf die Geschichte der Gestaltung betont Annette Geiger mit
einer ganz ähnlichen Stoßrichtung, dass Sloterdijk (2010) falsch liege, wenn er
Heideggers Technikkritik auf das »nunmehr digitale Gestell« (Geiger 2018: 297)
übertrage und es als Machwerk von Designer*innen darstelle, das allein darauf
abziele, uns Souveränität vorzugaukeln und uns zu blenden, als seien nicht auch
andere als die von Sloterdijk genannten rein kommerziellen Silicon-Valley-Visionen
möglich und realisierbar (siehe dazu auch Kries 2010: 142f.). Geiger insistiert, dass
es historisch betrachtet der eigentliche Anspruch des Designs gewesen sei, »die
Spirale des ohnmächtigen Mitmachens durch andere Gestaltung bzw. durch die
Gestaltung des Anderen zu durchbrechen«, und »nicht das Gehorchen gegenüber
vermeintlicher Alternativlosigkeit, sondern das Aufzeigen eines Andersmöglichseins
[…] die zentrale Motivation des Entwerfens« (ebd.: 298) bilde (vgl. dazu auch Dishon
2023). Design ist demnach dann gegeben, »wenn man nicht ohnmächtig mitmachen
muss, wenn man nicht zum passiven User degradiert wird, sondern die Form der
Dinge uns auffordert, über ihren Sinn nachzudenken« (ebd.: 312) – also auch dann,
wenn wir im Umgang mit den Möglichkeiten der hybriden Materialitäten selbst zu
Designenden werden und Entwürfe von alternativen Welten gestalten können (vgl.
dazu auch Verständig 2020: 99f.). Dass künstlerisch-ästhetische Praktiken dabei
helfen können, solche alternativen soziotechnischen Visionen zu entwickeln und
materiell zu realisieren, betonen auch Sollfrank, Stalder und Niederberger in ihrem
Buch Aesthetics of the Commons (2021: 11). Und Forlano (2017) weist aus
Perspektive des new materialism auf das Potenzial von posthumanistischem Design
hin, Werte wie Gleichheit und Gerechtigkeit auch in Bezug auf das NichtMenschliche zu bedenken, was in herkömmlichen Designprozessen oft vergessen
werde. In Anbetracht der ökologischen und soziotechnischen Herausforderungen
gilt es demnach, im Rahmen von Designprozessen auch neue Wege zu finden, über
Gerechtigkeitsfragen, den Zustand unserer Spezies und ihr Verhältnis zu anderen
38
Spezies nachzudenken.19 Als Entwurfspraxis ist Design im Wortsinn konstruktiv.
Und im Sinne des von Schäffner (2014) ausgerufenen design turn gilt dies auch für
den Bildungsbereich und das Designen von postdigitalen Zukünften. Die zentrale
erziehungswissenschaftliche Frage dabei ist immer nur: »Which Designs? [And]
whose Futures?« (Macgilchrist, Allert, Jarke et al. 2023; vgl. dazu auch Jasanoff
2015; Schulze 2020).
Fragen wie diese gehen jedoch weit über Heideggers letztlich gegenmodernes
und, wie mittlerweile bekannt ist, auch zutiefst antisemitisches Denken hinaus, das
hier vor allem wegen seiner doppelten philosophiegeschichtlichen Bedeutung in
Bezug auf die Dinge und die Technik und wegen der unzähligen Bezugnahmen in
ding-, design- und technikphilosophischen Kontexten beleuchtet wurde (vgl. auch
Friedrich, Gehring, Hubig et al. 2019). In Anschluss an Erich Hörl kann es heute
nicht mehr darum gehen, dieses Denken zu perpetuieren. Vielmehr gilt es, die durch
die hybriden Materialitäten und ›umweltlich‹ gewordenen Mediendinge vermittelten
Environmentalisierungsbewegungen in den Blick zu nehmen (vgl. Hörl 2018: 247)
und ohne einen gegenmodernen und antisemitischen Impetus zu analysieren, um
sie in einem emanzipatorischen Sinn konstruktiv wenden zu können und nicht in
unreflektierter vorschneller Affirmation einer für Bildungskontexte kontraproduktiven
»solutionistischen Police« (Jörissen 2020: 348) anheim zu fallen. Dass der erziehungswissenschaftliche Blick auf die Dinge im 21. Jahrhundert ein anderer ist als
noch im 20. Jahrhundert, als die Dinge perspektivisch zu Spuren der natürlichen
und sozialen Prozesse, des Geschmacks und der Vorstellungen ihrer Zeit wurden,
die sie hervorgebracht haben, betonen auch Karin Priem, Gudrun König und Rita
Casale (2012). Und sie merken des Weiteren an, dass perspektivisch zwar an das
20. Jahrhundert angeknüpft werden könne, es im material turn als einer Gegenbewegung zum linguistic turn jedoch auch darum gehe, die Materialität in ihrer
epistemologischen und ›objektiven‹ Dimension wieder zu entdecken und trotz aller
zeichentheoretischen Virtualitätsdebatten und der Diskursivierung von Praktiken und
Prozessen das »Veto der Dinge« (Priem, König und Casale 2012: 8) nicht aus dem
19
Bolinski und Rieger (2021) verweisen diesbezüglich auf eine »Programmatik der Multispecies Communities« und sprechen von einem »multispecies turn«, der sich in der
Entwicklung von Feldern wie der Animal-Computer Interaction (ACI), der Plant-Computer
Interaction (PCI) und der Human-Computer-Biosphere Interaction (HCBI) abzeichne. Und
Mancini (2019: 49) betont bei ihren Ausführungen zur Entwicklung des ACI-Felds:
»Design für bedeutet anzuerkennen, dass das Gegenüber existiert und Anforderungen
stellt, die erfüllt werden müssen. Design mit bedeutet, es als wertvollen Gesprächspartner anzuerkennen, dessen Stimme gehört werden muss«.
39
Blick zu verlieren.20 Zudem sei es unabhängig von allen wissenschaftlichen Moden
prinzipiell von Bedeutung, »den keineswegs linearen Zusammenhang von einer
spezifischen Produktionsform, dem sozialen Umgang mit den produzierten Gegenständen sowie der epistemologischen Auffassung von Objektivität zu erforschen«
(ebd.) – und hinzufügen ließe sich wohl: auch die der ›Subjektivität‹. Denn auch sie
transformiert sich durch die hybriden Materialitäten und die durch sie vermittelten
Environmentalisierungsbewegungen. Doch mehr dazu im nächsten Abschnitt und in
den eingereichten Texten.
3. Zur kulturhistorischen Kontextualisierung der hybriden
Materialitäten und der Klärung grundlegender Begriffe und
Perspektiven
Nach Priem, König und Casale (2012) steht die ›Wiederentdeckung der Dinge im 21.
Jahrhundert‹ unter anderen Vorzeichen als die im früheren 20. Jahrhundert, als sich
im Denken der Dinge die Auseinandersetzung mit der fortschreitenden massenindustriellen Produktion widerspiegelte (ebd.: 7). So konstatierte Walter Benjamin in
seinem berühmten Kunstwerk-Aufsatz beispielsweise, die »Reproduktionstechnik«
löse »das Reproduzierte aus dem Bereich der Tradition« und »setze an die Stelle
seines einmaligen Vorkommens sein massenweises«, wodurch die »Autorität der
Sache« und die »Aura« der Dinge verkümmere (Benjamin 1966: 13). Der material
turn zu Beginn des 21. Jahrhunderts nimmt nach Priem, König und Casale nun
jedoch vor allem die »epistemologische Dimension« (Priem, König und Casale 2012:
8) von Materialität in den Blick. Mit McLuhan lässt sich in Bezug auf die hybriden
Materialitäten des ubiquitous computing ganz allgemein anmerken, dass Medien
»die gesamte Sinnesorganisation« (McLuhan 1968: 61) beeinflussen, weshalb sie in
epistemologischer Hinsicht von besonderer Bedeutung sind. Aus medienpädagogischer Perspektive weist Heidi Schelhowe (2006: 8) erstmals auf die Bedeutung
der neuen Alltagsgegenstände hin, die sich »›lebendig‹« und »intelligent« verhalten,
weil sie »von Computerprogrammen gesteuert« werden, durch die »›Realität‹ direkt«
und ohne weitere menschliche Vermittlung »über Zeichensysteme und ihre Implementierung in Automaten« verändert werden kann. Und aus Perspektive der
pädagogischen Anthropologie sieht Benjamin Jörissen (2014: 505f.) in Anlehnung an
Dieter Mersch »das besondere – und historisch neue – Moment digitaler Medialität«
20
Ähnliche Argumentationen in Bezug auf den linguistic turn finden sich sowohl in praxistheoretischen Positionen (vgl. etwa Shove, Watson und Hand 2007: 4ff.) als auch in
genuin posthumanistischen Perspektiven (vgl. z.B. Barad 2012: 7; Bryant 2011: 1ff.;
Hoppe und Lemke 2021: 85).
40
darin, dass sie das materielle Moment von Mediatisierungsprozessen de- und
recodiert und dadurch »komplexe, ineinander verschachtelte medientechnologische
Ökologien« hervorbringt, die mit »Restrukturierungen von Raum, Zeit, Gemeinschaftsform und Identität« einhergehen und auch auf »grundlegende Veränderungen
im pädagogischen Feld« (ebd.: 511) verweisen. Dass diese Medienökologien nicht
nur Organerweiterungen des Menschen sind, sondern durch ihre Materialität ihren
eigenen Logiken gehorchen, die oft zur Vorlage für menschliche Selbstverständnisse und -beschreibungen werden, hat Kittler (1986, 1993) dargelegt (vgl. auch
Himanen 2001: 127f.; Krämer 2004: 23; Lanier 2012: 16, 46). Aus diesem Grund
lässt sich das Nachdenken über die epistemologischen Wirkungen der untersuchten
hybriden Materialitäten auch nicht auf ein klar umrissenes Feld begrenzen oder von
seinem Zeitindex lösen. Es bleibt zwangsläufig historische Epistemologie (Rheinberger 2007), denn »blind sind Schreiber vor Medien, Philosophen vor Technik«, wie
es bei Kittler (1986: 145; vgl. dazu auch Fröhlich 2019) heißt.
Ein Weg, mit Zirkularitäten dieser Art umzugehen, ist demnach, Mediendinge und
Medienkulturen jeweils vor dem Hintergrund der historischen Kontexte in den Blick
zu nehmen, die sie ermöglicht und hervorgebracht haben, die in sie einfließen und
die zugleich durch sie transformiert werden. Und da es auf den ersten Blick nicht
unmittelbar plausibel erscheinen mag, die Frage nach der erziehungswissenschaftlichen Bedeutung von hybriden Materialitäten am Beispiel von MusikmachDingen zu
diskutieren, werden in diesem Abschnitt im Sinne der Beleuchtung einiger genealogischer Zusammenhänge drei Verbindungslinien zwischen MusikmachDingen, den
hybriden Materialitäten des ubiquitous computing und dem Entstehen postdigitaler
Subjektivitäts- und Sozialitätsformen skizziert, um die eingereichten Aufsätze dann
adäquat kontextualisiert vorstellen zu können. Die folgenden Teilabschnitte erheben
also nicht den Anspruch, eine erschöpfende Geschichte der MusikmachDinge, der
Medienkunst oder des Postdigitalitätsdiskurses darzustellen, sondern verfolgen
lediglich exemplarisch einige Spuren, die den engen Zusammenhang von MedienMusizier-Praktiken, hybriden Materialitäten und dem Entstehen einer gemeinhin als
postdigital bezeichneten Kultur verdeutlichen. Erläutert wird in diesem Kontext auch
der Begriff der verkörperten Interaktivität, der den eingereichten Aufsätzen perspektivisch zugrunde liegt und insofern einen Schlüsselbegriff darstellt.
3.1 Kybernetisierungsbewegungen
Die Entwicklung von MusikmachDingen mit hybriden Materialitäten ist in kultur- und
wissenschaftsgeschichtlicher Perspektive Teil einer weit umfassenderen gesellschaftlichen Entwicklung, die im Diskurs der Kybernetik (vgl. Hayles 1999; Pias
41
2003, 2004a; Hagner und Hörl 2008; Ernst 2009; Hörl 2016, 2018; Moser und Vagt
2018; Turner 2019; Donner und Allert 2022) wurzelt. Mit der Kybernetik gehen zum
einen Automatisierungsdiskurse (Huhtamo 2001) einher, die neue Fragen nach der
Kooperation von Mensch und Maschine sowie nach geeigneten Interface aufwerfen (vgl. etwa Galloway 2012: 28; Hookway 2014: 56; Scherffig 2018; Kaerlein
2019), woraus unter anderem das Feld des Human-Computer-Interaction-Designs
entsteht, das auch für die untersuchten MusikmachDinge von Bedeutung ist (vgl.
Holland, Mudd, Wilkie-McKenna et al. 2019a). Zum anderen wird sie als neue
Universalwissenschaft zur Steuerung und Regelung von Systemen jedweder Art
(vgl. auch Friedrich, Gehring und Hubig 2019) nach dem Zweiten Weltkrieg aktiv in
alle möglichen Wissenschaftsdisziplinen exportiert, was mithin eine »Transformation
des Humanen« (Hagner und Hörl 2008) und eine neue, kybernetische Anthropologie
nach sich zieht (vgl. Wiener 1963, 2002; Bateson 1981; Flusser 1991; Foerster 1993;
Galison 1994; Haraway 1995; Rieger 2003; Bense 2008; Herbrechter 2014).21
Kybernetische Denkweisen und Modelle finden unter anderem Eingang in die Politik
(Gerovitch 2002; Pias 2004b, 2005; Seibel 2016; Nosthoff und Maschewski 2019), in
die post-/strukturalistische Philosophie (Bexte 2007; Geoghegan 2011, 2023) und in
die Humanwissenschaften, wo kybernetische Begriffe und Konzepte mal mehr und
mal weniger reflektiert ebenfalls schon lange etabliert sind (vgl. etwa Bröckling
21
Von großer Bedeutung für die aktiv betriebene interdisziplinäre Popularisierung der
Kybernetik waren die sogenannten Macy-Konferenzen (vgl. Pias 2003, 2004a), die
zwischen 1946 und 1953 in den USA stattfanden und an denen nicht nur Mathematiker,
Informationstheoretiker und Neurophysiologen teilnahmen, sondern zu denen auch viele
Sozialwissenschaftler*innen und Psychologen eingeladen waren.
42
2008; Duttweiler 2013; Pickering 2015; Geoghegan 2023: 18ff.).22 Dies trifft nicht
zuletzt für die Erziehungswissenschaft respektive die Pädagogik zu (vgl. OSK; Frank
und Meder 1971; Pongratz 1978a, 1978b, 1981; Oelkers 2008; Karcher 2015;
Müggenburg 2020; Donner 2021; Tilak, Glassmann, Kuznetcova et al. 2021; Cope
und Kalantzis 2022; Jergus und Schmidt 2023: 4) sowie natürlich für Lerntechnologien (Hof 2017, 2018; Kellershohn 2018; Allert und Richter 2023; Hoeltgen und
Rohr 2023), deren erste große Welle im Gefolge des Sputnik-Schocks in den 1960er
Jahren entwickelt wird, aber auch für das Bildungsmanagement (Gugerli 2008;
Meyer-Drawe 2009; Lange, Rahn, Seitter et al. 2009).23 Auch die erziehungswissenschaftlich derzeit immer relevanter werdenden Diskurse des Post- und Transhumanismus (vgl. Pickering 2001; Wimmer 2014; Herbrechter 2014; Sørensen 2015;
Wunder 2018; Oberneder 2019; Donner und Allert 2022) sind ein Ausdruck der
kybernetischen Transformation des Humanen, wobei schon in ihrer Bezeichnung
22
23
Geoghegan (2011) legt dar, wie der »kybernetische Apparat« – bestehend aus Instrumenten, Techniken, mathematischen Prozeduren, diagrammatischen Strategien und
(Medien-)Technologien – von den 1940er bis in die 1960er Jahre insbesondere mit dem
Siegeszug des Strukturalismus international zu einer Rekonfiguration der Wissens- und
Wissenschaftspolitik führte und in Folge auch die Geschichte der poststrukturalistischen
Theoriebildungen und der sogenannten French Theory prägte, die, analog zu Disziplinen
wie der Informatik, zentral mit Begriffen wie »encoding, decoding, code, information, and
communication« (ebd.: 124) experimentierten. In seiner Monografie Code. From Information Theory to French Theory (2023) beleuchtet Geoghegan diese Verbindungen noch
detaillierter und sieht die Wurzeln dieser Entwicklung anders als viele Kybernetikhistoriografien nicht erst in den amerikanischen Militärforschungsprogrammen des Zweiten
Weltkriegs begründet, sondern bereits in den progressiven 1930er Jahren, in denen USamerikanische Philanthropen und Stiftungen wie Rockefeller und Joshua Macy nach
Wegen suchten, die Vielfalt kultureller Phänomene mit universalistischen Methodologien
und technokratisch-solutionistischem Impetus wissenschaftlich zu beschreiben,
um nicht zuletzt weltweit verstreute Kolonien mit ihrer großen kulturellen Vielfalt besser
managen zu können. Diese Anstrengungen führten nach Geoghegan zu einer Reform der
Human- und Sozialwissenschaften, die in Folge auf Kommunikationsphänomene und
entsprechende Terminologien fokussierten, was auch den Strukturalismus und die Nachkriegsethnografien von Gregory Bateson und Margaret Mead informierte (ebd.: Kap. 1
und 2). Eine Verbindung zwischen Shannons Informationstheorie und den eugenischen
Forschungen aus den 1920er und 1930er Jahren (vgl. ebd.: 36ff.), die in der zentralen
Rolle des Selektionsbegriffs anklingt, wird auch von Donner (2017a: 46) thematisiert.
Die UNESCO setzte sich schon vor dem Sputnik-Schock für Ideen der technologiegetriebenen Bildung ein (vgl. Priem 2023) und thematisierte in diesem Rahmen auch die
Verbindung von Bildungstechnologien mit ökonomischen Entwicklungen, westlichen
Wertvorstellungen und der Entwicklung von Medienindustrien (vgl. auch Geiss, Flury und
Guerrero 2023; Hof 2023). Der Sputnik-Schock gab dem Thema in den westlichen
Ländern jedoch noch einmal viel stärkeres politisches Gewicht.
43
anklingt, dass sie auch Wurzeln im Humanismus und seinem Bildungsgedanken
haben (vgl. etwa Herbrechter 2014: 269; Loh 2018: 17ff.).
Eine zentrale Rolle in Bezug auf die zunehmende gesellschaftliche Akzeptanz und
›Popkulturalisierung‹ kybernetischer Denkfiguren und Technologien kommt der
amerikanischen counterculture zu, die sich die Kybernetik und ihre Technologien
aneignet, sie umdeutet und es schafft, sie innerhalb von nur einem Jahrzehnt in ihrer
gesellschaftlichen Wahrnehmung von den bedrohlichen Assoziationen zu befreien,
die sich mit der ehemaligen Kriegs- und Arbeitsautomationswissenschaft verbunden
hatten. Ein bedeutender Teil der counterculture verbindet die Kybernetik nun mit
positiven Werten wie Selbstermächtigung, Selbstbildung, Partizipation und Demokratisierung (vgl. Donner und Allert 2022: 17ff., 63ff.) und erschafft so eine äußerst
wirkmächtige Rhetorik, mit der Informationstechnologien bis heute gern beworben
werden und die sich auch in den Marketing-Kampagnen von Musikmach-Dingen
wiederfindet. Zentral für diesen fundamentalen Bedeutungswandel war die Übersetzung von kybernetischen Denkfiguren wie dem Feedback-Loop in die aktionskünstlerischen Kontexte der Happening- und Popkultur sowie in avantgardistische
Kunstformen, in denen neue Verhältnisse von Mensch und Maschine erprobt
wurden (Pickering 2002; Paik 2003; Klüver 2003; Turner 2008; Asendorf 2008; Lewis
2017; Leeker 2019, 2021). So spielte auch bei der medien- und popkulturell sehr
wirkmächtigen Aktionskunst-Gruppe der Merry Pranksters, deren Medienpraktiken
und subversive Umdeutung der Kybernetik im Aufsatz OSK thematisiert werden, ein
selbst entwickeltes experimentelles ›MusikmachDing‹ eine zentrale Rolle bei der
Entwicklung von neuen Selbst- und Weltverhältnissen. Counterculture-Happenings,
avantgardistische Medienkunst und das Nachdenken über (Selbst-)Lerntechnologien in den 1960er und 1970er Jahren bilden den Boden für die Entwicklung jener
Multimedia-Kultur, die sich in den darauf folgenden Jahrzehnten und bis heute
entwickelt (vgl. auch Donner und Allert 2022) und sich seit den 1990er Jahren und
dem Paradigma des ubiquitous computing mit einem Boom neuartiger hybrider
Materialitäten verbindet. Und auch beim Entstehen dieses neuen Paradigmas in der
Computerwissenschaft spielten MusikmachDinge wieder eine wichtige Rolle.
3.2 MusikmachDing-Praktiken als Inspirationsquelle für die Entwicklung
des ubiquitous computing und der Begriff der verkörperten Interaktivität
Musiktechnologien waren nicht nur für die aktionskünstlerischen Happenings der
1960er Jahre und die ›Popkulturalisierung‹ der Kybernetik zentral gewesen (vgl.
OSK), sondern George Lewis (2017) legt dar, dass der experimentalkünstlerische
Umgang mit ihnen auch die Idee des ubiquitous computing maßgeblich inspiriert
44
hat. Er beschreibt den Werdegang von Rich Gold, der eine zentrale Person in Mark
Weisers Team im Palo Alto Research Center (PARC) von Xerox war, als dort das
Konzept des ubiquitous computing entwickelt wurde. In den 1970er Jahren gehörte
Gold zu den Gründungsmitgliedern der League of Automatic Music Composers,
einer Gruppe von Künstler*innen aus der Bay Area um San Francisco, die die ersten
verfügbaren Personal-Computer-Technologien zum Entwickeln von interaktiven
›Echtzeit‹-Kompositionen und -installationen nutzte und dabei an die soziale
Ästhetik und die gegenkulturelle Improvisationspraxis der 1960er Jahre anknüpfte
(vgl. auch OSK). John Bischoff, ein weiteres Gründungsmitglied der League, nannte
sie auch »the world’s first computer network band« (Lewis 2017: 95). Entscheidend
an diesem losen Zusammenschluss zu einer Band war, dass nicht nur die beteiligten
Menschen als Bandmitglieder betrachtet wurden, sondern auch die Musiktechnologien selbst, wobei es in Bezug auf das interaktiv und improvisativ entstehende
musikalische Geschehen, das konzeptionell an kybernetisch inspirierte Arbeiten von
John Cage anknüpfte, nicht unbedingt Hierarchien »between human and nonhuman roles« (ebd.: 94) gab. Vielmehr ging es genau um das Aufbrechen solcher
gängigen Rollenverständnisse und um das Erproben und Explorieren von neuen
Sozialitätsformen im Rahmen der musikalischen ›Ko-Operation‹ mit Maschinen. Die
Mitglieder der League versuchten nicht, die Aktionen der Maschinen möglichst
perfekt zu kontrollieren, sondern handelten die musikalische Gesamtperformance
nach ihrem eigenen Verständnis eher mit ihnen aus, was unter dem Slogan »letting
the network play« (ebd.: 96) firmierte. Und sie wurden in ihrer Perspektive nur dann
selbst zu einem Teil des Netzwerks und seinen Artikulationen, wenn sie sich aktiv in
die Performance ›einschalteten‹ und eingriffen, da den interaktiven Systemen selbst
relative Autonomie, eine integrale Subjektivität und Individualität zugesprochen
wurde. Verstanden wurde diese künstlerische Praxis auch als Widerstand gegen die
institutionalisierten Hegemonien und Rollenverteilungen im Kunstbereich.
In den 1980er Jahren verlässt Gold die League of Automatic Music Composers
und das Umfeld von Bastler*innen, Autodidakt*innen und künstlerisch veranlagten
Programmierer*innen, das er mitgeprägt hatte, und wendet sich der Computerindustrie zu. Er wird Direktor für Computermusik beim Videospiele-Hersteller SEGA
und wechselt dann zum Spielehersteller Activision. In diesen Positionen überträgt
und verallgemeinert er die in der League entwickelten Interaktivitätskonzepte, die
den Maschinen im Rahmen ihrer Interaktion mit Menschen eine gewisse Autonomie
und Subjektivität zugesprochen hatten und betont, dass auch Algorithmen »as part
of the art« angesehen werden müssten (ebd.: 103). Inspiriert von der hybriden
Ästhetik und der Mensch-Maschine-Sozialität der League-Arbeiten entwickelt er mit
dem 1985 veröffentlichten Spiel Little Computer People ein kommerziell sehr erfolg-
45
reiches Beispiel für diese Ideen, das auch die Entwicklung der Tamagotchis und die
Lebenssimulation The Sims inspirierte. In der Spielwelt von Little Computer People
bewegt man sich in einem virtuellen Haus, in dem sich animierte Computer People
aufhalten, die mittels ›Künstlicher Intelligenz‹ relativ autonom agieren. Man kann mit
ihnen kommunizieren, muss sich um sie kümmern, und wenn man nicht freundlich
zu ihnen ist, können sie mit gleichsam erzieherischem Anliegen recht abweisend
werden (vgl. ebd.: 103ff.). Lewis führt diese Ideen unmittelbar auf die Philosophie
und die experimentellen musikalischen Arbeiten der League zurück, die sich mit
dem Wissenschaftshistoriker Andrew Pickering auch lesen lassen als kybernetisch
inspirierter ›Tanz von menschlicher und nichtmenschlicher Agency‹ (Pickering 2002;
vgl. auch OSK: 193). Der Umgang mit dem quasi-selbständigen Verhalten der Little
Computer People stellt für ihn eine »improvisative form of machine-human sociality«
(Lewis 2017: 105) dar, eine soziale Improvisation, die eine Welt konstituiert, in der
die einseitig hierarchische Beziehung zwischen Menschen und Maschinen in Frage
steht.
Nach diesem Erfolg wechselt Gold 1991 zu Xerox und wird Teil von Mark Weisers
Team im Palo Alto Research Center und eine treibende Kraft beim Entwickeln der
Philosophie des ubiquitous computing und seinen hybriden Materialitäten (vgl. Gold
2002, 110ff. u. 206f.). Lewis subsumiert: »As with ubiquitous computing itself, the
social aesthetics of the early interactive computer musicians have now become
unremarkably embedded in the fabric of our everyday encounters with computing
devices« (Lewis 2017: 108). Dies korrespondiert nicht zuletzt mit der Bedeutung, die
musikalischen Interfaces im Human-Computer-Interaction-Design (HCI) bis heute
zukommt. Holland, Mudd, Wilkie-McKenna et al. (2019b) legen ebenfalls die enge
Verbindung der beiden Felder dar und datieren sie ähnlich wie Lewis bis zu den
Anfängen des HCI-Designs zurück. Betont wird dabei, dass sich in beim Musizieren
abstrakteste kognitive Ebenen mit hochgradig verkörperten, intuitiven und sozial
situierten Prozessen verbinden, weshalb Tanaka (2019) die Musik gar als ›natürlichen Partner‹ des HCI-Designs betrachtet. Und McPherson und Benson (2019)
legen dar, dass die Zusammenarbeit mit dem künstlerisch-musikalischen Feld auch
deshalb für HCI-Kontexte so fruchtbar sei, weil dort oft großes Verständnis für
Struktur und Form sowie für die Geschichte und Evolution von Formen vorhanden
ist. Die ›Zeitkunst‹ Musik (vgl. Lessing 1987: 144ff., 218ff.; Ernst 2008: 9) mit ihrem
prozessualen und zugleich sozialen Charakter eignet sich demnach besonders gut
für die Untersuchung und Gestaltung von Prozessen hochgradig verkörperter
Interaktivität (vgl. z.B. Hyun Kim und Seifert 2017) zwischen Menschen und mikrozeitlich getakteten Maschinen (vgl. auch Großmann 1995), die zudem ästhetisch-
46
kreative und ethische Dimensionen berühren (vgl. Hyun Kim und Seifert 2017:
87f.).24
Der Begriff der verkörperten Interaktivität ist ein Schlüsselbegriff und bedarf der
Erläuterung, denn er stellt eine perspektivische Grundlage der eingereichten Aufsätze dar. Die Medienwissenschaftler Andreas Kolb, Rainer Leschke und Timo
Schemer-Reinhard (2008) betonen, dass es sich beim Interaktivitätsbegriff um einen
›polyfunktionalen Begriff‹ handelt, der »in höchst unterschiedlichen Wissenschaftskonzepten und Sprachspielen gleichermaßen funktioniert« (ebd.: 82), seitdem
Licklider und Taylor ihn mit einem neuen Technologiezeitalter assoziiert hatten, in
dem computervermittelte Kommunikation effektiver als herkömmliche Face-to-Face
Kommunikation ist und Kreativität und das Entstehen neuer Ideen besser gefördert
wird als durch nicht interaktive Medien (Licklider und Taylor 1968: 22f.). Gerade die
Transdisziplinarität des Begriffs, der in den Kultur- und Sozialwissenschaften ebenso geläufig ist wie in der Informatik und im Design, stellt demnach die Basis seiner
besonderen Produktivität dar, da er stets auf ein »die jeweilige Einzelwissenschaft
überforderndes Moment« und auf eine »Überschreitung der Grenzen der jeweils ihn
reflektierenden Disziplin« (Kolb, Leschke und Schemer-Reinhard 2008: 93, 96) verweist.25 Auch der Informatikdidaktiker Johannes Magenheim stellt fest, dass es sich
um einen vielschichtigen und schillernden Begriff handelt, der zudem die Tendenz
habe, »intuitiv genutzt zu werden« (Magenheim 2008: 25). Eine wichtige Verbindung
zwischen sozialwissenschaftlichen Konzepten sozialer Interaktion und dem in der
Kybernetik und Systemtheorie verwurzelten »sozio-technischen« (ebd.: 19) Konzept
der Interaktivität stellt für ihn die mit beiden Feldern verbundene Assoziation des
Erwerbs, der Vermittlung und der Generierung von Wissen dar, womit er nicht zuletzt auf die (medien-)pädagogische Relevanz von interaktiven Computersystemen
anspielt. Dabei weist er jedoch zugleich auf eine wichtige perspektivische
Verschiebung hin, die mit der »Metamorphose des Interaktionsbegriffs hin zur Interaktivität als Merkmal des digitalen Mediums« einhergeht, nämlich die »Verlagerung
der Betrachtungsperspektive vom menschlichen Handeln […] hin zur Charakteri24
25
Lessings Aufteilung in Raum- und Zeitkünste wird zwar von den medientechnischen
Entwicklungen längst unterminiert und daher auch zurecht kritisiert. So weist z.B. Böhme
(2013: 265) auf die »grundsätzliche Erweiterung des Wesens von Musik« durch die
Entwicklung der akustischen Technologien hin, welche sie im 20. Jahrhundert auch zur
»Raumkunst« gemacht haben (vgl. dazu auch Motte-Haber 1999). Gleichwohl bietet
Lessings Differenzierung bei entsprechendem Vorbehalt noch immer einen Anhaltspunkt
bezüglich der situativen Performativität und Prozessualität verschiedener Kunstformen.
Die Autoren weisen darauf hin, dass die »Unschärfe« des Begriffs in diesem Fall kein
Manko darstellt, sondern systematischen Charakter hat und als »enorme strategische
Leistung« zu verstehen sei, durch die in den jeweiligen Einzelwissenschaften stark
dynamisierende Wirkungen hervorgerufen werden (ebd.: 98f.).
47
sierung von Systemeigenschaften« (ebd.: 25). So bleiben in der Human-Computer
Interaction, die auf diesem Perspektivwechsel basiert, wesentliche Merkmale von
herkömmlicher sozialer Interaktion wie Metakommunikation, reziproke Partnerbilder,
Intentionalität und Empathie ausgeklammert (ebd.).
Die Bedeutung des Interaktivitätsbegriffs für Kontexte der Kommunikation, des
Wissenserwerbs und der Kreativität legt nahe, ihn auch erziehungswissenschaftlich
genauer in den Blick zu nehmen. Die von Magenheim betonte soziotechnische
Spezifik, also seine Ansiedlung im unscharf werdenden Grenzbereich zwischen
menschlich-sozialen und informationstechnologisch-maschinellen Logiken, weist
auf die Schwierigkeit hin, ihn so zu präzisieren, dass die mit ihm verbundenen
bildungstheoretisch und pädagogisch relevanten Prozesse adäquat – d.h. möglichst
präzise und als Grenzprozesse – adressiert und perspektiviert werden können. Der
hier vorgeschlagene Begriff der verkörperten Interaktivität, zielt genau in diese
Richtung. Er fokussiert die Aspekte der Verkörperung und der stets situierten
Materialisierung von interaktiven Mensch-Maschine-Prozessen und geht davon aus,
dass sie zu großen Teilen auf vor- und nichtsprachlichen, mikrozeitlich strukturierten
und affektiv konnotierten subsymbolischen Ebenen ablaufen und auch und gerade
dort ihre bildungstheoretisch bedeutsame Wirkmacht entfalten (vgl. auch OSK;
BSA). Dabei schließt er prinzipiell an das bisherige erziehungswissenschaftliche
Nachdenken über Interaktivität an und entwickelt es weiter, indem er sich auf zwei
Traditionslinien des Nachdenkens über Interaktivität aus anderen Disziplinen
besinnt, die im deutschsprachigen erziehungswissenschaftlichen Diskurs bislang
noch nicht oder kaum rezipiert worden sind.
Der Hinweis auf die Bedeutung von interaktiven Mensch-Maschine-Prozessen
und die damit verbundenen Themen der Verkörperung und der Materialität finden
sich in unterschiedlicher Rahmung schon in (medien-)pädagogischen Texten um die
2000er Jahre, in denen die interaktiven Digitalmedien zunehmend alltäglich werden.
Diese ersten disziplinären Auseinandersetzungen mit dem Phänomen thematisieren
Interaktivität oft mit einem eher kulturtheoretischen Blick, der darauf abzielt die
prinzipielle Bedeutung der seinerzeit ›neuen‹ interaktiven Medien für die Erziehungswissenschaft auszuloten. So berichtet Winfried Marotzki (1999) von einem Symposium auf dem 16. Kongress der DGfE, wo im Anschluss an Sherry Turkle mit
»subjekttheoretischer Perspektive« diskutiert wurde, dass Lernen und Bildung bald
»in hohem Maße durch neue Informationstechnologien« (ebd.: 323) wie das Internet
bestimmt sein werden. Vor diesem Hintergrund dachte man über neue Formen der
Sozialisation nach, die mit Verweis auf Donna Haraway zu einer dezentrierten und
disponiblen »cyborg identity« (ebd.: 324) führen könnten. Marotzki selbst betonte
die kreativen Möglichkeiten des Internet, das als Medium der Selbstrepräsentation
48
auch eine bildungstheoretische Qualität aufweise. Und Sybille Krämer, die in ihrem
Beitrag explizit nach der »Verheißung der Interaktivität« fragte, vermutete bereits,
dass sie »die sozialen, rechtlichen und moralischen Verankerungen unseres
Kommunizierens in der Lebenswelt« (ebd.: 328) suspendieren könnte. In den 2000er
Jahren beschäftigt sich Werner Sesink (2004, 2007) ausführlich mit dem bildungstheoretisch interessanten dialektischen Wechselspiel von dekontextualisierender
Abstraktion bei der Modellierung von Informatiksystemen und der darauf folgenden
soziomateriellen Implementierung, die sich als lebensweltlich wirksam werdende
Konkretion auch mit normativen ethischen Fragen verbindet. Und Frieder Nake und
Andrea Grabowski (2007: 312) fordern im Anschluss daran eine »Kooperation von
Pädagogen, Fachleuten und Informatikerinnen«, um möglichst auf »den Erfahrungsschatz der gesamten Reformpädagogik« zurückgreifen zu können und auch die
Dimension interaktiver körperlicher Erfahrungen mit einzubeziehen. Heidi Schelhowe
(2007) konstatiert in Bezug auf den Wandel vom Arbeitsgerät zum lebensweltlich
genutzten ›interaktiven Medium‹, dass der Computer nunmehr den Anspruch
erhebe, »Partner in der Interaktion« (ebd.: 146) zu sein, wodurch es zu neuen
Weisen der wechselseitigen Beeinflussung von Mensch und Maschine komme. Und
ähnlich wie auf dem DGfE-Kongress fügt auch sie hinzu, dass dabei möglicherweise
»ein neuer Typus des ›Cyborg‹« (ebd. 145) heranwachse und auch in Bezug auf
interaktiv vermittelte Bildungsprozesse vielleicht an eine »Cyborgisierung« (ebd.) zu
denken sei, zumal mit Tangibles und Social Software Aspekte wie Körperlichkeit und
die Einbettung von Wissen in situierte und global verwobene Kontexte hinzukämen
(ebd.: 157).26 Zu nennen ist des Weiteren Martina Schuegraf (2008), die am Ende
des Jahrzehnts mit einer performativitätstheoretisch fundierten poststrukturalistischen Perspektive im Anschluss an Austins Sprechakttheorie, Judith Butler,
Christoph Wulf (vgl. DGF: 376) und Sybille Krämers Konzept der ›korporalisierenden
Performativität‹ (Krämer 2004: 17ff.) auf die Bedeutung der stets ereignishaften
26
Sowohl die von Donna Haraway entliehene Figur des Cyborg – des kybernetischen Organismus – als auch Bruno Latours Akteur-Netzwerk-Theorie, die »Technik als relationalen
Akteur« sieht, der »weder getrennt vom Handeln noch von der Identität der menschlichen Akteur/in betrachtet« (ebd. 148) werden kann, weisen für Schelhowe hin auf mit
den Digitalmedien zusammenhängende neue »Verhältnisse und Beziehungen zwischen
dem, was wir in der Industriegesellschaft noch als klare Trennung zwischen der Welt der
Zeichen und der physikalischen Welt wahrgenommen haben« (ebd.: 157). Aus diesem
Grund kann es nach ihrer Ansicht bei Medienbildung auch »nicht nur um Fragen
kultureller Produktion« (ebd.) gehen, da es eine vergebene Bildungschance wäre, »wenn
wir den Computer ›nur‹ als Werkzeug oder ›nur‹ als Medium nutzen« und ihn nicht auch
»als Material« begreifen, »mit dem die Konfrontation mit wesentlichen Prinzipien der
Veränderungen moderner Gesellschaften sichtbar, anfassbar, handelnd erfahrbar werden
können« (ebd.: 158).
49
Verkörperung von medialen Interaktionen und performativem, an der Subjektkonstitution beteiligtem Medienhandeln hinweist. Sesink, der die Entwicklung der
Computertechnologie explizit mit der spezifischen Bildungskultur der Moderne in
Verbindung bringt, stellt gleichwohl fest, dass sich die pädagogische Theorie leider
»vornehm abseits hält« (Sesink 2004: 82), was die Beschäftigung mit dieser Technologie und ihren eher technischen Termini angeht, zu denen auch die Interaktivität
gehört, so dass Disziplinen wie die Informatik und die Psychologie eine diskursive
Führungsrolle übernähmen. Er selbst macht den seinerzeit wohl präzisesten Vorschlag, wie verkörperte Interaktivität erziehungswissenschaftlich konkret gedacht
werden kann, wenn er im Kontext der Auseinandersetzung mit virtueller Realität auf
»kybernetisch präformierte« Wahrnehmungen »vor aller distanznehmenden
Reflexion« hinweist, in denen der Leib »zum virtuellen Leib, zum Cyber-Body« (ebd.:
34) wird, was wiederum Auswirkungen auf die Formierung des subjektiven Körperschemas habe.
Im Anschluss an dieses frühe erziehungswissenschaftliche Nachdenken über
Interaktivität knüpft der hier vorgeschlagene Begriff der verkörperten Interaktivität
perspektivisch zum einen (wie bereits Schelhowe) an eine Entwicklung im Feld des
Interface-Designs an und zum anderen an einen Theorierahmen, der diese Entwicklung ursprünglich einmal mit angestoßen hat. Mit Paul Dourishs Buch Where the
Action Is. The Foundations of Embodied Interaction (2001) wird im Feld der HumanComputer Interaction ein Paradigmenwandel prominent, der sich auch in anderen
Veröffentlichungen jener Zeit wie in Dag Svanæs Understanding Interactivity (2000)
widerspiegelt. Beide Autoren kritisieren die vorherrschenden kognitivistisch und
›repräsentationslogisch‹ argumentierenden Perspektiven im Feld der HumanComputer Interaction und beziehen sich stattdessen auf Argumente aus der
Phänomenologie, der Soziologie, der Philosophie und der Wahrnehmungspsychologie, die den Fokus auf körperliches und lebensweltlich bzw. sozial situiertes
Alltagshandeln legen. Svanæs setzt in seinen designtheoretischen Überlegungen
dabei vor allem auf die Phänomenologie von Heidegger und Merleau-Ponty, doch
was die Analyse von Mediengebrauch angeht weist er auch auf die Bedeutung hin,
die Anthropologie, Aktivitätstheorie, Marxismus, Soziologie, Ethnomethodologie,
Sprechakttheorie, Wittgensteins Sprachspiele, Gibsons Affordanzkonzept, Brenda
Laurels dramentheoretische Interfacetheorie (1991) und der Ansatz der distributed
cognition haben (vgl. Svanæs 2000: 4). Dourish legt in seinem Buch ein Jahr später
einen ganz ähnlichen Überblick vor, in dem er ebenfalls verschiedene für das
Interface-Design interessante Perspektiven vorstellt, in denen die Bedeutung der
50
Körperlichkeit und Verkörperung von lebensweltlichem Alltagshandeln betont wird.27
Dabei popularisiert er die Begriffe der Tangibles und des Social Computing, auf die
sich auch Schelhowe später bezieht, und prägt den Begriff der embodied interaction, zu dem er ausführt: »What I am claiming for ›embodied interaction‹ is not
simply that it is a form of interaction that is embodied, but rather that it is an
approach to the design and analysis of interaction that takes embodiment to be
central to, even constitutive of, the whole phenomenon« (Dourish 2001: 102). Denn
embodiment ist – wie die Phänomenologie im Gegensatz zu kartesianischen Denktraditionen mit ihrer Körper-Geist-Dichotomie seit über einhundert Jahren weiß –
»the common way in which we encounter physical and social reality« (ebd.: 100).
Und da wir »embodied phenomena« ›direkt‹ und unmittelbar erleben anstatt sie
abstrakt wahrzunehmen und zu verarbeiten, betont Dourish eine »nonrepresentational perspective on the meaning that may arise from action in an embodied
system« (Dourish 2001: 187) bzw. einen »nonrepresentational stance toward
interaction and cognition« (ebd.: 207).28 Anders als Svanæs legt er seinen argumentativen Schwerpunkt weniger auf die Phänomenologie und stärker auf praxistheoretische soziologische Ansätze wie z.B. das Konzept der Communities of Practice
(Lave und Wenger 1991). Betont wird, dass Technologien untrennbar mit sozialen
Praktiken verschränkt sind, Dourish schreibt: »Embodied Interaction claims that
technology and practice cannot be separated from each other; they are coextensive
and will coevolve. Practices develop around technologies, and technologies are
adapted and incorporated into practices« (ebd.: 204). Perspektiven dieser Art sind
mit der Ausrufung des practice turn um die Jahrtausendwende sehr prominent
geworden, doch Dourishs Ansatz verweist darauf, dass sie im Feld der Computer
Supported Collaborative Work (CSCW) auch schon zuvor ›identitätsstiftend‹ waren
(vgl. ebd. 206; auch Kuutti 2013).
Auch wenn Dourish es in seiner Darstellung unterschlägt und nur Svanæs darauf
hinweist: Theoriegeschichtlich verbunden ist dieser Perspektivwechsel im InterfaceDesign ursprünglich auch mit der biologischen Theorie autopoietischer Systeme von
27
28
Neben der Phänomenologie und ›praxistheoretischen‹ Ansätzen wie den Communities of
Practice und Lucy Suchmans Untersuchung von situiertem Handeln weist Dourish auch
auf Gibsons ökologische Psychologie und sein Affordanzkonzept, auf Polanyis Konzept
des tacid knowledge und auf Wittgensteins Sprachspiele als relevante Traditionslinien
hin.
Damit spricht Dourish symbolischen Repräsentationen keinesfalls ihre Bedeutung ab,
doch er betont: »The embodied interaction perspective highlights the role of meaning in
action« (ebd. 204). Bedeutung entsteht demnach erst durch Handeln im Rahmen
konkreter Praktiken und dadurch verändert sich das Verständnis der Rolle von symbolischen Repräsentationen, deren Bedeutung diesen körperlichen Praktiken nicht mehr
vorausgeht, sondern erst in ihnen und durch sie entsteht (vgl. auch ebd. 207f.).
51
Humberto Maturana und Francisco Varela, die der ›zweiten Welle‹ kybernetischen
Denkens zugerechnet wird (vgl. Hayles 1999: 16) und auch Luhmann maßgeblich
inspiriert hat (vgl. OSK: 180; Foerster 2010; Luhmann 2010; Dickel 2023). Deutlich
wird dieser Zusammenhang in dem einschlägigen Werk Understanding Computers
and Cognition. A New Foundation for Design (1987) von Terry Winograd, einem
Computerwissenschaftler vom MIT und dem Palo Alto Research Center, und
Fernando Flores, einem chilenischen Ingenieur, der unter Salvador Allende als
Wirtschafts- und Finanzminister die Aufgabe hatte, die Wirtschaft des Landes in
einen kybernetisch gesteuerten demokratischen Sozialismus umzubauen, bevor das
Experiment durch einen Militärputsch beendet wurde (vgl. OSK: 192; Pias 2004b:
33ff.; ders. 2005; Jellen 2015; Seibel 2016: 224). Winograd und Flores hatten als
erste die Idee, mit Hilfe philosophisch-sozialwissenschaftlicher Perspektiven wie der
Phänomenologie, der Sprechakttheorie und der Hermeneutik einen neuen Theorierahmen für das HCI-Design zu entwickeln, da sie nach einem Ansatz suchten, der
ihren praktischen Erfahrungen und ihrer Intuition besser entsprach als die
mathematisch-computerwissenschaftlichen Denktraditionen in ihren angestammten
Tätigkeitsfeldern.29 Insofern sind sie die Vorreiter jener Ansätze, die sich in Folge im
Feld der Human-Computer Interaction auf sozialwissenschaftliche Perspektiven
beziehen. Von besonderer Bedeutung war für sie dabei jedoch neben Heideggers
Phänomenologie auch ein Verständnis von Kognition und Lernen als verkörperten
biologischen Prozessen, wie Maturana es mit den Begriffen der Autopoiesis und der
strukturellen Kopplung entwickelt (vgl. Winograd und Flores 1987: 38ff.). Und um zu
verdeutlichen, dass sie bei diesem transdisziplinären Brückenschlag nicht in die
›rationalistische Tradition‹ (ebd.: 30) von Galileo und Descartes mit ihrer KörperGeist-Dichotomie zurückfallen wollen, betonen sie: »Maturana and Heidegger both
oppose the assumption that cognition is based on the manipulation of mental
models or representations of the world, although they do so on very different
grounds« (ebd.: 73).
Während der Begriff der Autopoiesis – der ›Selbst-Hervorbringung‹ – den Prozess
der beständigen körperlichen Selbst(re)produktion von Organismen bezeichnet (vgl.
auch Maturana 1985), bezieht sich der Begriff der strukturellen Kopplung auf das
System-Umwelt- bzw. das Organismus-environment-Verhältnis, das für den Prozess
der Autopoiesis zentral ist. Kognition und Lernen sind in dieser Perspektive keine
Informationsverarbeitung im Sinne des Sammelns und Verarbeitens von abstrakten
29
Die beiden Autoren, deren Buch 1986 zum ersten Mal erscheint, bemerken, dass für ihren
persönlichen Werdegang insbesondere die Arbeiten von Heidegger und Gadamer von
Bedeutung waren. Sie weisen jedoch darauf hin, dass damit verbundene Ideen auch von
vielen anderen entwickelt worden sind. Erwähnt werden Husserl, Merleau-Ponty, Ricoeur,
Mead, Dewey, Wittgenstein, Habermas und andere (vgl. Winograd und Flores 1987: 9).
52
Repräsentationen, sondern das Ergebnis der strukturellen Kopplung von Organismen und ihrem environment, wobei beide im Gegensatz zu (neo-)nehavioristischen
Perspektiven nicht als getrennte Einheiten betrachtet werden können (ebd.: 48).30 Im
Rahmen dieser Kopplung von Organismus und environment können sich ›konsensuell‹ hochkomplexe soziale, kulturelle und selbst artenübergreifende Systeme
entwickeln (z.B. Kommunikationsweisen, Sprache, Verhaltensmuster, Kooperationen
etc.), die nicht mehr auf Logiken der biologischen Selbstreproduktion reduzierbar
sind. Vor dem Hintergrund dieser Argumentation plädieren Winograd und Flores für
eine ›holistische Sichtweise‹ von Technologien, die ihrer Auffassung nach Institutionen, Geräte, Praktiken und Konventionen umfassen, aber darüber hinaus auch die
Sprache bzw. die Verwendung und Bedeutung von Begriffen wie ›Kommunikation‹,
›Information‹, ›Wissen‹, ›Intelligenz‹, ›Sprache‹ und ›Rationalität‹ und damit letztlich
das Weltverständnis verändern (vgl. ebd.: 6). Der Begriff des embodiment bezieht
sich in dieser Perspektive nicht allein auf unser Dasein als lebensweltlich verwurzelte und sozial situierte Wesen, sondern auch auf die biologischen Prozesse der
Wahrnehmung und Kognition, die von Ersterem nicht unabhängig aber auch nicht
determiniert, sondern eben strukturell gekoppelt sind. Und die Geschichte der
strukturellen Kopplung – z.B. mit einem Medium – »becomes embodied both in the
structure of the living system and the structure of the medium« (Maturana, zitiert
nach ebd.: 47). Ganz ähnlich klingt später auch Sesink (2004: 34), wenn er das
wechselseitige Abstimmen von Modellen der virtuellen Realität auf bestimmtes
Körperwissen und das darauf folgende Einwirken der VR-Körpererfahrungen auf das
subjektive Körperschema thematisiert.
Bekannt geworden ist diese für Winograd und Flores neben der Phänomenologie
und der Hermeneutik so zentrale Perspektive in den Humanwissenschaften auch
unter dem Begriff des Enaktivismus, den Maturana und Varela ursprünglich von
30
Bedingung für Kognitionsphänomene ist zudem eine ausreichend komplexe Organisation
des Organismus, d.h. ein Wahrnehmungsapparat und ein Nervensystem, die ihm
Phänomenbereiche eröffnen, welche sich von den unmittelbaren Prozessen auf der
neurophysiologischen Ebene (phänomenologisch) unterscheiden, sowie ein Bewegungsapparat, der im Rahmen der Autopoiesis das Ausbilden unterschiedlicher Verhaltensweisen zulässt. Zur physiologischen Ebene selbst heißt es bei Maturana (1985: 206):
»Vorstellungen wie Kodierung, Botschaft oder Information sind auf das Phänomen der
[biologischen] Selbstreproduktion nicht anwendbar. Ihr Gebrauch in der Beschreibung
dieses Phänomens stellt einen Versuch dar, diese Erscheinung in der Sprache heterotopischer Planung abzubilden.« Nervensysteme verarbeiten also keine Information im
Sinne des Kognitivismus oder der Shannonschen Informationstheorie, wie es etwa die
prominente computational theory of mind annimmt (aus HCI-Perspektive vgl. dazu Winograd und Flores 1987: 46, 50; aus informatischer Perspektive vgl. MacLennan 2003).
Dies tun sie lediglich auf der Ebene ihrer wissenschaftlichen Beschreibung.
53
Jerome Bruner entlehnen, der Enaktion im Rahmen der Diskussion wie Kinder
lernen als ›Learning by doing‹ definiert hatte.31 Vor allem Varela macht den Begriff
prominent (vgl. Di Paolo und Thompson 2014: 69), so dass er in Folge von Svanæs
(2000) und anderen im Feld der Human-Computer Interaction (z.B. Rocha 2012;
Bennett, Feng, Froese et al. 2021) referenziert wird und in den letzten Jahren auch
im Feld der Lerntechnologien (vgl. Georgiou und Ioannou 2019; Johnson-Glenberg
2019; Ioannou und Ioannou 2020; Pischetola und Dirckinck-Holmfeld 2021) und der
Pädagogik (Francesconi und Tarozzi 2019) Aufmerksamkeit erfahren hat. In dem
wegweisenden und viel zitierten Werk The Embodied Mind (1991) erläutern Varela,
Thompson und Rosch das mit dem Enaktivismus verbundene Wissensverständnis
folgendermaßen: »Knowledge is the result of an ongoing interpretation that emerges
from our capacities of understanding. These capacities are rooted in the structures
of our biological embodiment but are lived and experienced within a domain of
consensual action and cultural history« (ebd.: 149). Und in Bezug auf die Grundannahmen des Enaktivismus führen sie des Weiteren aus: »The enactive approach
consists of two points: (1) perception consists in perceptually guided action and (2)
cognitive structures emerge from the recurrent sensorimotor patterns that enable
action to be perceptually guided. […] In such an approach, then, perception is not
simply embedded within and constrained by the surrounding world; it also contributes to the enactment of this surrounding world« (ebd.: 173f.).32 Bereits die sinnesphysiologische Ebene ist demnach maßgeblich am Entstehen von Performativität
beteiligt. Schon das Wahrnehmen selbst wird als eine aktive und strukturell mit dem
environment gekoppelte hochgradig performative körperliche Tätigkeit verstanden,
die sich weder auf einen kognitivistischen Funktionalismus noch auf einen internalistischen Psychologismus reduzieren lässt (s. auch Torrance und Froese 2011; Di
Bruner führt den Begriff 1966 in seinem Buch Toward a Theory of Instruction (dt.: Auf dem
Weg zu einer Theorie des Unterrichts) in Abgrenzung zu ikonischen (bzw. visuellen) und
symbolischen (bzw. sprachlichen) Arten der Wissensorganisation ein (vgl. ebd.: 10f.).
Maturana und Varela nehmen den Begriff auf und arbeiten ihn auf Grundlage der Theorie
autopoietischer Systeme zu einem enactive framework, dem sogenannten Enaktivismus,
aus, der bis heute in verschiedenen Strömungen weiterentwickelt wird.
32 Enaktivistische Ansätze, in denen sich grundlegende Erkenntnisse aus Kybernetik,
Neurophysiologie und systemtheoretischer Biologie mit Einsichten aus der Phänomenologie und einer praxisorientierten Perspektivierung verbinden, finden sich in Folge in
vielen Bereichen und werden bis heute weiterentwickelt: in der Kognitionswissenschaft
(Roy, Petitot, Pachoud et al. 1999; Thompson 2007; Di Paolo und Thompson 2014), in
sozialtheoretischen Kontexten (Torrance und Froese 2011; Lindbloom 2015), in der
Ästhetiktheorie (Hutto 2015; Haworth 2015) und in der Anthropologie (Tewes 2017). Nicht
selten wird dabei auch die Nähe zu pragmatistischen Ansätzen deutlich (vgl. Scarinzi
2015; Jeffcoat 2015).
31
54
Paolo und Thompson 2014; Lindbloom 2015), sondern stets als ein relationales und
damit emergentes performatives Geschehen zu denken ist.33
Der hier entwickelte Begriff der verkörperten Interaktivität knüpft also nicht nur an
den von Dourish dargelegten praxistheoretischen Perspektivwandel im Feld der
Human-Computer Interaction an, sondern darüber hinaus auch an den Enaktivismus
und diesbezüglich insbesondere an Mark Hansens Philosophie interaktiver Medien
(2004), die ähnlich wie Pazzini (2001), aber mit Verweis auf Varela, den Enaktivismus, die Neurophysiologie und Massumis Affekttheorie (2002, 2015) davon ausgeht,
dass neue Medientechnologien die Basis der Wahrnehmung grundlegend verändern, indem sie die Sinne bereits auf präkognitiver Ebene und vor jeder Assimilation
an Sprache (re-)konfigurieren.34 Da diese Prozesse körperlich-affektiv ablaufen,
spielt der Körper auch für Hansen – im Gegensatz zur These einer sukzessiven
›Entkörperung‹ durch die Digitalisierung – sogar eine zunehmend wichtige Rolle,
denn er wird zu jener Instanz, die Wahrnehmen als aktive Tätigkeit des Fokussierens
und Filterns abhängig von den jeweiligen medialen Gegebenheiten überhaupt erst
vollzieht. Und da Wahrnehmen und Handeln sowie die damit einhergehenden
kognitiven Leistungen in der Perspektive des Enaktivismus »zirkulär« (also durch
Feedback-Loops) »aufeinander abgestimmt« (Tewes 2017: 106) sind, wird auf Basis
dieser enaktiven Feedbacks auch mit interaktiven Medien interagiert, deren Interaktivität ebenfalls auf Feedback-Mechanismen beruht, die explizit auf strukturelle
Kopplung abzielen. Martin Warnke (2008) schreibt: Interaktivität ist der »ComputerBetriebsmodus, der die Steuerung eines Rechenprozesses durch die Benutzer
33
34
In dieser Hinsicht unterscheidet sich der Enaktivismus auch grundlegend von Bruners
Begriff der Enaktion, hinter dem noch ein simples Stimulus-Response-Modell steht (vgl.
Bruner 1966: 18).
Massumis Affekttheorie bezieht sich auf Spinoza, Bergson, Simondon, Deleuze und
Guattari und assoziiert Affekt in prozessphilosophischer Tradition mit einem relational
strukturierten und irreduzibel körperlichen Werden. Sein Ausgangspunkt ist Spinozas
Definition von Affekt als einer Fähigkeit zu affizieren oder affiziert zu werden (Massumi
2002: 31; ders. 2015: 48). Im Anschluss daran wird Affekt als emergenter, transversaler
und transindividueller Prozess verstanden, der ähnlich wie Deweys Begriff der Transaktionalität, Gibsons Affordanzbegriff und das Körperverständnis des Enaktivismus im
Anschluss an die Phänomenologie immer subjektive und objektive Qualitäten zugleich
umfasst, ohne dass diese voneinander zu trennen wären. Dichotomien wie aktiv/passiv,
subjektiv/objektiv und aktual/potenziell werden dadurch unterlaufen, wobei der Körper
inklusive seiner Potenzialitäten von Massumi als derjenige ›affektive Raum‹ verstanden
wird, aus dem Subjektivität emergiert (ebd.: 52). Auch Massumi referenziert gelegentlich
den Enaktivismus und wirft zudem besonderes Augenmerk auf den kollektiven Charakter
von Individuation, wobei er nicht auf gängige Konzepte wie Imitation oder Kontagion
rekurriert, sondern eine stets ›differenzielle affektive Einstimmung‹ verschiedener Körper
aufeinander ins Zentrum stellt, was ein »choreographisches Denken« nahelegt (ebd. 56,
94f., 123).
55
während der Verarbeitung zulässt […,] so dass sich eine Rückkopplungs-Schleife
zwischen Nutzer-Aktion und Rechner-Reaktion schließen kann« (ebd.: 369). Exakt
darauf basiert das Feld der Human-Computer Interaction. Auch Lasse Scherffig
(2018: 77) betont in seinem historischen Überblick über die HCI-Entwicklung: »It is
the circular causality of cybernetic feedback, inherent to interactive computing since
the very beginning, that encapsulates user and interface in a loop within which
objects emerge through the process of acting with them. […] In the very moment
when computers became feedback machines they set the stage for creating
naturalness and its user in the reciprocal interplay of action, computer reaction and
perception.« Dieses »kybernetische Prinzip des Computers« (Warnke 2008: 311) ist
die Basis für alle Formen verkörperter Interaktivität, die bildungstheoretisch schon
deshalb bedeutsam sind, weil sie das Einnehmen einer »distanzierte[n] Position zur
Welt« erschweren und, z.B. in interaktiven Kunstkontexten, »die übliche Unterscheidung von innen und außen, von Realität und Fiktion, von Ursache und Wirkung«
unterminieren, da »keiner mehr eine externe Rolle einnehmen kann« (Söke Dinkla,
zitiert nach ebd.) – zumindest nicht in Visionen einer »totale[n] Interaktivität« (Manovich 1996), zu denen auch medienkünstlerische Kontexte mithin beitragen können
(vgl. Leeker 2019, 2021).35
Zusammenfassend bezieht sich der hier dargelegte und den eingereichten Texten
zugrunde liegende Begriff der verkörperten Interaktivität also zum einen auf den
Paradigmenwandel im Feld der Human-Computer Interaction, den Dourish (2001)
wie schon andere zuvor in Anlehnung an die Phänomenologie und deren Betonung
der lebensweltlich zentralen Körperlichkeit mit dem Begriff der embodied interaction
fasst, um im Anschluss daran insbesondere die Bedeutung von sozial situiertem
Alltagshandeln und soziomateriellen Praktiken zu betonen.36 Ergänzt wird dies mit
der Bezugnahme auf den ursprünglich aus der kybernetischen Biologie und der
Kognitionswissenschaft stammenden Enaktivismus und die ihm zugrunde liegende
Theorie autopoietischer Systeme von Maturana und Varela, die es erlaubt, auch
unsere Existenz als biologische Wesen mit einer spezifischen Sinnes- und Neurophysiologie perspektivisch mit einzubeziehen, und die mit den Begriffen des
Manovich thematisiert unter dem Stichwort der ›totalen Interaktivität‹ bereits sehr früh die
Ambivalenz von interaktiven Medien und interaktiver Kunst, die im Westen als »perfektes
Mittel für die Ideen der Demokratie und Gleichheit« angesehen würden, jedoch für
postkommunistische Menschen wie ihn, die aus dem Ostblock stammen, vor allem eine
fortgeschrittene »Form der Manipulation« darstellen.
36 Ganz ähnlich argumentierte jüngst auch Anselm Böhmer (2023) in seinem Aufsatz »Digital
Bodies. On Signification, Learning, and Embodiment in Digital Teaching«, in dem er eine
poststrukturalistische sozialkonstruktivistische Perspektive leibphänomenologisch rahmt,
um Lern- und Subjektivationsprozesse in digitalisierten Kontexten zu fassen.
35
56
Feedbacks und der strukturellen Kopplung Analysewerkzeuge zur Verfügung stellt,
um soziotechnische Grenzprozesse auch auf diesen Ebenen präzise in den Blick zu
nehmen, ohne dabei jedoch mechanistische und deterministische Modelle zugrunde
zu legen.
Wenn Reckwitz betont, der Begriff der Subjektivierung setze »unmittelbar an den
Körpern und an den Affekten« an und gehe »im Gegensatz zum klassisch philosophischen, letztlich mentalistischen Subjektbegriff« davon aus, dass die Interiorisierung der Wissensschemata einer Subjektposition ihre »Inkorporierung in
Permanenz« bedeutet (Reckwitz 2017: 127), so ist dem aus enaktivistischer Sicht
hinzuzufügen, dass Prozesse der verkörperten Interaktivität bereits auf neurophysiologischer Ebene subjektivierungstheoretisch bedeutsam werden, da sie stets mit
medieninduzierten und präkognitiv etablierten Formen der Sinnlichkeit und medialen
Sinnlichkeitsregimes korrespondieren (vgl. DGF). Der Begriff der Verkörperung
bezieht sich hier nicht allein auf die Ebene Sinn stiftender, sozial situierter (Alltags-)
Praktiken, sondern er wird grundlegender und universaler gedacht, da er
Phänomene der Sinnstiftung zudem in ihrer strukturellen Kopplung mit der wahrnehmungs- und mit der autopoietischen (neuro-)physiologischen Ebene in den Blick
nimmt, die strukturell eben auch mit interaktiven Medienlogiken gekoppelt sind.37
Durch die Figur der strukturellen Kopplung von Organismus und environment weist
diese Perspektive zudem über alle rein anthropozentrisch gedachten Formen der
Sozialität hinaus, was nicht zuletzt daran deutlich wird, dass der Enaktivismus auch
von der Extended-Mind-These (Clark und Chalmers 1998) referenziert wird.38
Spätestens durch den sogenannten practice turn um die Jahrtausendwende wurden
praxistheoretische Perspektiven mit soziologischem Hintergrund in Bezug auf
embodiment-Fragen diskursiv sehr dominant und haben andere Ansätze sowohl im
37
38
Diesbezüglich sei auch auf Williamson (2019, 2023) sowie auf Peters, Jandrić und Hayes
(2023) verwiesen, die mit kritisch-postdigitaler Perspektive auf die zunehmende Bedeutung von Neurotechnologien im Bildungsbereich hinweisen. Und hinsichtlich der Dark
Patterns, die User*innen möglichst lange in den Online-Diensten eines Unternehmens
halten sollen, sprach der ehemalige Facebook-Manager Chamath Palihapitiya bereits
2017 von »short-term dopamin-driven feedback loops«, die entwickelt wurden, um das
Verhalten von User*innen zu »programmieren« (vgl. Donner und Allert 2022: 283).
Die Extended-Mind-These geht auf den Aufsatz »The Extended Mind« (1998) von Andy
Clark und David Chalmers zurück und wird seitdem rege und in verschiedenen Varianten
diskutiert. Kognitionsphänomene sind demnach nicht unbedingt auf die Gehirne von
Subjekten reduzierbar, sondern können sich auch in das environment, d.h. in Artefakte
und soziale Gemeinschaften erstrecken. Zentral ist für Clark und Chalmers dabei, dass
die entsprechenden Dinge für den Organismus, mit dem sie strukturell gekoppelt sind,
eine aktive und zentrale Rolle spielen, so dass sie in Bezug auf dessen Kognition »in the
loop« (ebd.) sind.
57
HCI als auch in den Sozialwissenschaften ein wenig in den Hintergrund gedrängt. In
jüngerer Zeit wird jedoch gerade im Zusammenhang mit Mediengebrauch wieder
des Öfteren auf die neueren Entwicklungen im Umfeld des Enaktivismus und der
ökologischen Psychologie mit ihrem Affordanzkonzept hingewiesen, die für Verkörperungsfragen ebenfalls sehr fruchtbar sind und mittlerweile auf ein »more-orless unified ›radical embodied‹ program in cognitive science« (Bennett, Feng, Froese
et al. 2021) hinauslaufen, das auch unter dem Kürzel ›4E‹ (embodied, embedded,
extended, enactive) firmiert und längst nicht mehr annimmt, dass sich Kognition auf
einen kartesianischen Geist reduzieren lässt.39
Durch ihre transdisziplinäre Breite und ihren präzisen und zugleich flexiblen Blick
für strukturelle Kopplungen und (präkognitive) Rückkopplungen aller Art eignet sich
die hier entfaltete Perspektive in besonderer Weise, um subjektivierungstheoretisch
relevante Prozesse verkörperter Interaktivität als soziotechnische Grenzprozesse
empirisch genau in den Blick zu nehmen und dabei zudem neue Forschungsfelder
wie z.B. artenübergreifende Kooperationen, die man auch unter dem Schlagwort der
›biosphärischen Situierung‹ fassen könnte, mit einzubeziehen. Nicht nur Werner
Sesink (2004), auch Stefan Rieger (2019) betont die Bedeutung des Rückkopplungsverhältnis zwischen interaktiven Medien und Körperwissen zur Erzeugung von
Immersionsphänomenen, um auf deren Bedeutung für die Subjektkonstitution hinzuweisen, wobei er konstatiert, dass das Verhältnis von Körper und Medien immer
mehr zu einem der unmerklichen Übergänge wird. Und Rainer Mühlhoff und Theresa
Schütz (2019) legen aus machttheoretischer Perspektive dar, dass das Designen
immersiver Umgebungen auch zu »immersiver Macht« und zu Formen einer »affektbasierten Gouvernementalität« (ebd.: 32) führen kann. Das körperlich performative
Paradigma, das Interaktivitätsprozessen zugrunde liegt, ist ein kybernetisches (vgl.
39
Mark Rowlands (2010: 3) fasst die 4E-Perspektive wie folgt zusammen: »The idea that
mental processes are embodied is, very roughly, the idea that they are partly constituted
by, partly made up of, wider (i.e., extraneural) bodily structures and processes. The idea
that mental processes are embedded is, again roughly, the idea that mental processes
have been designed to function only in tandem with a certain environment that lies
outside the brain of the subject. In the absence of the right environmental scaffolding,
mental processes cannot do what they are supposed to do, or can only do what they are
supposed to so less than optimally. The idea that mental processes are enacted is the
idea that they are made up not just of neural processes but also of things that the
organism does more generally – that they are constituted in part by the ways in which an
organism acts on the world and the ways in which world, as a result, acts back on that
organism. The idea that mental processes are extended is the idea that they are not
located exclusively inside an organism’s head but extend out, in various ways, into the
organism’s environment.« Zum letzten Punkt vgl. auch die Extended-Mind-These von
Clark und Chalmers (1998) bzw. Fußnote 38.
58
auch OSK), das ontologische Zugänge eröffnet (vgl. Pickerung 2002, 2015), die über
die Reichweite von repräsentationslogisch und symboltheoretisch argumentierenden Theorien hinausweisen. Dies gilt es erziehungswissenschaftlich im Blick zu
haben und zu reflektieren. Denn auf der einen Seite entstehen dadurch neue
Formen der Machtausübung, auf der anderen Seite wird es jedoch auch möglich,
planetare Perspektiven im Sinne einer Sympoiesis (Haraway 2016: 58ff.) von
»Multispecies Communities« (Bolinski und Rieger 2021; vgl. auch Mancini 2021) zu
entwickeln. Denn der Blick auf ›präkognitive‹ physiologische Ebenen hat auch dem
Interface-Design neue Perspektiven eröffnet, so dass sich mittlerweile Felder wie
die Animal-Computer Interaction (ACI), die Plant-Computer Interaction (PCI) und die
Human-Computer-Biosphere Interaction (HCBI) etabliert haben, die auch in
pädagogischen Kontexten – etwa beim Entwickeln eines nachhaltigen Weltverhältnisses – eine Rolle spielen können.40 In der Musikwissenschaft jedenfalls wird
sensorgestütztes ökologisches Musicking (Small 1998) als eine improvisative und
den Menschen dezentrierende Praxis mit aktiver Beteiligung von environments und
anderen Spezies bereits seit einigen Jahren unter dem Begriff der Ecomusicology
diskutiert (Thorpe 2019; vgl. auch Peters 2017).
Hyun Kim und Seifert, deren Aufsatz »Interactivity of Digital Musical Instruments« (2017) hier zum Anlass genommen wurde, um den Begriff der verkörperten
Interaktivität einzuführen und zu diskutieren, stellen in Bezug auf interaktive MusikmachDinge eine Entwicklung vom »disembodied automaton to an embodied and
situated one« (ebd.: 85) fest und schlagen vor, sie anhand ihrer Interaktivitätsgrade
zu klassifizieren und zu untersuchen, wie diese jeweils das Musizieren beeinflussen.
Ihr historischer Überblick offenbart, wie Musiktechnologien durch ihre Programmierung und zunehmend interaktive Materialität zu immer autonomeren Agenten
(ebd.: 90) werden, die möglichst konstant mit ihrer Umwelt in Interaktion stehen
sollen und so ein dynamisches System mit ihr bilden, das auf das Verhalten aller
beteiligten Agent*innen zurückwirkt. Betont wird häufig auch das intime Verhältnis,
das Musizierende zu ihrem elektronischen Instrumentarium entwickeln (Baalman
2017), was damit korrespondieren dürfte, dass Körper und Instrumentarium gut
aufeinander ›eingestimmt‹ werden müssen, damit sie in der Performance möglichst
gut miteinander ›verschmelzen‹ können (vgl. auch Enders 2017). Nach Sarah
Hardjowirogo (2017, 2023) bildet sich erst in diesem Prozess die »Instrumentalität«
40
Vgl. auch Fußnote 19. Eine künstlerische Arbeit mit dem Fokus auf PCI war bspw. auf der
Ars Electronica 2023 zu sehen: Die Installation Synplant von Youyang Hu, Chiaochi Chou
und Yasuaki Kakehi machte responsiv die unmittelbar auf ihre Umgebung reagierende
bioelektrische Aktivität von Pflanzen hör- und sichtbar, »[it] positions plants as subjects
of expression and invites viewers to engage with nature in a novel way«, wie es in der
Beschreibung hieß.
59
eines MusikmachDing ›Set-ups‹ (vgl. Ismaiel-Wendt und Pfaffenholz 2018; Feser
2018) heraus. Sie ist also nicht als eine per se gegebene Objekteigenschaft zu verstehen, sondern konstituiert sich erst im Prozess des Verschmelzens mit einem
musizierenden Körper als eine jeweils spezifische. In dieser Perspektive kann sich
der Begriff der hybriden Materialität also nicht allein auf ein isoliertes bzw. für sich
stehendes Musikmach-Ding beziehen, sondern er muss – ähnlich wie schon in den
Arbeiten der League of Automatic Music Composers – für das gesamte musizierende System mit all seinen Elementen gelten, das sich demnach als eine hybride
Assemblage (vgl. Théberge 2017; Hyun Kim und Seifert 2017; Peters 2017; Fullagar
und Taylor 2022) – oder mit Haraway (1995): als eine Cyborg – charakterisieren
lässt. In solchen Kontexten ist Technologie nicht mehr schlicht ein Tool für das
Bearbeiten musikalischen Materials und die Umsetzung präfigurierter Ideen, sondern sie wird selbst zum eigentlichen Material (vgl. Mudd 2019) und zur hochgradig
performanten Mitspielerin, die maßgeblich für die entstehende Performance
mitverantwortlich ist.41
Auf Seite der menschlichen Akteur*innen entsteht in solchen ›Ko-Operationen‹
eine enge Verbindung zwischen verschiedenen Sinnesvermögen, ästhetischer Wahrnehmung, verkörpertem Bewegungswissen und technischem Ingenieurwissen (vgl.
DDH: 254f.; Baalman 2017; Schindler und Hinrichs 2017). Letzteres stellt sich bei
der Entwicklung eines eigenen Set-ups fast zwangsläufig ein, weshalb Baalman
zwischen einer »design time«, in dem ein Set-up (weiter-)entwickelt wird, und einer
»play time«, in der mit ihm performt wird, unterscheidet (ebd.: 233).42 Designprozesse sind im Fall von MusikmachDingen nur selten mit der Produktgestaltung
vollendet und erstrecken sich in vielen Fällen auch auf die entstehenden Einsatzweisen und Gebrauchsformen (vgl. DDH: 243; BSA; Théberge 1997, 2017; Kreidler
2008; Tammen 2017; allgemeiner Carroll 2004; Weber 2008; Brandes, Stich und
Wender 2008; Ernst 2017a; und in Bezug auf Lerntechnologien z.B. Bardone,
Möttus und Eradze 2023), die mitsamt ihrem unvorhersehbaren und kontingenten
Charakter von denjenigen, die Produkte designen, idealerweise mitzudenken und zu
ermöglichen sind (vgl. Allert und Richter 2010; Burckhardt 2012; Ehn 2013; Mareis
2013; dies 2014: 202ff.). Gleichwohl bleiben es die Interfaces, die eine Symmetrie
und ›Reziprozität‹ in die Beziehung von Mensch und Maschine einführen, indem sie
41
42
Auch Meelberg (2023: 171) betont in Bezug auf neue Klangmanipulationsmöglichkeiten
durch »embodied interactions« mit Interfaces: »The manipulation of sound in previously
impossible ways also results in new affective relations between these sounds and their
creators. New sounds entail new vibrations and thus new sonic materialities offering new
affective potentialities«.
Der Designtheoretiker Pelle Ehn unterscheidet ganz ähnlich zwischen Projektzeit und
Nutzungszeit (vgl. Ehn 2013: 92).
60
deren Aktivitäten miteinander kompatibel machen. Dies erlaubt einerseits eine
›Augmentierung‹ von Mensch und Maschine, reproduziert aber andererseits auch
ihre Trennung in einer jeweils spezifischen Weise und definiert dabei zugleich, was
Mensch und was Maschine in der jeweiligen Human-Computer Interaction sind und
sein können (Hookway 2014: 51, 12). Nicht selten wird den MusikmachDingInterfaces auch ganz bewusst eine spezifische ›Pädagogik‹ eingeschrieben, wie
Adam Bell (2018) und Victoria Simon (2020) beispielhaft darlegen.
In Anbetracht der vielen Ebenen und Kontexte, die im Gebrauch von Interfaces
eine Rolle spielen (vgl. auch DDH), argumentieren auch der Interaction-Designer
Olav Bertelsen und der Ästhetikprofessor Søren Pold (2004) in Bezug auf das Feld
der Human-Computer Interaction gegen eine klassisch kognitionswissenschaftlich
verengte Perspektive. Sie kritisieren jedoch genauso die in partizipatorischen
Designansätzen weit verbreitete Annahme, gutes Design müsse alle Hindernisse
zwischen User*innen und der Umsetzung ihrer Anliegen ausräumen und das
technische Medium möglichst transparent machen (Bertelsen und Pold 2004: 24).
Stattdessen plädieren sie für eine Redefinition des HCI-Designs als einer ästhetischen Disziplin, um es endlich von den immer noch vorherrschenden und aus der
Arbeitswelt des 20. Jahrhunderts stammenden (vgl. auch Dourish 2001: 103; Kuutti
2013) funktionalistischen Grundannahmen zu befreien. Ihrer Ansicht nach ist in
Zeiten des ubiquitous computing eine breitere kulturtheoretische Perspektive auf
Interfaces notwendig, da diese nicht mehr nur den Arbeitsplatz, sondern den
gesamten Alltag prägen. Daher bedürfe es kulturtheoretischer Analysen, die den
gesamten kulturellen Kontext in den Blick nehmen und dabei die Erfahrungsperspektive stark machen. Und da sie in diesem Kontext feststellen, dass gängige
HCI-Guidelines eine gewisse Parallele zu klassisch-normativen Ästhetiktheorien
aufweisen, betonen sie, dass es in der modernen Kunst hingegen oft darum gehe,
wie neue Medien die Wahrnehmung und die Erfahrung verändern und wie die Sinne
für solche komplexen kulturellen Situationen ›erzogen‹ (ebd.) werden können.
Gefragt ist dementsprechend nicht nur eine Usability-Perspektive, die auf möglichst
geschmeidige Transparenz und eine einfache Bedienbarkeit von Interfaces abzielt,
sondern gefragt sind auch Störungen und das Durchkreuzen von Erwartungen, wie
man es von der Kunst kennt »in order to make us see how we see« (ebd.). Und
tatsächlich ist dies beim Design von MusikmachDingen gelegentlich der Fall.
61
3.3 Die Digitalisierung der Audio- und Musiktechnologien in den 1990er
Jahren und der Begriff des Postdigitalen
Genau dasselbe Anliegen – »to make us see how we see« – verband sich gewissermaßen auch mit dem Begriff des Postdigitalen, der durch Kim Cascones Aufsatz
»The Aesthetics of Failure: ›Post-Digital‹ Tendencies in Contemporary Computer
Music« (2000) um die Jahrtausendwende begann, bekannt zu werden. Cascone, ein
amerikanischer Komponist elektronischer Musik für die Genres Ambient, Industrial,
Noise, Glitch, Drone, Field Recording und Filmmusik, schreibt seinen Text nach der
explosionsartigen Entwicklung des Digital Signal Processing in den 1990er Jahren,
durch das ganz neue Audiotechnologien möglich und auch für den Hobby-Bereich
erschwinglich geworden sind. Im Rahmen dieser Entwicklung verlieren die digitalen
Audiotechnologien ihre Exklusivität und ihren vormals ›revolutionären‹ Neuigkeitscharakter, da es schlicht normal wird, mit ihnen zu arbeiten. Und so lautet das
Eingangszitat von Cascones Text: »The digital revolution is over« – ein Satz aus der
letzten Wired-Kolumne von Nicholas Negroponte, der unter dem Titel »Beyond
Digital« bereits zwei Jahre zuvor konstatiert hatte: »Yes, we are now in a digital age
[…] But the really surprising changes will be elsewhere, in our lifestyle and how we
collectively manage ourselves on this planet« (Negroponte 1998). Diese Haltung
spiegelt sich meist noch heute in dem mittlerweile heute so gängigen Begriff des
Postdigitalen, zu dem auch Florian Cramer rückblickend anmerkt, er sei vor allem
mit elektronischer Musik und dem Designbereich assoziiert (Cramer und Jandrić
2021: 978).
Im Kontext der musikkulturellen Normalisierung der Digitaltechnologien entstand
eine Reihe von subkulturellen Musikgenres, die jenseits des akademischen Betriebs
von Autodidakt*innen entwickelt und oft selbständig im Internet vertrieben wurden.
Cascone erlebte diese Entwicklungen aus nächster Nähe mit, da er in den späten
1990er Jahren für Audio-Startups im Silicon Valley arbeitete, wo er wie viele andere
in jener Zeit mit noch nicht ausgereiften Technologien und Software zu tun hatte, die
fehleranfällig waren, unerwartet abstürzten und nicht intendierte ›digitale Artefakte‹ –
also Störgeräusche oder sogenannte glitches – produzierten (vgl. Cascone und
Jandrić 2021: 569). Statt diese Fehler jedoch zu kontrollieren und zu unterdrücken
wie die Mainstream-Produktionen jener Zeit, erhoben Künstler*innen wie Cascone
sie zum subversiven Stilmittel und entwickelten so eine »post-digitale Ästhetik«
(Cascone 2000: 393), in der die immersiven sonischen Erfahrungen des Arbeitens in
computerisierten Umgebungen – Drucker- und Festplattengeräusche, das Summen
von Ventilatoren zur CPU-Kühlung, Interfaceklänge und insbesondere die Störungen
der Technologien – ästhetisch verarbeitet wurden. ›Post-digitale‹ Musik ist demnach
ein Sammelbegriff für all jene Genres, die die Prekarität digitaler Signale feiern und
62
die sonischen Effekte digitaler Fehler – „glitches, bugs, application errors, system
crashes, clipping, aliasing, distortion, quantization noise, and even the noise floor of
computer sound cards« (ebd.) – ganz bewusst zum kompositorischen Klangmaterial
machen. So wie John Cage in seinem berühmten Stück 4’33 auf den zuvor nie
thematisierten sonischen Hintergrund der Aufführungssituationen seiner Zeit hingewiesen hat, so weist ›post-digitale‹ Musik auf die nicht thematisierte Technizität
(Hoel und van der Tuin 2013) und den sonischen Hintergrund der neuen digitalen
Produktionsweisen um die Jahrtausendwende hin, denn wie Cascone mit Verweis
auf Cage schreibt: »Our current sonic backgrounds have dramatically changed
since 4’33« (Cascone 2000: 396). Cascone schätzt die Entwicklung und die Verfügbarkeit der Digitaltechnologien und er präferiert insbesondere die Möglichkeiten, mit
Daten zu arbeiten, die von der Technologie produziert werden und »in our perceptual ›blind spot‹« (ebd.: 394) liegen. Denn deren künstlerische Exploration eröffnet
neue Wahrnehmungswelten, gerade wenn der »resulting sound is born of their use
in ways unintended by their designers« (ebd.: 396).
Heute ist der Begriff des Postdigitalen als »contemporary postdigital condition«
(Jandrić, Ryberg, Knox et al. 2019) längst zu einer gesamtgesellschaftlich Diagnose
des soziotechnischen Status quo avanciert, mit dem gemeinhin bezeichnet wird,
dass die Gegenübersetzung von ›analogem‹ Leben und digitalen Technologien
obsolet geworden ist, da beides strukturell so miteinander verquickt und aufeinander bezogen ist, dass es sich nicht mehr voneinander trennen lässt (vgl.
Cramer und Jandrić 2021: 968, 985; Jörissen und Unterberg 2021: 34; Klein 2021b:
44f.; Jandrić 2022). Mit anderen Worten: Auch sozialtheoretische Analysen kommen
nicht mehr umhin, sich mit der Ko-Konstitution ihrer Gegenstände durch gesellschaftlich vollkommen normalisierte Technologien zu beschäftigen, die durch ihre
infrastrukturelle Funktion zu zentralen »epistemischen Akteuren« (Jörissen und
Verständig 2017: 40) geworden sind, welche sowohl an der Subjektkonstitution als
auch am Sozialitätsverständnis mitwirken. Erstmals popularisiert wurde der Begriff
jedoch im Kontext einer musikalischen Ästhetik (Cascone und Jandrić: 567), die
neue Musiktechnologien bzw. MusikmachDinge nutzte und darauf abzielte, deren
spezifische Operationsweisen und Störungen ästhetisch produktiv zu machen.43
Schon aufgrund dieser begriffsgeschichtlichen Bezüge liegt es nahe, die Untersuchung der erziehungswissenschaftlichen Bedeutung von hybriden Materialitäten,
die eine zentrale Möglichkeitsbedingung der heutigen ›postdigitalen Bedingung‹
43
In seinem rückblickenden Interview mit Petar Jandrić merkt Cascone an, dass der Begriff
seinerzeit in der Luft lag und auch schon vor seinem Aufsatz hie und da benutzt wurde.
Ähnliches klingt auch bei Cramer (2015) an. Erstmals prominent gemacht hat allerdings
Cascones Text den Begriff.
63
sind, exemplarisch an MusikmachDingen durchzuführen. Denn auch wenn der
Begriff des Postdigitalen gelegentlich kritisiert wird, kann die mit ihm verbundene
Diagnose durchaus Geltung beanspruchen:44 Die Digitalisierung und ihre Technologien sind gesellschaftlich so normalisiert, dass sie mannigfaltige soziokulturelle
sowie subjektivationstheoretische Effekte mit gesamtgesellschaftlicher Relevanz
erzeugen. Hier kann zwar nicht jede Nuance der Begriffsgeschichte nachvollzogen
werden (siehe diesbezüglich etwa Cascone und Jandrić 2021; Cramer und Jandrić
2021; Jandrić 2022), doch es sei zumindest ein kurzer Überblick über ein paar
weitere Bedeutungshorizonte des Begriffs gegeben, um vor diesem Hintergrund
einige Aspekte hervorheben zu können, die sich auch in der vorliegenden Arbeit als
relevant und anschlussfähig herausgestellt haben.
Cascone geht es seinerzeit noch nicht um einen kritischen Blick auf die Digitaltechnologien (vgl. auch Distelmeyer 2014), sondern lediglich um ästhetische
Gebrauchsweisen, die sich von denen des kommerziellen Mainstreams und der
Werbung unterscheiden, wo die reibungslose und illusionäre Unmittelbarkeit von
digitalen Tools und Produktionsweisen inszeniert wird. Außerdem betont er den Doit-yourself-Charakter der postdigitalen Subkultur, wenn er schreibt: »Composers of
glitch music have gained their technical knowledge through self-study, countless
hours deciphering software manuals, and probing Internet newsgroups for needed
information. They have used the Internet both as a tool for learning and as a method
of distributing their work. […] The artist completes a cultural feedback loop in the
circuit of the Internet« (ebd.: 397, Hervorhebung M.D.). Mit dem Verweis auf das
Internet und dessen Feedback-Loops schließt sich – zumindest terminologisch – ein
weiteres Mal der Kreis zur Kybernetik. Auch Florian Cramer weist in seinem sehr
einflussreich gewordenen »Update« (Cramer und Jandrić 2021: 983) des Postdigitalitätsbegriffs für die 2010er Jahre auf den Do-it-yourself-Charakter von post-
44
Kritik wird bspw. daran geübt, dass der Begriff kontraintuitiv ist (Distelmeyer 2014), was
auch Florian Cramer zugesteht (vgl. Fußnote 45), dass er zwar als Diskurs stiftendes
Schlagwort fungiert, aber nicht unbedingt notwendig wäre, da ähnliche Kritik auch vor
seiner Existenz schon formuliert worden ist (Herwig 2015), dass er durch seine unterschiedlichen Verwendungsweisen und Ausdeutungen die Tendenz hat, immer unschärfer
zu werden und sich jeder eindeutigen Definition und damit auch jeder Möglichkeit zu
wissenschaftlicher Kritik zu entziehen (Haecker 2023; vgl. auch Büchner 2023), und dass
er rhetorisch durch sein Post-Präfix zwar die Aufmerksamkeitsökonomie des Wissenschaftsbetriebs bedient, dabei jedoch Gefahr läuft, eine leere Formel zu bleiben, die
nicht über das hinausführt, auf was sich der Post-Präfix bezieht, so dass es trotz der
rhetorischen Überwindungsgeste beständig reproduziert und zugleich unsichtbar macht
wird, da es vermeintlich nur noch um kulturell Auszudeutendes geht und bspw. nicht
mehr um ein technisches Verständnis der Digitalisierung (Distelmeyer 2014; Paul 2015;
Haecker 2023).
64
digitaler Kunst und auf die Verbindung des Digitalen und des Postdigitalen mit der
Kybernetik hin (Cramer 2015: 21, 25), doch nun aus gegebenen Anlässen mit einem
wesentlich kritischeren Unterton. Cramer deutet den Begriff nicht nur kultur- und
medientheoretisch breiter aus als Cascone, sondern sein Text reflektiert im Sinne
des semantischen Wandels, den der Begriff im Kontext der Transmediale 2013
erfahren hat (vgl. Klein 2021b: 46), auch die Ernüchterung und die Kritik, die sich in
Bezug auf die Entwicklung der Digitaltechnologien seit der Jahrtausendwende breit
gemacht haben. Hintergrund dessen sind die immer deutlicher hervortretenden
negativen Effekte des kommerziell getriebenen Techno-Utopismus und PlattformKapitalismus, wie ihn das Silicon Valley propagiert, und einer damit einher gehenden
›alles durch-dringenden digitalen Überwachung‹ (Cramer 2015: 13), wie Edward
Snowden sie 2013 aufgedeckt hat. Auch Cramer bezieht sich auf Entwicklungen in
der Kunst, wenn er die Praktiken einer neuen Generation von Kunstschaffenden als
›postdigital‹ bezeichnet, die unter dem Regime der aufkommenden Sozialen Medien
und des Plattform Kapitalismus arbeiten und für die Begriffe wie new media art, net
art und software art schlicht nicht mehr geeignet erscheinen (Cramer und Jandrić
2021: 983). Doch seine medienkulturtheoretische Rahmung weist über den Kunstbereich hinaus, so dass der Begriff durch ihn endgültig auch jenseits der kunsttheoretischen Nische bekannt wird. Die allgemeinste Definition lautet dabei nach
Cramer wie folgt: »›Post-digital‹ most simply describes the messy state of media,
arts and design after their digitization (or, at least, the digitization of crucial aspects
of the channels through which they are communicated)« (Cramer 2015: 19). Im
Anschluss an die künstlerischen Arbeiten, die ihn bei dieser Aktualisierung inspiriert
haben, schreibt Cramer dem Begriff nun jedoch auch eine subversive machtkritische Färbung zu und merkt an: »Post-digital cultures are made up of, metaphorically speaking, post-colonial practices in a communications world taken over by the
military-industrial complex of only a handful of global players« (ebd.: 24).
Man kann davon ausgehen, dass es gerade dieses Oszillieren zwischen deskriptivem und kritisch-normativem Bedeutungsgehalt in Cramers Verständnis ist, das
den Begriff in Folge auch für eine kritische Sozialwissenschaft mit Schwerpunkt auf
Bildungsfragen so attraktiv macht (vgl. dazu etwa Jandrić 2022), dass 2018 die
internationale Zeitschrift Postdigital Science and Education (Jandrić, Knox, Besley
et al. 2018) gegründet wird, die eine neue Welle postdigitalen Denkens – nun in den
Sozial- und Humanwissenschaften – anstößt, auch wenn Cascone und Cramer den
Begriff selbst im Kunstbereich schon weitgehend aufgegeben haben, wie in neueren
65
Interviews deutlich wird.45 Zusammenfassend findet sich der Begriff heute also in
der Kunst und der Ästhetiktheorie (Cascone 2000; Pepperell und Punt 2000;
Fleischer 2013, 2015; Distelmeyer 2014; Cramer 2015; Herwig 2015; Berry und
Dieter 2015; Ertan 2015), in der Arts Education und der Kulturellen Bildung (Jörissen
und Unterberg 2019; Tavin, Kolb und Tervo 2021; Ackermann und Egger 2021;
Unterberg und Jörissen 2021; Klein 2021a, 2021b; Hayes und Jandrić 2021; Meyer
2022; Jörissen, Kröner, Birnbaum et al. 2023; Krämer, Schmiedl und Jörissen 2023;
Klein, Meyer und Zahn 2023), in den Digital Humanities (Berry 2014; Redaktion
Libreas 2016; Berry und Fagerjord 2017), in den Sozialwissenschaften mit Schwerpunkt (Medien-)Bildung und Educational Technology (Jandrić, Knox, Besley et al.
2018; Jandrić, Ryberg, Knox et al. 2019; Fawns 2019; Knox 2019; Williamson 2019,
2023; Macgilchrist 2021; Donner und Allert 2022; Macgilchrist, Allert, Jarke et al.
2023; Gachago, Bali und Pallitt 2023; Jergus und Schmidt 2023; Henry 2023) sowie
in einer Reihe begriffsgeschichtlicher und methodologischer Reflexionen zu dem so
breit gewordenen Forschungsfeld (Cascone und Jandrić 2021; Cramer und Jandrić
2021; Jandrić 2022; Fawns, Ross, Carbonel et al. 2023; Haecker 2023; Büchner
2023).
Trotz dieser beeindruckenden Begriffskarriere argumentierte Ryan Haecker (2023)
jüngst, dass das Postdigitale als kritische Perspektive gescheitert sei, da es nurmehr eine Erweiterung disruptiver Digitalisierungsrhetorik auf neue Felder darstelle
und der Begriff durch seine sukzessive Verallgemeinerung mittlerweile so durch
innere Widersprüche gekennzeichnet sei, dass er am besten überwunden werde.
Die Feststellung, dass die Digitalisierung mittlerweile kein neues gesellschaftliches
Phänomen mehr ist und tiefgreifende soziokulturelle Effekte hat, ist tatsächlich recht
trivial und längst common sense. Doch es gibt durchaus auch konkretere Aspekte,
45
In ihren Interviews mit Jandrić (2021) klingen beide recht desillusioniert, was das kritische
Potenzial von digitaler Kunst unter den heutigen Bedingungen angeht und beide bemerken, dass sie selbst keine digitalen Technologien mehr für die Kunstproduktion nutzen.
Nach Cascone ist das heutige Problem der digitalen Kunst schlicht, dass dem Spektakel
mehr Wert zugesprochen wird als dem kritischen Denken (Cascone und Jandrić 2021:
573). Und Cramer zeigt sich nicht nur enttäuscht, dass so wenige aus der Kunst sich
gegen die Narrative des Techno-Utopismus stellen, sondern er hält es auch für möglich,
dass die Kunst im Rahmen der aktuellen gesellschaftlichen Transformation die Bedeutung verliert, die sie die letzten 300 Jahre in der westlichen Moderne innehatte (vgl.
Cramer und Jandrić 2021: 979, 974, 986). Schreibt er 2015 noch: »The term [post-digital]
sucks but is useful« (Cramer 2015: 13), so konstatiert er 2021: »The term sucks and is
counter-intuitive, because we are not living in postdigital times in any literal sense […if]
every aspect of life becomes more, not less digital, then the term ›postdigital‹ doesn’t
seem to make sense« (Cramer und Jandrić 2021: 983f.). Insofern eigne sich der Begriff
allenfalls noch, um die Beziehung von digital und analog gedanklich zu verkomplizieren,
oder auch für tatsächlich postdigitale Technologien wie Bio- und Quantencomputing.
66
die sich mit dem Begriff verbinden und sich in der vorliegenden Arbeit thematisch
als anschlussfähig erwiesen haben. Eines dieser Themen ist die Frage nach dem
Verhältnis des Postdigitalen zur Kybernetik, das zwar gelegentlich erwähnt aber nur
selten genauer beleuchtet wird. Cascone (2000: 397) beschreibt Kunstschaffende
als integrale Bestandteile eines ›kulturellen Feedback-Loops im Schaltkreis Internet‹.
Cramer (2015: 25) merkt etwas kryptisch an, dass das Postdigitale wie das Digitale
im kybernetischen System-Paradigma verwurzelt sei, das sich jedoch in der Krise
befinde, wofür das Postdigitale ein Ausdruck sei. Ertans Sammelband Histories of
the Post-digital (2015) und die Arbeiten von Martina Leeker (2019, 2021), die postdigitale Kunstpraktiken historisch kontextualisieren und mit der kybernetischen
Kunst der 1960er Jahre in Verbindung bringen, geben weitere Hinweise. Und auch
Friedrich Kirschner (2021) bezieht sich bei der Gestaltung einer partizipativen
Inszenierung – im Gegensatz zu Cramer in affirmativer Weise – auf einen kybernetischen Theorierahmen. Möglicherweise weist Haecker (2023: 839) also nicht ganz zu
Unrecht darauf hin, dass das Postdigitale sein Verhältnis zur Kybernetik expliziter zu
reflektieren und zu explizieren hätte, um eine eigenständige Position zu entwickeln,
die über das Post-Präfix und dessen immanenten Rückbezug auf das Ereignis der
Digitalisierung hinausweist.
Cramer legt dar, dass er durch eine elektronische Musikerin und Studentin an
seiner Hochschule auf den Begriff des Postdigitalen aufmerksam wurde (Cramer
und Jandrić 2021: 983), bei deren Arbeiten es sich meist um analoge Tape-LoopInstallationen handelte. Dies ist insofern interessant, weil schon die ersten TapeLoop-Experimente in den späten 1940er Jahren in expliziter Auseinandersetzung
mit der Kybernetik entstanden sind (vgl. Ruschkowski 1998: 191f.). Und Tape-LoopPraktiken spielen auch eine zentrale Rolle bei der künstlerischen Aneignung der
Kybernetik durch die amerikanische counterculture in den 1960er Jahren, die einen
zentralen Einfluss auf das entstehende Silicon Valley und die Popularisierung der
Multimedia-Kultur gehabt hat (vgl. OSK: 185ff.; Donner und Allert 2022: 19ff.). Man
könnte bei den Tape-Loops, die Cramer als ›postdigital‹ bezeichnet, also auch von
der prototypischen kybernetischen Kunstform schlechthin sprechen, die tatsächlich
weit vor die Digitalisierung zurückverweist. Wie Cramer bemerkt geht es jedoch bei
postdigitaler Ästhetik gerade nicht mehr darum, alte gegen neue oder analoge
gegen digitale Medien auszuspielen, da diese Kategorien durch die Ubiquität der
Digitalisierung ohnehin fragwürdig geworden sind. Aus diesem Grund deutet er die
Beobachtung, dass jüngere Kunstschaffende wieder Analogmedien wie Tape-Loops
nutzen, auch nicht wie viele seiner älteren Kollegen als Retro-Trend (Cramer und
Jandrić 2021: 976), sondern eine seiner Formeln für das Postdigitale lautet: »Postdigital = ›old‹ media used like ›new media‹« (Cramer 2015: 21). Diese Einschätzung
67
bestätigt sich auch in unserer Studie, in der sich ein Teilnehmer intensiv mit einem
Performance-Sampler auseinandersetzt, dessen Design ebenfalls an die TapeLoop-Tradition anknüpft (BSA: 13). Parallel zu dieser Auseinandersetzung beginnt er
jedoch auch, Kassetten-Tape-Loops zu basteln und in seinen Performances beides
zugleich einzusetzen. Um die nur einige Sekunden langen analogen Tape-Loops
interessanter zu machen, schleift er sie zudem zusätzlich noch durch den digitalen
Sampler, um dessen komplexe Modulationsmöglichkeiten zu nutzen. Und aufgeführt
werden diese hochgradig hybriden (Tape-)Loop-Praktiken unter anderem in digitalen
YouTube-Streams. Cramer stellt also zurecht fest, dass die medienkünstlerisch
einmal bedeutsame Differenz zwischen analog und digital in Zeiten einer ubiquitären
Digitalisierung nicht mehr entscheidend ist, da auch ›prädigitale‹ Medien digital
kontextualisiert und ›postdigital‹ inszeniert werden. Entscheidend wird vielmehr die
Differenz zwischen »shrink-wrapped culture and do-it-yourself culture« (Cramer
2015: 22), wobei am Ende fast immer ein digitales Format stehen dürfte, das SocialMedia-kompatibel ist.46 Haeckers Kritik, dass das Postdigitale sein Verhältnis zur
Kybernetik genauer zu reflektieren und zu explizieren hätte, um eine Position zu
entwickeln, die über das Post-Präfix hinausweist, bleibt jedoch nachvollziehbar.47
Die vorliegende Arbeit und das parallel dazu entstandene Buch (Donner und Allert
2022) reflektieren diese Verbindung – auch in bildungstheoretischer Hinsicht – und
machen diesbezüglich dezidierte Vorschläge für eine kritisch-konstruktive Positionierung (OSK: 193f.; Donner und Allert 2022: 384ff., 432ff.).
Ein weiteres Thema, das sowohl in Bezug auf das Postdigitale als auch in der
vorliegenden Arbeit eine zentrale Rolle spielt, auch wenn es im neueren Postdigitalitätsdiskurs nicht mehr allzu häufig im Zentrum steht, ist der Körper mit seinen
Fähigkeiten wahrzunehmen, Erfahrungen zu machen, affiziert zu werden und zu
affizieren. Er ist der Ort, an dem und durch den sich die abstrakten Idealisierungen
binärer Kodierung (vgl. Cramer 2015: 18) und informatischer Modelle respektive
deren Implementierung in konkrete Lebenswelt übersetzen, womit sie zwangsläufig
im Wortsinn ›postdigital‹ werden, da es uns nicht möglich ist, ›digitale Erfahrungen‹
46
47
Auch unser Teilnehmer betonte auf Nachfrage, dass seine Tape-Loops etwas ganz
Besonderes seien, weil man sie händisch basteln müsse und nicht kaufen könne.
Erwähnt sei hierzu allerdings, dass Haeckers Gegenvorschlag eines ›Hyperdigitalen‹ hier
ebenso wenig geteilt wird wie sein antimaterialistischer Transzendentalismus und sein
Kybernetikverständnis, das sich auf eine Vor- und Frühgeschichte der Digitalisierung zu
reduzieren scheint.
68
zu machen.48 Schon Sesink (2004: 106) schreibt, formale informatische Modelle
seien vorerst »sinn-frei«, weshalb »die Abstraktion, welche zu formalen, sinnfreien
Modellen von Wirklichkeitsausschnitten führt […] komplementär der rematerialisierenden Konkretion, der Wiedereinbindung und Rückführung in die materiellen
Lebensbezüge« (ebd.: 109) bedarf – womit sie streng genommen nicht mehr digital
sind. Und parallel zu Cascones wegweisendem Aufsatz veröffentlichen auch Robert
Pepperell und Michael Punt ein Buch mit dem Titel The Postdigital Membrane.
Imagination, Technology, Desire (2000), das zwar bei weitem nicht dieselbe
Aufmerksamkeit bekommt wie Cascones Aufsatz, aber eine interessante weitere
Auslegung des Postdigitalitätsbegriffs darstellt. Pepperells und Punts postdigitale
Membran ist ein eigenständiges Wahrnehmungs- und Erkenntnismodell mit postphänomenologischer Färbung, dem eine Ontologie des Kontinuierlichen zugrunde
liegt und das auch eine gewisse Nähe zu den kulturtheoretischen Auslegungen von
Bachelards Konzept der Phänomenotechnik durch Waldenfels (2002: 361, 374f.)
und Hansen (2021) hat.49 Die Annahme der ›digitalen Revolution‹, Wahrnehmung,
Bewusstsein und Welt seien tatsächlich in diskrete Einheiten zerlegbar, die binär
kodiert und mit deterministischen Mitteln kalkuliert werden können, wird als reduktionistisch zurückgewiesen. Betont werden stattdessen die Unvorhersagbarkeit und
Ambiguität menschlicher Erfahrung, die mit komplexeren Metaphern zu beschreiben
sei als mit binären Codes und logischen Erklärungen, wie viele Wissenschaftler sie
produzieren. Statt solcher »amputated descriptions« (Pepperell und Punt 2000: 2)
greifen die aus dem Kunstbereich stammenden Autoren daher auf die biologische
Metapher der Membran zurück, die Entitäten und ihre Umgebung voneinander
Vgl. dazu auch Abschnitt 3.2 zur verkörperten Interaktivität. Man kann Erfahrungen mit
nichtelektronischen Digitalmedien wie dem Alphabet oder mit elektronischen Digitalmedien wie einem Laptop usw. machen, aber keine ›digitalen Erfahrungen‹. Auch Cramer
(2015) weist darauf hin, dass der Begriff des Digitalen oft extrem unscharf verwendet
wird, da er erstens keine exklusive Bezeichnung für die binär operierenden elektronischen Digitalmedien ist, die unseren Alltag erobert haben, und es sich zweitens bei der
Rede vom Digitalen immer um idealisierende gedankliche Abstraktionen handelt, da der
eineindeutige ›diskrete‹ Zustand, der digitale Elemente und Schaltungen kennzeichnet,
physikalisch betrachtet immer nur eine (operational ausreichend genaue) Annäherung ist.
49 In der nicht besonders umfangreichen Literaturliste am Ende des Buchs findet sich bspw.
ein Verweis auf Don Ihdes Buch Instrumental Realism. The Interface between Philosophy
of Science and Philosophy of Technology (1991). Die Argumentation der beiden Autoren
ist jedoch eigenständig und hat auch nicht die Form einer streng wissenschaftlichen
Theoriebildung, sondern spiegelt eher die Auseinandersetzung mit Wissenschaft und
verschiedenen wissenschaftlichen Perspektiven, die das Postdigitale nach Auffassung
der Autoren jedoch nie vollumfänglich erfassen werden können, da die »categories of
logic, reason and the binary are absorbed and transcended in the postdigital membrane«
(Pepperell und Punt 2000: 157, vgl. dazu auch ebd. 123).
48
69
trennt, sie aber zugleich miteinander verbindet, so dass faktisch von einem Kontinuum zu sprechen ist. Diese Figur wird universalisiert, um damit sowohl gegen die sich
verbreitenden digitalen Weltbilder zu argumentieren als auch gängige Dichotomien,
die auf vermeintlich absoluten Gegensätzen beruhen, wie die von Subjekt/Objekt,
Geist/Körper, Mann/Frau und Mensch/Maschine zu dekonstruieren. »In the postdigital membrane identifiable parts are not reduced to oppositions and analysed as
dialectical constellations but considered as continuous with each other«, schreiben
Pepperell und Punt (ebd.: 164), »in general, we can conceive of ›things‹ (distinct
perceptions) as being both connected by and separated by permeable membranes
that exist both in our minds and in reality (since we cannot divorce one from the
other)«. Das Unterscheiden diskreter Entitäten, das die zentrale Grundlage digitaler
Modellierung bildet, ist demnach nur eine Konsequenz aus der Sprache und der
Operationsweise unserer Sinne, während sich auf der Ebene des Körpers und seiner
postdigitalen Verquickung mit dem Technologischen Subjektives und Objektives,
oder »Imagination, Technologie und Begehren« (wie es im Buchuntertitel heißt)
vermengen, weshalb rationalistische und deterministische Erklärungen auch zum
Scheitern verurteilt sind (ebd.: 158). Das Mensch-Maschine-Verhältnis wird dabei als
symbiotisch betrachtet.50 Technologien und Ideen beeinflussen sich wechselseitig
(ebd.: 84) und gehen kontinuierlich ineinander über. »It may be that, in the postdigital era, we are ready to accept a deep continuity between all things that appear
to be separate, schreiben Pepperell und Punt, »in particular, the continuity between
human and machine will no longer seem fantastic and, indeed, can be regarded as
being well established« (ebd.: 63).
Pepperell und Punt betonen zwar die Hybridität des Postdigitalen, kritisieren aber
die epistemologischen Effekte digitaler Modelle, die Selbst und Welt auf reduktionistische und letztlich trügerische Weise formalisieren und dann aus Gründen der
Bequemlichkeit sowie zur Erzeugung von Machbarkeits- und Herrschaftsphantasien
häufig zur Norm werden, so dass sie zunehmend über das körperlich-sinnliche
Leben bestimmen und drohen, es seiner Ambiguitäten und Prozessoffenheit zu
berauben. Dies wird heute durchaus auch in bildungstheoretischen Kontexten
diskutiert (etwa OSK: 193f.; Allert und Asmussen 2017; Jörissen 2020). Pepperell
und Punt argumentieren diesbezüglich vor allem mit dem Körper und wenden sich
dabei auch explizit gegen (post-)strukturalistische Denktraditionen, die Kultur, Wahrnehmung und Begehren nach Vorbild der Linguistik modellieren (vgl. auch Foucault
1974: 456f.) und so – analog zur Digitalisierung – letztlich auf Sprache reduzieren.
50
Tatsächlich erinnert diese Sichtweise ebenso wie die biologische Metapher der Membran
an Winograd und Flores und deren Bezugnahme auf die kybernetische Biologie bzw. auf
die Theorie autopoetischer Systeme von Maturana und Varela. Vgl. dazu Abschnitt 3.2.
70
Die ›Mode‹ der binären Kodierung von komplexen sozialen Realitäten wird nicht nur
auf Shannons Informationstheorie, sondern auch auf den Strukturalismus zurückgeführt (ebd. 160). Und in Bezug auf das begehrende Selbst gilt Lacan als Vertreter
einer »coalition of Linguistics and Psychoanalysis« (ebd.: 55), die das westliche
Denken in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts bestimmt habe und für die alle
bewussten und unbewussten mentalen Aktivitäten ebenfalls linguistisch strukturiert
seien.51 Pepperell und Punt hingegen sind überzeugt: »By reinserting the body into
the structure of experience we are rectifying a cardinal omission of psycho-linguistic
theory. In postdigital terms, the mind must necessarily include the body with its
responses, emotional spasms and varying states of vibrational intensity« (ebd.: 49).
Um dieses auf Schwingungen basierende Weltbild zu stützen, verweisen sie sowohl
auf die theoretische Physik als auch auf vitalistische indigene Weltbilder (ebd.:
114f.), wobei ihnen auch Roland Barthes als Verbündeter gilt, der bereits in den
1960er Jahren ein postdigitales Zeitalter vorhergesehen habe, als er spekuliert
hatte, dass die angenommene Wahrheit der ›binären Metasprache‹ möglicherweise
ein notwendiges aber vorübergehendes Ereignis sei, das eines Tages auch wieder
von der Geschichte hinweggefegt werde (ebd. 163). Und aus der Kunst kommend,
veranschaulichen sie ihr Argument nicht zuletzt anhand ästhetischer Erfahrungen,
die sich ebenfalls nicht auf Sprache reduzieren oder binär kodieren lassen.
51
Vgl. dazu auch Koller 2023: 49ff. Ähnliche Kritik findet sich auch bei Massumi (2002),
Hansen (2004) und Geoghegan (2011, 2023). Massumi (2002: 1ff.) lehnt aus demselben
Grund Konzepte der Subjektivierung ab, die an Althussers Figur der Interpellation
anschließen, und weist ähnlich wie Pepperell und Punt auf ein Problem vieler poststrukturalistischer Theorien mit der Rolle des Körpers, der Sinneswahrnehmung und
Fragen der Materialität hin, die zwar thematisiert würden, aber immer nur als mediatisierte und nie in ihrer Unmittelbarkeit und mit ihrer eigenen Agency erscheinen könnten.
Als anschauliches Beispiel dafür kann Geimer und Burghardt (2019) gelten (ohne die
Produktivität dieser Perspektive in Frage stellen zu wollen). Zu Massumis eigenem
Ansatz vgl. Fußnote 34. Hansen (2004: xix) sieht ebenfalls einen im poststrukturalistischen Denken weit verbreiteten ›Repräsentationalismus‹ am Werk sowie die Tendenz,
Phänomene der materiellen Agency mit linguistischen Modellen fassen zu wollen,
wodurch indirekt wieder die Integrität und die Autonomie des Denkens und der
Repräsentation gesichert werde. Und Geoghegan (2011, 2023) legt die wissenschaftsgeschichtlichen Zusammenhänge der Verbindung von Informationstheorie und der
sogenannten French Theory dar. Vgl. dazu auch Fußnote 22.
71
Musikalische Erfahrung etwa sei ganz offensichtlich »extra-linguistic and exemplifies
a mode of imaginative expression that resists symbolic codification« (ebd.: 150).52
Ein wenig erinnert die Kritik von Pepperell und Punt, die digitale Technologien
nicht ablehnen, aber die Verabsolutierung digital strukturierter Weltzugänge in Frage
stellen, auch an Michel Serres, der ein paar Jahre zuvor der Membranmetapher
nicht unähnlich für eine Philosophie der Gemenge und Gemische plädiert und
ebenfalls mit kritischem Unterton kommentiert hatte: »Die Welt der Information
verdrängt die beobachtete Welt; […] Die Gnoseologie wandelt sich, desgleichen die
Epistemologie, aber auch das tägliche Leben, die bewegliche Nische, in die der
Körper eingetaucht ist, aber auch das Verhalten, als die Moral und die Erziehung.
[...] Der Code sagt, was gegeben ist, die Datenbank ist an die Stelle der Welt
getreten. […] Inzwischen kann uns das Gegebene aus der Sprache entgegentreten,
denn wir haben die Welt zum Schweigen gebracht« (Serres 1998: 58f., 158). Nicht
nur Pepperells und Punts Interpretation des Postdigitalen kommt jedoch auf die
Bedeutung des Körpers zu sprechen. Auch Florian Cramer weist – gewissermaßen
im Sinne von Foucaults »Praktiken der Freiheit« (Foucault 2007: 255; vgl. auch DGF:
372f. sowie beispielhaft OSK: 188ff.) – indirekt auf den Körper hin, wenn er zu den
postdigitalen Do-it-yourself-Praktiken anmerkt, sie erinnerten an »embodied and
life-practice oriented concepts« (Cramer und Jandrić 2021: 976), wie Dewey und
Heidegger sie entwickelt haben. Rasmus Fleischer (2015) bezieht sich wie Massumi
auf Spinozas Affekttheorie, um zu fragen, ob der »Superüberfluss« an digitalisierter
Musik einen Effekt auf das körperliche Vermögen hat, von ihr affiziert zu werden,
und im Anschluss daran Strategien zum Entwickeln einer »postdigital sensibility« zu
diskutieren.53 Und Judith Ackermann (2020) nimmt hybride SmartphoneErfahrungen beim Location Based Mobile Gaming in den Blick, in denen der
»postdigitale Körper« selbst zum »Interface« wird, das gleich einer ›postdigitalen
Membran‹ digitale und physische Ebenen verbindet. Auch die vorliegende Arbeit
betont die Bedeutung des Körpers, seiner Wahrnehmungen und Affekte (vgl. OSK;
DGF; BSA). Sie spielt ihn jedoch nicht gegen den Poststrukturalismus aus, sondern
kombiniert poststrukturalistische Perspektiven (vgl. OSK: 170; DGF: 372f.) mit
Dies erinnert zum einen ein weiteres Mal an Roland Barthes und seine Bemerkungen zur
»Rauheit der Stimme« (1990), in denen Barthes ausführt, dass man in dieser Rauheit
etwas höre, »was jenseits (oder diesseits) der Bedeutung der Wörter liegt, […] etwas, das
direkt der Körper des Sängers ist« (ebd.: 271) und sich nicht auf einen subjektiven oder
sozialen Sinn zurückführen lässt. Und in den Sound Studies argumentiert Holger Schulze
(2018) in seinem anthropologischen Konzept der Sonic Persona ganz ähnlich, wenn er
feststellt, dass sonische Erfahrungen oft mit visuellen und textlich basierten Analyseansätzen kodiert und beschrieben würden, die der Sache jedoch nicht gerecht werden
(vgl. z.B. ebd.: 121).
53 Zu Massumis Bezugnahme auf Spinoza vgl. auch Fußnote 34.
52
72
einem Verständnis von verkörperter Interaktivität, das über diese hinausgeht, indem
es auch physiologische Ebenen und irreduzibel körperlich vermittelte Prozesse der
strukturellen Kopplung von Organismus und environment in den Blick nimmt. Dem
liegt die Überzeugung zugrunde, dass Vulnerabilität, Angewiesenheit und Sorge uns
nicht nur und nicht erst als sprechende und sich symbolisch vermittelnde Wesen
betreffen, sondern auch als irreduzibel körperliche und mithin biospärisch situierte.
Mit Pepperell und Punt könnte man auch sagen: sie betreffen uns als postdigitale
Membrane, die sich durch die Konfluenz (vgl. DGF: 374) von abstrakt Digitalem und
konkret Nichtdigitalem auszeichnen.
Unabhängig von den verschiedenen Ausdeutungen des Postdigitalitätsbegriffs
eint alle vorgestellten Perspektiven, dass sie von einer ubiquitär und indifferent
gewordenen Digitalisierung ausgehen, die in pragmatischer wie epistemologischer
Hinsicht einen tiefgreifenden Einfluss auf Alltag und Wahrnehmungsweisen sowie
auf Selbst- und Weltverständnisse hat. Berry und Dieter (2015) betonen dabei
insbesondere, dass die in diesem Zuge entstehenden neuen Rationalitätsformen nur
vor dem Hintergrund des kontemporären Kapitalismus zu verstehen seien (vgl. ebd.:
2; auch Cramer und Jandrić 2021: 983; Cascone und Jandrić 2021: 570f.). Damit
knüpfen sie gleichsam an eine Beobachtung an, die bereits in Paul Théberges
wegweisender Analyse Any Sound You can Imagine: Making Music/Consuming
Technology (1997) anklingt. Théberge analysiert Ende der 1990er Jahre mit einer
breiten kulturtheoretischen Perspektive die Entwicklung der Musikinstrumente und
ihrer Digitalisierung und stößt dabei auf eine neue ›kulturelle Formation‹ (ebd.: 242),
die sich durch ein grundlegend neues Verhältnis von Produktion und Konsumtion
auszeichnet und neue Formen der Subjektivierung hervorbringt, in denen beides
eng miteinander verknüpft ist (vgl. Théberge 1997: 251ff.). Und bereits drei Jahre
bevor der Begriff des Postdigitalen sich in der Literatur zu verbreiten beginnt,
sinniert er, ob diese Transformation von Musizierpraktiken und -technologien, von
musikbezogenen Kulturtechniken und Ökonomien sowie die damit verbundenen
Formen der Subjektivierung vielleicht ein Anzeichen für eine viel größere kulturellen
Transformation ist, die weit über den Musikbereich hinausgeht und sich auch in
anderen Medien- und Gesellschaftsbereichen abzuzeichnen beginnt (ebd.: 254).
Diese Überlegungen von Théberge lassen an Jacques Attalis große kulturtheoretische These denken, dass die Musik, ihre Technologien, ihre Aufführungspraktiken
und Ökonomien stets ein zuverlässiger Seismograph für sich abzeichnende
gesamtgesellschaftliche Transformationsprozesse gewesen sind (Attali 1985). Und
wenn dem so ist, dann macht es schließlich auch in soziopolitischer Hinsicht Sinn,
die erziehungswissenschaftliche Bedeutung der hybriden Materialitäten des ubiquitous computing am Beispiel von MusikmachDingen zu untersuchen. Mit den
73
bildungstheoretisch gerahmten Design- und Marktanalysen im Rahmen der
entwickelten Strukturanalysen (vgl. BSA) knüpft die vorliegende Arbeit auch an die
Überlegungen von Théberge und Attali sowie von Berry und Dieter (2015) an.
4. Darstellung der thematischen Schwerpunkte der eingereichten
Texte
In den letzten Abschnitten wurden die interdisziplinären Zusammenhänge erläutert,
vor deren Hintergrund die eingereichten Texte in ihrem Zusammenhang zu verstehen sind. Es sollte klar geworden sein, dass sich das Feld der MusikmachDinge
besonders gut für die Untersuchung der postdigitalen Kultur und ihrer hybriden
Materialitäten eignet, da sie medien- und kulturgeschichtlich aufs Engste mit deren
Genealogie verbunden sind. Des Weiteren erschließt sich aus der skizzierten
Gemengelage, dass sich die allgemeinpädagogische Frage nach der erziehungswissenschaftlichen Bedeutung der hybriden Dinge und Materialitäten nicht ohne die
Kenntnis medien(praxis)geschichtlicher Kontexte sowie epistemologischer und
ästhetischer Fragen aufklären lässt. All diese Ebenen lassen sich im vorliegenden
Fall nicht auseinander dividieren, sondern sind konstitutiv miteinander verwoben.
Und die in diesem Zuge entstehenden environmentalitären (Hörl 2018) Perspektiven
machen nicht nur die klassischen abendländischen Dingontologien obsolet (vgl.
auch Böhme 2013: 227ff.), sondern dezentrieren auch die Position des Menschen,
wie sich in Heideggers Frage nach der modernen Technik erstmals andeutet. Als ein
unübersehbares Zeichen dieser Transformation kann die Prominenz der Science
and Technology Studies, der Akteur-Netzwerk-Theorie, des new materialism und zu
einem gewissen Grad auch der (neueren) Praxistheorien gedeutet werden, unter
deren Perspektiven all jene Phänomenbereiche reformuliert werden, die vormals
klassisch subjekttheoretisch bzw. rein sozialkonstruktivistisch gerahmt worden sind.
Denn auch wenn sich die genannten Perspektiven in grundlegenden Punkten unterscheiden, so ist ihnen doch gemeinsam, dass Dinge und Subjekte nicht mehr
apriorisch gegeben sind, sondern erst in anhaltenden Prozessen der beständigen
›Verwicklung‹ hervorgebracht werden. Die kartesische Bifurkation der Welt verflüssigt sich gewissermaßen mitsamt ihren vorgeblich disparaten Polen (vgl. auch
Williamson 2019, 2023; Meyer 2021, 2022). Und im Zuge dessen löst sich auch die
Dichotomie von Natur und Technik auf, was auf eine »neue sinnkulturelle Lage« (Hörl
2016: 35) hinweist, die in nunmehr »denaturalisierten und technologisch gewordenen« (ebd.) Ökologien bzw. environments ihren Ausdruck findet. Unter diesen
posthumanistischen Bedingungen spielt technologisches Design zunehmend eine
74
Schlüsselrolle. So konstatiert etwa Jaron Lanier: »Die Ethik in der digitalen Welt
basiert auf dem Design« (Lanier 2012: 88).54
Schon Heidegger erinnert dabei an die Verwandtschaft von Technik und Kunst,
wenn er beide in Anlehnung an die griechische Antike als techné und damit als
Formen der poiesis bestimmt. Und seine Hoffnung, dass die Kunst möglicherweise
die Gefahren des rein instrumentellen technischen Zugriffs auf Mensch und Welt
bändigen und gleichsam ethisch kanalisieren könnte, ist ein Topos, der nicht nur bei
ihm, sondern auch im Feld der ästhetischen Bildung immer wieder auf die ein oder
andere Weise anklingt (vgl. etwa McLuhan 1968: 30, 83ff.; Rittelmeyer 2010: 9ff.;
Jörissen 2016, 2018, 2020). Dass Musiktechnologien und akustische Metaphern
eine wichtige Rolle in derartigen Unterfangen gespielt haben, wurde thematisiert.
Die resonierenden Ontologien akustischer Räume, die das Denken in präliteralen
Kulturen geprägt haben, prägen es nach McLuhan auch in den elektronisch mediatisierten ›postliteralen‹ Kulturen wieder (McLuhan und Powers 1995: 74). Ganz
ähnliche Assoziationen stellt auch Gernot Böhme her, wenn er für seine Ästhetik der
Atmosphäre auf die Philosophie Jakob Böhmes aus dem 16. Jahrhundert zurückgreift, der alles Seiende »nach dem Modell des Musikinstruments« (Böhme 2013:
261), die Welt als ein großes Konzert und den Körper als mitschwingenden Resonanzkörper verstanden hat.55 Auch Böhme betont die Bedeutung der ästhetischen
Eroberung des akustischen Raums durch sonische Technologien wie Tonbandmaschinen und Sampling sowie deren künstlerisch-experimentelle Explorationen
(ebd.: 265ff.). Und ein zentrales Formelement dieser Technologien ist der in der
westlichen musikalischen Hochkultur lange Zeit geschmähte Loop (vgl. Garcia 2005;
Butler 2014; Baumgärtel 2015; Beil 2017; Kraut 2017; Glasmeier 2017; Carr und
Challis 2020) bzw. seit der Kybernetik und deren Human-Computer Interactions
auch der Feedback-Loop, durch den im Rahmen medientechnologisch vermittelter
Formen der Environmentalität hybride Subjektformen in Prozessen der verkörperten
Interaktivität (vgl. Abschnitt 3.2 sowie Pickering 2002; Pickles 2013; Scherffig 2018)
54
55
Böhme spricht in Bezug auf die Tatsache, dass dieses technologische Design nicht mehr
nur die Formgebung betrifft, sondern auch die Herstellung der Materie selbst, von einem
›inneren Design‹, und merkt an, dass damit die antike Dichotomie von menschlicher
Formgebung und natürlicher Materie unterlaufen wird (Böhme 2013: 59; vgl. dazu auch
Schäffner 2014).
In der Soziologie wird diese Perspektive kurze Zeit später in ganz ähnlicher Weise von
Hartmut Rosa (2016) vertreten und auch für den pädagogischen Bereich vorgeschlagen
(Rosa und Endres 2016).
75
entstehen.56 Beide Loop-Formen – die redundante Wiederholung der Wiederholung
sowie der Feedback-Loop mit seiner rekursiven Grundstruktur – können dabei in
sonischer Form wesentliche Funktionsweisen digitaler Medien der sinnlichen Wahrnehmung zugänglich machen.
4.1 Theorie und Praxis kybernetischer Materialitäten und Subjektivierung
Der Text »Optimierung und Subversion: Künstlerisch-ästhetische Praktiken in der
frühen Kybernetik« fragt mit einer wissenschafts- und kulturhistorischen Perspektive
danach, wie die technischen Theorien und Modelle, die mit den hybriden Materialitäten verbunden sind, die Vorstellungen dessen beeinflussen, was der Mensch
bzw. was das Subjekt ist, wie es lernt und sich bildet. Dazu stellt er in fokussierter
Form die theoretischen Grundlagen der Kybernetik vor und skizziert den Einfluss,
den sie auf die Sozialwissenschaften, die Politik, die Anthropologie, auf Bildungsverständnisse und – beispielsweise über Marotzkis Bateson-Exegese – auch auf
den bildungstheoretischen Diskurs in Deutschland hatte. Dabei wird im Sinne
subjektivierungstheoretischer Ansätze nach Lücken gefragt, die das ›kybernetische
Dispositiv‹ (Seibel 2016: 65ff.) dem Selbst eröffnet, wobei im Anschluss an Andrew
Pickering zwei kybernetische Idiome unterschieden werden, die ganz unterschiedliche Perspektiven eröffnen.
Kontrastiert werden diese wissenschafts- und theoriegeschichtlichen Kontexte
mit einem prominenten Beispiel aus der ästhetisch-aktionskünstlerischen Praxis.
Der mit dem Roman Einer flog über das Kuckucksnest berühmt gewordene Nachwuchsschriftsteller Ken Kesey und die um ihn versammelte Aktionskunst-Gruppe
der Merry Pranksters adaptierten kybernetische Denkweisen und Modelle, um sie
subversiv und gegenkulturell zu wenden, nachdem Kesey zuvor als Versuchsperson
an staatlich organisierten kybernetischen Experimenten teilgenommen hatte. Mit
ihren Happenings und medienwirksamen Aktionen hatte die Gruppe maßgeblichen
Einfluss auf die Entwicklung einer Multimedia-Kultur sowie auf damit verbundene
Vorstellungen von ›Selbstbildungsprozessen‹. Eine zentrale Rolle spielten dabei eine
selbst entworfene medientechnische Apparatur, in deren Zentrum eine experimentell
verkabelte Tonbandmaschine stand, sowie Feedback-Loops zwischen Menschen,
Maschinen und Ereignissen aller möglichen Art. Ziel der kollektiven kybernetischen
56
Akustische Loops galten in der Hochkultur aufgrund ihrer Redundanz lange Zeit als
›regressiv‹ und niederwertig, da sie dem auch in der Kunst lange Zeit prominenten
modernen Forschritts- sowie dem psychologischen Entwicklungsdenken zuwider laufen
(vgl. Garcia 2005). Feedback-Loops wurden akustisch zuerst in Echo- und Hallgeräten
und dann seit der psychedelischen Rockmusik der counterculture auch zum Verzerren
von Audiosignalen und zum Erzeugen der Selbstoszillation von Schaltkreisen genutzt.
76
Improvisationspraktiken, die für diese ›universale Assemblage‹ (Fullagar und Taylor
2022) entwickelt wurden, war eine ›Reprogrammierung‹ des eigenen Selbst, um sich
nach dem Verständnis der Gruppe aus dem Gefängnis des anerzogenen Verhaltens
zu befreien.57 Durch die Kontrastierung der kybernetischen Theoriegrundlagen mit
ihrer gegenkulturell motivierten künstlerisch-ästhetischen Aneignung wird zum einen
deutlich, wie weit verbreitet kybernetische Denk- und Deutungsmuster sind. Zum
anderen können in machttheoretischer Hinsicht emanzipative und totalitäre kybernetische Praktiken unterschieden werden, ohne dabei notwendigerweise auf die
Dichotomie von Autonomie und Heteronomie zu rekurrieren. In normativer Hinsicht
schließt sich zudem die Frage an, wo auf dieser Skala kybernetischer Praktiken sich
(Medien-)Pädagogik und Bildungspolitik verorten möchten.
4.2 Zur ›Macht‹ hybrider Dingdesigns: Sinnlichkeitsregimes und
Körperpolitik
Der Text »(Un-)Sichtbares Design und ›Gesten der Freiheit‹. Zu technomedial
bedingten Transformationen in der Ästhetischen Bildung« befasst sich in konkreterer
Auseinandersetzung mit den im Forschungsprojekt verliehenen MusikmachDingen
mit der Frage, wie die Logiken der hybriden Materialitäten sich auf Bildungskontexte
auswirken, die zuvor um die Materialität herkömmlicher Musikinstrumente herum
organisiert waren. Welche neuen Anforderungen und Möglichkeiten ergeben sich
und wie wird mit ihnen umgegangen? Welche Macht kommt dabei dem Design der
MusikmachDinge zu bzw. wie normativ ist seine Wirkung einzuschätzen und wie
wirkt es sich auf das Musizieren und damit mittelbar auch die Bildungsinstitutionen
im Feld aus? Ausgehend von Lucius Burckhardts Idee eines unsichtbaren Soziodesigns und dem Ubiquitous-Computing-Claim ›form follows fiction‹ wird die These
aufgestellt, dass das Unsichtbare des Designs in maßgeblicher Weise in den Gesten
zum Ausdruck kommt, die sich im Umgang mit den MusikmachDingen entwickeln.
Dabei eröffnet der von Jacques Rancière entlehnte Begriff der Sinnlichkeitsregimes
eine fruchtbare Perspektive auf deren Interfaces sowie auf eine Ebene nichtsprachlicher Körperpolitik, die sich auch in der Ablehnung von gestischen Anforderungen
ausdrücken kann. Im Anschluss daran ließe sich analog zu Rancières Historizitätstypen der Ästhetik (Rancière 2008: 39) von Historizitätstypen der Bildung sprechen,
die mit der Körperlichkeit und Sinnlichkeit der in einer Epoche dominanten pädagogischen Vermittlungspraktiken korrespondieren. Bildungsinstitutionen sichern sich
ihre Macht und Legitimität auch über die Tradierung von Gestenrepertoires. Und am
57
Eine ausführlichere und etwas anders perspektivierte Darstellung des hier geschilderten
gegenkulturellen Kontextes findet sich auch in Donner und Allert 2022, Kap. 1.
77
Beispiel der MusikmachDinge und ihrer hybriden Materialitäten wird deutlich, dass
solche sedimentierten ›konsensuellen‹ und institutionalisierten Gestenrepertoires in
Zeiten medialer Umbrüche herausgefordert werden und die Chance, aber auch die
Notwendigkeit besteht, die mit ihnen verbundene Aufteilung des Sinnlichen und die
damit korrespondierenden Wertigkeiten neu zu bedenken und auszuhandeln.
Veranschaulicht wird diese Problematik anhand eines kurzen Beispiels aus den
im Projekt erhobenen Daten. Dabei zeigt sich zum einen, dass die Vermittlung rein
medientechnischen Bedienwissens noch keine ›digitale Souveränität‹ zur Folge hat,
und zum anderen, dass ästhetische Bildung im Zusammenhang mit den hybriden
Materialitäten des ubiquitous computing auch heißen kann, zur Designerin oder zum
Designer von selbst ersonnenen Meta-Instrumenten zu werden. Dies ist, wie man im
Anschluss an Foucault sagen könnte, eine produktive Seite der Macht von hybriden
Dingdesigns, die aufgrund ihrer Konnektivitätsangebote oft komplexe und individuell
gestaltbare Konfigurationen ermöglichen, so dass sich ein ›Dissens‹ oder auch ein
Scheitern mit ihrer Standardkonfiguration oder ihrem Standardinterface mit etwas
eigener Initiative und Bastelei meist konstruktiv wenden lässt. Prinzipiell lassen sich
durch neue Interfaces tradierte und oft naturalisierte Auffassungen von Musizierpraktiken in Frage stellen oder auch umgehen und es können ganz neue Praktiken
entstehen, die sich individuell gestalten lassen, was großes (Medien-)Bildungspotenzial birgt. Im Zuge der Entwicklung solcher ›Eigendesigns‹ oder ›SelbstGestaltungen‹ können zudem Formen der Konfluenz von Mensch und Maschine
entstehen, die für herkömmliche subjektzentrierte Kunstverständnisse in einer
traditionell so eng mit körperlichen Kompetenzen verbundenen Kunstform wie der
Musik eine Provokation darstellen. In Anbetracht dessen sollte eine integrativ
veranlagte Kulturelle Bildung nicht darauf abzielen, verschiedene Gestenrepertoires
und Musizierpraktiken einander wertend gegenüber zu stellen, sondern sie sollte im
Sinne von Homi Bhabhas Konzept des ›dritten Raums‹ (vgl. Wallbaum 2023) die
Fähigkeit entwickeln, deren spezifische Ausdrucksmöglichkeiten und Qualitäten zu
reflektieren, um sie im Sinne einer ›Ökologie der Praktiken‹ (Stengers 2005) miteinander ins Gespräch zu bringen und dadurch möglicherweise diffraktive Formen
(vgl. Deuber-Mankowsky 2011; Bozalek und Zembylas 2017; Bozalek und Murris
78
2022) hybrider Kreativität anzuregen, die auch vor technischen Fragen und Fragen
der Konfluenz von Mensch und Maschine nicht zurückschrecken.58
4.3 Empirische Befunde: eine Typologie von sieben Haltungen im
Umgang mit MusikmachDingen und daran anschließende Fragen
Der Text »Digitale Designs und ästhetische Praxis: Biografische, situative und
produktionsorientierte Haltungen junger Menschen mit MusikmachDingen« ist in
dem vom Verbundprojekt herausgegebenen Sammelband MusikmachDinge im
Kontext. Forschungszugänge zur Soziomaterialität von Musiktechnologie (Ahlers,
Jörissen, Donner et al. 2022) erschienen und stellt einige Ergebnisse zu den im
Projekt erhobenen Daten der Teilnehmenden vor. Nach der Frage zur Normativität
der Dingdesigns wird hier nun die Seite der menschlichen Praktiken und Akteure
fokussiert (vgl. dazu auch Alkemeyer, Buschmann und Michaeler 2015; Alkemeyer
und Buschmann 2016), um die Haltungen zu rekonstruieren, die sich im Umgang
mit den MusikmachDingen gezeigt und entwickelt haben. Dabei wird nicht angenommen, dass Praktiken, MusikmachDinge und Haltungen unabhängig voneinander
existieren. Im Rahmen des zweigleisig vorgehenden Forschungsdesigns handelt es
sich lediglich um eine vorläufige analytische Trennung, die sich stets der Verquickung dieser Pole bewusst bleibt und nach deren individueller Fokussierung auf
58
Isabelle Stengers (2005) nutzt interessanterweise die Begriffe ›Dur‹ und ›Moll‹ für zwei
Modi des Nachdenkens über das Verhältnis von Praktiken untereinander. Das DurRegister bezeichnet dabei einen klassisch aufklärerischen (›kantianischen‹) Modus, in
dem die herausgehobene Position des Subjekts betont und nach abstrakten, theoretisch
vereinheitlichenden Standpunkten gestrebt wird, von denen aus sich die Vielfalt der
Praxis aus einer vermeintlich erhobenen Position überschauen lässt. Dahinter steht nach
Stengers eine Ethik, die von der Konvergenz von Wahrheit und Freiheit überzeugt ist und
das moderne Fortschrittsdenken sowie den neoliberalen Kapitalismus charakterisiert.
Ziel ist es hier, existierende Praktiken einer vermeintlich übergeordneten universellen
Logik zu unterwerfen und sie in deren Sinn zu optimieren. Das Moll-Register hingegen
meint das Gegenteil, nämlich einen Modus, der dies angesichts der Mannigfaltigkeit
existenter Praktiken auf konstruktive und deliberative Weise vermeidet. Praktiken können
demnach aus ethischen Gründen keiner übergeordneten Rechtfertigungsordnung unterworfen werden, sondern im Moll-Register geht es darum, eine Ethik der Anerkennung
und der Diplomatie zwischen verschiedenen Praktiken zu entwickeln, die auf Hingabe
und Sorge sowie auf der Pflege derjenigen Praktik fusst, der man im Sinne eines
belonging und eines attachment angehört. In diesem belonging drückt sich nach
Stengers nicht zuletzt aus, dass wir als Menschen nicht allein auf der Welt sind und
unsere Gründe nicht absolut setzen können. Eine Ökologie der Praktiken ist deshalb für
sie immer auch eine ›Kosmopolitik‹, deren Errungenschaften ›kosmische Ereignisse‹ sind,
insofern sie sich niemals nur auf soziale Kontexte, sondern immer auf die gesamte Welt
beziehen, zu der die an der Praktik beteiligten Akteure alle gemeinsam gehören.
79
eine Triangulation der Einzelergebnisse abzielt. Ein vorschnelles Zurückziehen auf
die letztlich unspezifische Aussage, dass menschliche Akteure, Praktiken und Dinge
miteinander verquickt sind und sich wechselseitig hervorbringen, ginge jedoch
zulasten einer detaillierten Analyse und zulasten der analytischen Durchdringung
des Gesamtzusammenhangs.59
Der Text erläutert zunächst einige Besonderheiten der Datenerhebungssituation,
da im Verlauf des Projekts bald klar wurde, dass sich die Zusammenarbeit mit
Musikschulen nicht wie geplant realisieren lässt. Dies stellt ein erstes spannendes
Zwischenergebnis dar, das es ermöglichte, die Akquise- und Erhebungsmethoden
noch einmal zu überdenken und so anzupassen, dass ein viel breiteres Spektrum an
potenziellen Proband*innen in den Blick treten konnte, das sich für musikalischkulturelle Bildung und für das Forschungsprojekt interessierte und das im weiteren
59
In den Texten von Alkemeyer et al. (2015, 2016) wird diese Problematik aus praxistheoretischer Sicht ebenfalls verhandelt. Dabei wird eine Art ›Unschärferelation der Sozialforschung‹ konstatiert und betont, »dass ›Struktur‹ und ›Handeln‹ schlechterdings nicht
gleichzeitig und in gleicher Weise zu beobachten sind« (Alkemeyer und Buschmann
2016: 116; vgl. auch Alkemeyer et al. 2015: 26). Daher wird ganz ähnlich wie in unserem
Projekt vorgeschlagen, die genannten Pole in einem ersten Schritt idealtypisch zu
rekonstruieren, »die Ausformung sozialer Ordnungen und ihrer ›Akteure‹ [dabei jedoch]
als einen ko-konstitutiven und ko-extensiven Verweisungszusammenhang zu begreifen«
(Alkemeyer et al. 2016: 117), was in Folge durch Methoden des systematischen Perspektivwechsels deutlich zu machen ist. Eine ähnliche Idee liegt auch unserem Forschungsprojekt zugrunde, wobei es in unserem Kontext nicht ausreicht, allein die Dichotomie von
sozialer Struktur und sozialem Prozess zu problematisieren, da Dinge und environments
zwar in beidem eine Rolle spielen, sie aber perspektivisch nachgeordnet bleiben, wenn
man lediglich soziale Praktiken fokussiert. Die paradigmatische Setzung, dass sich Dinge
und Subjektivierungsprozesse erschöpfend aus sozialen Praktiken erklären lassen, ist
letztlich nicht entscheidbar und dürfte letztlich vor allem auf die Verwurzelung der Praxistheorien in der Soziologie zurückgehen, wobei dieses Problem durchaus erkannt und
gelegentlich auch diskutiert wird (vgl. z.B. Berger 2013; Thompson und Hoffart 2013;
Rieger-Ladich 2017). So kann man in einer dezentrierteren Perspektive ebensogut der
Auffassung sein, dass soziale Praktiken nur einen Ausschnitt aus dem Gesamtgeschehen einer ereignishaften Praxis darstellen. Die Bezeichnung ›Praxistheorien‹ –
anstatt ›Theorien sozialer Praktiken‹ – verdeckt diese Möglichkeit jedoch ein wenig und
ist daher etwas irreführend. In der erziehungswissenschaftlichen Perspektive unseres
Forschungsprojekts spielen Praktiken natürlich eine zentrale Rolle. Gleichwohl gilt es, die
Materialitäten der hybriden Dinge vorerst als potenziell eigenständige Akteure im
Gesamtzusammenhang zu begreifen, da sie die entstehenden Praktiken zum einen entscheidend mitstrukturieren, und da zum anderen ansonsten keine Möglichkeit besteht,
das Mitwirken der operativ werdenden naturwissenschaftlich-technischen Wissensbestände, die in den MusikmachDingen wirken und menschliche Wahrnehmung und
Sinnbildungsprozesse durch ihre Mikrozeitlichkeit unterlaufen und präfigurieren können,
ohne notwendigerweise sozialen Logiken zu gehorchen, in die Analyse mit einbeziehen
zu können.
80
Projektverlauf sehr konstruktiv an der Datenerhebung mitgewirkt hat. Entsprechend
konnte ein breites Spektrum an Haltungen beim Umgang mit den MusikmachDingen
rekonstruiert werden, die mit verschiedenen Orientierungen, Motivationen, Vorwissen und Interessenlagen korrespondierten und in dieser Breite in Musikschulkontexten gar nicht adressiert werden. Zudem zeigte sich, dass abhängig vom
Haltungstyp und von der Komplexität und Ausrichtung der MusikmachDing-Designs
auf relationaler Ebene bessere oder schlechtere Passungsverhältnisse zwischen den
Nutzenden und dem jeweiligen Design entstehen können und zudem ganz unterschiedliche Vermögen adressiert und geschult werden. An diese Erkenntnisse lässt
sich zum einen bei der konkreten Entwicklung passgenauer (medien-)pädagogischer Angebote anschließen, die gezielt an bestimmte Haltungstypen anknüpfen
und/oder auf die Entwicklung spezifischer Vermögen abzielen. Zum anderen stellt
sich aufgrund der großen Beliebtheit von loop- und soundbasierten Ästhetiken die
Frage, ob eine Musikpädagogik des 21. Jahrhunderts nicht entsprechend auszudifferenzieren wäre und das Sonische (Hanáček 2008; Ernst 2008, 2016; Erlmann
2010, 2018; Herzogenrath 2017; Feld 2018; Schulze 2020: 19ff.) als relationalen und
epistemisch relevanten Weltzugang stärker zu reflektieren bzw. als eigenen Bereich
zu etablieren hätte, wie es die Forschungen zu Kulturen und Medien des Hörens
und die Sound Studies (Schafer 1988; Sterne 2003, 2012; Morat 2010, 2011; Sanio
2013; Klotz 2013; Großmann 2013; Haffke 2015; Schulze 2018) nahelegen.
Dies ist letztlich nicht nur eine musik-, sondern auch eine allgemeinpädagogische
Frage, denn Meyer-Drawe weist in ihrem Aufsatz zur »Herausforderung durch die
Dinge« (1999) darauf hin, dass ein Bildungsbegriff, der vom Hören ausginge, ein
grundlegend anderes Subjektverständnis nach sich zöge als das im Kontext der
Aufklärung etablierte. Auch Böhme (2013: 273) betont in seiner Ästhetik der
Atmosphäre, dass der Hörsinn mit einer ganz spezifischen Offenheit für die Welt
korrespondiert (Böhme 2013: 273) und ähnlich argumentieren zuvor auch andere.
Wolfgang Welsch etwa zeichnet in einer Paragrana-Ausgabe zum ›Ohr als Erkenntnisorgan‹ die Entwicklung eines »Visualprimats« in der abendländischen Kultur nach
und verweist dabei auch auf das »Lichtpathos der Aufklärung«, um zum Schluss zu
kommen: »Das Sehen ist ein Sinn der Individualität, das Hören einer der Sozietät«,
weshalb er dafür plädiert, sich auf den Weg zu einer Kultur des Hörens zu machen
(Welsch 1993: 90, 95); Klaus Mollenhauer (1993) reflektiert über den selbstreflexiven
und selbst-konstitutiven Charakter des Hörens; Max Peter Baumann (1993) weist
ähnlich wie Böhme auf die zentrale Stellung des Hörens zwischen Selbst- und
Weltbezug hin; und Dietmar Kamper (1993: 116, 118) betont ähnlich wie Welsch:
»Sehen isoliert die Sehenden. Hören verbindet die Hörenden«, um hinzuzufügen,
dass das »›Circumjekt‹ des Ohrs« eine andere »Hellhörigkeit« erlaubt als Theorien,
81
die »vom Stützpunkt installierter Blicke aus« agieren. Und schon ein weiteres
Jahrzehnt zuvor legt Friedrich Kittler in einem Sammelband von Dietmar Kamper
und Christoph Wulf dar, dass Ohren nicht nur Sprechakte, Diskurse und Sinn hören
können, sondern auch »Diskurskanalbedingungen« (Kittler 1984: 147), die von posthumanistischen Medienlogiken und damit einher gehenden neuen Selbst- und
Weltverhältnissen künden können.
4.4 Methodenentwicklung: Bildungstheoretische Strukturanalysen für
hybride Materialitäten
Der letzte eingereichte Text ist ein Beitrag zum Handbuch Digitale Medien und
Methoden, das aus der Methodendiskussion in der Medienwissenschaft hervorging.
Es handelt sich um die Ausarbeitung eines Blog-Beitrags (Donner 2020), der wie alle
Handbuch-Beiträge auf einer Website der Gesellschaft für Medienwissenschaft ein
Jahr lang zur innerfachlichen Diskussion freigegeben war. Vorgestellt wird die im
Forschungsprojekt entwickelte Methode bildungstheoretischer Strukturanalysen für
hybride, digital-materielle MusikmachDinge, die sich auf alle technischen Medien
anwenden lässt. In bildungstheoretischer Hinsicht wird dabei an die strukturale
Medienbildung (Jörissen und Marotzki 2009) bzw. an das von ihr formulierte empirische Programm angeknüpft, »die Bildungspotenziale von Medien – unter starker
Betonung der medialen Gefüge selbst – auf verschiedenen Ebenen struktursensitiv
zu erschließen« (Jörissen 2011: 226). Dafür wird eine subjektivierungstheoretische
Perspektive medien- und kulturtheoretisch sowie designanalytisch gerahmt, damit
die untersuchten medialen Gefüge, die als spezifische Subjektivierungsangebote
aufgefasst werden, multiperspektivisch, d.h. sowohl in Bezug auf ihre Marktförmigkeit und Kulturalität als auch in Bezug auf ihre Technizität adäquat in den Blick
treten können.
Dies bedeutet konkret, dass in einem ersten Analyseschritt das MusikmachDing
und seine technischen und materiellen Eigenschaften untersucht und synchrone
komparative Horizonte in Bezug auf das Design sowie auf das Marktumfeld und die
anvisieren Zielgruppen eröffnet werden. Es wird versucht, explizite und implizite
Designannahmen zu rekonstruieren, wobei stets gefragt wird, was für ein Subjekt
man sein oder werden muss, um sinnvoll mit dem untersuchten MusikmachDing
umgehen zu können. Durch die Akkumulation komparativer Daten von anderen
MusikmachDingen entsteht sukzessive ein Strukturmodell für die Klasse der untersuchten Dinge. Im zweiten Schritt werden die gewonnenen Einsichten nach einem
Schema geordnet, das drei Relationierungsebenen von Artefakt und Nutzer*innen
analytisch unterscheidet. Die drei Ebenen lassen sich auch in Videodaten von
82
Gebrauchsstudien sehr gut differenzieren und relationieren, so dass Spannungen
und Irritationen zwischen ihnen in den Blick treten können, die mögliche Quellen
von Bildungsprozessen darstellen. Des Weiteren wird die Analyse im zweiten Schritt
um komparative medien(kultur)geschichtliche und medienarchäologische Horizonte
erweitert, um das untersuchte Artefakt historisch zu situieren und auch das kulturtransformatorische Potenzial einzuschätzen, das einem Design möglicherweise
zueigen ist. Im dritten und letzten Schritt werden im Rahmen der Grounded-TheoryMethodologie schließlich selektive Codes gebildet, mit denen sich das Feld der
untersuchten Dingklasse in Bezug auf die bildungstheoretisch besonders relevanten
Aspekte kartieren und dimensionieren lässt. So ergibt sich im Verlauf der Analyse
ein vielschichtiges und komplexes, aber zugleich sehr konkretes und empirisch gut
handhabbares Modell historisch und kulturell situierter Subjektivierungsprozesse mit
technischen Medien. Durch die strukturierende Fokussierung der drei Ebenen des
technologisch-materiellen Designs, der emergenten Praxis und der (sedimentierten)
kulturellen Semantiken handelt es sich um eine nichtreduktionistische Methode, in
der auch die Spannungsverhältnisse zwischen diesen verschiedenen Ebenen in den
Blick treten können. Anzumerken ist zudem, dass die drei genannten Ebenen quer
zur klassischen Dichotomie von Subjekt und Objekt verlaufen, da in Artikulationen
stets beide Pole involviert sind und modifiziert werden, was als ein Prozess der
›konfluenten Subjektivation‹ bezeichnet werden kann. Im Blick zu halten sind dabei
zudem medienökologische Aspekte (Fuller 2005; Ito, Baumer, Bittanti et al. 2010;
Gesellschaft für Medienwissenschaft 2016; Adams und Thompson 2016: 66f.;
Sprenger 2019: 20ff.), da es sich in der Regel nicht um isolierte einzelne Artefakte,
sondern um beständig evolvierende Artefakt-Designs mit ebenso evolvierenden
Infrastrukturanbindungen und Medienkulturen handelt.
5. Zusammenfassung und abschließende Anmerkungen
5.1 Zusammenfassung der Ergebnisse
Die Beiträge der vorliegenden Arbeit lassen sich wie folgt zusammenfassen und
perspektivisch einordnen: Erstens werden mit bildungstheoretischem Fokus die in
der Kybernetik und ihrer kulturellen Aneignung liegenden historischen Grundlagen
jener Kultur der (Post-)Digitalität aufgearbeitet und dargelegt, die heute maßgeblich
die gesellschaftliche Realität, die Lebenswelten und die Selbst- und Weltverhältnisse prägt. Dabei sind die gegenkulturellen aktionskünstlerischen ›Selbst-Programmierungen‹ der Merry Pranksters und die von ihnen inspirierte Entwicklung einer
nunmehr ubiquitären Multimedia-Kultur ebenso bedeutsam wie die neobehavioristi83
schen Bildungsprogramme und Lerntechnologien der 1960er Jahre und die designbasierten environmentalen Steuerungsphantasien, die damit einhergehen. In all
diesen Entwicklungen kündigen sich mithin Bildungsverständnisse an, die perspektivisch nicht mehr vorrangig auf Prozesse der (Selbst-)Reflexion abzielen, sondern
diese auch unterlaufen und konterkarieren können und zudem in ihrem Kern bereits
posthumanistisch konfiguriert sind. Dies ist sowohl allgemein- als auch medienpädagogisch bedeutsam und angesichts der Rolle, die künstlerisch-ästhetische
Zugänge und Explorationen gespielt haben, auch für die Ästhetische Bildung
interessant. Es deutet sich an, dass die Koordinaten zwischen diesen Bereichen
sich grundlegend verschieben, da im Rahmen der geschilderten Entwicklung die
etablierten Zuständigkeitsbereiche und disziplinären Grenzziehungen immer wieder
überschritten werden.
Neben diesen wissenschafts- und kulturgeschichtlichen Zusammenhängen, mit
denen sich auch die Anforderungen an den Bildungsbereich maßgeblich verändern,
wird zweitens klar, dass die mit der Digitalisierung oftmals verbundene Annahme
einer Entmaterialisierung und Entkörperung irreführend ist. Körperlichkeit und
Materialität bleiben für Fragen der Bildung, der Politik und der nunmehr universalen
Ökologie zentrale Bezugspunkte, auch wenn dies des Öfteren übergangen wird oder
nachrangig erscheint.60 Zwar verflüssigen sich im Rahmen der Digitalisierung herkömmliche naturalistische Auffassungen von Körper und Materialität, doch es zeigt
sich zugleich, dass Bildungsprozesse und Subjektformen immer mit materiell
figurierten und technomedial vermittelten Sinnlichkeitsregimes korrespondieren, die
körperlich-sinnlich rezipiert werden und auf die mit Formen einer vorsprachlichen
Körperpolitik geantwortet wird, in denen sich auch Dissens und Unwille affirmativ
›mitzuspielen‹ ausdrücken können. In körperlich-sinnlicher Hinsicht lassen sich
gleichsam verschiedene Historizitätstypen von Bildung unterscheiden, die mit den
jeweils dominanten medientechnologischen Bedingungen korrespondieren und
unterschiedliche Subjektpositionen und Subjektivierungsweisen präfigurieren, womit
ein weiteres Mal die enge Verbindung von allgemeinpädagogischen, medientheoretischen, medienpädagogischen und ästhetischen Fragen deutlich wird.
60
Vgl. dazu etwa Koller (2023) der in seiner Einführung in die Theorie transformatorischer
Bildungsprozesse ebenfalls zugesteht, dass die Fokussierung auf Sprache und die
»Ausblendung der leiblichen Dimensionen von Welt- und Selbstverhältnissen« bislang ein
»tatsächliches Manko der Theorie transformatorischer Bildungsprozesse« ist (ebd.: 188).
Krämer (2022) weist dagegen darauf hin, dass selbst die heute so prominenten Verfahren
maschinellen Lernens über diagrammatische Aspekte ihrer Entwicklungsgeschichte und
Modellierung mit dem menschlichen Körper verbunden bleiben. Zum Begriff der universalen Ökologie vgl. Hörl 2016 sowie Hörl und Burton 2017.
84
Im Anschluss daran zeigt sich drittens, dass in Zeiten des ubiquitous computing
und seiner hybriden Materialitäten in Prozessen verkörperter Interaktivität neue
Subjektivierungsformen entstehen und immer dominanter werden, die das Pendant
zu sich entwickelnden Formen medientechnologisch vermittelter Environmentalität
sind, aber die auch (mit-)gestaltet werden können, wenn entsprechend ›offene‹ bzw.
gestaltbare Technologien zur Verfügung stehen und ein wenig technische Expertise
vorhanden ist. Will man diese Subjektivierungsformen unter einem Schlagwort
subsumieren, so bietet sich der Begriff der ›konfluenten Subjektivation‹ an, in der
Menschen und (rechnende) environments sich zu Zwecken der ›Ko-Operation‹ so
eng wie möglich aufeinander abstimmen, ohne jedoch identisch zu werden. Gleichwohl legt das ›mediale Dispositiv‹ (Baudry 2004) binär operierender ›symbolischer
Maschinen‹ (Krämer 1988) die Beschreibung von Selbst und Welt nach linguistischstrukturalen Vorbildern nahe, was auch dem traditionell ausgeprägten Sprachbezug
vielen bildungstheoretischen Denkens entgegenkommt. Diese Traditionslinie, die
kybernetisch gewendet gewissermaßen mit den schematisierenden Abstraktionen
formaler Logik und informatischer Ontologien korrespondiert (vgl. auch Geoghegan
2011, 2023), wird durch den hier entwickelten Begriff der verkörperten Interaktivität
um Denkfiguren aus einer körperlich-performativen Traditionslinie ergänzt, die ihre
Wurzeln in der Phänomenologie und ihrer Betonung von Lebenswelt und Körperlichkeit, dem Konzept des Enaktivismus und der kybernetischen Biologie (von Maturana
und Varela bis zur zeitgenössischen Donna Haraway), dem Feld der HumanComputer Interaction (seit Winograd und Flores), der neueren Kognitionswissenschaft mit ihrer Betonung des embodiment und Teilen der Postdigitalitätstheorie
(etwa bei Pepperell und Punt) hat, wo ähnlich wie in vielen praxistheoretischen Perspektiven der Körper sowie die ihm eigene Performativität und seine strukturellen
Kopplungen mit dem environment in ›ko-operativer‹ Hinsicht als mindestens ebenso
bedeutsam betrachtet werden wie die abstrakteren Ebenen sprachlicher respektive
symbolischer Kommunikation. Denn auch Symbolismen und Semantiken müssen
erst hergestellt und aufgeführt werden, Grammatiken müssen stetig (re-)produziert
und oft auch auf die ein oder andere Weise gratifiziert werden, und der Ort, an dem
sich all dies vermittelt und wo es sich im Wortsinn realisiert, ist der Körper. Die
Kybernetik hat neue prozessontologische Perspektiven und Möglichkeiten des
Zugriffs auf die Gestaltung von Rückkopplungen zwischen Körper und environment
eröffnet, die ›sprachtheoretisch‹ grundiertes Denken bisweilen unterlaufen bzw.
ohne perspektivische Ergänzung als etwas zu schematisch erscheinen lassen – von
den Medienpraktiken der Merry Pranksters (siehe z.B. OSK: 181) bis hin zur Educational Neurotechnology (vgl. Williamson 2019, 2023). Und dies gilt es schon aus
85
machttheoretischen Gründen auch erziehungswissenschaftlich im Blick behalten zu
können.
Viertens lassen sich auf Basis all dessen einige bildungstheoretische Aussagen
zum Modus ›konfluenter Subjektivation‹ ableiten, die in den eingereichten Texten
zwar nicht ausführlicher thematisiert werden, aber aus ihnen folgen. Da sich
konfluente Subjektivation bevorzugt in Formen verkörperter Interaktivität vollzieht,
transformiert sich nie nur ein sich bildendes Selbst, sondern immer auch dessen
environment – und zwar nicht nur symbolisch, sondern qua ›Ko-Operation‹ auch
ganz konkret und materiell. Durch diese strukturell gekoppelte Transformation, die
auf Rückkopp-lungsschleifen zwischen Selbst und environment sowie auf
Rückkopplungsschleifen im environment selbst beruht, werden über kurz oder lang
auch die Bedingungen für alle anderen mit dem environment ›ko-operierenden‹
Akteure verändert. Damit wird aus dem oft individualistisch und subjektzentrisch
gedeuteten transformatorischen Bildungsverständnis eines, das auf kybernetische
Formen der Vergemeinschaftung verweist (vgl. auch Verständig und Holze 2020).
Diese müssen jedoch keinesfalls egalisierend wirken, sondern können durchaus
auch gegenteilige Wirkung haben können. Da konfluente Bildungsprozesse also
nicht nur ein Selbst, sondern immer auch dessen environments – d.h. Andere und
Anderes – betreffen, sind sie auf spezifische Weise ›über-individuell‹ und ›transsubjektiv‹. In einem auf diese Weise konsequent relational gedachten
Bildungsverständnis ist Bildung also nie reine ›Privatsache‹, da Bildungsprozesse
nicht auf ein Subjekt reduziert und von ihrer Umwelt entkoppelt gedacht werden
können. Insofern ist die Frage nach ihnen per se mit einem ethischen Index
versehen, der sich nicht anhand von quantitativen Abstrakta oder rein individuellen
Entwicklungsperspektiven bemessen lässt. Erst die Anerkennung der Vulnerabilität
aller körperlich-materiellen Existenz stellt einen – in der Pädagogik unverzichtbaren
– normativen Horizont gegen alle möglichen Formen der Barbarei dar, die, rein
intellektuell betrachtet, auch hochgradig reflektiert und feingeistig daherkommen
können.61
Als fünftes Ergebnis mit ebenfalls allgemein- und medienpädagogischer Relevanz
ist die nichtreduktionistische Methode der bildungstheoretischen Strukturanalysen
für technische Medien zu nennen, die mit ihren drei analytisch unterschiedenen
Relationierungsebenen von Artefakt und Nutzenden und dem damit korrespondierenden Subjektivierungsverständnis perspektivisch eine größere Komplexität aufweist als andere Vorgehensweisen, sich aber dennoch sehr gut für den praktischen
61
Aus einer praxistheoretischen Perspektive betont auch Murard (2013: 209): »Der Ethos
steckt im Körper«, weshalb er als Alternative zur Frage nach dem Subjekt vorschlägt,
nach einem »somebody« zu fragen.
86
Einsatz in empirischen Studien eignet. Sie kann für komplexe kultur-, medien- und
technikgeschichtlich informierte ›post-anthropozentrische‹ (Malone und Bozalek
2022) Analysen eingesetzt werden, die es erlauben, auch das kulturtransformatorische Potenzial einer Dingklasse einzuschätzen, doch sie ermöglicht auch eine
schnelle und pragmatische Einschätzung von technischen Medien, wie sie im
Bildungsbereich, in der medienpädagogischen Beratung und bei der Entwicklung
von konkreten pädagogischen Angeboten benötigt wird, sobald ein Strukturmodell
und selektive Codes für eine Dingklasse entwickelt worden sind. Die analytische
Unterscheidung der drei Relationierungsebenen fördert zudem Inkohärenzen und
damit verbundene Irritationen zutage, die Fragen aufwerfen, neue Artikulationen
evozieren und zum Anlass von Bildungsprozessen werden können. In methodischer
Hinsicht erwähnenswert sind außerdem die im Projektverlauf modifizierten und dem
Feld und der Forschungssituation angepassten Erhebungsmethoden, die es ermöglicht haben, ein viel breiteres Spektrum an Perspektiven zu erheben als geplant und
dadurch Interessen und Motivationslagen sichtbar machen konnten, die in Musikschulkontexten bislang überhaupt nicht adressiert werden.
In mediendidaktischer Hinsicht wurde sechstens deutlich, dass die hybriden
Dinge nie schlicht als zuhandene Werkzeuge, sondern stets als eigenständige
Akteure zu betrachten sind, deren ›Agenda‹ sich nicht unbedingt mit den Intentionen
pädagogischer Settings decken muss und sich ihnen auch nicht prinzipiell fügt.
Dinge – insbesondere hybride – können solche Intentionen befördern, ihnen aber
auch zuwider laufen, und zwar auf allen Ebenen des Strukturanalyse-Modells. Im
Detail eröffnet sich dies jedoch erst durch die Rekonstruktion der Haltungen, die in
einer Zielgruppe verbreitet sind, wobei immer die konkreten Passungsverhältnisse
entscheidend sind, die sich zwischen einem Haltungstyp und einem hybriden
Dingdesign ergeben. In dieser Hinsicht lässt sich die Typologie der Haltungen aus
unserem Sample konkret nutzen, um spezifisch zugeschnittene pädagogische
Angebote zu entwickeln, die sich entweder auf die Vermittlung von Inhalten
beziehen können, deren Intention aber auch die (Weiter-)Entwicklung von Haltungen
sein kann. Denn auf der Ebene der Relationierung von Haltungen und Dingdesigns
lassen sich ähnliche Entwicklungsverläufe beobachten, wie sie auch die prozessgenetischen Typenbildungen im Umfeld der Dokumentarischen Methode (vgl.
Rosenberg 2014; Bettinger 2020b) rekonstruieren. Mit ihrer postanthropozentrischen Perspektive unterscheidet sich die vorliegende Arbeit jedoch grundlegend
vom sozialontologischen Paradigma der Wissenssoziologie, das, wie eingangs dargelegt, nicht mehr geeignet erscheint, um die ›moderne Technik‹ bzw. kybernetische
Technologien zu denken. Stattdessen setzt sie konsequent auf eine transaktionale
Perspektive, wie sie John Dewey und Arthur Bentley (1949) in Auseinandersetzung
87
mit den erkenntnistheoretischen Fragen entwickelt haben, die sich im Kontext der
Quantenphysik stellen.
Das siebte Ergebnis, das in dieser zusammenfassenden Aufzählung genannt
werden soll, ist ähnlich konkret wie der Vorschlag der Gestaltung von spezifizierten
pädagogischen Angeboten, bei denen die Relation von Haltungen und Dingdesigns
bedacht und pädagogisch fruchtbar gemacht wird. Es bezieht sich auf das Feld der
Kulturellen Bildung und umfasst das Plädoyer für eine integrative Kulturelle Bildung,
die ihre Zersplitterung in latent miteinander konkurrierende Einzelfelder perspektivisch überwindet, indem sie das Gemeinsame ihrer Gestaltungstätigkeiten betont,
dabei jedoch zugleich auf deren Spezifika reflektiert und dieses Wissen austauscht
und verbreitet, um so in konstruktiver Weise historisch gewachsene und institutionalisierte Grenzziehungen zu überwinden, die durch die zunehmende Verbreitung
hybrider, digital-materieller Mediendinge in der künstlerisch-ästhetischen Produktion
ohnehin zunehmend in Frage stehen und verflüssigt werden. In Bezug auf das Feld
der Musikpädagogik führt dies konkret zu dem Vorschlag, das Sonische mitsamt
seiner Technologien als einen hochgradig relationalen und epistemisch relevanten
Weltzugang eigener Provenienz in das Spektrum musikalischer Bildungsangebote
aufzunehmen und als dezidiert eigenen Bereich zu etablieren. Mit diesem Plädoyer
schließt sich ein weiteres Mal der Kreis zwischen allgemeiner Pädagogik (insofern
das Sonische vielfach mit anderen Sinnlichkeits- und Sozialitätformen assoziiert
wird), Medienbildung (insofern es um das Entwickeln von Kompetenzen geht, die
dazu befähigen, Medienökologien und -praktiken mitzudesignen) und Ästhetischer
Bildung (insofern es um das Gestalten neuer spekulativer Formen und lebenswerter
Zukünfte geht). Die in der postdigitalen Kultur kaum mehr auflösbare Verbindung
zwischen diesen drei Feldern könnte man auch als das achte Ergebnis dieser Arbeit
bezeichnen, das sich bei der Untersuchung der MusikmachDinge und ihrer hybriden
Materialitäten sukzessive abgezeichnet hat.
5.2 Kritik und Ausblick
Die Fokussierungen, die gewählt wurden, korrespondieren zum einen mit den im
Projektantrag formulierten Erkenntnisinteressen des Forschungsprojekts, in dessen
Kontext diese Dissertation entstanden ist, und zum anderen in nicht minderer Weise
mit denen des Autors, seinen wissenschaftlichen Hintergründen und seinem spezifischen Werdegang. Doch auch innerhalb dieser Rahmung konnten nicht alle für
relevant gehaltenen Themenfelder dargestellt und diskutiert werden. Insofern
konzentriert sich die Arbeit trotz ihrer konzeptionellen Breite auf das Entwickeln
einiger konkreter Theorieangebote und Perspektiven und kann ansonsten nur auf
88
Schnittfelder und Möglichkeiten aufmerksam machen, wie sich diese unter den
Bedingungen einer postdigitalen Kultur erziehungswissenschaftlich perspektivieren
lassen. In Bezug auf eine ausführlichere Darstellung mancher Themenbereiche und
Aspekte sei zum einen auf das parallel zur Dissertation entstandene Buch Auf dem
Weg zur Cyberpolis. Neue Formen von Gemeinschaft, Selbst und Bildung (Donner
und Allert 2022) verwiesen, in dem die Kybernetisierung der Gesellschaft genauer
beleuchtet wird, sowie auf eine geplante Buchveröffentlichung mit dem Projektleiter
und Erstbetreuer dieser Dissertation (Donner und Jörissen, in Vorbereitung), die
weitere Forschungsergebnisse aus dem Projektkontext zum Themenfeld der Dissertation enthalten wird.
Ein blinder Fleck ist die im Rahmen der Dissertation nicht thematisierte Frage
nach der geschlechterspezifischen Rezeption der MusikmachDinge, die zum Teil
durchaus beobachtet, aber nicht eingehender thematisiert wurde. Diesbezüglich
stellen sich viele interessante Fragen und die Genderkodierung von Technologien ist
auch ein erziehungswissenschaftlich hochrelevantes Thema. In seiner großen Studie
Any Sound You Can Imagine (1997) merkt Théberge an, dass das Zuhause in der
Moderne lange Zeit ein Ort weiblichen Musizierens war, bevor es technisiert wurde;
und er weist darauf hin, dass sich mit diesem Wandel auch seine Darstellung in der
Werbung änderte, da die Herstellerfirmen von Musiktechnologien nun die Aufmerksamkeit vor allem auf den Aufbau von Home Studios legten, wobei – abgesehen von
einzelnen Marketingaktionen – keine weiblichen Personen mehr sichtbar wurden
(vgl. Théberge 1997: 125). Dies ist erstaunlich, zumal es im Feld der elektronischen
Musik viele Pionierinnen gibt. Schon in den 1920er Jahren machten Clara Rockmore
und Alexandra Stepanoff das Theremin international bekannt und es gibt unzählige
weitere Protagonistinnen, wie in Tara Rodgers Interviewband Pink Noises. Women
on electronic music and sound (2010) und in Lisa Rovners Dokumentation Sisters
with Transistors (vgl. Spannuth 2023) deutlich wird. In den letzten Jahren kommt der
Verbindung von Genderfragen und elektronischer Musik respektive Musikproduktion
verstärkte Aufmerksamkeit zu (vgl. etwa Wolfe 2020; Jóri 2020; Wenzel 2020;
Sookee 2020; Wernicke und Ahlers 2021), wozu im Rahmen der Dissertation jedoch
kein eigener Beitrag entwickelt wurde.
In bildungstheoretischer Hinsicht wird klar, dass die Arbeit perspektivisch an die
Tradition der transformatorischen Bildungsverständnisse anknüpft, ohne sich dabei
jedoch explizit einer bestimmten Position (vgl. dazu etwa Koller 2007, 2016, 2023;
Asmussen 2020: 273ff.) zuordnen zu lassen. Mit ihren kulturhistorischen Kontextualisierungen folgt sie vielmehr einem Impuls, den auch Norbert Ricken benennt,
wenn er konstatiert, es spreche vieles dafür, Bildung mit subjektivierungstheoretischer Perspektive als ein spezifisch modernes pädagogisches Paradigma in den
89
Blick zu nehmen (Ricken 2019: 105). Dasselbe Historisierungsgebot hätte dann
allerdings auch für die subjektivierungstheoretischen Perspektiven selbst zu gelten,
die nicht so neutral sind, wie sie auf den ersten Blick erscheinen mögen (vgl. auch
Berger 2013). So dürfte die latente Konkurrenz von praxistheoretischen Bildungsverständnissen, die auf dem Konzept der Selbststeuerung aufbauen, und zumindest
traditionell eher normativ ausgerichteten pädagogischen Bildungsverständnissen
kaum ein historischer Zufall sein (vgl. dazu etwa Alkemeyer, Budde und Freist 2013;
Alkemeyer 2013; Alkemeyer, Buschmann und Michaeler 2015; Alkemeyer und
Buschmann 2016; Ricken 2019; Schäfer 2019). Es fällt jedenfalls auf, dass das
ungleich viel performativere Konzept der Subjektivierung erst im Rahmen der fortgeschrittenen ›Kybernetisierung der Kultur‹ (Donner und Allert 2022) respektive in
der postdigitalen Kultur derart prominent wird. Und es ist nicht unplausibel, dass
dies mit den sich in diesem Zuge verflüssigenden und zum »Projekt« (Flusser 1991:
157) werdenden Subjektformen und »Bricolage-Identitäten« (Paus-Hasebrink 2010:
199; Krotz 2013: 44) zu tun hat. Insofern geht die vorliegende Arbeit ähnlich wie
Schäfer (2019) davon aus, dass nicht das Auflösen der latenten Konkurrenz von
praxistheoretischen und pädagogischen Bildungsverständnissen auf eine der
beiden Seiten hin, sondern erst das sich gegenseitig ergänzende Kontrastieren von
beiden fruchtbar ist. Des Weiteren ist sie (wie in Abschnitt 2 dargelegt) davon
überzeugt, dass ›sozialontologische Reduktionen‹ für bildungstheoretische Kontexte
in universalökologisch denkenden Zeiten nicht mehr zielführend sind. Mit RiegerLadichs Worten folgt sie daher dem »Verdacht, dass die Analysen von Subjektivierungspraktiken zu eng angelegt sind, wenn sie sich auf die Untersuchung von
menschlichen Interaktionen beschränken« (Rieger-Ladich 2017: 193).
Im vorliegenden Vorschlag, ein breiteres Spektrum in den Blick zu nehmen, das
»sich kaum über ein einheitliches ontologisches Register beschreiben« (ebd.: 199)
lässt, zeichnet sich eine eigenständige postanthropozentrische Perspektive ab, die
nicht wie viele andere Arbeiten zentral an die Akteur-Netzwerk-Theorie anknüpft,
sondern sich im Sinne Pickerings (2001, 2002) in historisch reflektierter Form von
kybernetischen Denkfiguren inspirieren lässt und zugleich eine gewisse Nähe zu
Positionen des new materialism – inbesondere zu Donna Haraway (1995, 2016) –
aufweist. Ein weiterer, erziehungswissenschaftlich vertrauter Bezug ist derjenige auf
Deweys und Bentleys Begriff der trans-action sowie auf die damit verbundene
Epistemologie, die ähnlich gut mit Zirkularitäten, Environmentalitäten und Medienökologien umzugehen weiß wie kybernetische Perspektiven. Der Hinweis auf Dewey
und Bentley wird dankbar von Arnd-Michael Nohl aufgenommen, wenngleich er
einer Relektüre unterzogen und nicht in gleicher Weise gedeutet wird wie in Nohls
90
wissenssoziologischer Lesart.62 Dass sich pragmatistische Perspektiven, die den
Körper und seine zentrale Bedeutung in den Blick nehmen, für die Medienforschung
besonders gut eignen, haben Sehnbruch und Wild (2020) gezeigt. Es wird jedoch
auch an der Nähe von pragmatistischen und enaktivistischen Argumentationen und
in den Analysen der vorliegenden Arbeit deutlich. Hybride Materialitäten und ihre
enge Verbindung mit dem Körper sind zentral für ein adäquates Verständnis der
postdigitalen Kultur und ihrer Subjektivierungsformen. Was die skizzierte postanthropozentrische und mithin posthumanistische Perspektive (Herbrechter 2014)
jedoch im Detail für zentrale pädagogische Begriffe wie den der Erziehung und der
Bildung bedeutet, muss an anderer Stelle ausbuchstabiert werden.
62
Dewey und Bentley entwickeln ihren Transaktionsbegriff im Rahmen des wissenschaftsgeschichtlich begründeten Dreischritts »self-action – inter-action – trans-action« (Dewey
und Bentley 1949: 108) eng an der Geschichte naturphilosophisch-physikalischen
Denkens und seinen epistemologischen Grundpositionen entlang. Beim Begriff der transaction beziehen sie sich wie später auch Karen Barad (2007: 97ff.) explizit auf Niels
Bohrs Deutung der Quantenphysik. Ihr Dreischritt lässt sich in aller Kürze folgendermaßen umreissen: In der Antike wurde den Elementen eine Selbsttätigkeit (self-action)
zugeschrieben. Die klassische Physik der Moderne und die klassischen Sozialwissenschaften gehen von der Interaktion (inter-action) präexistenter Entitäten aus. Niels Bohrs
Deutung quantenphysikalischer Phänomene geht hingegen von Prozessen der stetigen
Hervorbringung von miteinander verschränkten und nicht bereits präexistenten Entitäten
aus (trans-action). Nohl referenziert zwar Dewey und Bentley, doch sein Transaktionsverständnis ist nah am wissenssoziologischen Begriff der konjunktiven Erfahrungsräume
und scheint zum Teil sogar damit identisch zu sein (vgl. etwa Nohl 2017b).
91
92
I. Optimierung und Subversion. Kybernetik
und neue künstlerisch-ästhetische
Medienpraktiken in den 1960er Jahren
93
94
Optimierung und Subversion.
Kybernetik und neue künstlerisch-ästhetische Medienpraktiken
in den 1960er Jahren
Donner, M. (2021): Optimierung und Subversion. Kybernetik und neue künstlerischästhetische Medienpraktiken in den 1960er Jahren. In: MedienPädagogik. Zeitschrift
für Theorie und Praxis der Medienbildung, Themenheft Nr. 42: Optimierung in der
Medienpädagogik. Forschungsperspektiven im Anschluss an den 27. Kongress der
DGfE, S. 169–198. https://doi.org/10.21240/mpaed/42/2021.04.30.X
Zusammenfassung
Der Text fragt im Sinne subjektivationstheoretischer Ansätze nach den Lücken, die
das kybernetische Dispositiv dem Selbst eröffnet. Dazu werden zuerst die Grundlagen dieses Dispositivs erörtert. Besonderes Augenmerk wird dabei auf das kybernetische Selbstkonzept und entsprechende Lernverständnisse gelegt. Im Rahmen
dessen werden zwei wissenschaftliche Idiome vorgestellt, die mit der Kybernetik
verbunden sind, ein repräsentationales und ein performatives. Veranschaulicht wird
dies schliesslich an den künstlerisch-ästhetischen Medienpraktiken von Ken Kesey
(Einer flog über das Kuckucksnest) und der Aktionskunst-Gruppe Merry Pranksters,
die aus der spielerischen Auseinandersetzung mit dem kybernetischen Dispositiv
emergieren und als prototypische Anordnungen heutiger Multimedia-Kulturen verstanden werden können. Es stellt sich die Frage, welches der beiden Idiome
(medien-)pädagogischen Kontexten in normativer Hinsicht eher angemessen ist.
Abstract
From a standpoint of subjectification theory the text asks for the gaps which the
cybernetic dispositiv is establishing for the self. At first the fundamentals of this
dispositiv are presented with specific attention to the cybernetic conceptions of the
self and their understanding of learning. Within that scope two scientific idioms are
presented which are bound up to cybernetics: a representational and a performative
one. To illustrate this the aesthetic media practices of Ken Kesey (One Flew Over the
Cuckoo’s Nest) and his action art group Merry Pranksters are discussed as they
emerge from the playful involvement with the cybernetic dispositiv and became a
prototypical structure of today’s multi media cultures. The question arises which of
the both idioms is more adequate for media educational contexts.
95
1. Einleitung
In seinem Beitrag zur DGfE Jahrestagung 2020 konstatiert Bröckling, dass das
Optimierungsprinzip erst mit Talcott Parsons systemtheoretischem Handlungsbegriff
Einzug in die Soziologie gehalten hat, wo es im Sinne der Kybernetik als eines von
vier Handlungsprinzipien die «gesteigerte Anpassungsfähigkeit und Variabilität eines
Systems» garantieren soll (Bröckling 2020, 2). Verstanden als unabschliessbarer
Lernprozess unter Bedingungen unvollständigen Wissens ordnet Bröckling es dem
Regime des Wettbewerbs zu und merkt an, es operiere kybernetisch, da es Feedbackschleifen und Technologien des (Selbst-)Monitorings installiert, «die kontinuierliche Anpassungen an sich ebenso kontinuierlich wandelnde Sollwerte bewerkstelligen sollen» (ebd., 6). Eine Haltung der Kritik an diesen Mechanismen moderner
Kontrollgesellschaften (Deleuze 1993, 255) kreist demnach um die Foucaultsche
Frage:
«Wie ist es möglich, daß man nicht derartig, im Namen dieser Prinzipien da, zu solchen
Zwecken und mit solchen Verfahren regiert wird – daß man nicht so und nicht dafür und
nicht von denen da regiert wird?» (Foucault 1992, 11f.).
Diese Frage, die «gleichermaßen Komplement und Widerpart der Künste des
Regierens und Sich-selbst-Regierens» (Bröckling 2007, 284) ist, findet ihren Raum
in einer Lücke, die das Konzept der Selbststeuerung lässt, und die es ermöglicht,
«auf Distanz zu [einer] Anrufung zu gehen, sie umzudeuten, ins Leere laufen zu
lassen, zu verschieben oder zurückzuweisen» (ebd.).
Mit dieser Argumentation steht Bröckling in der Tradition einer kritischen Sozialwissenschaft im Gefolge von Althusser, wie sie von Judith Butler und anderen
weiterentwickelt wurde (vgl. z. B. Alkemeyer und Bröckling 2018, 19; Eickelmann
2019, 172f.). Basis von Subjektivierungsprozessen stellen demnach gesellschaftliche Anrufungen sowie der individuelle Umgang mit ihnen dar. Der vorliegende Text
will diese Perspektive ergänzen, indem er bezüglich der Frage nach der Lücke als
dem Unbestimmten und Anderen der Ordnung nicht auf das reflexive widerständige
Subjekt fokussiert, sondern sie in den kybernetischen Theoriebildungen selbst und
ihren hybriden, transaktionalen Praktiken (Nohl 2018a, 74 u. 76) sucht. Dazu wird in
einer narrativen Analyse (Hayles 1999, 21) zuerst ein Überblick über die Kybernetik
gegeben, wobei besonderes Augenmerk auf Selbst- und Lernkonzepte gelegt wird.
Im Anschluss an Pickering werden zwei Entwicklungslinien kontrastiert, die als
verschiedene wissenschaftliche Idiome – ein repräsentationales und ein
ontologisch-performatives – betrachtet werden, und die zwei Umgangsweisen mit
der Frage nach Lücken, Unbestimmtheiten und Emergenzen darstellen. Veranschaulicht wird dies im Folgenden am Beispiel von Ken Kesey und der Aktions96
kunst-Gruppe Merry Pranksters, die in den 1960er Jahren mit ihren künstlerischästhetischen Medienpraktiken eine Umprogrammierung des Selbst im Sinne einer
Befreiung von anerzogenen Denk- und Verhaltensweisen zum Ziel hatten, und dabei
eine neue Medienkultur popularisierten, die bis heute Basis unzähliger medialer
Praxen, Anwendungen und (Selbst-)Bildungsprozesse ist.
2. Zur Entwicklung der Kybernetik: Grundlagen, Selbstkonzept,
Lernverständnisse und Lücken
Die Abhandlungen zur Kybernetik sind zahlreich. Im Rahmen der narrativen Analyse
wird der Diskurs anhand des Denkens einiger prominenter Protagonisten in thematisch fokussierter Weise vorgestellt.
2.1 Entwicklung der Grundlagen und frühe Kybernetik
Die frühen theoretischen Grundlagen der Kybernetik entstanden im Zweiten Weltkrieg im Rahmen der Entwicklung von selbststeuernden, zielverfolgenden Waffen
wie Feuerleitsystemen und Torpedos (Rosenblueth, Wiener und Bigelow 1943, 19;
Galison 1994, 229; Roch und Siegert 1999, 222ff.), sowie im Kontext der Kryptologie (Roch 2009, 84). Neben der mathematischen Informationstheorie (Shannon
1948) gehört zu diesen Grundlagen ein systemtheoretischer Blick, der in Kontexten
maschineller Steuerung Sensoren mit Rückkopplungsschaltungen kombiniert, um
bei sich veränderndem Sensor-Input mittels negativem Feedback automatisch in
Richtung eines Soll-Werts (‹Ziel›) nachzusteuern und so die Trajektorie zu
korrigieren. Dadurch wird das System in einem homöostatischen Gleichgewichtszustand gehalten, was schliesslich, bei Waffensystemen im Wortsinn, zur Zielerreichung führt. Ein wesentliches Merkmal solcher Sensor gestützten FeedbackSteuerungen ist ihre Zirkularität, also der beständige Abgleich von Sensor-Input und
Output. Diese epistemologisch interessante Figur, die in vielen Bereichen fruchtbar
gemacht wird (vgl. Foerster 1993, 63f.), stellt einen weiteren zentralen Bestandteil
kybernetischen Denkens dar. Auf sie geht mithin die philosophische Attraktivität der
Kybernetik zurück.
Im technisierten Krieg ging es um die Optimierung von Waffen, doch mit Systemen wie dem Torpedo, die auf Basis von «Sinnesorganen» (Wiener 1967, 33) und
Feedbackschleifen zur Zielkorrektur selbständig ihr Ziel verfolgen, schien nicht
weniger als ein maschinelles Modell für teleologische Prozesse gefunden zu sein,
wie sie bislang nur Lebewesen und speziell dem Menschen zugeschrieben worden
waren. Der philosophisch bewanderte Norbert Wiener, der zu Kriegszeiten mit
97
Pionieren der Computertechnologie und Neurophysiologen zusammenarbeitete, sah
in diesen Grundlagen bald die Basis für eine neue Leitwissenschaft, die er in
Anlehnung an das griechische Wort für Steuermann Kybernetik taufte. Dabei sollte
es um nicht weniger gehen als «the study of messages as a means of controlling
machinery and society» (ebd., 23). Man beanspruchte in der Folge breite interdisziplinäre Geltung für die auf Feedback-Loops basierenden Input-Output-Modelle
und exportierte sie auch aktiv in die Sozialwissenschaften. Schliesslich war nach
dem Krieg Kalter Krieg. Gesellschaftliche wie wirtschaftliche Entwicklung schienen
im Wettstreit der Systeme nach neuen Methoden der Optimierung und des Social
Engineering zu verlangen, und selbst das menschliche Gehirn schien sich in neurophysiologischer Perspektive nicht mehr von Informationssystemen wie den neu
entwickelten digitalen ‹Elektronengehirnen› zu unterscheiden (vgl. McCulloch und
Pfeiffer 1949, 369).
Wiener selbst blieb bezüglich der allzu euphorischen Anwendung kybernetischen Denkens in den Sozialwissenschaften skeptisch und sprach von «falschen
Hoffnungen» (Wiener 1948, 189), die sich einige seiner Kollegen machen würden. In
seinen Augen waren nicht nur die Komplexitäten und der fehlende Abstand zu den
beobachteten Phänomenen problematisch, es war auch nicht sein Anliegen, mit
kybernetischen Mitteln eine maschinell zugerichtete Kontrollgesellschaft zu errichten (vgl. Wiener 1967, 244ff.). Gleichwohl lagen derartige Visionen in der Luft und
hatten prominente Fürsprecher. Es herrschte die recht naive Vorstellung, dass
Maschinen, Lebewesen und Gesellschaften letztlich alle mit denselben informationstheoretischen Mitteln top-down gesteuert werden könnten, solange ihren
‹Sinnesorganen› nur die richtige Information in adäquater Kodierung zugeführt wird.
So heisst es beispielsweise in Warren Weavers wirkmächtigem populärwissenschaftlichem Vorwort zu Shannons Informationstheorie (in dem ihr Geltungsbereich
weit über Shannons Intention hinaus ausgedehnt wird), bei der Beeinflussung von
Adressaten seien auch «all the psychological and emotional aspects of propaganda
theory» (Weaver 1964, 5) zu beachten.63 Durch die Engführung von Informationsund physikalischem Entropiebegriff wurde der Mensch in neurophysiologischer
Perspek-tive zu einem System, das allein über Informationsflüsse mit seiner
Umgebung in Verbindung steht, sich an die Umwelt anpasst, um ‹effektiv› zu leben,
und entropi-schen Störungen mittels negativem Feedback entgegenwirkt, um das
eigene Über-leben zu sichern (vgl. z. B. Wiener 1967, 26f., 38).
63
Shannon war klar, dass seine Informationstheorie nur eine Theorie für technische
Steuerungsprozesse darstellt. Da es sich um ein militärisches Forschungsprojekt handelte, das bis in die 1970er Jahre fortgeführt wurde, hatte er jedoch Redeverbot (vgl.
Roch 2009, 84 u. 188f.) und konnte nur gelegentlich anmerken, er glaube nicht, dass die
Theorie derart universal einsetzbar sei.
98
2.2 Frühkybernetische Lücken: Rauschen, Adressierungsprobleme und
soziale Komplexität
Befragt man diesen mit der Entwicklung des Digitalcomputers schnell dominant
werdenden informationstheoretisch geprägten Strang der Kybernetik hinsichtlich
möglicher Lücken und Freiheitsgrade für das Selbst, so finden sich dafür drei
Quellen. Durch die Engführung von Informationstheorie und Thermodynamik unterliegt jede Informationsübertragung ganz gleich ob auf neurophysiologischer oder
physikalisch-medialer Ebene auf dem Übertragungsweg dem Einfluss von thermodynamischem Rauschen, das die übermittelte Nachricht verzerren und unkenntlich
machen kann. Zudem können die Erwartungen bezüglich ihres weiteren Verlaufs
täuschen. Beides kann für Irritationen und Missverständnisse sorgen und zu
Emergenzen führen. Abhilfe bietet in dem Fall eine robuste Kodierung. Weitere
Unbestimmtheitsquellen sind im Fall von Lebewesen deren Vorprägung und ihre
Situiertheit (aktuelle Umgebung etc.), die die Decodierung einer Nachricht massgeblich beeinflussen können und dem Sender meist unbekannt sind. Multiplizieren
sich diese Unbestimmtheiten in «größeren Nachrichtensystem[en]» wie Gesellschaften (Wiener 2002, 179), so entstehen Komplexitäten, die kaum zu kontrollieren
sind. Aus diesem Grund blieb Wiener in Bezug auf die bald geäusserten Bedenken
vor einer totalitären Entwicklung auch recht gelassen. Auf eine vielbeachtete Kybernetik-Kritik in Le Monde (1948), in der konstatiert wird, Hobbes’ Leviathan sei im
Vergleich zu einer kybernetischen Regierungsmaschine, die alle Entscheidungen
einer Gesellschaft koordiniert, nichts als ein harmloser Witz, antwortete er, solange
die Menschen noch unterschiedlich sind, müsse man die Maschine nicht fürchten
(Wiener 1967, 248). Für ihn liegt die Gefahr eher in ihrer Vereinnahmung durch eine
Clique Mächtiger, die sie aus Machtgier – also aus einer sozialen Disposition heraus
– missbrauchen. Ganz ähnlich klingt auch ein weiteres Argument von ihm: In seinem
Begriff des «manichäischen Bösen», das im Gegensatz zum harmlosen «augustinischen Bösen» einer sich verbergenden Natur die Berechenbarmachung eines
intelligiblen Feindes erfordert (vgl. ebd., 50f.; Galison 1994, 231f., 251ff.), wird die
Verquickung der Kybernetik mit Kriegsszenarien wohl besonders deutlich.
Zusammenfassend kennt die frühe Kybernetik also drei potenzielle Lücken oder
Einfallstore der Unbestimmtheit: physikalische (Übertragungsweg), situative
(Situiertheit) und soziale (Macht/Gier). Das Selbst bleibt vorerst seltsam passiv, denn
ein Selbstkonzept existiert noch nicht; es sieht sich Informationsflüssen ausgesetzt
und reagiert mit adaptivem Verhalten, das sein Überleben sicherstellen und im Sinne
grösstmöglicher Effizienz optimieren soll. Unbestimmtheit widerfährt ihm, ohne dass
sie ihm unbedingt bewusst werden muss, denn informationstheoretisch betrachtet
liegen ihre Quellen auf physikalischen Ebenen (Rauschen/Entropie), in individuellen
99
Vorprägungen (‹Speicherzustände›) oder in gesellschaftlichen Komplexitäten, die
allesamt keine Frage von bewussten Entscheidungen sind. Lernen meint hier vor
allem das Speichern von Information, das als Vorprägung in Erscheinung tritt.
Für das Verständnis der informationstheoretischen Konzeption des neurophysiologischen Selbst ist wichtig, dass es sich bei der Kybernetik um eine im Kern
ontologische Perspektive handelt, auch wenn der Informationsbegriff mit Entkörperlichung assoziiert wird (Hayles 1999, 22). Wiener und viele andere begreifen ihn
jedoch neben Energie und Materie als dritten Grundlagenbegriff der Physik (Wiener
1948, 155). Im Gegensatz zu einem Informationsverständnis, das auf die Inhaltsebene von Kommunikation und deren Verstehen abhebt, geht es beim mathematischen Informationsbegriff um die Übertragung und Verarbeitung von physikalischen
Zuständen mittels konkreter Signale. Dabei ist Information rein syntaktisch definiert
und stellt ein quantitatives Mass für deren empfängerseitige Unsicherheit dar. Die
qualitativen Aspekte der Semantik und Pragmatik bleiben ausgeklammert, auch
wenn man als Kybernetiker annimmt, dass letztere sich bei entsprechender Skalierung irgendwie aus der Syntaktik ergeben. Wie genau dies vonstatten gehen soll,
bleibt unklar. Dass das Umwandeln von physikalischen (Informations-)Zuständen
mit Energie zu tun hat, steht jedoch ausser Frage. Informationsverarbeitung benötigt
Energie, auch im Gehirn, und diese Energie lässt sich mit Hilfe der Informationseinheit Bit als Mass für die Anzahl der grundlegenden An-Aus-Schaltungen oder JaNein-Entscheidungen scheinbar in jedem Fall exakt quantifizieren.
Damit scheint der missing link zwischen res extensa und res cogitans gefunden,
vorausgesetzt man geht davon aus, dass das Nervensystem wie eine formallogische binäre Maschine operiert bzw. einem Digitalcomputer entspricht, wie
Wieners Kollege Warren McCulloch und viele andere es propagieren (McCulloch
und Pitts 1943; McCulloch und Pfeiffer 1949). Erst vor diesem Hintergrund kann
Wiener schreiben, der «Maschinentyp» Mensch sei bekannt und «die menschliche
Maschine verfügt in jedem besonderen Fall und in jeder besonderen Situation über
eine bestimmte Logik – wir wissen nur eben nicht genau, über welche» (Wiener
2002, 175f.). Gestört werden kann diese Logik durch die physikalische Tendenz der
Natur, einem höheren Grad an Entropie oder ‹Unordnung› zuzustreben. Lebewesen
und im übertragenen Sinn auch soziale Systeme kontrollieren diese Tendenz jedoch,
indem sie die Entropie (wie ein Torpedo) mittels negativem Feedback korrigieren.
Dies ist die zentrale Argumentationsfigur, die es der Kybernetik erlaubt, die Grenze
zwischen Mensch und Maschine zu verwischen. Dass elektronische Medien in
dieser Perspektive das Mittel der Wahl sind, um das Selbst zu programmieren, steht
ausser Frage. Denn wie das Nervensystem operieren auch sie auf der Basis elektromagnetischer Signale und speichern, verarbeiten und übertragen Information im
100
Sinne der Informationstheorie. Damit stellen sie gewissermassen die idealen
‹Anrufungswerkzeuge› dar. Die Merry Pranksters explorieren dies auf aktionskünstlerische Weise.
2.3 Kybernetik zweiter Ordnung: Die Entwicklung des kybernetischen
Selbstkonzepts
Mit der Verbreitung kybernetischen Denkens in den Sozialwissenschaften wurde in
den 1960er Jahren zunehmend klar, dass das Modell einer strikten Kopplung von
Menschen zu Gesellschaftssystemen zu einfach ist. Protagonisten wie Heinz von
Foerster, Gregory Bateson, Margaret Mead und andere begannen, die Zirkularität
homöostatischer Systeme nun als systemische Reflexivität aufzufassen. Schliesslich nimmt das Nervensystem nicht die Welt selbst wahr, sondern es operiert gleich
einer ‹symbolischen Maschine› (Krämer 1988) allein auf Basis seiner internen Verarbeitung von sinnlich wahrgenommener Information. Der blinde Fleck des fehlenden
Selbstkonzepts wird mit der Einführung des ‹Beobachters› korrigiert, welcher sich
als Emergenzeffekt komplexer interner Feedbackschleifen figuriert. In diesem
Zusammenhang schlägt Foerster vor, «die Kybernetik von beobachteten Systemen
als Kybernetik erster Ordnung zu betrachten; die Kybernetik zweiter Ordnung ist
dagegen die Kybernetik von beobachtenden Systemen» (Foerster 1993, 89). Wohlgemerkt: Dies bedeutet nicht, dass der Beobachterbegriff dem Bedeutungsgehalt
kognitiv-transzendentaler oder gar körperlich-performativer Subjekte entspricht,
auch wenn er häufig so verwendet wird. Im Sinne des repräsentationalen kybernetischen Ansatzes bleiben Beobachtende, was ihre Organisation und Struktur
angeht, der Informationstheorie verhaftet. D. h. sie bleiben formallogisch operierende Informationsmaschinen, solange kein thermodynamisches Rauschen oder
andere Ungewöhnlichkeiten ihre Informationsverarbeitung korrumpiert. Zumindest
ideengeschichtlich ist der/die Beobachtende ein von metaphysisch-transzendentalen Grundannahmen bereinigtes Subjekt, das an deren Stelle Annahmen über die
informationstheoretische Beschaffenheit der Welt setzt. Damit muss emergentes
Verhalten nicht länger auf tiefer liegende Gründe zurückgeführt werden, sondern
kann im Sinne der Informationstheorie schlicht als wahrscheinlichkeitstheoretisch zu
modellierender Kontingenz aufgefasst werden.64 Mit diesem Shift beginnt eine neue
Welle kybernetischen Denkens und erst vor dem Hintergrund dieser reflexiven
Instanz, die mit Gedanken und ihrem Handeln wissentlich auf sich selbst zurück-
64
Zu Foersters Biological Computer Lab an der Universität von Illinois, dem dortigen Einfluss der Gegenkultur und der Fokusverschiebung von maschinellem zu menschlichem
Lernen in den 1970er Jahren vgl. auch Müggenburg (2020).
101
wirken kann, wird auch die Figur der Selbstoptimierung denkbar, wenn man mit
Bröckling davon ausgeht, dass der Optimierungsbegriff vermittels der Kybernetik
Einzug in die Domänen des Sozialen gehalten hat.
2.4 Das Lernverständnis des Repräsentationsidioms am Beispiel von
Batesons Lernstufen-Modell
Die Einführung des «Beobachterkonzepts» erschliesst dem kybernetischen Denken
eine ganze Reihe neuer Untersuchungsgegenstände. Neben der Frage nach dem
Selbstlernen und der Selbstkontrolle sowie ihren Störungen erscheinen auch jene
nach Ästhetik, Kunst, Religion usw. in neuem Licht. Prominent wird dies in Batesons
Ökologie des Geistes diskutiert. Information ist im Rahmen der Kybernetik zweiter
Ordnung nun kein rein objektives Mass mehr, sondern nach Batesons Definition ein
«Unterschied, der einen Unterschied macht» (Bateson 1981, 353, 408, 582). D. h.
sie wird nur dann wirksam, wenn sie als beobachtete Differenz einen systemischen
Effekt hat; man könnte auch sagen, wenn ihr die Aufmerksamkeit eines/r Beobachtenden zukommt und sie irgendwie weiterverarbeitet wird. Dabei hat sie prinzipiell
repräsentationalen Charakter, da das Nervensystem ausschliesslich mit symbolischen Repräsentationen seiner Umwelt arbeitet. Auf Basis dieser Annahmen werden
Selbstreferenz und Rekursion zu den zentralen Theoriefiguren (Foerster 1993, 89).
Dies hat auch Folgen für das Lernverständnis, das nun, wie Bateson darlegt und
Marotzki es für die Bildungstheorie fruchtbar macht (Marotzki 1990, 34ff.), einen
hierarchischen Stufenaufbau erhält, der sich aus der Bezugnahme auf die Principia
Mathematica von Russell und Whitehead ergibt (Bateson 1981, 362). Die unterste
logische Ebene der Lerntypen, die Bateson als Lernen 0 bezeichnet, meint nicht
mehr als die Reaktion auf den wiederholten Empfang eines physikalischen Signals,
das als Reiz wahrgenommen wird und im Bewusstsein einen Effekt zeitigt (ebd.,
327, 367). Bei Lernen I, der nächsthöheren Ebene, wird das auf Ebene 0 Erlernte
modifiziert, allerdings noch nicht in reflektierter Weise, sondern eher als spezifischer
Umgang mit einer bestimmten Art von Signalen, der sich durch Versuch und Irrtum
einspielt, etwa im Sinne pawlowscher Gewöhnung o. Ä. (ebd., 372). Lernen II ist
infolgedessen die erste Form reflexiven Lernens, das Bateson auch beschreibt als
«lernen, Signale empfangen zu lernen» (ebd., 327). Die Beobachtenden beobachten
hier ihren erlernten Umgang mit einer spezifischen Art von Reizen in einem
bestimmten Kontext. Dies inkludiert nicht nur die Beobachtung der eigenen Wahrnehmungsweise, sondern stellt auch den Umgang mit ihr sowie das daraus
folgende Handeln zur Disposition. Entsprechend gehört die Auseinandersetzung mit
diesem Lerntyp zur Hauptbeschäftigung von Erziehern, Eltern, Kindern, kurz: von
102
allen, die über «Prozesse nachdenken, die den Charakter des Individuums oder die
Veränderungsprozesse in menschlichen [...] Beziehungen bestimmen» (ebd., 384).
Perspektivisch zielt nach Bateson erst dieser Lerntyp auf die «Transaktionen
zwischen dem Individuum und seiner materiellen und menschlichen Umgebung»
(ebd., 385). Der seltene letzte Lerntyp Lernen III steht nun gewissermassen in einem
paradoxen Verhältnis zu allen vorigen, denn bezogen auf die Perspektive des
Individuums kann er nicht mehr in gleicher Weise als Optimierungsprozess aufgefasst werden wie die Lerntypen zuvor, da er das Individuum selbst in grundlegender
Weise in Frage stellt.
Die Grundannahme des kybernetischen Lernbegriffs ist nach Massgabe der
Engführung von Informationstheorie und Thermodynamik oder Entropiereduktion,
dass Lernen einen Selektions- und Überlebensvorteil für das lernende Individuum
mit sich bringt. Es zielt perspektivisch gleichsam auf eine Verringerung und
Kontrolle von Störungen ab. Durch Lernen kann sich ein System in einem stabilen
homöostatischen Zustand halten und dem potenziell tödlichen Einfluss von zunehmender Entropie alias ‹Unordnung› die Stirn bieten. Lernen ist in kybernetischer
Perspektive nichts anderes als die Optimierung von Entropiekontrolle durch
optimierte interne Feedbackschleifen und damit notwendige Bedingung aller systemischen Selbstbehauptung.
Übertragen auf abstraktere Ebenen bedeutet dies: es ist eine Orientierungsleistung, die hilft, komplexe Umwelten zu ordnen, um darin möglichst effektiv –
sprich zum eigenen Vorteil – navigieren zu können. In dieser Perspektive ist Lernen
ein prinzipiell egoistisches Unterfangen, das als Negation des zuvor Gelernten auch
mit einer schmerzhaften Umstellung der eigenen Systemlogik verbunden sein kann.
Wenn Lernen III nun aber dem logischen Stufenaufbau folgend das auf Ebene II
Erlernte in Frage stellt, so transzendiert es gewissermassen die Position des bereits
reflexiv gewordenen Individuums. Doch welchen Vorteil sollte das Individuum daraus noch ziehen? Als Beispiel nennt Bateson Prozesse, in denen «eine tiefgreifende
Umstrukturierung des Charakters» (ebd., 389) stattfindet, etwa die mystischreligiöse Bekehrung. Aus der Logik seines Modells folgert er, dass Lernen III ein
Prozess ist, der die ungeprüften Prämissen des reflexiven Selbst, die es davor
bewahren, die «abstrakten, philosophischen, ästhetischen und ethischen Aspekte
vieler Lebensabschnitte überprüfen zu müssen» (ebd., 392), in Frage stellt. Kurz:
wenn Individualität das Resultat von Lernen II ist, dann wird das Selbst im Rahmen
von Lernen III «eine Art Irrelevanz annehmen. Der Begriff des ‹Selbst› wird nicht
mehr als ein zentrales Argument in der Interpunktion der Erfahrung fungieren» (ebd.,
393). Und in diesem Fall wird das auf tieferen Stufen Erlernte auch nicht zwingend
103
negiert und neu strukturiert, sondern möglicherweise nur anders – nämlich dezentriert – betrachtet.
Dieser Schritt ist durchaus gefährlich, da er auch zu psychotischen Entwicklungen führen kann. Den «Kreativere[n]» aber ermöglicht er nach Bateson eine Sicht,
in der sich Gegensätze auflösen und «in der die persönliche Identität in all den
Beziehungsprozessen einer umfassenden Ökologie oder Ästhetik der kosmischen
Interaktion aufgeht» (ebd., 395). Man könnte auch sagen, das Selbst wird sich des
Kollektivs von menschlichen und nichtmenschlichen Akteurinnen und Akteuren als
einer Totalität bewusst und «jede Einzelheit des Universums wird so gesehen, als
ermögliche sie eine Sicht des Ganzen» (ebd.). Dieses fundamentale Spiel mit
Perspektiven lässt sich nun kaum mehr mit Entropiekontrolle bzw. mit der Frage
nach systemischer Effektivität (vgl. ebd., 397) begründen. Und Bateson scheint dies
auch zu ahnen, wenn er auf eine Lücke im formalen Wissen hinweist, sobald «wir
die verfeinerte Welt der Logik und der Mathematik verlassen und den Phänomenen
der Naturgeschichte direkt gegenüberstehen» (ebd., 376). Informationstheorie und
logische Typentheorie, die letztlich beide in Russells logischem Atomismus wurzeln,
haben es schliesslich «in ihrer ursprünglichen Form nur mit streng digitaler Kommunikation zu tun, und es ist zweifelhaft, wie weit sie sich auf analoge oder ikonische
Systeme anwenden» (ebd.) lassen.65 Das heisst, das strikt informationstheoretisch
gedachte Selbst steht in Frage. Zur weiteren Klärung schlägt daher Bateson vor,
Lernkontexte zu untersuchen, die mit dem Lernen über die Relationen seiner Lernstufen zu tun haben, also mit der «Überbrückung der Kluft» (ebd., 398) zwischen
den Lerntypen. Und als prädestiniertes Beispiel hierfür nennt er die Kunst, die
«gewöhnlich mit Lernen dieser Art zu tun hat» (ebd.).
2.5 Das Lernverständnis des ontologisch-performativen Idioms am
Beispiel von Ashbys Homöostat
Neben dem informationstheoretisch begründeten repräsentationalen Idiom macht
Pickering noch ein zweites, wesentlich körperlicheres ontologisch-performatives
Idiom (Pickering 2002, 414) aus, das einer nicht-repräsentationalen Logik folgt. Ein
prominentes Beispiel hierfür ist der Homöostat des englischen Kybernetikers Ross
65
Die Probleme treten tatsächlich schon mit dem Begriff des Kontexts auf, der bereits für
Lernen I vorausgesetzt wird. Denn woher weiss ein beobachtendes System, dass es sich
um einen bestimmten Kontext handelt, in dem ein spezifischer Reiz eine bestimmte
Bedeutung hat? Und was passiert kalkulatorisch, wenn sich womöglich mehrere
Kontexte überschneiden? Ein digital kalkulierendes Beobachtersystem wäre mit solch
uneindeutigen Situationen überfordert. Digitale Maschinen stürzen in diesem Fall
bekanntlich ab.
104
Ashby, ein «elektromechanisches Proto-Gehirn» (ebd., 419), das bereits in der Frühphase der Kybernetik ersonnen wurde (Ashby 1952, 90ff.). Der Homöostat besteht
aus vier drehbaren Komponenten mit Magneten und Spulen, an die eine Spannung
angelegt ist, die per Schaltung variiert werden kann. Durch ihre elektromagnetischen
Felder beeinflussen sich die Komponenten gegenseitig und richten sich räumlich
aus. Wird eine der Komponenten in Bewegung versetzt, so beginnen sich alle
Komponenten zu bewegen und der Homöostat sucht kurz gesagt allein auf Basis
der (nach Ashby möglicherweise noch gar nicht vollständig bekannten) physikalischen Gesetze und ohne den Umweg über Repräsentationsmodelle einen neuen
stabilen Ruhezustand. Wenn sich in der aktuellen Spannungskonfiguration kein
solcher Zustand findet und das System sich immer weiter aufschaukelt, schaltet es
selbständig in eine zufällig gewählte andere Spannungs- oder Metakonfiguration um
und sucht in einem unabsehbaren Prozess weiter. Diese Eigenschaft der Selbstprogrammierung, die nach Ashby auch Lebewesen kennzeichnet, macht für ihn ein
ultrastabiles System aus. Für seine Zeitgenossen war der Homöostat ein hochphilosophisches ‹epistemisches Ding› (Rheinberger 2001, 24ff.), anhand dessen sich
auch gut über System-Umwelt-Adaptionen nachdenken liess, wenn man z. B. annimmt, dass zwei der vier Komponenten Variablen eines Systems darstellen und die
anderen zwei die Umwelt: Sobald auch nur eine Komponente ihre räumliche Lage
verändert, beginnen sich alle Komponenten zu bewegen, wobei sie vermittels ihrer
Felder auch responsiv auf den Impulsgeber zurückwirken. Mit einem kleinen Seitenhieb auf die aussenprogrammierten Digitalmaschinen seiner Zeit konstatiert Ashby:
«A proper synthetic brain must develop its own cleverness – it must not be a mere
parrot. [...] We must always ask how much of the performance has been enforced in
detail by the designer and how much is contributed by the machine itself» (Ashby 1948,
382).
Trotz der begrenzten Geltung der Analogie zum lernenden Gehirn oder zu komplexen System-Umwelt-Kopplungen stellt der Homöostat auch für Pickering ein Bild
für das «emergent interplay of human and material agency» (Pickering 2002, 414)
dar, das nicht in derselben Weise auf einen begrenzten Möglichkeitsspielraum festgelegt ist wie ein Bild des Kognitiven als Manipulation von Repräsentationen (ebd.,
420). Er proklamiert:
«This just is a description of the dance of agency as I described it [...] a true philosophical
object, [...] a simple but beautiful material model of the processes of material, social and
cultural extension in science which I tried [...] to analyse in their real-world comple-xity»
(ebd., 418).
105
Abb. 1.: Ashbys Homöostat, entnommen aus Ashby 1952:
94f.
Abb. 2.: Ashbys Homöostat, entnommen aus Ashby 1952: 94f.
Auch für Ashby ist die Stabilität seines Systems, der ‹Selbsterhalt› via Feedback,
zentral. Im Gegensatz zu formallogischen Systemen ist der Homöostat jedoch
weder dem infiniten Regress von Zirkelschlüssen ausgeliefert, noch legt er einen
106
hierarchischen Aufbau von Lernebenen nahe, die das unmittelbar Sensuelle (die
Ebene des Signals bzw. Reizes) dem Kognitiven unterordnet, wie Bateson dies in
seinem informationstheoretischen Modell tut. Mit dem Siegeszug des Digitalcomputers ist der ontologisch-performative Ansatz jedoch für längere Zeit diskursiv
verdrängt worden. Er taucht erst in den letzten Jahren in der KI-Forschung wieder
vermehrt auf.66
2.6 Die Vervielfältigung der Lücken und neue Steuerungsstrategien
Fragt man vor dem Hintergrund der Kybernetik zweiter Ordnung und ihrer Einführung avancierterer Lern- und Selbstkonzepte nach Lücken, die dem Selbst zur
Ausgestaltung bleiben, so stellt sich die Situation nun in einem völlig neuen Licht
dar. Die «kybernetischen Kontrollphantasmen» (Seibel 2016, 12), die in Weavers
Vorschlag einer propagandistischen Programmierung von Adressierten angeklungen
waren, sind obsolet geworden und werden vom Bild einer prinzipiellen Unkontrollierbarkeit jener Systeme ersetzt, die von der Kybernetik zweiter Ordnung beschrieben
werden. Mit der Einführung des ‹Beobachters› und dem konstruktivistischen
Paradigma sind keine Feedback-Loops mehr denkbar, die mehrere Beobachtende
zu einem System strikter Kopplung verbinden und sie auf diese Weise disziplinieren.
Derartige Kopplungen sind prinzipiell lose, da jedes Selbst sich in irreduzibler Weise
66
Hof beschreibt, wie das Funding der KI-Forschung sich in der ersten Hälfte der 1960er
Jahre wandelte und der informationstheoretische Strang die Oberhand gewann (Hof
2020, 11). Des Weiteren legt sie dar, wie im Rahmen dessen auch Piagets Überlegungen
zum Lernen in Teile der KI-Forschung eingeflossen sind. Prominenter wurde der ‹ontologisch-performative› Strang wohl erst wieder mit Maturanas Theorie autopoietischer
Systeme. Denn aus der Perspektive seiner biologischen Kybernetik stellt Maturana
provokanterweise fest: «Vorstellungen wie Kodierung, Botschaft oder Information sind
auf das Phänomen der Selbstreproduktion nicht anwendbar. Ihr Gebrauch in der
Beschreibung dieses Phänomens stellt einen Versuch dar, diese Erscheinung in der
Sprache heteropoietischer Planung abzubilden». Dementsprechend heisst es zum
Lernen: «Jede Beschreibung des Lernens im Sinne des Erwerbs einer Repräsentation
der Umwelt ist daher bloß metaphorisch und ohne jeden Erklärungswert» (Maturana
1985, 206, 254). Auch hier wird das Modell eines repräsentational operierenden informationstheoretischen Selbst rigoros in Frage gestellt. Dies spielt jedoch zu Zeiten der Merry
Pranksters noch keine Rolle und kann daher ebenso wenig erläutert werden wie Luhmanns soziologische Adaption des Autopoiesis-Konzepts mit ihren stark informationstheoretischen Bezügen. Frühe Zweifel am informationstheoretischen Selbst äusserte
schon John von Neumann, der ‹Vater› der Von-Neumann-Archtitektur digitaler Computer,
nachdem er anfangs einer der prominentesten Verfechter der Computer-Gehirn-Analogie
gewesen war (vgl. Neumann 1958). Eine genauere Erläuterung von Ashbys Homöostat
und weiteren maschinellen Lernkonzepten in der frühen Kybernetik findet sich in Donner
2010b.
107
ein eigenes Bild seiner Umwelt macht. Die Figur der Reflexivität eröffnet zudem die
Möglichkeit der Selbstprogrammierung, und mit Batesons Definition von Information
als einem ‹Unterschied, der einen Unterschied macht›, stellen sich nun auch die Fragen nach dem Aufmerksamkeitsfokus und der Intentionalität von Beobachtenden.
Als Systeme mit unbekannter Feedbackstruktur bezeichnet Förster sie daher wie
den Digitalcomputer als «nicht-triviale Maschinen» (Foerster 1993, 135f., 143f.), die
sich im Gegensatz zu trivialen Maschinen dadurch auszeichnen, dass die InputOutput-Beziehungen aufgrund der rekursiven (Selbst-)Programmierbarkeit nicht
festgelegt sind. In diesem Zusammenhang beklagt er auch mehrfach, dass das
Bildungssystem auf die «Trivialisierung» (ebd., 170; ders. 2010, 32) von Kindern
ausgerichtet sei, also auf das Antrainieren einer festen Input-Output- bzw. FrageAntwort-Beziehung, anstatt auf Kreativität zu setzen.
Mit Batesons Lernen III tritt zudem ein Lerntyp in Erscheinung, der sich den
kybernetischen Grundannahmen nicht so recht fügen will. Denn ein Effektivitätsgewinn steht hier ebenso in Frage wie die geistige Gesundheit, falls der Prozess
scheitert. Auch scheint das Selbst in künstlerischen Kontexten zu einer Art Metalernen fähig, das auf die Lücken der Lerntypen abzielt und damit den teleologisch
anmutenden Lernprozess von Setzung, Negation, Negation der Negation usw.
unterläuft. Ashbys Homöostat hatte gezeigt, dass bereits in einem System mit nur
vier Variablen vollkommen unabsehbare System-Umwelt-Interaktionen auftreten, die
jeweils auf all diese Variablen zurückwirken und ein komplexes Resonanzsystem
bilden, das jeglicher Fixpunkte, die im Rahmen einer logischen Operation negiert
werden könnten, entbehrt.67 In dieser Perspektive stellt sich durch einen Anstoss
beliebiger Art schlicht ein unabsehbares neues Gleichgewicht ein, das erst im Nachgang als logische Negation des vorangegangenen gedeutet werden kann.
Die sich vervielfältigenden Lücken auf der Kontrollebene und der Ebene des
wissenschaftlichen Wissens, zogen nicht zuletzt neue Steuerungsstrategien nach
sich. Benjamin Seibel konstatiert, dass der Staat sich in Anbetracht des kybernetisierten Menschenbilds zunehmend selbst genötigt sah, sich in ein kybernetisches
System zu verwandeln (Seibel 2016, 109). Die dabei entstehenden Formen der
Gouvernementalität tragen jedoch keine pastoralen Züge mehr, sondern basieren
auf elektronischer Datenverarbeitung und nehmen oft technische Formen an, im
Bildungsbereich z. B. ganz konkret als «Kopplung von Bildung und Technolo-gie»
(Hof 2018, 27). In Folge des Sputnikschocks wurde bereits Ende der 1950er Jahre in
den USA eine Bildungsoffensive gestartet, in deren Rahmen auch erste
Bildungstechnologien entwickelt wurden, die auf dem Repräsentationsidiom beruh67
Mit Michel Serres (2008) ist man geneigt, den dialektischen Fall, der ein Gegenüber von
zwei Polen voraussetzt, als einen Spezialfall komplexer Netzwerke zu betrachten.
108
Abb. 3.: Absolventinnen und Absolventen verschiedener Selbstlern-Kurse in den 1960er
Jahren, die mit Teaching Machines absolviert wurden.
Abb. 4.: Schülerinnen und Schüler beim Benutzen von
Teaching Machines.
109
ten. Diese Teaching Machines, für die nach Massgabe der ‹Programmed Instruction›
zu vermittelndes Wissen in kleinste Teile zerlegt und in der Art von Multiple-ChoiceFragen aufbereitet wurde, gaben den Schülern Rückmeldung, ob ihre Antwortwahl
korrekt war, und sollten so deren Selbstlernen befördern (vgl. Lumsdaine 1961;
Goodman 1967). Des Weiteren wurde in Deutschland unter dem Begriff einer kybernetischen Pädagogik in den 1960er Jahren versucht, kybernetisches Denken in
pädagogische Theorie und Praxis zu überführen (Kellershohn 2018, 175ff.; Oelkers
2008, 206ff.), da auch Menschen «in Wirklichkeit meist recht eng programmiert»
seien (Haseloff, zitiert nach ebd., 209).
Einen weniger rigiden und besser skalierbaren Ansatz stellte die Verschmelzung
von Steuerungsfragen mit Fragen des (Umgebungs-)Designs dar. Denn wenn sich
Systeme zweiter Ordnung nicht sicher programmieren lassen, so lassen sich doch
environments designen, die steuernd auf sie einwirken (Rutherford 2003, 9f.; Oswald
2015, 120f.; Vagt 2018, 73f.).68 Damit kommt auch ästhetischen Fragen eine neue
Rolle zu. In der neobehavioristischen Perspektive jener Zeit hängt das Überleben
einer Kultur nicht nur von ihrem Design ab, sondern auch die Künste werden «zu
Überlebensfaktoren, zu kulturellen Verstärkern jener Programme, die zuvor durch
Erziehung installiert oder programmiert wurden» (ebd., 59, 62). Exemplarisch
beobachten lassen sich diese Brückenschläge am Designinstitut der Southern
Illinois University, an dem neben Skinner auch Margaret Mead, Buckminster Fuller
und viele andere tätig waren. Insbesondere für Studierende aus dem unteren Drittel
der Gesellschaft wurden hier medientechnologisch gestützte Lernumgebungen
gestaltet, in denen diese sich selbst unterrichten sollten. Ziel des Instituts war eine
«general education» (McHale 1961, 3), die auf den ganzen Menschen abzielt und ihn
vermittels der designten Lernumgebung ermächtigen sollte, selbst kreative Designlösungen für Problemstellungen aller Art zu entwickeln (vgl. ebd., 4ff.). Fuller baute
diese Ideen in Folge in Lernökologie-Entwürfen mit ganzen Netzwerken aus Fernsehen, Computern und Satelliten aus (Vagt 2018, 69).
Die Frage nach Kreativität stellte sich nicht nur vor dem Hintergrund des Kalten
Krieges, sondern auch im ökonomischen Wettbewerb (vgl. Reckwitz 2012, 159ff.).
War es in der frühen Kybernetik vor allem um die Stabilisierung und Program68
Die Teaching Machines werden gemeinhin mit dem Behaviorismus und Skinner assoziiert.
Kybernetik und Behaviorismus sind nicht identisch, sie verzahnen und inspirieren sich
jedoch gegenseitig, und die anfängliche Differenz zwischen passivem behavioristischem
und selbstmotiviertem kybernetischem Lernverständnis (vgl. Müggenburg 2020, 11, 16)
wird zunehmend unbedeutend. Auch für Hof (2020, 17) verschwimmen die Grenzen
zwischen Behaviorismus, Kybernetik und Konstruktivismus in dieser Zeit, und bei
Rutherford (2003) wird deutlich, dass sich im Zuge dessen im Behaviorismus auch
environmentalere Perspektiven entwickeln.
110
mierung von Ordnung alias ‹negativer Entropie› gegangen, so erschienen nun die
«konservativen Schleifen» Individuum und Gesellschaft mit ihren «hart programmiert[en]» Gewohnheiten (Bateson 1981, 553, 357) eher als Hindernisse, die es auf dem
Weg in eine neue Zeit aufzubrechen und – um im Bild von Ashbys Homöostat zu
bleiben – in eine neue Metakonfiguration zu überführen galt. Im Rahmen dessen
kam auch der Unbestimmtheit alias Entropie eine neue Rolle zu. War sie bislang als
Widersacherin jeglichen Systemerhalts negativ konnotiert gewesen, so wurde sie
nun innerhalb bestimmter Rahmensetzungen in ihrer disruptiven Qualität geschätzt.
Anschaulich wird dies z. B. in Batesons Bemerkung: «Alles, was nicht Information,
nicht Redundanz, nicht Form und nicht Einschränkung ist – ist Rauschen, die einzig
mögliche Quelle neuer Muster» (ebd., 529). Und die idealen ‹Anrufungswerkzeuge›
zur Erzeugung und Programmierung von solch neuen Mustern waren nicht nur für
Buckminster Fuller die elektronischen Medien.
3. Die aktionskünstlerischen Selbstprogrammierungen von Ken
Kesey und den Merry Pranksters
Auch Ken Kesey und die Merry Pranksters setzten auf diese neuen Medien und
sorgten mit ihren öffentlichen ‹Selbstprogrammierungen› genau in jener Zeit für
Furore, in der das frühkybernetische Kontrollparadigma dem Anliegen einer Gesellschaftsoptimierung im Sinne einer Umgestaltung der ‹konservativen› und ‹hart
programmierten› Gewohnheiten und Mentalitäten wich. Ihre Schulbusreise durch die
USA und ihre multimedialen Happenings können aufgrund ihrer medienkulturellen
Folgen kaum überschätzt werden. Während Bateson den Kybernetiker als Therapeuten der Gesellschaft visioniert (ebd., 626) und eine erzieherisch angeleitete neue
«soziale Flexibilität» einfordert, die «auf angemessene Weisen so eingeteilt werden»
muss, dass sie «je nach Bedarf verausgabt werden kann» (ebd., 638), nehmen die
Pranksters die Dinge selbst in die Hand, selbstlernend und unabsehbar-performativ,
ganz wie Pickering dies mit dem performativen Idiom beschreibt. Damit hatten sie
nicht nur massgeblichen Einfluss auf die entstehende Gegenkultur, sondern auch
auf das Entstehen der neuen PC- und Multimedia-Kultur im Silicon Valley (vgl.
Markoff 2005; Turner 2006). Der Begriff Personal Computer, der die militärisch und
industriell genutzten Mainframe-Systeme ablöste, ist ohne die ‹Selbst-Programmierung› der Pranksters überhaupt nicht denkbar. «We owe it all to the hippies»,
schreibt der ehemalige Prankster Steward Brand, der zu einem umtriebigen Valley
Entrepreneur wurde, und auf den der Begriff zurückgeht: «forget antiwar protests,
Woodstock, even long hair. The real legacy of the sixties generation is the computer
revolution» (Brand 1995).
111
Abb. 5.: Der Prankster-Bus namens Furthur, hier u.a. mit Mitgliedern der Gruppen Jefferson Airplane und Grateful Dead, entnommen aus Babbs und Perry 1993, VII.
Abb. 6.: Karte der transkontinentalen Busreise der Pranksters, entnommen aus Babbs und
Perry 1993: 45.
112
3.1 Medienpraktiken
Interessant sind die Hintergründe dieser Entwicklung. Ken Kesey, um den sich die
Gruppe der Pranksters formierte, war ein junger Schriftsteller, der an der Stanford
University ein Stipendium bekommen hatte, und dem mit Einer flog über das
Kuckucksnest (1962) ein erster grosser Wurf gelang. Das Buch ist eine Parabel über
eine totalitäre Gesellschaft, in der die Abläufe und Behandlungen zum Ruhigstellen
von Menschen in einer psychiatrischen Anstalt kritisch thematisiert werden. Kesey
schrieb aus eigener Erfahrung: Während seines Studiums arbeitete er nicht nur als
Pfleger in einer solchen Einrichtung, sondern meldete sich auch freiwillig als Proband für eine psychiatrische Studie zum Test von psychotropen Substanzen. Diese
Studie war Teil eines obskuren und illegalen Forschungsprogramms der CIA, in dem
unter anderem ein Wahrheitsserum für das Verhör sowjetischer Spione entwickelt
werden sollte (MKUltra).69 Ganz in frühkybernetischer Manier suchte man nach
Möglichkeiten, den menschlichen Geist umzuprogrammieren und direkt in dessen
Signalverarbeitung einzugreifen. Im Rahmen dessen arbeitete man mit Elektroschocks, Stroboskopen und elektronischen Medien wie Tonband- und Film-Loops,
sowie mit LSD, das (vorerst noch legal) durch Kesey und die Gruppe um ihn zur
Hippiedroge schlechthin wurde. Keseys Verarbeitung seiner Erfahrungen endete
jedoch nicht etwa mit seinem Roman, sondern sie begann erst mit ihm und wurde
mit der legendären Reise der Pranksters in einem präparierten Schulbus (vgl. Babbs
und Perry 1993) und ihrer Erfindung multimedialer Happenings schnell zu einer
Gegenkultur und einem Lebensstil aus, der die USA gleichermassen erschütterte
und faszinierte.
Dabei ging es Kesey und den Pranksters ganz im Sinne des genannten Forschungsprogramms um nichts anderes als eine ‹Reprogrammierung› ihres Selbst mit Hilfe
von neuen medienästhetischen Praktiken, allerdings nicht, um die bestehende
Gesellschaftsordnung zu optimieren, sondern ganz im Gegenteil, um aus dem Gefängnis ihres anerzogenen Denkens ausbrechen und ‹Herren› ihrer selbst zu werden.
Dem Künstler Kesey ging es mithin auch um das Freisetzen von Kreativität. Tom
Wolfe paraphrasiert ihn folgendermassen:
69
MKUltra war ein gross angelegtes frühkybernetisches Forschungsprogramm unter der
Leitung von Ewen Cameron, dem Präsidenten der American Psychiatric Association, in
dessen Rahmen an unzähligen Universitäten und Krankenhäusern mind control oder
‹Gehirnwäsche›-Versuche fürs Militär durchgeführt wurden. In einigen Unterprojekten
wurde versucht, die Persönlichkeit der Probandinnen und Probanden erst zu löschen
und dann in einer zweiten Phase des ‹psychischen Antreibens› neu zu programmieren.
Zu MKUltra und dem Einsatz von Drogen in staatlichen Forschungsprogrammen vgl.
auch Babbs und Perry 1993, 4ff.; zu Keseys Teilnahme an MKUltra als Testperson s.
ebd., 11; zu Camerons Versuchen vgl. Collins 1988 und Klein 2009, 52ff.
113
«Dem Menschen sind alle möglichen Arten von Lags eingebaut [...] der grundlegendste,
ist die Verzögerung im Bereich der sinnlichen Wahrnehmung. [...] Die Gegenwart, die wir
kennen, ist nichts weiter als ein Film über die Vergangenheit. [...] Und außerdem gibt es
da noch alle möglichen anderen Verzögerungen, die mit dieser wichtigsten Hand in Hand
arbeiten. Es gibt historische und kulturelle Verzögerungen; wenn die Leute etwa danach
leben, was ihre Vorfahren, oder weiß der Himmel wer wahrgenommen haben, dann sind
solche Leute womöglich [...] Jahrhunderte hintendran und kein Mensch kann wirklich
kreativ sein, wenn er nicht zuerst all diese Reaktionshemmer überwindet. [...] Unsere
Emotionen hinken immer hinterdrein, weil wir auf eine bestimmte Weise abgerichtet sind,
weil wir die und die Bildung und Ausbildung haben, weil wir so oder so erzogen wurden»
(Wolfe 2009, 202ff.).
Keseys Wahrnehmungs- und Bildungsverständnis spiegelt das frühkybernetische
Verständnis, das den Menschen als Input-Output-System ohne nennenswerte
Freiheitsgrade modelliert. Ähnlich wie in den Laboren von MKUltra propagierten
auch die Pranksters eine Art Schocktherapie, in der sie ihr Selbst in weitgehend
regelfreien und spielerischen Gruppensituationen medialen Experimentalanordnungen aussetzten, die sie selbst ersannen. Die einzigen Regeln dabei waren, dass
jede*r «ganz offenraus [...] sein Ding bringt» und niemand niemanden an irgend
etwas hindert (ebd., 107f., 122). Zum Aufbrechen ihrer Konditionierungen entwickelte die Gruppe verschiedene medienzentrierte kollektive Improvisationspraktiken, die
eine möglichst unverstellte und assoziativ-spontane Interaktion miteinander, mit der
Umwelt, den medialen Anordnungen und mit sich selbst schulen sollten. Das Herzstück dieser öffentlich praktizierten und zur Schau gestellten Selbstprogrammierungen, die wie im Labor nicht selten unter dem Einfluss von LSD erfolgten, war
«die Verzögerungsmaschine», ein mediales Experimentalsystem mit allerlei Mikrophonen, Kopfhörern und Lautsprechern, dessen Zentrum eine Tonbandmaschine
bildete: «die Prankstersche Heilsmaschine» (ebd., 313). Der Schulbus war ein
einziges Kabelgewirr, das die Kommunikation aller mit allen und die Interaktion mit
jedem noch so kleinen zufälligen Ereignis ermöglichen sollte. Wolfe beschreibt das
System und einige damit entwickelte ‹transaktionale Praktiken› (Nohl 2018a, 74, 76)
wie folgt:
«[Sandy] bastelte eine Anlage zusammen, mit der sie von innerhalb des Busses nach
außen senden konnten, sowohl Bänder, als auch das, was sie direkt in die Mikrofone
sprachen, und was auch immer es war, es wurde mit mächtig vielen Watt über Lautsprecher vom Dach des Busses nach draußen geblasen. Aber es gab auch Mikrofone
außen am Bus, die während der Fahrt Geräusche aufschnappten und sie ins Innere des
Busses übertrugen. [...] Schließlich hatte man noch die Möglichkeit, seine eigene Stimme
über eine Bandmaschine laufen zu lassen, sodass man etwas sagen und dann die
114
eigene Stimme mit einer, oder je nachdem, wie man es einstellte, mehreren Sekunden
Verzögerung hören konnte, und auf diese Weise konnte man, wenn man Lust hatte, auf
seine eigenen Worte rappen. Oder man setzte sich Kopfhörer auf und rappte gleichzeitig
auf Geräusche von außen, die zum einen Ohr hereinkamen, und auf Worte von innerhalb
des Busses und seine eigenen Sounds, die man übers andere Ohr hörte. Es sollte auf
diesem Trip kein einziges gottverdammtes Tönchen geben, außerhalb, innerhalb des
Busses oder aus dem eigenen [...] Kehlkopf, auf den sich nicht einsteigen, der sich nicht
kommentieren ließ. [...] Jetzt konnten sie es sich erlauben, vor das Angesicht Amerikas
zu treten, und den Leuten so einen richtigen Kurzschluss verpassen» (Wolfe 2009, 100,
104).70
Diesem Kurzschluss sollte sich niemand entziehen können, er sollte möglichst alle
in das Spiel der Pranksters hineinziehen. Und so erweiterten sie ihr mediales Setup
auf ihren Happenings zu multimedialen Spektakeln mit zusätzlichen Kameras,
Projektionen, Lichteffekten, Stroboskopen und der psychedelischen Live-Musik der
legendären Grateful Dead mit ihrem exorbitanten Maschinen- und Verstärker-Park.
So sollte das auf möglichst vielen Sinneskanälen angerufene Selbst selbst zum Teil
einer universalen Feedback-Schleife werden, die ganz im Sinn der Kybernetik quer
durch alle involvierten Maschinen, Menschen und sonstigen Ereignisse läuft. Auf
diese Weise wurden die Pranksters zu den Pionieren des Mixed Media Entertainment (ebd., 317, 341f.). Ihre multimedialen Happenings mit transnormalistischem
Ansatz (Link 2006, 22) wurden zum Ausgangspunkt für einen Multimedia-affinen
Lebensstil, der nicht unwesentlich daran beteiligt war, dass sich jener neue und
flexible Normalismus Bahn brach, der die mediatisierten Nach-68er-Gesellschaften
kennzeichnet. Die Aktionen der Pranksters waren die Entwicklung der Stunde und
es wurde landesweit in den Medien über sie berichtet.
3.2 Lebensstil
Lebensstil und multimediale Settings zielten explizit darauf ab, eine Umgebung zu
schaffen, in der wirklich jede*r ‹sein Ding machen› und persönliche Schranken
sprengen können sollte, um ein neues Verhältnis zu sich und der Welt zu entwickeln.
Dass es dabei nicht immer reibungslos und zwischenmenschlich korrekt zuging,
steht ausser Frage. Es wäre jedoch verkürzt, hier das Programm eines rigoros
egoistischen Individualismus zu unterstellen, denn die Gruppe entwickelte auch
gruppentherapeutische Praktiken gegenseitigen psychologischen Beistands. Zwar
70
Der im BMBF-Verbundprojekt Musikalische Interface-Designs: Augmentierte Kreativität
und Konnektivität (MIDAKuK) an Probandinnen und Probanden verliehene PerformanceSampler Octatrack MKII stellt eine funktional erweiterte Variante dieses Möglichkeitsspektrums dar.
115
theoretisierte man dies nicht weiter, doch sie hielten die Gruppe zusammen und
waren praktizierter Konsens. Bei Wolfe heisst es: «Jedes Ding ordnete sich in das
Gruppending ein, und das war – ‹DAS
UNAUSGESPROCHENE
DING›» (Wolfe 2009, 178),
ein Zustand, der auch immer wieder als konkret erfahrene Synchronizität und Intersubjektivität beschrieben wird.
Im Zentrum des gemeinsamen Selbstlernprozesses steht nicht das reflexive
Individuum, sondern die Ebene der Signale (Lernen 0/I) und das ‹ÜberindividuellKosmische› (Lernen III). Ziel war nicht eine Optimierung der Kontrolle von Unbestimmtheit, sondern das genaue Gegenteil, nämlich – in einem antigouvernementalen und trans- normalistischen Sinn – das performative Erzeugen und Einspeisen
von Unbestimmtheit in jedwede bestehende Ordnung. Basis dieser Praktiken war
ganz im Sinne der Kybernetik die Figur des Feedback-Loops. Anstatt sich jedoch
programmieren zu lassen wie mit den Teaching Machines des neobehavioristischen
Bildungsprogramms oder den Laborversuchen von MKUltra, propagierten die
Pranksters stets mit einem Augenzwinkern in Richtung Obrigkeit, dies lieber selbst
in die Hand zu nehmen und dafür eigene Medienökologien zu ersinnen.71 Das
spielerisch-subversive Element war ein wichtiger Faktor ihrer aktionskünstlerischen
Exploration kybernetischen Gedankenguts und an seinem Beginn steht der selbstermächtigende Wunsch, sich mit einer Gruppe Gleichgesinnter im Sinne eigener
Vorstellungen selbst zu programmieren, anstatt sich weiterhin von gesellschaftlichen
Normen und Anrufungen programmieren zu lassen. ‹Ohren auf und hands on› ist von
nun an Keseys transaktionale Devise. Bei Wolfe heisst es: «Er hatte nicht gelehrt
oder gepredigt. Er hatte vielmehr eine Erfahrung geschaffen, für eine Erkenntnis
gesorgt, die blitzartig und tiefer eingedrungen war als jeder Denkprozess», wobei er
sich die allergrösste Mühe gab, seine Rolle nicht explizit werden zu lassen und als
«Non-Navigator» und «Non-Lehrer» (ebd., 265, 177) nur ein Prankster unter vielen zu
sein.
Spontanes gemeinschaftliches Agieren in vernetzten Medienökologien ist jedoch
nicht per se emanzipatorisch. Dass die Prozesse einer solch ‹resonierenden Ontologie›, wie sie die Pranksters im Verbund mit menschlichen und nichtmenschlichen
Wesen inszenierten, sowohl emanzipatives wie restriktives Potenzial bergen, sodass
diese Prozesse befreiend wirken und auch als Zumutung erscheinen können, kann
wohl kaum bestritten werden. Wollte man die geschaffene Erfahrung machttheoretisch reflektieren, so müsste man sie jenseits des Dualismus von Autonomie und
Heteronomie verorten, denn sie ist eine immer schon mit allen beteiligten Akteurinnen und Akteuren verwobene, die sich eben dieses Verwoben-Seins bewusst wird,
71
Zum Begriff der Medienökologie vgl. Fuller 2005. Zur Opposition von Lernmaschinenund Gegenkultur vgl. auch Rutherford 2003: 14.
116
ohne jedoch gänzlich in ihm aufzugehen. Die emanzipative und subversive Bedeutung der Pranksters liegt in der Aneignung und im Hacking der frühkybernetischen
Idee von Bildungs- und Subjektivationsprozessen als Programmierung. Gleichwohl
behielten sie diese Idee bei. Als Modell dient nicht mehr das abwägend räsonierende Selbst, sondern das affektiv involvierte und sich in Feedback-Loops konstituierende. Bildungsprozesse entstehen im Guten wie im Schlechten in situ in der
möglichst instantanen Reaktion und Kommentierung des allgemeinen ‹Loopgeschehens›, in das medial alle möglichen an- und abwesenden Akteure involviert
sein können.
Spätestens mit der ubiquitär werdenden Digitalisierung können wir alle nicht
mehr hinter diese Entwicklung zurück. Praktiken des instantanen und nicht selten
konfrontativen Kommentierens von allem und jedem sind heute ebenso allgegenwärtig wie Praktiken des Samplens und Verfremdens in vernetzten Medienökologien. Ob es sich bei diesen Multimedia-Feedback-Systemen um eine universale
Methode zur Kontrolle und Optimierung von «machinery and society» (Wiener 1967,
23) handelt, steht seit der Aktionskunst der Pranksters in Frage. Tatsächlich finden
sich noch immer beide Ansätze: emanzipatorische sowie die einer möglichst universalen Vermessung und Kontrolle zu Optimierungszwecken. Betrachtet man die
Auswirkungen der aktionskünstlerischen Bezugnahmen auf Aspekte des MKUltraProgramms, so könnte man auch sagen, Ken Kesey und die Merry Pranksters
haben in einem völlig aus dem Ruder gelaufenen geheimdienstlichen Optimierungsversuch mit ihrer Einholung des widerständigen und irreduziblen Selbst in die
technomedial vermittelten Feedback-Loops gesellschaftlicher Kommunikation die
Optimierung selbst optimiert – mit allen Konsequenzen und aller Polyvalenz, die
dies bis heute zeitigt. Im Rahmen ihrer Happenings und öffentlich zur Schau
gestellten Selbstprogrammierung wurde eine neue Medienkultur populär, die aus
der künstlerisch-performativen Auseinander-setzung mit elektronischen Medien
emergiert und die noch heute die Basis unzähliger medialer Praxen, Anwendungen
und (Selbst-)Bildungsprozesse ist.72
3.3 Weisheit und Kontrolle. Zur Ökologie des Geistes
Das Subjektverständnis der Pranksters ist kein transzendentales mehr, das auf eine
ursprüngliche Einheit zurückverweist. Für sie ist das Ausagieren fragmentarischer
Situationen in hybriden Kontexten entscheidend, um so auf möglichst vielen Ebenen
Feedbackschleifen zu etablieren und überhaupt erst ein potenziell wirkmächtiger Teil
72
Eine ausführlichere Beschreibung der Medien- und Subjektivationspraktiken sowie des
Lebensstils der Pranksters findet sich in Donner und Allert 2022, Kap. 1.
117
des grossen Ganzen – auch «Cosmo» genannt (Wolfe 2009, 177, 295, 315ff.) – zu
werden. Auch Bateson konstatiert einige Jahre später, dass «die gesamte selbstregulierende Einheit, die Informationen verarbeitet oder, wie ich sage, ‹denkt›,
‹handelt› und ‹entscheidet›» ein System ist, «dessen Grenzen keineswegs mit den
Grenzen des Körpers oder dessen, was man gewöhnlich als ‹Selbst› oder ‹Bewußtsein› bezeichnet», zusammenfällt (Bateson 1981, 412). Geist meint demnach die
gesamte «relevante, totale informationsverarbeitende, Versuch und Irrtum durchlaufende Einheit», innerhalb derer man «eine Hierarchie von Subsystemen finden
wird, von denen wir jedes einzelne als individuellen Geist bezeichnen können» (ebd.,
590f.). In kulturkritischer Wendung bedauert er, dass die meisten Subsysteme
nurmehr an ihre eigene Maximierung denken und sich des holistischen Charakters
des Gesamtsystems nicht bewusst seien; Weisheit hingegen sei «das Wissen um
das größere Interaktionssystem» (ebd, 558). Auch hier nennt er wieder die Künste
als mögliches Korrektiv (ebd., 574), denn schliesslich ist die Welt ein komplexes
Netzwerk aus Einzelwesen und
«in einer solchen Welt nähern sich die Probleme der Kontrolle eher der Kunst als der
Wissenschaft, und zwar nicht nur, weil wir dazu neigen, das Schwierige und das Unvorhersehbare als Kontexte für die Kunst anzusehen, sondern auch, weil die Folgen des
Irrtums leicht in Häßlichkeit ausarten» (ebd., 352).
Insofern sollte nicht die Kontrolle erhöht werden, sondern leitendes Motiv sollte die
«Neugier auf die Welt [sein], von der wir ein Teil sind. Der Lohn einer solchen Arbeit
ist nicht Macht, sondern Schönheit» (ebd.).
Man kann nur spekulieren, inwieweit diese Ausführungen auf Batesons Kontakt
mit der Szene um die Merry Pranksters zurückgehen. Denn auch er hatte einem
Künstler aus ihrem Umfeld LSD verschrieben (vgl. Dansereau 2020) und sogar
Selbstversuche unternommen, bei denen er «wie viele andere» die Erfahrung
gemacht hatte, «daß die Grenzen zwischen meinem Selbst und der Musik, die ich
hörte, verschwindet. Der Wahrnehmende und das Wahrgenommene werden in
ungewöhnlicher Weise zu einem einzigen Einzelwesen vereinigt» und zu einem «Teil
des Geistes» (Bateson 1981, 594f.). Dieser Informationsholismus – die ‹Ökologie
oder Ästhetik der kosmischen Interaktion›, in die man mittels Lernen III Einblick
gewinnen kann – ist gleichsam die kybernetische Variante von Hegels Weltgeist,
wenngleich ohne garantiertes happy end. Er ist eine alle Individuallogiken übersteigende Meta-Logik, die jede gouvernemental instruierte (Selbst-)Steuerung, die
auf Subsysteme dieser Einheit abzielt und Einzelwesen adressiert, in unabsehbarer
Weise zu transformieren vermag. Wenn Shannons berühmtes Diagramm der
Informationsübermittlung («Sender => Kanal => Empfänger»), das ursprünglich zur
Steuerung von Fernlenkwaffen entwickelt wurde, bevor es Karriere in den Kommuni118
kationswissenschaften machte, das eine Ende auf der Skala kybernetischer
Kontrollkonzepte ist, so ist Batesons Informationsholismus das andere Ende, an
dem sich Kontrollfragen nicht mehr in Kategorien der systemischen Effizienz,
sondern nurmehr ästhetisch beantworten lassen, d.h. mit Blick auf das grösstmögliche Ganze, mit dem jedes Selbst unauflöslich verwoben ist.
4. Fazit
Es wird immer wieder betont, dass die Kybernetik mit dem Konzept der Selbststeuerung qua Feedback im Kern kein totalitäres, sondern ein liberales Projekt war.
Tatsächlich wurden in den 1960er Jahren im Kontext der sich entwickelnden kybernetischen Gouvernementalität liberal-demokratische Leitbilder von Autonomie und
Partizipation propagiert (Seibel 2016, 239).73 Zugleich wurden im Rahmen der
technischen Modellierung von Phänomenen jedweder Art überhaupt erst neue
Optimierungspotenziale sichtbar, und zwar auf spezifische Weise, d.h. mit ganz
bestimmten Problemdefinitionen und Lösungs- respektive Kontrollvorschlägen.
Seibel konstatiert:
«Der Mensch trat im kybernetischen Dispositiv als technisches System hervor, das auf
bestimmte Weise funktionierte, aber auch so zu funktionieren hatte, wenn er im Rahmen
einer gouvernementalen Konstellation als produktives Subjekt in Erscheinung treten
sollte» (ebd., 106).
Viele Kybernetikerinnen und Kybernetiker inklusive Wiener blieben diesbezüglich in
ihren Aussagen ambivalent. Die anthropologischen Annahmen der mathematischen
Rationalität und Selbstregulierung dienten meist doch «als Kategorien der Identifikation von Defiziten, Abweichungen und Störungen, die es zu beheben galt» (ebd.).
Und Grundlage dessen ist ein Effizienzdenken, das nicht in sozialen, sondern in
physikalischen Vorstellungen wie der Kontrolle von Entropie – oder übertragen aufs
Biologische, Ökonomische und Soziale: in der Vorstellung eines Überlebenskampfes
zum systemischen Selbsterhalt – wurzelt. Derartige Optimumsvorstellungen
verweisen letztlich auf nichts anderes als die Urszenen der Kybernetik im Zweiten
73
Die Implementierung kybernetischen Denkens verläuft quer zu den politischen Grosslagern ‹West/Ost› und ihrer unterschiedlichen ideologischen Gewichtung von Individuum
und Kollektiv. Nach anfänglicher Ablehnung der Kybernetik als einer ‹Wissenschaft des
Klassenfeinds› wird sie auch im Ostblock adaptiert und implementiert (vgl. Gerovitch
2002). Ein weiteres Beispiel ist das Projekt Cybersyn, das in Chile unter Salvador Allende
die Vision einer sozialistischen Feedback-Regierung realisieren wollte, bis Pinochets
Militärs mit Unterstützung der CIA putschten (vgl. Pias 2004b, 33ff.; ders. 2005; Jellen
2015; Seibel 2016, 224).
119
Weltkrieg, die sie in epistemologischer Hinsicht seitdem in verdeckter und meist
unbewusster Form mit sich führt. Ein emanzipatives Bildungsverständnis, das unter
Emanzipation nicht nur das Selbständigkeit fördernde Funktionieren in einer
gegebenen Ordnung versteht, sollte sich davor hüten, dem unreflektiert zu folgen.
Mit Bateson scheint vielmehr eine Form von ästhetischer Bildung gefragt, die
perspektivisch nicht auf das einzelne kognitive Subjekt abzielt, sondern das
emergente Verwobensein in hybride Medienökologien und Kontexte exploriert.
Das Beispiel der Merry Pranksters führt uns vor Augen, dass das kybernetische
Dispositiv ganz neue Lücken offenbart. Jedem Kontrollzugriff und jeder Steuerungsmöglichkeit liegt eine potenzielle Lücke zugrunde, die exploriert und zur Quelle von
Emergenz werden kann. Exakt dies meint der Begriff des Hackings. Das Hacking
der Pranksters setzte nicht auf das reflexive Subjekt und die Lücken, die diese
Ebene eröffnet. Um Wahrnehmungsstrukturen aufzubrechen und Emergenzen zu
erzeugen, setzten sie in ihrer aktionskünstlerisch-spielerischen Exploration der
Kybernetik zum einen auf die spontane und vorreflexive Interaktion mit Signalebenen, die in mannigfaltiger Weise manipuliert wurden und ohne die elektronischen
Medien weder subjektiv einholbar noch in dieser Weise adressierbar gewesen
wären. Zum anderen spielten sie mit der Komplexität, die spontanes künstlerisches
Interagieren im Kollektiv mit sich bringt, wobei zu diesen Kollektiven nicht nur
menschliche, sondern auch nichtmenschliche Wesen und Ereignisse aller Art zu
zählen sind (vgl. etwa Alkemeyer und Bröckling 2018, 20, 23). Ziel dabei war es,
mithin absurde Situationen herbeizuführen, die gleichwohl als bedeutsam und als
eigentümliche Form von überindividueller Synchronizität erlebt wurden. Mit
Batesons Lernstufen-Modell könnte man sagen, Lernen II, die Ebene reflexiver
Selbststeuerung, wurde nachrangig behandelt. Dafür wurden Lernen 0/I und III kurzgeschlossen und besonders kultiviert, um damit gleichsam die Optimierung selbst
zu optimieren, indem das Rauschen und die Kontingenz als ihr ausgeschlossenes
Anderes eingeholt werden. Aus dieser Konstellation emergiert eine neue Multimedia-Kultur, die sich in Folge wie ein Lauffeuer verbreitet und als Basis heutiger
Multimedia-Kulturen verstanden werden kann. Diese Diagnose stellt sicher nicht das
Ende der Geschichte dar, doch sie ist medienpädagogisch schon deshalb
interessant, weil jede Medienkultur ihre spezifischen Potenziale birgt, die ihr in
besonderer Weise zueigen sind.
Je nach Perspektive scheinen die Lücken im kybernetischen Dispositiv entweder
enger zu werden oder sich zu vervielfältigen. Die Pranksters haben gezeigt, dass
das medieninduzierte Spiel mit der Wahrnehmungs- und Signalebene eine Basis für
ihre Vervielfältigung sein kann. Ganz allgemein gesprochen liessen sich Feedbackbasierte kybernetische Praktiken in machttheoretischer Hinsicht wie folgt differen-
120
zieren: auf einer Seite der Skala potenziell emanzipative Praktiken, die eigenmächtig
und lustvoll mit dem Verhältnis von Ordnung und Kontingenz spielen, wie die
Pranksters dies getan haben (vgl. auch etwa Allert und Asmussen 2017, 54f., 60f;
Allert und Richter 2017, 249ff.; Jörissen 2018, 63f.); auf der anderen Seite potenziell
totalitäre Praktiken, die auf das Oktroyieren strikter Kopplungen und/oder die
Prekarisierung von anderen durch das Etablieren von Regimes der Unsicherheit
bzw. «Entropie» abzielen (vgl. etwa MKUltra, Lorey 2012, 13ff., 85ff.; Bröckling 2018,
346). Mit Pickering lassen sich zudem ein Repräsentationsidiom und ein ontologisch-performatives Idiom unterscheiden. Ersteres nimmt an, die Welt lasse sich
gänzlich in digitale Repräsentationen überführen und in Folge erschöpfend kalkulieren. Dem entspricht subjektseitig das Modell eines informationstheoretischen
Selbst, das gedanklich einer berechenbaren oder ‹trivialen› Maschine angenähert
und tendenziell auch so modelliert wird. Letzteres beschreibt die Welt als einen
ergebnisoffenen «Tanz menschlicher und nichtmenschlicher Agency». Dem
entspricht ein körperlich-performatives und -responsives Selbstkonzept, das mit
einer ebenso responsiven Welt prozessoffen verwoben ist. Im ersten Fall bleiben
idealerweise keine Lücken bzw. wenn, dann werden schlicht noch nicht genügend
Daten erhoben, um die Kalkulation korrekt durchzuführen, was umgehend korrigiert
werden muss. Der zweite Fall hingegen zeichnet sich dadurch aus, dass er von
einem irreduziblen Mangel an Wissen ausgeht und darauf setzt, diesen Mangel in
performativer und ergebnisoffener Weise zuzulassen und möglichst konstruktiv zu
nutzen. Lücken und Kontingenz sind hier nicht negativ konnotiert, sie tragen lediglich zu neuen systemischen Qualitäten bei, die in einem evolutionären Prozess
emergieren. Dazu muss man jedoch gelernt haben, auf das Rauschen zu hören und
das grosse Ganze im Blick zu haben. Mehr denn je scheint heute offen, ob das
kybernetische Dispositiv sich (sozial-)liberaler Traditionen besinnt, wie sie in Wieners
humanistisch gefärbten Grundüberzeugungen, demokratisch-partizipativen Projekten und emanzipativen Praxen zutage getreten sind, oder ob dieses Dispositiv ins
Gegenteil kippt, wie es bei der Entwicklung von Propagandatechniken oder den
Menschenversuchen von MKUltra der Fall war, und letztlich schon in Versuchen der
Schülerprogrammierung nach dem Vorbild von symbolischen Maschinen anklingt.
Auch Medienpädagoginnen und Medienpädagogen haben dies ein Stück weit in der
Hand.
121
122
II. (Un-)Sichtbares Design und Gesten der
Freiheit. Zu technomedial bedingten
Transformationen in der Ästhetischen
Bildung
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(Un-)Sichtbares Design und Gesten der Freiheit.
Zu technomedial bedingten Transformationen in der
Ästhetischen Bildung
Donner, M. (2022): (Un-)Sichtbares Design und Gesten der Freiheit. Zu technomedial
bedingten Transformationen in der Ästhetischen Bildung. In: MedienPädagogik:
Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung, Jahrbuch Medienpädagogik
18: Ästhetik – Digitalität – Macht, herausgegeben von Benjamin Jörissen, Claudia
Roßkopf, Klaus Rummler, Patrick Bettinger, Mandy Schiefner-Rohs und Karsten D.
Wolf, S. 363–391. https://doi.org/10.21240/mpaed/jb18/2022.03.03.X
Zusammenfassung
Im Rahmen von Digitalisierung und ubiquitous computing kommt dem Thema
Design eine zentrale Rolle zu. Vor dem Hintergrund von Lucius Burckhardts Idee
eines unsichtbaren ‹Soziodesigns› schlägt der Text vor, sich dem Thema zunehmend
ubiquitärer Interfaces in pragmatischer Hinsicht über die Gestenrepertoires zu
nähern, die mit ihnen realisiert werden, und in denen – so die These – das Unsichtbare des Designs sichtbar wird. Dabei eröffnet der von Rancière entlehnte Begriff
des ‹Sinnlichkeitsregimes› eine fruchtbare Perspektive auf eine Ebene nichtsprachlicher Körperpolitik. Illustriert werden diese Zusammenhänge anhand eines kurzen
exemplarischen Einblicks in zwei Fälle des BMBF-Verbundprojekts Musikalische
Interface-Designs: Augmentierte Kreativität und Konnektivität. Vor dem Hintergrund
der dargelegten Perspektive wird schliesslich erläutert, wie eine integrative Kulturelle
Bildung dazu beitragen könnte, digitale Souveränität zu fördern.
Abstract
Within the context of digitisation and ubiquitous computing the subject of design is
playing a vital role. Against the backdrop of Lucius Burckhardt’s idea of an invisible
‹socio-design› the text suggests to approach the topic design from a pragmatic
point of view via the realised gestural repertoires in which the invisible of the design
becomes visible. In this context the concept of ‹regimes of the sensuousness›,
derived from Rancière introduces a fertile perspective on a layer of nonverbal body
politics. To show that in an exemplary way two cases of the BMBF funded joint
project Musical Interface-Designs: Augmented Creativity and Connectivity are
discussed briefly. In the light of that the text outlines how an integrative cultural
education could contribute to foster digital sovereignty.
125
1. Einleitung: MusikmachDinge, Design und ubiquitous
computing
Im Rahmen von Digitalisierung und ubiquitous computing – also der in den 1990erJahren im Silicon Valley entwickelten Idee, dass chipgesteuerte Artefakte sinnlich,
kommunikativ, allanwesend und unsichtbar in unseren Alltag eingebettet sein sollen
(Gold 2002, 110ff. u. 206f.; Lewis 2017, 106f.) – kommt dem Thema Design, z. B.
von smarten Dingen, Software und Interfaces, eine zentrale Rolle zu. Rich Gold, der
wesentlich an der Entwicklung des ubiquitous computing beteiligt war, konstatiert:
«Ubi-Objects are Embedded Socially in our lives. They are simply part of the world. We
don’t think of them as computers. We don’t stop, and then work on them. They are part
of our daily interactions. Lastly, they are Colonizing in that they take the forms of already
existing, historically-determined, objects of the Plenitude.» (Gold 2002, 207)
Auf diese Weise wirken sie zunehmend an der Ausbildung unserer Selbst- und
Weltverhältnisse mit. Auch viele der im BMBF-Verbundprojekt Musikalische Interface
Designs: Augmentierte Kreativität und Konnektivität (Jörissen et al. 2019)
beforschten «MusikmachDinge» (Ismaiel-Wendt 2016, 3f.) können als «Ubi-Objects»
betrachtet werden.74 Denn es waren nicht zuletzt die Eindrücke und Erfahrungen mit
den Designs von frühen MusikmachDingen avant la lettre, die Gold bei der Entwicklung des ubiquitous computing inspiriert hatten (vgl. Lewis 2017, 94f.). Insofern
stehen MusikmachDinge in prototypischer Weise für das Entstehen neuer mediatisierter Sozialitäts- und Subjektivierungsformen, die sich – qua Design – anfangs vor
allem in künstlerisch-ästhetischen Kontexten und dann durch die zunehmend
alltäglich werdende Kollaboration von Menschen und ‹computerisierten Dingen›
entwickelt haben, und die auch die Pädagogik vor neue Herausforderungen stellen.
74
Ismaiel-Wendt prägt den Begriff der MusikmachDinge im Jahr 2016, um «damit Dinge,
Apparate, Audio Workstations und ähnliches» zu bezeichnen, «mit denen heute oftmals
Musik GEMACHT werden kann», ohne dabei «den Eindruck zu erwecken, diese seien nur
als Klangwerkzeuge im Sinne der Verlängerung des menschlichen Arms» zu verstehen.
Der Begriff soll vielmehr auf den spezifischen Akteurs-Charakter dieser Dinge hinweisen
und betonen, dass sie «auch als eigenständige Musikmachende wahrzunehmen» sind,
die rastern, die Formung von Klang und Rhythmus beeinflussen und Musik(-kultur) archivieren und ausgeben, sodass sie in Kompositions- und Aufführungssituationen unter
Umständen sogar mehr Musik machen als die involvierten menschlichen Akteure (vgl.
Ismaiel-Wendt 2016, 3f.).
126
2. Design, Herrschaft und Ästhetik: Zum Wandel eines Diskurses
Trotz seiner grossen Bedeutung ist das Thema Design im Kontext der Kulturellen
Bildung jedoch bislang eher unterrepräsentiert. Dabei werden in seinem Rahmen
seit den 1960er-Jahren Macht- und Partizipationsfragen verhandelt. Schon früh
wurden Designideen auch mit erzieherischen Anliegen verknüpft, die gewissermassen an dinghafte Umgebungen delegiert werden sollten, wie man heute im Rahmen
akteur-netzwerk-theoretischer Terminologien sagen würde. Bereits im Bauhaus gab
es die Idee, die Menschen mithilfe von Design zu einer aufgeklärten und rationaldemokratischen Nüchternheit zu erziehen (vgl. Jörissen 2015a, 222; Röhl et al.
2021). Noch nicht machttheoretisch hinterfragt wurde dabei vorerst die übergeordnete Position der Designenden selbst.
Dies begann sich insbesondere mit den gesellschaftlichen Umbrüchen Ende der
1960er-Jahren zu ändern. Exemplarisch sei hier die Einsicht des Designtheoretikers
Horst Rittel genannt: Sein Begriff der «bösartigen Probleme» bezeichnet die
Erkenntnis, dass die «Suche nach wissenschaftlichen [bzw. rein objektiven] Grundlagen zum Umgang mit gesellschaftspolitischen Problemen wegen der Natur dieser
Probleme zum Scheitern verurteilt» sei (zitiert nach Mareis 2014, 178). Bereits die
Definition eines Problems bilde ein tendenziöses Framing, weshalb es bei gesellschaftspolitischen Fragen keine übergeordneten Spezialisten geben könne, sondern
die Problemlösungsexpertise sich auf all diejenigen verteile, die von einem
‹Lösungsdesign› betroffen seien. So entstand die Idee, dass schon der Designprozess selbst Aushandlungsprozesse mit allen von einem Design Betroffenen zu
beinhalten habe. Dies spiegelt sich in Folge in der Entwicklung partizipatorischer
Designmethoden (vgl. Burckhardt 2012, 37 u. 56; Mareis 2013; Mareis 2014, 183 u.
202ff.) sowie in der Idee eines Meta-Designs (Ehn 2013, 91ff.), in dem die Designenden und diejenigen, die ein Design nutzen, gleichermassen als Gestaltende betrachtet werden (vgl. dazu auch Brandes, Stich, und Wender 2008; Allert und Richter
2010, 6 u. 8; Nohl 2021, 173). Eine vom Designplan abweichende Nutzung wird hier
nicht mehr implizit negativ konnotiert und wahlweise schlechtem Design oder
falschem Gebrauch zugeschrieben, sondern Design sollte die Möglichkeit solcher
Abweichungen möglichst mitdenken und auch erlauben. Die Entwicklung des
ubiquitous computing stellt dabei eine neue Herausforderung für partizipatorische
Designprozesse dar (vgl. Brereton und Buur 2008).
Ein früher prominenter und in Deutschland tätiger Vertreter partizipatorischer
Designansätze war der Schweizer Lucius Burckhardt, Mitbegründer der Fakultät für
Gestaltung an der Hochschule für Architektur in Weimar. In seinem vielseitigen
Wirken machte sich Burckhardt explizit Gedanken über den Zusammenhang von
Design, Gesellschaft, Pädagogik und Lehre. Sein Claim «Design ist unsicht-bar»
127
(Burckhardt 2012, 13) steht prototypisch für ein Designverständnis, das Design nicht
mehr am Erscheinungsbild von Artefakten festmacht, sondern es explizit als
«Soziodesign» versteht, d. h. als ein «Nachdenken über Problemlösungen, die dadurch entstehen, dass sowohl Rollen wie Objekte aufeinander abgestimmten
Veränderungen zugeführt» werden (ebd., 28). Dabei seien soziale und ökologische
Fragen ebenso zu berücksichtigen wie Prozesse kulturellen und technologisch
bedingten Wandels, denn «auch das Nicht-Verändern der Institutionen ist ja bei sich
entwickelnder technischer Gegenstandswelt eine Gestaltung» (ebd., 19). Burckhardts Designverständnis ist ein strikt relationales. Daher reflektiert seine Vision
eines ‹integrierten Entwerfens› insbesondere die Regeln, die in Designdingen verkörpert werden. Denn diesen Regeln, «die eigentlich unsere Umwelt sind» (ebd., 38),
sind nicht zuletzt implizite Sozialitätsvorstellungen bzw. Macht- und Herrschaftsformen eingeschrieben.
Mit seiner Idee eines ‹integrierten Entwerfens› wendet sich Burckhardt nicht nur
explizit gegen jene wissenschaftlichen «Extrapolateure», die sich von einer
vermeintlich objektiven Beobachterposition aus durch den Glauben auszeichneten,
«die Zukunft bestehe darin, dass alles gleich bleibe» (ebd., 158). Mit Bezug auf
Bourdieu wendet er sich auch gegen eine arrivierte Bürgerklasse, der Begriffe wie
Geschmack und Ästhetik nunmehr zur «Distinktion nach unten» dienten (ebd., 136).
Bei dieser arrivierten Klasse handle es sich demnach um «Leute, die wissen was
schön ist» (ebd., 138), und die auf «Grundlage der praktischen Ästhetik Instrumente» schaffen wollen, um unsere «verkümmerten Organe [zu] schärfen» und sie
«für feinere Qualitätsunterschiede, auf die es doch so sehr ankommt, empfänglicher
[zu] machen». Und für diese «‹vornehmsten Kulturaufgaben›» wollten sie «‹alles zur
Seite schaffen, was nicht hingehört›» (ebd., 137).75
3. Design und Digitalität: Risiken und Chancen
Burckhardts eigener Ansatz steht gewissermassen konträr zu derartigen Ansinnen.
Für ihn ist auch die Hochkultur längst nurmehr eine Subkultur neben anderen (ebd.,
143). Und da er sich für kulturellen Wandel interessiert, wendet er sich in Gedanken
lieber den Jugendkulturen zu, die für ihn mit ihrer kreativen Umwertung von Zeichen
und Formen «die grösste geistige Bewegung seit 1945» (ebd., 36) sind, und die
zudem die Tendenz haben, sich nicht mehr auf einen Lebensabschnitt zu
beschränken, sondern die gesamte weitere Biografie zu prägen. Neben den damit
75
In der allgemeinen Wortbedeutung bleibt das Ausbilden und Trainieren eines feinen sinnlichen Sensoriums natürlich weiterhin wichtig. Der Begriff der ‹feinen Unterschiede›
bezieht sich hier auf Bourdieu.
128
verbundenen ästhetischen und politischen Fragen betont Burckhardt auch deren
Thematisierung von Umwelt- und Environment-Fragen, die mit der Evolution technologischer Infrastrukturen zusammenhängen. So weist er lange vor der Idee eines
ubiquitous computing darauf hin, dass die Welt sich «nicht mehr als ein Baukasten
aus Einzeldingen, sondern als ein Netz von Systemen» darstelle (ebd., 30), und dass
es beispielsweise «einem grauen Blechkasten» nicht mehr anzusehen sei, ob er nun
«Musik machen oder Daten verarbeiten kann» (ebd., 36). Insbesondere bei elektronischen Geräten sei die Zweckmässigkeit eben nicht mehr unmittelbar sichtbar, wie
das vorherrschende Design-Credo ‹form follows function› nahegelegt hatte. Deshalb, so Burckhardt, müssen wir «eine zweite Sprache [...] drumherum erfinden»
(ebd., 113), also Interaktionsmöglichkeiten wie Tastaturen, Knöpfe, Fader; – kurz:
Programmier- und Performance-Interfaces.
Aus ‹form follows function› wird so ‹form follows fiction›, wie ein Credo des ubiquitous computing lautet. Dies birgt Chancen und Risiken zugleich: Chancen, weil
ganz neue Fiktionen denkbar und unhinterfragte naturalistische bzw. essenzialistische Vorstellungen infrage gestellt werden können; und Risiken, weil durch das
«Umweltlich-Werden von Medien und Technologie» (Leeker 2019, 2) sowie durch die
technomathematische Präfiguration von Interaktionsmöglichkeiten nicht nur die
erwähnten Extrapolateure wieder diskursiven Aufwind bekommen, sondern weil
auch die Möglichkeit im Raum steht, Herrschaftsmechanismen noch unsichtbarer
und ubiquitärer zu machen (vgl. auch Hörl 2021; Kuhn 2021). Zudem verlangen die
neuen Möglichkeitsräume uns ab, sie auch zu nutzen und ihnen möglichst einen
individuellen Sinn abzutrotzen. Wir sind tatsächlich in ganz neuer Weise selbst
gefordert und dies hat nicht zuletzt auch Konsequenzen für die Pädagogik. An
diesem Punkt bekommt das Wort ‹Disruption› auch für den Bereich der ästhetischen
Bildung eine ganz konkrete Bedeutung. Blieb die Fiktion in kulturgeschichtlicher
Perspektive bislang weitgehend auf die Ebene dargestellter Inhalte beschränkt, so
wird sie nun vermittels neuer Interfaces bzw. ihrer Performance-Möglichkeiten auf
die Ebene faktischen Tuns oder ‹doings› verschoben und damit ganz konkret, geht
also gleichsam aus der Domäne reiner Gedankenspiele in die Domäne des Realen
über. Und im Rahmen dieser Transformation wird das Ästhetisch-Fiktive nicht nur
demokratisiert, sondern auch der Mensch selbst, der bislang als sein alleiniger
Schöpfer galt, wird als Teil von Human-Computer Interaction Systems gleichsam
dezentriert, was wiederum an die Basis moderner Grundüberzeugungen bzw. an die
Vorstellung autonomer Subjekte (vgl. etwa Ricken 2020, 23; Alkemeyer und
Brümmer 2017, 700) rührt. – Deus ex machina ist längst kein blosser Theatertrick
mehr, sondern vielfach gelebte und praktizierte Realität. Für Christina Vagt ist
129
Design daher in Anlehnung Rancière und Schiller gar eine neue Form kollektiver
ästhetischer Erziehung (Vagt 2018, 57f.).
4. Interfaces als Sinnlichkeitsregimes
Auch die ‹zweite Sprache› des Interface-Designs macht das Unsichtbare des
Designs noch nicht sichtbar.76 Als symbolisch-materieller Layer über den technischen Regelungsprozessen im Maschineninneren stellt die Mensch-MaschineSchnittstelle lediglich eine weitere Ebene von Regeln dar, welche die mathematische
Universalität der Maschine dahinter eingrenzen. Worin aber wird das Unsichtbare
der Interface-Designs dann sichtbar? Die hier vertretene These ist, dass das Unsichtbare solcher Designs in massgeblicher Weise in gestischen Praktiken zum Ausdruck kommt, die sich im Umgang mit Interfaces entwickeln.
Dieser Sprung vom Interface-Design zur Geste bedarf einer Erläuterung, denn er
ist keineswegs friktionslos. Zwar determinieren Interface-Designs die Gesten nicht,
doch sie spielen natürlich eine zentrale Rolle für das, was im Sinne ihrer Bedienung
sinnvollerweise gestisch möglich ist, wenn man etwa mit einem hybriden MusikmachDing, das für spezifische Einsatzszenarien konzipiert wurde, musizieren will.
Interfaces fordern bestimmte Kompetenzen ein und legen bestimmte Gebrauchsweisen nahe, die von Design zu Design variieren: Wie strukturanalytisch gezeigt
werden kann (vgl. Donner 2020), gibt es einfachere und komplexere sowie offenere
und geschlossenere Designs, die jeweils verschiedenes Wissen und Können
voraussetzen, und die – Musikinstrumenten nicht unähnlich – unterschiedliche
Habitus evozieren. Dabei hängt das Zustandekommen von interaktiven Prozessen
nicht allein vom kognitiven Verstehen der Interface-Logik ab, sondern es umfasst in
ganz zentraler Weise auch Aspekte der Verkörperung (Svanæs 2000; Svanæs 2013;
76
Der Design-Diskurs bietet auch in Bezug auf Interfaces eine fast unüberschaubare Vielfalt
an Ansätzen, sodass hier kein detaillierter Überblick gegeben werden kann. Grob gesagt
reicht das Spektrum von technizistischen Verständnissen, in denen Userinnen und User
quasi als funktionale Erweiterungen von Maschinen respektive geplanten Gebrauchsweisen betrachtet werden, bis hin zu kulturalistischen Ansätzen, in denen der individuelle
Gebrauch und die kulturelle Bedeutung von Interfaces in den Mittelpunkt gestellt
werden. In historisch-reflexiver Perspektive unterscheidet Tanaka (2020, 140f.) drei
Wellen des Interface-Designs, die er unter den Begriffen «konservativ», «pragmatisch»
und «romantisch» subsumiert. Während die erste Welle vom rationalen Blick der
Ingenieure und Ingenieurinnen geprägt ist, nimmt die zweite Situierungen und Kontexte
in den Blick. In der dritten geht es schliesslich nicht mehr vorrangig um optimale
Problemlösungen für spezifische Aufgaben, sondern um den visionären bzw.
transformativen Charakter von Interface-Designs.
130
Hyun Kim und Seifert 2017; Donner 2022) bzw. ein spezifisches Körperwissen, das
mit zunehmendem Gebrauch in Form von habits (vgl. Nohl 2011, 136 u. 179; Nohl
2018a) zutage tritt. Ohne entsprechendes kinästhetisches Erfahrungswissen, das
von Alkemeyer und Brümmer (2017, 705; 2020, 7) auch als ‹Nachspüren› im Sinne
eines praktischen Reflektierens begriffen und mit dem Konzept der Vollzugskörperlichkeit assoziiert wird, stellt sich kein Flow-Zustand (Csikszentmihalyi 2008; Baalman 2017, 234) ein, wie er für künstlerisch-ästhetische Praktiken oft typisch ist. Und
erst dieser Flow-Zustand bildet in Bezug auf hybride MusikmachDinge die Basis für
das Entstehen einer spezifischen ‹Instrumentalität›, – ein Begriff, mit dem Hardjowirogo (2017) und andere das ‹Musikinstrument-Werden› technischer Medien
bezeichnen.77
Mit einer Entlehnung von Jacques Rancière möchte ich folgende Betrachtungsweise vorschlagen: Jedes Interface stellt ein spezifisches Sinnlichkeitsregime dar
(Rancière 2006; Rancière 2008).78 Dieses Sinnlichkeitsregime resultiert erstens aus
den Vorstellungen der Designenden über die Gebrauchs- und Bedienweisen (vgl. z.
B. Weber 2008), zweitens aus den Symboliken und Materialitäten der Schnittstelle
sowie drittens aus der Logik der Sensorik und der (digitalen) Signalverarbeitung. Mit
diesem Verständnis von Sinnlichkeitsregimes beziehe ich mich auf das, was
Rancière als «erste Ästhetik» (Rancière 2008, 37f.) bezeichnet, – also jene Ästhetik,
die noch vor jeder Theorie der Kunst durch eine präfigurierende Aufteilung des Sinnlichen einen konsensuellen Raum des Verständnisses sowie spezifische Kompetenzen definiert, wie Gegenstände zu sehen sind, wie sie zur Diskussion zu stellen sind
und wie auf sie bezogen zu handeln ist. Entsprechend stellen Sinnlichkeitsregimes
eine Art ‹Framing des Sinnlichen› dar, das immer auch bestimmte Ausschlüsse
beinhaltet, deren Verhandlung jedoch gar nicht zur Debatte steht, weil sie nicht als
Ausschlüsse wahrgenommen werden, solange der Raum des konsensuellen Ver77
78
Der Begriff des Flows wurde in seiner Verallgemeinerung auch ‹neoliberal› ausgedeutet,
worauf die hiesige Verwendung explizit nicht verweisen will. Ursprünglich entstanden ist
er aus der Beobachtung künstlerisch-ästhetischer Praxen. In diesem Sinne wird er auch
etwa von Baalman (2017) und Simon (2018) verwendet.
Rancière verwendet den Begriff in einem allgemeineren Sinn, um bestimmte ‹Historizitätstypen› (ebd., 39) von Kunst und Ästhetik in Bezug auf das Politische zu bezeichnen,
die einander nicht unbedingt ausschliessen, sondern auch parallel existieren können,
worin sich der Begriff von Foucaults Begriff der Episteme unterscheidet (vgl. ebd., 71ff.).
Meines Erachtens kann er jedoch in aisthetischer Hinsicht auch sehr gut für konkrete
empirische Fragestellungen fruchtbar gemacht werden und dabei nicht zuletzt einige
Probleme ausräumen, die Rancières Denken mit den Neuen Medien und ihren spezifischen Erscheinungsweisen hat. Aus bildungstheoretischer Perspektive liesse sich in
Verbindung mit ihm entsprechend von spezifischen sinnlichen ‹Historizitätstypen von
Bildung› sprechen, die mit den in einer Epoche dominanten medialen Vermittlungslogiken bzw. -praktiken und ihren Sinnlichkeitsregimes korrespondieren.
131
ständnisses geteilt wird.79 Mit Interfaces lässt sich nicht diskutieren: Sie setzen ein
grundlegendes Einverständnis mit ihrer Logik voraus, wenn man sich ihrer bedient.
Dasselbe gilt auch für herkömmliche Musikinstrumente, die jedoch prinzipiell anders
geartete Sinnlichkeitsregimes verkörpern.80 Welche spezifische normative Macht
kommt musikalischen Interface-Designs also verglichen mit Letzteren zu? Und was
ist ihre Bedeutung für das, was Rancière ‹Politik› nennt, nämlich den Dissens über
den sinnlich präfigurierten Raum des Konsensuellen? Oder konkreter gefragt:
Formatieren Interfaces mit ihren Designvorgaben und ihrer Algorithmus-basierten
Selbsttätigkeit die menschlich-ästhetische Ausdrucksfähigkeit, indem sie den
Menschen gleichsam ‹entmündigen› und ihre Design-Normen absolut setzen (vgl.
etwa Simon 2018)? Diese Frage muss meines Erachtens auf zwei Ebenen beantwortet werden, nämlich erstens auf der Ebene der konkreten Interface-Praktiken
bzw. Gesten, zweitens auf der Ebene ihrer ästhetischen Kontexte und deren
diskursiver Bewertung.
4.1 Die körperliche Ebene: Interface-Gesten
Wie bereits erwähnt, determinieren Interface-Designs das gestische Handeln nicht,
sondern eröffnen mehr oder weniger grosse Spielräume, die sich letztlich nur
praxeologisch bestimmen lassen (vgl. Donner 2020; in Vorbereitung). Ebenso wie
die Gesten beim Spiel eines Musikinstruments erschöpfen sich auch die Gesten, die
sich beim Spiel mit einem musikalischen Interface-Design entwickeln, nicht in rein
instrumentellen Bewegungen zur Klangerzeugung. In beiden kommt eine Aufmerksamkeit und innere Spannung zum Ausdruck, die sich etwa in der Körperhaltung, im
ostentativ inszenierten Abheben der Hände von einer Spieloberfläche usw. zeigen.
Gesten sind sichtbare Verkörperungen von erfahrenen und habitualisierten Sinnstrukturen, die nicht nur als symbolische Formen zu einem Publikum sprechen
sollen, sondern die auch ganz wesentlich der Selbstaffektion dienen, um einen
bestimmten Selbst-Zustand zu erzeugen. Auf diese Weise sind sie unabdingbar mit
dem Sinnbildungsprozess verbunden. Nach Flusser versuchen Menschen mit ihrer
Maria Muhle fasst dies in ihrer Einleitung zu Rancière (2006) mit folgenden Worten: «Die
Aufteilung des Sinnlichen ist also ein System oder ‹Regime› von Normen oder Gewohnheiten, die implizit die Wahrnehmung der gemeinschaftlichen Welt bestimmen [...]
Ästhetik wird somit weder als individuelle Wahrnehmungsfähigkeit noch als erkenntnistheoretische Grenze oder als Kunsttheorie verstanden, sondern verweist immer schon
auf die Frage des Teilhabens und Teilnehmens an einer kollektiven Praxis, die für
Rancière in der sozialen und politischen Konstitution der sinnlichen Wahrnehmung
entschieden wird» (Rancière 2006, 10f.).
80 Zu einer genaueren Erläuterung dieser Differenz s. auch Donner in Vorbereitung.
79
132
Hilfe, dem «Leben und der Welt, in der [sie] leb[en], Sinn und Bedeutung zu geben»
(Flusser 1993, 15; vgl. auch Wulf 2017b, 647). Im Rahmen von ästhetischen
Praktiken sind sie mit Foucault zudem in besonderer Weise als «Technologien des
Selbst» (vgl. Foucault 2007, 280ff u. 287ff; Alkemeyer und Brümmer 2017, 706f;
Maase 2019, 11) zu begreifen. Hinzu kommt, dass sich im Nachempfinden und
Verstehen von Gesten eine überindividuelle Ebene der Übereinkunft über den
jeweiligen Verständnisrahmen artikuliert. Auf diese Weise tragen sie, wie Christoph
Wulf anmerkt, sowohl zur individuellen wie zur kollektiven Bildung bei (Wulf 2011,
10; Wulf 2017b, 654). Und bei alledem handelt es sich zudem in hohem Masse um
implizites, sinnlich erworbenes Erfahrungswissen. Gesten können zwar reflektiert,
jedoch nicht gelehrt werden wie man etwa die Bedeutung eines mathematischen
Symbols lehrt. Sie müssen performativ aufgeführt und in ihrer kontextuellen Wirkung
erfahren werden. In Bezug auf Interfaces mag man nun zwar kritisieren, dass die
mathematische Quantisierung auf Software-Ebene je nach Sensorik und Programmierung gewisse Feinheiten der Bewegung nicht (bzw. manchmal auch allzu genau)
akustisch abbildet, doch dies betrifft nicht die Ebene der Gesten selbst, die mit
Foucault «Praktiken der Freiheit» bleiben (Foucault 2007, 256), solange sich in ihnen
individuelle Sinngebung mit dem Ziel der Produktion und Reflexion eines ‹ästhetischen Überschusses› ausdrückt.
Sobald Gesten über den reinen Nachvollzug normativer Vorgaben hinausgehen
und einer eigenen Sinnhaftigkeit und Sinnlichkeit folgen, sind sie sichtbare Formen
praktizierter Körperpolitik, ganz gleich ob sie sich auf herkömmliche Musikinstrumenten oder hybride MusikmachDinge beziehen. Natürlich kann diese Körperpolitik
auch die Ablehnung eines Interface-Designs zur Folge haben, wenn sich etwa im
körperlichen Aushandlungsprozess kein Passungsverhältnis findet (vgl. Donner, in
Vorbereitung). Politik als Dissens wird eben auch körperlich und zwischen
Menschen und Dingen ausgehandelt. Im Gegensatz zu herkömmlichen Musikinstrumenten zeichnen sich die Designs von MusikmachDingen jedoch meist durch eine
technische Konnektivität aus, die es erlaubt, sensorisch-sensuelle Unpassungen der
haptischen Schnittstelle gegebenenfalls zu modifizieren, indem man sich etwa
durch den Einsatz von zusätzlichen Controllern individuell passendere Interaktionsweisen und damit ein eigenes ‹Meta-Instrument› designt (vgl. ebd.). In solchen an
der eigenen Gebrauchsweise orientierten Designprozessen werden die gestischen
Ausdruckswünsche zudem explizit thematisch und als Selbst-Technologien reflektiert. Und dabei wird zugleich eine Medienökologie (Fuller 2005) entwickelt, die
mediale Gefüge nicht zuletzt als «zentrale[n] Ort der Aushandlung möglicher anderer
Weisen der Existenz» (Rothe 2016, 51) markiert.
133
Wichtig ist bei alldem, dass sich Dissens im Rahmen des körperlichen Aushandlungsprozesses nicht als ein Gegeneinander von menschlicher Handlungsintention
und Maschinendesign realisieren muss, wie man vielleicht meinen könnte. Dissens
im Rahmen von Körperpolitik kann sich ebenso gut als individuelle Konfluenz
manifestieren, d. h. als ein spezifisches und individuelles Zusammenfliessen von
Mensch und Maschine, das aus Prozessen verkörperter Interaktivität emergiert (vgl.
Donner 2022). Adams und Thompson fassen den Begriff der Konfluenz wie folgt:
«Digital confluency emphasizes the co-constitutional arrangements that are enacted via
new mergings and flows with the digital. These confluencies are not merely about
knowing how to use new technologies. Rather, they acknowledge the many humans and
nonhumans caught up in complex choreographies of knowledge practices.» (Adams und
Thompson 2016, 110)81
Der Begriff der digitalen Konfluenz bezieht sich demnach auf soziomaterielle
Mensch-Maschine-Assemblagen (ebd.; vgl. auch Théberge 2017; Peters 2017) in
actu, deren Elemente sich im gemeinsamen praktischen Vollzug in jeweils spezifischer Weise wechselseitig konstituieren, und die mit Hookway keineswegs das
«endgame of a technopolitical process of discipline and normalization» (Hookway
2014, 57) darstellen. In einer medienökologischen Perspektive treten vielmehr die
massiven dynamischen Wechselwirkungen «of processes and objects, beings and
things, patterns and matter» (Fuller 2005, 2) in den Blick, die im Rahmen situierter
und emergenter Medienpraktiken eben auch ein ‹Othering der Technologie› (ebd.,
92) selbst umfassen. Und dieses Othering kann Effekte hervorbringen, die bei den
designtechnischen Konzeptionen im Vorfeld durchaus nicht bedacht oder explizit
angelegt worden sind. In Kontexten neuer Medien können tradierte Gestenrepertoires schlicht dysfunktional sein, wenn sich mit ihrer Hilfe aufgrund der InterfaceLogiken keine Sinnbildungsprozesse mehr verkörpern lassen. In diesem Fall entstehen auf konfluente Weise neue Gestenrepertoires, ohne dass dabei der ‹Abstand›
zwischen den einzelnen Elementen der Mensch-Maschine-Assemblagen jemals
aufgelöst würde. Dieser Abstand – verstanden im Sinne einer «Denkfigur nicht der
Identifikation, sondern der Exploration, die andere Möglichkeiten zutage fördert»
(Jullien 2017, 37) und neue Gestenrepertoires gebiert – bringt uns schliess-lich zur
zweiten Ebene, auf der die Frage des Politischen von musikalischen Inter-faceDesigns zu beantworten ist.
81
Der Begriff der Konfluenz taucht schon in Fullers Medienökologie (2005) gelegentlich auf.
Seine explizite Wendung auf subjektivationstheoretische Fragen findet sich in Donner, in
Vorbereitung.
134
4.2 Die Ebene der kontextuellen, (musik-)kulturellen Bedeutung von
Interfaces: Sinnlichkeitspolitik
Wenn für Rancière Politik erst der Bruch mit dem Raum eines sinnlich präfigurierten
und nicht hinterfragten Konsenses ist, so bezieht sich dies nicht nur auf die Ebene
der Interfaces, sondern auch auf ihre kulturelle Bedeutung und auf die diskursive
Bewertung ihrer Anwendungskontexte. In Phasen medialer Umbrüche, in denen
gewohnte Schemata von Wahrnehmung, Welt- und Selbstzugängen sowie von Sinn
und Sinnlichkeit vielfach befremdet und aufgebrochen werden, steht die Stabilität
solcher konsensuellen Verständnisse oft infrage (vgl. in Bezug auf Musikinstrumente
auch Hardjowirogo 2017, 14). In seinem Aufsatz über transgressive Medialität hebt
Jörissen (2015b) insbesondere das diskontinuierliche Moment medial bedingter
Transformationsprozesse hervor, die sich in «transgressiven Artikulationen» (ebd.,
60) Bahn brechen. Damit eröffnet sich in Anlehnung an Rancière gewissermassen
medienbedingt ein politischer Raum des Dissens, in dem die Möglichkeit – ja die
Notwendigkeit aber eben auch die Chance – entsteht, die bis dato implizite normative Aufteilung des Sinnlichen neu zu bedenken und auszuhandeln. Und bezogen
auf die diskursive Ebene gibt es wohl keinen grösseren denkbaren Dissens als den
einer gestisch sichtbar werdenden Körperpolitik, die neue Gestenrepertoires gebiert
und dabei nicht mehr auf die cartesische Opposition von Mensch und Maschine
setzt, sondern auf deren Konfluenz, in der das Unsichtbare von Designs des ubiquitous computing schliesslich sichtbar wird.
Welchen Praktiken wird wo und von wem diskursiv das Recht zugestanden, sich
als ästhetisch wertvolles Musizieren zu bezeichnen? Reicht das Drehen und
Drücken einiger Knöpfe an einem selbst designten ‹Meta-Instrument› aus verschiedenen elektronischen Klangquellen und Controllern aus, wenn dabei ein FlowZustand zustande kommt, oder eher nicht? Woran machen sich Musizieren und
ästhetischer Ausdruck fest? Und was wäre womöglich das Gemeinsame eines
Musizierens, das sowohl Orchester- als auch Groovebox-Praktiken (die noch zur
Sprache kommen) umfasst, ohne dabei eine Wertung vorzunehmen wie diejenigen,
die nach Burckhardt «wissen, was schön ist», um so ihren Distinktionsgewinn zu
wahren? Und noch etwas allgemeiner gefragt: Ist das oft eng mit den Künsten
assoziierte mimetische Lernen in Anbetracht der vielfältigen neuen medialen
Formen und Kontexte noch eine rundweg adäquate Strategie oder tendiert es
womöglich gelegentlich dazu, Vorstellungen einer vermeintlichen Natürlichkeit und
damit verbundener Machtformen zu tradieren, wie sie Jacques Attali beispielsweise
für den Orchesterapparat analysiert hat (Attali 1985, 13 u. 65ff.; s. auch Canetti
1980, 468ff.)?
135
Für Wulf stellen mimetische soziale Handlungen die Basis performativer Pädagogik
dar (vgl. Wulf 2017a, 619f.), und entsprechend spielen auch mimetisch angeeignete
Gesten eine wichtige Rolle (vgl. Wulf 2017b, 650f.). Dabei sind Gesten einerseits oft
in gesellschaftliche und institutionelle Machtstrukturen eingelassen, die durch Nachahmung affirmiert werden. Andererseits enthalten sie jedoch auch ein subversives
Potenzial, da sie in der individuellen Aneignung und Aufführung modifiziert werden,
sodass sie als performatives Ereignis niemals eine exakte Kopie vorangegangener
Gesten darstellen. Auf diese Weise können sich im Lauf der Zeit – durch implizit
gestische Körperpolitik – neue Ordnungen ergeben (ebd., 655f.). Gleichwohl gilt,
dass «Institutionen ihre Machtansprüche in den Gesten ihrer Repräsentanten
‹verkörpern› [und] diese Machtansprüche auch im mimetischen Nachvollzug dieser
Verkörperungen wahrgenommen und aufrecht erhalten» werden (Wulf 2011, 19).
Dies trifft nicht zuletzt auf Bildungsinstitutionen zu (Wulf 2017b, 653), selbst wenn
deren Gestenrepertoires im Nachvollzug leicht modifiziert werden mögen. Insofern
bieten etablierte Gesten zwar einen gewissen Raum für Diskontinuität, doch stets
«unter Wahrung der Kontinuität» (ebd., 656). Das Auftreten völlig andersartiger und
möglicherweise ‹konkurrierender› Gestenrepertoires, wie sie etwa im Kontext von
neuen Medienpraktiken emergieren können, ist in diesem Modell nicht vorgesehen
und stellt insofern eine Herausforderung sowohl für institutionalisierte Machtansprüche als auch für das Wissen und Können derjenigen dar, die diese Institutionen vertreten. Dementsprechend werden solche neuen Gestenrepertoires im
Sinne einer impliziten Körperpolitik oftmals körperlich abgelehnt und diskursiv
entwertet, sobald sie den institutionalisierten, inkorporierten und habitualisierten
Sinnlichkeitsregimes in fundamentaler oder ‹disruptiver› Weise widersprechen.82
Doch wem ist geholfen und welche Gesellschafts- und Herrschaftsvisionen
werden propagiert und tradiert, wenn man sich etwa im Bereich der künstlerischästhetischen Bildung an institutionalisierte Gestenrepertoires klammert, die mit den
‹feinen Unterschieden› (Bourdieu 1987) assoziiert sind? Und welche Chancen wer82
Als anschauliches Beispiel ist mir etwa ein Fortbildungsangebot für Lehrende an Musikschulen vor Augen, bei dem die körperliche Aversion gegen das Nutzen eines vorgestellten MusikmachDings im Fall eines älteren, musikalisch sehr ‹klassisch› sozialisierten
und in der unterrichteten Gruppe hoch angesehenen Teilnehmers richtiggehend sichtbar
wurde. Trotz mehrfacher Aufforderung im Rahmen der erteilten Arbeitsaufträge wurde
das Gerät nicht ein einziges Mal angefasst und durch den gestischen Ausdruck drängte
sich der Eindruck auf, der Teilnehmer winde sich geradezu körperlich, weil die vorgeschlagene, völlig harmlose Exploration des MusikmachDings seinem Habitus konträr
entgegenstand. Zugleich äusserte er immer wieder intelligent vorgetragene Einwände
und verbale Distanzierungen gegenüber der Technologie an sich. Man muss allerdings
hinzufügen, dass es sich bei diesem sehr eindrücklichen Fall von Körperpolitik um einen
besonders prägnanten Einzelfall handelte.
136
den damit vergeben? Schon Burckhardt wusste schliesslich, dass auch die NichtVeränderung eine Form der Gestaltung ist, wobei er zugleich darauf hinwies, dass
die Jugendkulturen mit ihrer Umdeutung von Kontexten, Zeichenregimes und
Praktiken wohl den verlässlichsten Gegenpol zu extrapolierten top down Planungen
und insofern eine wichtige Quelle für die Vitalisierung kultureller Muster darstellen.
5. Kurzes Filmbeispiel aus MIDAKuK Teilprojekt 1
Veranschaulichen lassen sich diese Fragen anhand eines kurzen kontrastiven
Einblicks in zwei Fälle aus Teilprojekt 1 des BMBF-Verbundprojekts Musikalische
Interface-Designs: Augmentierte Kreativität und Konnektivität (Jörissen et al. 2019).
Das Projekt interessiert sich für die im Rahmen von Digitalisierungsprozessen stattfindenden Verschiebungen in Bezug auf die körperlichen, sinnlichen, ästhetischen,
sozialen und kulturellen Bedingungen und Formen ästhetischer Praxis. Konkret
beforscht wird die pädagogische Bedeutung hybrider, digital-materieller MusikmachDinge. Teilprojekt 1 (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg) legt
den Fokus auf jugendliche Musikinteressierte, Teilprojekt 2 (Leuphana Universität
Lüneburg) auf professionelle Instrumentalpädagoginnen und -pädagogen sowie
professionell Musizierende. Im Rahmen der Studie wird eine Reihe ausgewählter
MusikmachDinge an Freiwillige aus diesen beiden Gruppen verliehen. Der Umgang
mit den Dingen wird über einen längeren Zeitraum (auto-)videografisch erfasst, die
durch weitere Datenerhebungen wie Interviews usw. flankiert werden. Gefragt wird
erstens nach Veränderungen, die im Hinblick auf ästhetische Erfahrungen, Ermöglichungen und Augmentierungen kreativer Prozesse sowie auf musikalische
Ausdruckspotenziale mit den Musikmachdingen einhergehen; zweitens nach den
daraus hervorgehenden grundsätzlichen Konsequenzen, Potenzialen und neuen Anforderungen für professionelles musikpädagogisches Handeln unter Bedingungen
einer (post-)digitalen Kultur; und drittens nach erwarteten Spannungsverhältnissen
zwischen digitaler Faszination seitens jugendlicher Klientelgruppen und digitaler
Skepsis professioneller Musikpädagoginnen und -pädagogen sowie Musikerinnen
und Musiker im Umgang mit neuen musikalischen Interfaces und Technologien. Die
beiden vorgestellten Fälle können hier nicht detailliert rekonstruiert werden, sondern
dienen nur dazu, die skizzierte Problematik vor Augen führen. Beide Studienteilnehmer haben sich ähnliche MusikmachDinge ausgeliehen und versuchen, sie sich
sinnhaft zu erschliessen, um damit zu musizieren. Beide haben keine institutionell
erworbene musikalische Vorbildung ausser dem üblichen Schulunterricht.
Bei den geliehenen MusikmachDingen handelt es sich zum einen um den Push2Controller der Firma Ableton, der im Verbund mit der Software Live auf einem
137
Abb. 1: Groovebox Novation Circuit.
Laptop betrieben wird, zum anderen um den Circuit der Firma Novation, ein
‹Standalone›-Gerät, für dessen Betrieb keine weitere Software benötigt wird. Beim
Circuit handelt es sich explizit um eine ‹Groovebox›, mit der Loop-basiert musiziert
werden kann. Mit dem Gerät können Patterns für mehrere Drum- und Synthesizeroder Sample-Stimmen eingespielt oder programmiert werden, die dann meist live
modifiziert und zu einem Stück arrangiert werden. Dabei lassen sich mithilfe von
Dreh-Encodern verschiedene Klang- und Effektparameter verändern und auf diese
Weise Klangverläufe aller Art realisieren, die z. B. als musikalische Steigerung oder
Ausdünnung usw. wahrgenommen werden. Das Push/Live-Setup ist zwar wesentlich komplexer und nicht auf diese Art des Musizierens beschränkt, legt seinem
Design nach aber eine ähnliche Vorgehensweise nahe und wird im beschriebenen
Fall auch so genutzt (vgl. dazu auch Donner, in Vorbereitung).
Beide Teilnehmer gehen bei ihrer Erschliessung der Geräte sehr unterschiedlich
vor. T18 (15 Jahre alt) ahmt bei seinem Erschliessungsversuch des Circuit Gesten
nach, die an das Spiel auf einer Klaviatur erinnern, da dies für ihn offenbar das Sinnbild des Musizierens mit einem ‹Tasteninstrument› ist. Seine Handhaltung entspricht
derjenigen von Klavier Spielenden und es werden ‹Läufe› und ‹Akkorde› über alle
vorhandenen Silicon-Tasten inklusive der Funktionstasten des Geräts gespielt, um
dann wieder artifizielle Pausen einzulegen, in denen die Hand effektvoll von den
Tasten empor gehoben wird wie nach der Beendigung eines Partiturabschnitts usw.
138
Abb. 2: Ableton Push2 Controller zur Steuerung der Digital Audio
Workstation Software Live. Beide Geräte sind von ihrer Oberfläche her
ähnlich aufgebaut: am oberen Rand befinden sich Dreh-Encoder für
Klangmanipulationen, die zentralen Silicon-Tasten in der Mitte dienen
zum Einspielen oder Programmieren von Notenwerten und -parametern
und die darum angeordneten Tasten dienen der Aktivierung
verschiedener Funktionen und Betriebsmodi.
Da der Circuit sich dabei jedoch gar nicht in einem Betriebsmodus befindet, der für
solches Spiel geeignet ist, und er prinzipiell auch für andere Vorgehensweisen
gedacht bzw. gar nicht für stereotypes Klaviaturspiel designt ist, können dem Gerät
auf diese Weise nur gelegentlich und rein zufällig einige disharmonische Klänge
entlockt werden. Mit anderen Worten: Es handelt sich um eine reine GestenAufführung; eine Sinnerschliessung findet auf diese Weise nicht statt. Da auch die
Bedienungsanleitung für ‹Laien› in diesem Alter mit ihren Anglizismen und technischen Fachbegriffen nicht ganz einfach zu verstehen ist und nicht anderweitig
recherchiert wird, um die Grundlogik des Geräts zu verstehen, gibt T18 bald
frustriert auf und beendet die Teilnahme im Forschungsprojekt, obwohl er anfangs
motiviert war und grosse Lust hatte, mit elektronischen Klangwelten zu experimentieren. Das mimetische Nachahmen kulturell dominanter und mithin oft hegemonial
repräsentierter Spiel- und Ausdrucksgesten für Tasteninstrumente erlaubte nicht
ansatzweise eine sinnhafte oder gar musikalische Erschliessung des Circuit.
139
T25 (21 Jahre alt) geht schon seinem Alter gemäss strukturierter vor und verfügt
auch bereits über autodidaktisch erworbenes Wissen bzw. über einige Erfahrung im
Produzieren von elektronischer Musik. Auch bei ihm sieht man Ausdrucksgesten im
Spiel mit seinem ‹selbst designten› erweiterten Geräte-Setup, das neben dem Push
weitere Controller enthält, die einander ergänzend konfiguriert werden, um dem
eigenen Gefühl nach bessere Ausdrucksmöglichkeiten zu haben als sie alleine mit
dem Push möglich wären. Seine Gesten sind ganz anderer Art und erinnern nicht im
Entferntesten an das herkömmliche Gestenrepertoire von Tasteninstrumenten. Der
Teilnehmer agiert oft fast dirigier-artig, kommentiert eingestartete Patterns oder
auch den Einsatz von Breaks gestisch, geht dann wieder in exzessives Tanzen über,
wenn die Hände beim Kontrollieren der Maschinen kurz frei werden usw. Dabei
bleibt jedoch stets eine hohe Konzentration und körperliche sowie aisthetischästhetische Involviertheit sichtbar, sodass die Szenen ohne jeden Zweifel als intensiver Flow-Zustand beschrieben werden können.10 Sicherlich liesse sich noch sehr
viel mehr sagen, doch das kurze kontrastive Beispiel soll hier nur verdeutlichen,
dass ein mimetischer Ansatz, der sich auf ein Musikverständnis bezieht, das von
musizierenden ‹Laien› aufgrund der kulturell-repräsentativen Hegemonialitäten oft
mit Klavierspiel in Verbindung gebracht wird, im Fall von Grooveboxes und Artverwandtem keine Sinnerschliessung ermöglicht. Hier sind offensichtlich ganz andere
Gesten und Wissensformen gefragt, die sich in den herkömmlichen musikalischen
Bildungsangeboten, die eine gewisse musikalisch-ästhetische Ernsthaftigkeit für
sich in Anspruch nehmen, in der Regel nicht wiederfinden – und zwar obwohl ein
Grossteil der Musik(ästhetik), die uns tagtäglich umgibt, nicht zuletzt mit solchen
algorithmisch basierten MusikmachDingen entsteht, deren Logiken längst weit über
das noch recht einfach zu erlernende Verkabeln von Lautsprechern und Verstärkern
hinaus gehen.
6. Kulturelle Bildung und digitale Souveränität
Auch die autodidaktisch entwickelte Praxis von T25 enthält mimetische Aspekte. So
erinnert das Gestenrepertoire in den Performance-Situationen oft an das von DJs –
also an eine Subkultur – ohne damit jedoch identisch zu sein. Dies resultiert in
diesem Fall aus dem individuell entwickelten ‹Eigen-Design›, das der Teilnehmer
mithilfe der zusätzlichen Controller-Konfigurationen selbst erstellt hat. Wenn Gesten
nun nach Wulf auf Gemeinschaftsbildung und die Kontinuität von Gemeinschaften
zielen (Wulf 2017b, 655) und sie dergestalt auch Auskunft über Mentalitätsstrukturen
geben (ebd., 648), so wird an den divergierenden Gestenrepertoires des Beispiels
nicht zuletzt deutlich, dass es im Bereich der ästhetischen Bildung offenbar medien-
140
bedingt divergierende Mentalitätsstrukturen gibt, die jeweils ihre eigenen Kontinuitäten erzeugen, ohne dass es etablierte Schnitt- oder Austauschpunkte zwischen
ihnen gäbe. Und es sind nicht die institutionalisierten respektive hegemonialen
Gestenrepertoires, welche die mediatisierten Lebenswelten von heute abbilden. Bei
Letzteren handelt es sich mit Jörissen im kulturtheoretischen Sinn vielmehr um
«nicht-transgressive Artikulationsformen [...], bei denen ästhetische Prägnanzmuster und
mediales Moment nach geltenden Konventionen affirmativ aufeinander bezogen sind.»
(Jörissen 2015b, 61)
Was aber heisst das für Angebote der Kulturellen Bildung? Welche Kompetenzen
sollten sie vor dem Hintergrund des ubiquitous computing bzw. der zunehmenden
Entwicklung von ‹Ubi-Objects› und den damit einhergehenden neuen künstlerischästhetischen Praktiken vermitteln? T18 hatte durchaus Lust, sich mit elektronischen
Klangwelten auseinanderzusetzen, doch ihm fehlte die Expertise bzw. ein
entsprechendes Angebot, wo er sie hätte erwerben könnte. Im Rahmen von ästhetischen Praktiken handelt es sich bei solcher Expertise auch nicht schlicht um ein
wenig zusätzliches technisches Bedienwissen, das die ästhetisch-kreativen
Prozesse ansonsten nicht weiter tangiert. Das benötigte Medienwissen ist vielmehr
selbst ein intrinsischer Teil des ästhetischen Gestaltungsprozesses, mit dem nicht
selten ganz neue Kunst- und Ausdrucksformen einhergehen (vgl. etwa Ruschkowski
1998; Baumgärtel 2015; Lewis 2017). Das heisst, es will auch entsprechend
vermittelt und verstanden werden, um ästhetisch implementierbar zu sein, wenn es
zu Sinnerschliessungen führen soll, die längerfristig spannend und tragfähig sind.
Hinzu kommt, dass die in Interfaces verkörperten User-Vorstellungen (vgl. Weber
2008) mit ihren Normen und impliziten Machtstrukturen nur aufgebrochen und
konstruktiv gewendet werden können, wenn man sich auf ihre Logik einlässt und sie
in struktureller Hinsicht versteht. Andernfalls bleibt man ihnen ausgeliefert. Reines
Bedienwissen ist noch keine digitale Souveränität, um die es aber unbedingt gehen
sollte. Als Beispiel hierfür kann T25 gelten: er fügt seinem Setup nach einiger Zeit
der Auseinandersetzung wie bereits erwähnt einige weitere kleine Controller hinzu,
die er so konfiguriert, dass das gesamte Setup seinen Ausdruckswünschen eher
entspricht als die vom Push vorgezeichneten Möglichkeiten. Und seine Sinnerschliessung führt nicht nur zu einem Auftritt in einem Club, sondern in Folge auch zu
einem Theaterprojekt in einem städtischen Theater, für das er selbst komponierte
und jeweils aufgeführte elektronische Musik beisteuert.
Von einem emanzipativen Standpunkt aus, der den kontemporären technologischen Entwicklungen Rechnung trägt, kann es sinnvollerweise nur darum gehen,
digitale Souveränität zu vermitteln, was konkret eben nicht mehr unbedingt heissen
141
muss, sich jahrelangen vorrangig motorischen Übungen zu unterwerfen, um aufgenommen zu werden in den Kreis derjenigen, die zu Recht für sich in Anspruch
nehmen dürfen, sich ästhetisch ausdrücken zu können, weil sie ein Sinnlichkeitsregime inkorporiert haben, das der Haltung der ‹feinen Unterschiede› entspricht.
Ästhetische Bildung ist auch anders möglich. Die digitale Transformation birgt mithin
die Chance, dass aus musizierenden ‹Kunsthandwerkerinnen und Kunsthandwerkern› (vgl. Ismaiel-Wendt und Pfaffenholz 2018, 200) die Designenden von eigenen
Klangwelten, ‹Meta-Instrumenten› und szenischen Kompositionen (vgl. Donner
2022) werden können, wenn das dem individuellen Interesse entspricht. Dies stellt
trotz einiger Widerständigkeit seitens der institutionalisierten Hochkultur (vgl. Maase
2019, 16) einen Demokratisierungsprozess dar. Auch und gerade das ‹Designerin/
Desinger-Werden›, das in unserem Forschungsprojekt in vielen der längerfristig
angelegten MusikmachDing-Explorationen sichtbar wird, impliziert ein aus
praktisch-ästhetischem Reflektieren geborenes «Verstehen des Verstehens»
(Krippendorff, zitiert nach Mareis 2014, 129), das grosses bildungstheoretisches
Potenzial hat. Das Designen eines individuellen Meta-Instruments und das Entwickeln damit zu realisierender Musizierweisen eröffnet nämlich nicht nur implizit
Meta-Perspektiven in Bezug auf mediale Technologien und deren Einsatzmöglichkeiten und Gebrauchsweisen, sondern auch in Bezug auf damit verbundene
mögliche Handlungs- und Ausdrucksmöglichkeiten, die wiederum zu neuen ‹Technologien des Selbst› bzw. zu neuen Subjektivationsweisen führen können. Nicht nur
Lewis (2017), auch Pelleter (2018, 150) betont in MusikmachDing-Kontexten, dass
«ästhetische Praxis etwas Spezifisches weiss über unsere aktuelle Erfahrung in
digitalen Kulturen» und dass «gerade auch deren prinzipiell ‹techno-ästhetisches›
Funktionieren als Erkenntnismomente, mithin als epistemische Praxis, erkannt und
anschlussfähig gemacht werden» muss.
7. Fazit und Ausblick
Mein Vorschlag ist: Hinsichtlich kultureller Bildungsangebote sollte es im ersten
Schritt vor allem um die Unterstützung beim Finden von Ausdrucksmöglichkeiten
gehen, die den eigenen Anliegen entsprechen. Dabei handelt es sich gleichsam um
ein Reflexionsangebot: Was will man machen, wohin will man sich entwickeln, und
wie kann man dies dann vielleicht auch mit medientechnologischer Unterstützung
erreichen? Solches Wissen und solche Erfahrungen wären in Folge übertragbar auf
alle möglichen Bereiche. Pointiert ausgedrückt: Gefragt ist nicht mehr ein mimetisches Nachahmungsparadigma, das in normativer Weise an kulturell hegemonialen
Form- und Gestenrepertoires anknüpft und ein wenig individuelle Umdeutung
142
impliziert; gefragt ist vor allem eine reflexive Form der Kreativität, die dann auch
Nachahmungspraxen enthalten kann bzw. immer schon enthält. Ansonsten läuft
man Gefahr, in normativer Weise lediglich ältere Medienpraktiken und -formate auf
neuere Medien zu übertragen, was aus mediengeschichtlicher Perspektive weder
jemals innovativ noch spannend und von grosser Nachhaltigkeit war.
Die herkömmlichen Gestenrepertoires des Musizierens sind kein Naturgesetz,
sondern Ausdruck spezifischer und historisch gewachsener Sinnlichkeitsregimes
und kultureller Formen. Insofern mögen sie ergänzt und erweitert werden durch
neue Repertoires, die in Bezug auf ästhetische Bildung nicht weniger wert sind, nur
weil sie in hybriden materiell-digitaltechnologischen Kontexten entstehen. Denn
auch dabei handelt es sich um ‹Gesten der Freiheit›, wenn sich in ihnen eigene,
ästhetisch reflektierte Anliegen ausdrücken. Kulturelle Bildung könnte also dabei
behilflich sein, auf verschiedene Gestenrepertoires, auf ihre Differenzen und ihre
jeweils spezifischen Möglichkeitsspektren zu reflektieren. In diesem Fall würde es
sich nicht um eine zersplitterte, sondern um eine integrative Kulturelle Bildung
handeln, die verschiedene Felder künstlerisch-ästhetischer Praxen miteinander ins
Gespräch bringt sowie gegenseitige Wertschätzung und vielleicht sogar gemeinsame hybride Projekte befördert, die den Horizont aller Beteiligten erweitern
würden. Dies wäre eine Basis, die weder tradierte kulturelle Leistungen übergeht
noch die der mediatisierten Gegenwart übersieht und glaubt, sie schlicht in
kulturhistorisch etablierte Schemata integrieren zu können. Lucius Burckhardt
bemerkt in dieser Hinsicht, dass die Umwelt der Menschen zum grössten Teil «aus
organisatorischen und institutionellen Faktoren» besteht (Burckhardt 2012, 55) und
fügt hinzu: «Diese zu verändern ist eine politische Aufgabe» (ebd.). Es geht also
nicht zuletzt um strukturelle Veränderungen, die ihre Räume und ihre Wertschätzung
brauchen, damit sie sich entfalten können. Denn sozialer respektive kultureller
Wandel kann nicht auf die Schnelle verordnet werden. Er muss wachsen können,
und wenn er positiv gestimmt sein und nicht von Ablehnung getragen sein soll,
dürfen seine Protagonistinnen und Protagonisten auch nicht unter prekären
Bedingungen arbeiten und leben müssen.
Als letzten Gedanken möchte ich ein weiteres Credo von Burckhardt erwähnen:
Verbindendes Wissen bleibt auch und gerade in postkanonischen Zeiten unbedingt
notwendig. Gleichwohl stellt Burckhardt bedauernd fest, dass die gestalterischen
Institutionen in polytechnische Schulen und künstlerische Akademien getrennt
seien, was letztlich der bekannten cartesischen Bifurkation der Welt entspreche. Die
einen tendieren als Ingenieure dazu, «saubere Lösungen» zu produzieren, die mit
ihren Ansätzen möglichst universaler Planung und Kontrolle jedoch die soziale
Umwelt verschmutzen (Burckhardt 2012, 343f.). Auch die anderen haben jedoch oft
143
die Tendenz, in Routinehaftigkeit zu erstarren. In beiden Fällen scheint die zu
vermittelnde Wissensbasis oft allzu klar umrissen. Burckhardt bezeichnet diese
institutionell weit verbreitete Haltung als «Versteinerung» oder auch als das
«steinerne Herz» (ebd.). Dessen zwei Lösungen seien
«entweder so zu tun, als ob nichts wäre, und Sicherheit zu verkünden, wo in Wirklichkeit
keine mehr ist. Oder aber: den Zweifel, die Skepsis soweit voranzutreiben, als gäbe es
eine Basis, die es zu säubern gilt, und auf der wir ein neues Gebäude des Wissens
errichten können» (ebd., 347).
Er selbst hingegen betont, dass es eine solche fest umrissene Wissensbasis nicht
mehr gibt. Zentral sei daher für alle Beteiligten, für neues Wissen offen zu sein und
zudem den positiven Umgang mit irreduziblem Nichtwissen zu erlernen. Dies
bezeichnet er in der Abschlussrede vor seiner Emeritierung als das «fleischerne
Herz» (ebd., 347). Und er bittet uns Nachkommende, die schöpferische Ausgestaltung dieses Gedankens weiterzuentwickeln. Seitdem liegt der Ball auf unserem
Spielfeld.
144
III. Digitale Designs und ästhetische Praxis.
Biografische, situative und produktionsorientierte Haltungen junger Menschen im
Umgang mit materiell-digitalen
MusikmachDingen
145
146
Digitale Designs und ästhetische Praxis.
Biografische, situative und produktionsorientierte Haltungen
junger Menschen im Umgang mit materiell-digitalen
MusikmachDingen
Donner, M. & Jörissen, B. (2022): Digitale Designs und ästhetische Praxis. Biografische, situative und produktionsorientierte Haltungen junger Menschen im Umgang
mit materiell-digitalen MusikmachDingen. In: Ahlers, M., Jörissen, B., Donner, M.,
Wernicke, C. (Hg.), MusikmachDinge im Kontext. Forschungszugänge zur Soziomaterialität von Musiktechnologie, Hildesheim/Zürich/New York: Georg Olms Verlag,
S. 231–264.
Abstract
Following core ideas of American pragmatism, we present seven ideal types of
attitudes relating to music-making with digital music technologies. The seven
attitudes can be understood as a heuristic with the objective to develop specified
educational opportunities in the context of the digital transformation to accompany
and support individual and artistic development. They also point to specific potentials of that development. The observations took place within a small longitudinal
study among music interested adolescents and young adults in subproject 1 of the
joint project »Musical Interface Designs: Augmented Creativity and Connectivity«.
Keywords: post-digital culture, music education, arts education, aesthetical practice,
human-machine interaction
1 Einleitung
Verschafft man sich einen Überblick über die musikpädagogische, die musik- und
medien-/kulturwissenschaftliche sowie die designtheoretische Forschung zu Musiktechnologien, so fällt auf, dass offenbar bislang noch keine empirisch fundierte
Längsschnittstudie existiert, die mit komparativem praxeologischem Blick und
biografietheoretischer Sensibilität die Aneignungs- und Gebrauchsweisen von
Musiktechnologien fokussiert. Dabei geht es uns an dieser Stelle zunächst darum,
Grundeinsichten zu diskutieren, die in Bezug auf Kernfragen des Umgangs mit
digitalen Artefakten und Konstellationen, hier insbesondere digitalen »MusikmachDingen« (Ismaiel-Wendt, 2016, S. 3–4) von heuristischem Wert sind, also differenzierende Forschungsfragen anregen können. Dabei wird im Folgenden der Begriff
147
der Haltung in Anknüpfung an den amerikanischen Pragmatismus und dessen
Begriff der attitude im Vordergrund stehen, der sich zuletzt auch im Kontext der
Diskussion um eine Pädagogik der Dinge (Nohl, 2011) wieder als fruchtbar erwiesen
hat. Der komparative differenzierende Blick auf Haltungen und ihre spezifischen
Praktiken wird, so hoffen wir, dazu beitragen können, sowohl universalistisch
formulierte Hoffnungen und Versprechen in Bezug auf Musiktechnologien als auch
allzu kategorisch formulierte Kritik daran zu relativieren. Dabei haben wir einerseits
Forschungszugänge, andererseits aber auch die praktische Frage der Konzeption
von spezifizierten Bildungsangeboten im Bereich der Musik- und Soundpädagogik
im Sinn.
Hinsichtlich des Musizierens mit Musiktechnologien mag es Menschen geben,
deren Motivation sich im Verbund mit musiktechnologischen Setups nachhaltig
verbessert, aber auch welche, bei denen dies nicht der Fall ist. Bei manchen mögen
sich innovative Ideen für partizipative Projekte ergeben, bei anderen nicht. Und
einige können in oberflächlichem App-Konsumismus versinken, während andere im
selben Setting ganz neue Aktivität und Selbstbewusstsein entwickeln. Bei all dem
spielt die jeweilige Haltung in Bezug auf Lebensvorstellungen, Ästhetik und
Technologien eine zentrale Rolle. Solche Haltungen, die aus praktischen
Erfahrungskontexen als der Basis von Subjektivierungsprozessen hervorgehen,
geben eine »Richtung und Tendenz« (Dewey, 1988, S. 104) vor, und bilden mithin
das »Kapital, womit das Subjekt beoachtet, für etwas Sorge trägt, etwas besorgt
und beabsichtigt« (Dewey, 1988, S. 310). Sie sind gleichsam ein Antwortgeschehen
auf Erfahrungen, das sich in pragmatischen Handlungspräferenzen ausdrückt. Nach
Dewey treten sie (mit Verweis auf Peirce) in habits als einer »generic attitude of
response, set up in consequence of experiences with a thing« (Dewey, 1916, 714)
zutage. Wichtig ist in diesem Kontext, dass Dewey dabei nicht von einer bereits
gegebenen apriorischen Unterscheidung von Subjekt und Objekt ausgeht, sondern
nach seinem Konzept der trans-action (Dewey & Bentley, 1949, S. 68, zit. n. Nohl,
2011) immer ein Relationsgefüge in den Blick genommen werden muss, aus dem
Subjekt und Objekt erst in prinzipiell fluide bleibender Weise als spezifisches
Passungsverhältnis (Nohl, 2018a, S. 70) hervorgehen. Die in Folge betrachteten
Haltungen im Kontext von Musiktechnologien sind aufgrund ihrer Interaktivität von
affektiv-responsiven sowie von variablen explorativen Verhaltensmustern geprägt,
die in »konjunktiven Transaktionsräumen« (Nohl, 2014, S. 30) auch zu neuen sich
verstetigenden habits bzw. Haltungen gerinnen können.
Der vorliegende Text will einen Beitrag dazu leisten, diese Haltungen in Bezug auf
das Musizieren mit Musiktechnologien besser einschätzen zu können. Er mag als
Grundlage dienen, spezifizierte Bildungsangebote zu entwickeln und technologiebe-
148
zogene Bildungswege, in denen eigene künstlerisch-(medien-)ästhetische Anliegen
entwickelt werden, in strukturierter Weise zu begleiten. Es werden sieben Haltungen
bezüglich des Musizierens mit Musiktechnologien vorgestellt, die in Teilprojekt 1 des
BMBF-Verbundprojekts »Musikalische Interface Designs: Augmentierte Kreativität
und Konnektivität« (Jörissen, Ahlers, Donner & Wernicke, 2019) rekonstruiert werden
konnten. Die Darstellung der Haltungen erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit,
auch wenn wir annehmen, dass sie das Feld recht gut abbilden.
2 Forschungsprojekt, Datenbasis und Methodologie
Fokus des Forschungsprojekts sind die im Rahmen von Digitalisierungsprozessen
stattfindenden Verschiebungen in Bezug auf die körperlichen, sinnlichen, ästhetischen, sozialen und kulturellen Bedingungen und Formen von ästhetischer Praxis.
Konkret beforscht wird in diesem Kontext die pädagogische Bedeutung von
hybriden, digital-materiellen MusikmachDingen. Das hier vorgestellte Teilprojekt 1
legt den Fokus auf musikinteressierte Jugendliche und junge Erwachsene, während
Teil-projekt 2 professionelle Instrumentalpädagog*innen und professionell
Musizierende fokussiert. Im Rahmen der Studie wurde eine Reihe ausgewählter
MusikmachDinge an Freiwillige aus diesen beiden Gruppen verliehen. Die Aneignungsprozesse und Gebrauchsweisen der Dinge wurden über längere Zeiträume mit
Hilfe von Autovideografien (Abstiens & Hierse, 2017) erfasst und mit weiteren
Datenerhebungen flankiert.
Der ursprünglich geplante Feldzugang war ein Verleih der MusikmachDinge über
kooperierende Musikschulen. Zu diesem Zweck wurden Expert*innen-Workshops
mit Musikschulleitenden aus der Metropolregion Erlangen-Nürnberg durchgeführt.
Trotz des dezidierten Interesses und – teilweise – auch reichlich vorhandener
Vorerfahrung mit elektronischen MusikmachDingen war es den beteiligten Musikschulen aus innerorganisationalen Gründen letztendlich nicht möglich, die kostenlos
zur Verfügung gestellten MusikmachDinge im Rahmen ihrer musikalischen Vermittlungstätigkeiten aufzunehmen. Als primäre Hinderungsgründe lassen sich Fragen
der technischen Kompetenzen von Mitarbeiter*innen (mangelnde digitale Medienbildung), der didaktischen Modelle (Einzelinstrumentalunterricht vs. multiinstrumentales Produktionsparadigma) sowie des projektierten Klientelinteresses an ungewöhnlichen Instrumenten vermuten. Dies alles verweist auf die generell erheblichen
Probleme mit digitaler Innovation in tradierten Formen und Einrichtungen der
Kulturellen Bildung.
Entsprechend musste die Erhebungsstrategie modifiziert werden, und es wurde
mit einer soziokulturellen Jugendeinrichtung in einer süddeutschen Großstadt
149
zusammengearbeitet, bei der sowohl professionelles Vorwissen und didaktische
Erfahrungen als auch eine größere Flexibilität und Technikaffinität (zumindest
partieller) Klientelbereiche vorhanden war. Auf diesem Weg konnten die MusikmachDinge über einen Zeitraum von 26 Monaten in der freien Musikszene und an
interessierte Hobby-Musizierende verliehen werden.
Zentrales Datenmaterial der Studie stellen von den Teilnehmenden eigenhändig
erstellte videografische Selbstdokumentationen (Abstiens & Hierse, 2017; Maleyka,
Oswald, Herma & Corsten, 2018) dar, in denen die Auseinandersetzungen mit den
MusikmachDingen in selbst gewählten Kontexten mit einer actioncam gefilmt wurden. Weitere Teilnahmebedingung war, dass die Teilnehmenden sich bereit erklärten,
an informellen Einzelgesprächen und leitfadengestützten Interviews teilzunehmen.
Auch als Anhaltspunkt für die Autovideografien wurde ein Leitfaden entwickelt, der
jedoch sehr offen gehalten war und neben der Erklärung der Kamerafunktionen vor
allem die Bitte enthielt, bestimmte Phasen der Auseinandersetzung mit den Dingen
festzuhalten. Dokumentiert werden sollte das unboxing – im Anschluss an das
populäre Format auf den von Jugendlichen stark frequentierten Videoplattfomen –,
der Aufbau und die Installation der MusikmachDinge, die erste Session und einigermaßen regelmäßige Folgesessions. Wo und wie all dies zu filmen ist, wurde nicht
genauer spezifiziert, so dass es den Teilnehmenden offen stand, ihre eigenen
Referenzrahmen abzubilden, und entweder alleine, gemeinsam mit anderen, oder
sogar bei öffentlichen Auftritten zu filmen. Ausgewertet wurde auch die Kommunikation via Mail und Messenger sowie Soundcloud-Uploads und YouTube-Links
einiger Teilnehmender, sowie Websites, auf denen Konzerte angekündigt und in
einigen Fällen sogar Tonträger veröffentlicht wurden. Hilfestellungen bei der
Erschließung und Bedienung der Geräte war auf Wunsch jederzeit möglich, wurde
aber selten in Anspruch genommen.
Um eine möglichst große Bandbreite an prinzipiell Interessierten abzudecken,
erfolgte die Akquise der insgesamt 34 Teilnehmenden in einem Feld, das mangels
musikpädagogischer Angebote und elektronischer Klang- und Musikbildung in den
Schulcurricula klassischerweise ein weitgehend informelles und somit autodidaktisches Bildungsfeld darstellt, das vor allem über lose Netzwerke, Influencer-
150
Channels auf YouTube und Online-Foren miteinander verbunden ist.83 Dies verlangte
nach einer diversifizierten Akquise-Strategie. Zum einen bestanden bereits Kontakte
in die freie Musikszene über das Jugendhaus und die frühere Betreuung des
dortigen Tonstudios durch den Projektmitarbeiter (Martin Donner), sowie durch die
dort von ihm abgehaltenen Kurse zu digital-gestütztem Musizieren und Produzieren.
Zum zweiten konnten über den Kontakt zu einem Lehrer, der sich im Bereich
elektronischer Musik engagiert, interessierte Schüler*innen der achten und neunten
Klassenstufe mit gymnasialem oder Realschulhintergrund angesprochen und
gewonnen werden. Und zum Dritten wurde die Teilnahme am Projekt in einer special
interest-Facebook-Gruppe zum Musizieren und Produzieren mit Musiktechnologien
ausgeschrieben. Neben der Einbeziehung von soziodemografischen Faktoren
(familiärer Hintergrund, Migrationsgeschichte usw.) wurde bei der Auswahl auch auf
ein möglichst ausgewogenes Geschlechterverhältnis geachtet. Dies machte es
erforderlich, das maximale Teilnahmealter von 23 auf 25 Jahre anzuheben (Mindestalter war 13), um über die Datenbank eines regionalen Popbüros weitere Teilnehmerinnen im Alter von über 20 Jahren akquirieren zu können. Das Sample
enthält zudem eine kleine (Maximal-)Kontrastgruppe zweier erwachsener nichtprofessionell Musizie-render männlichen und weiblichen Geschlechts mit jeweils
über 40 Jahren.
Bezüglich des Verleihs der MusikmachDinge richteten wir uns so flexibel wie
möglich nach den Interessen der Teilnehmenden, die eine Liste mit Weblinks zu den
verfügbaren MusikmachDingen erhielten und ihre Wünsche und Prioritäten anmelden konnten. Übergeben wurden die Geräte an individuell zu vereinbarenden
Terminen im kooperierenden Jugendhaus. Die Dauer des Verleihs richtete sich,
wenn möglich, ebenfalls nach den Wünschen der Teilnehmenden. Sie betrug von
einigen Wochen bis hin zu über einem Jahr, so dass in jedem Fall genug Zeit zur
Exploration und gegebenenfalls auch zur Entwicklung längerer Projektvorhaben
bestand. Dabei wurde den Teilnehmenden nahegelegt, im Studienverlauf
MusikmachDinge aus drei zuvor festgelegten Kategorien auszuleihen (von Dingen,
deren Bedienlogik nah an herkömmlicher instrumentaler Praxis liegt bis hin zu
Dingen, die dem Loop-Paradigma folgen und über kein herkömmlich instrumentales
83
Vgl. etwa https://www.youtube.com/c/sonicstate, https://gearspace.com, https://
www.reddit.com/r/EDM/. Keuchel und Riske (2020, S. 84 ff.) vermuten, dass für den in
Deutschland verhältnismäßig geringen Anteil digitaler Kreativpraktiken bei gleichzeitig
ansteigenden kreativen Tätigkeiten in den Jugendkulturen der Mangel »an kulturellen
Bildungsangeboten, die Jugendliche entsprechend zu digitaler künstlerischer Expressivität und digitalen künstlerischen Praktiken anleiten« (Keuchel & Riske, 2020, S. 88)
verantwortlich ist.
151
Interface verfügen), um so die jeweiligen Passungen beobachten zu können. Dies
wurde jedoch nicht in jedem Fall angenommen und dann auch nicht zwingend
eingefordert.
Insgesamt wurden von den Teilnehmenden 416 Videos mit einer Gesamtlänge
von knapp 66 Stunden abgegeben, die alle in die Auswertung einbezogen wurden.
Fünf Teilnehmende sind ohne eine Abgabe von Filmen wieder aus dem Projekt
ausgeschieden. Die Datenauswertung erfolgte im Stil der reflexiven Grounded
Theory (Breuer, Buckel & Dierks, 2019). Dies lag nahe, da es einerseits um die
Erschließung eines in dieser Art neuen empirischen Feldes ging, andererseits unsere
eigene forschende Auseinandersetzung im Rahmen der Artefakt-Strukturanalysen
unvermeidlich auch autoethnografischen Charakter annimmt – schließlich lassen
sich diese Geräte nur dann explorieren, wenn man sie (wie auch immer versiert oder
aber laien-)künstlerisch anwendet, d. h. sich selbst im Rahmen des Forschungsprozesses als Kreativsubjekt einbringt. Zum anderen erlaubte es auch, die zwölf
verliehenen MusikmachDing-Sets, zu denen auch die nötigen Kabel, Lautsprecher
und gegebenenfalls Laptops und Tablets gehörten, unter Einbezug von medien-,
kultur- und designtheoretischen Perspektiven in diesem Stil zu untersuchen (Donner,
2020). Die Videoauswertung selbst erfolgte mit Hilfe von MaxQDA und wurde neben
den Perspektiven der Grounded Theory (Schubert, 2006; Dietrich & Mey, 2018)
ergänzt mit Ideen aus der Videografischen Rahmenanalyse (Fink, 2014) und der
situational analysis (Clarke, Friese & Washburn, 2017).
3 Digitale Designs im Kontext unterschiedlicher musik- und
soundbezogener Haltungen
Die im Folgenden beschrieben Haltungen sind als Idealtypen zu verstehen, die aus
der rekonstruktiven Analyse erschlossen werden, aber nicht unbedingt in Reinform
bei einzelnen Studienteilnehmer*innen vorfindbar sind. Sie entstehen aus der
Beobachtung und vergleichenden Analyse (videographierter) situativer Auseinandersetzungen mit den MusikmachDingen und den qua Design in diese eingeschriebenen ästhetischen, konzeptionellen und praktischen Wissensbestände (Jörissen,
2015a) bzw. aus ihrem Quasihabitus (Schäffer, 2013, S. 72). Insofern die Exposition
mit den zumeist vormals unbekannten Dingen – oder sogar unbekannten Klassen
von Dingen – selbst Erfahrungs- und Lernprozesse anregt (im Gebrauch einfordert),
spielen Haltungsänderungen im Rahmen der Auseinandersetzung mit den MusikmachDingen und der Exploration von neuen Praktiken in unseren Beobachtungen
eine große Rolle.
152
Um bei der gegebenen Fülle des Videomaterials den Rahmen nicht zu sprengen,
beschränken wir uns nachfolgend auf eine aggregierende Darstellungsweise, die auf
das Spezifische der jeweiligen Haltung fokussiert, dabei aber auch immer wieder
auf Sequenzen aus den Videos verweist. In der Gesamtschau lassen sich drei übergeordnete Orientierungslagen erkennen, denen schwerpunktmäßig unterschiedliche
temporale Ordnungen und Konstruktionen zugrunde liegen: Wir unterscheiden
zwischen (1) biografisch zentrierten, (2) situativ-emergenten und (3) produktionsprozess-orientierten Orientierungen, die sich in entsprechenden Praktiken artikulieren (Alkemeyer, Buschmann & Michaeler, 2015, S. 27 ff). Die erste Orientierungslage verbindet die ästhetische Praxis mit biografischen Projekten und subjektiven
Bedeutsamkeiten, die sich auf die gesamte Lebensspanne beziehen. Die zweite
entfaltet demgegenüber keinen bewusst langen Zeithorizont, sondern ist situativ
und spontan (Nohl, 2006). Bei der dritten steht die Pragmatik zeitlich abgegrenzter
und zielorientierter Produktionsprozesse im Vordergrund.
3.1 Biografisch zentrierte Haltungen
3.1.1 Üben und Besserwerden im Lebensverlauf: Die handwerklich orientierte
biografische Haltung
Der handwerklich-orientierte Haltungstypus, dem drei weibliche und zwei männliche
Teilnehmende im Alter von 14–23 Jahren nahestehen, entspricht am ehesten dem,
was gemeinhin unter Musizieren im Sinne der Ausbildung eines herkömmlichen
instrumentalen Habitus verstanden wird. Der Referenzrahmen ist (typischerweise) in
Musikschulkontexten erlerntes Instrumental- und Musizierwissen, mit dem die
geliehenen MusikmachDinge, die von ihrer Metaphorik her meist der Gattung des
eigenen Instruments entsprechen, stets verglichen werden. Dabei mögen sie zwar
etwas anders sein als erwartet, »aber es geht schon in die Richtung« (T13).84 Die
entwickelte Spielpraxis besteht vor allem zu Anfang vorrangig aus dem Versuch
eines Transfers des bereits erworbenen Musizierwissens auf die MusikmachDinge,
wobei sowohl positiv als auch negativ empfundene Befremdungseffekte auftreten,
die sich auf Aspekte der Klanglichkeit, der Sensorik, der Spielweise, der Verlässlichkeit bzw. Pragmatik und der technischen Komplexität beziehen können.
Wenn an der Klanglichkeit Kritik geübt wird, so vor allem an Imitationen von
Instrumentenklängen, denn »das hört sich ’n bisschen unnatürlich an« (T13, ähnlich
84
Die Zitate stammen von den Projektteilnehmenden und sind mit ihrer Teilnehmer*innenKennung versehen. Sie sind mehrheitlich den Autovideografien entnommen.
153
äußerte sich auch T32). Synthetisch erzeugte oder gesampelte Instrumentenklänge
werden nicht selten als ein »bisschen komisch« empfunden oder eben nicht wie ein
»wirkliches« Instrument (T13). Dies muss jedoch nicht prinzipiell negativ sein, denn
es wird durchaus auch der »tolle Sound« (T13) von ungewohnten Klängen exploriert,
an denen Gefallen gefunden wird, und die auf dem eigenen Instrument so nicht
erzeugt werden könnten. Diese Ambivalenz, in der sich sowohl eine Offenheit und
Neugier als auch ein deutliches Verhaftet-Sein in der Welt des Bekannten und
Gewohnten ausdrückt, in dem man sich sicher fühlt, spiegelt sich auch in der
Einschätzung von ungewohnten Spieloberflächen wider. So wird die Sensorik der
Dinge bemängelt, wenn sie keine erwartbaren und verlässlich reproduzierbaren
Ergebnisse zu ermöglichen scheint. An anderer Stelle wird dieselbe Sensorik aber
auch »sehr cool« (T13, T32) gefunden, etwa weil die Töne auf einer Silikon-Klaviatur,
die sich eindrücken und wischen lässt, »so dreidimensional aufgebaut« (T32) sind. In
den Blick genommen wird vor allem die Pragmatik des instrumentalen Spiels, was
auch ein Abschätzen der Verlässlichkeit eines MusikmachDings in Live-Situationen
umfassen kann. Es geht in erster Linie darum, etwas in reproduzierbarer Weise
aufführen zu können, da sich damit ein Gefühl der Sicherheit verbindet, das
gewissermaßen die Lust aufs Ausprobieren von Neuem kontrastiert.
Können meint bei alldem vor allem geübt haben und reproduzieren können. Das
Thema des Übens taucht immer wieder sehr dominant auf. So braucht man »natürlich viel Übung« und »so richtig zum Üben bin ich noch nicht gekommen« (T13).
Daher sei man zwar »noch ’n bisschen ungeübt aber das wird schon irgendwann
klappen«. Man müsse »mal gucken, was ich als nächstes üben werde«, denn »dass
das so richtig gut klingt, muss man das schon wirklich täglich üben und dann
braucht man glaub noch Unterricht und Tipps« (T16) – außer man wäre »ganz schön
talentiert« (T13). Die Strategie des Lernens durch Üben wird (im Gegensatz zu
einigen anderen Haltungen) auch auf die technologischen Kompetenzen übertragen,
welche die Dinge einfordern. Und sie verbindet sich immer wieder eng mit der
Vorstellung, etwas »falsch« (T13) zu machen, etwas »falsch verstanden« und eigentlich »keine Ahnung« (T13, T32) zu haben, obwohl man vielleicht zu ganz beachtlichen Ergebnissen kommt. Bei all dem schwingt implizit auch ein kompetitives
Denkmuster mit, das die eigenen Vermögen beständig mit der Vorstellung einer
noch unbekannten bzw. unerreichten Professionalität kontrastiert: Können heißt
über einen langen Zeitraum geübt bzw. gearbeitet zu haben, um dann professionell
zu beherrschen, wobei man sich selbst gedanklich stets auf einer Skala dieser
Professionalität einordnet. Können entsteht nicht situativ oder aus der eigenen
Auseinandersetzung mit etwas, sondern muss gleichsam von Professionellen angeleitet und beglaubigt werden.
154
Es liegt nahe zu vermuten, dass sich darin die »handwerkliche Diskurslogik« (Krebs,
2021, S. 225) bzw. der handwerkliche Typus von Musiklehrkräften widerspiegelt, auf
den Wernicke und Ahlers in diesem Band hinweisen. Damit einher geht in unserem
Sample im schlechtesten Fall eine Blockade, da man sich nicht zutraut,
eigenständige Zugangsweisen und Ideen zu entwickeln, und nicht selten Angst hat,
etwas »kaputt« (T13) zu machen. Positiv auswirken kann sich hingegen die
beharrliche und gewissenhaft-aufmerksame Herangehensweise ans Musizieren, die
mit einer ausgebildeten Selbstaufmerksamkeit einhergeht, welche sich auch auf den
Umgang mit den Technologien übertragen kann. Dies kann schließlich zu sehr
produktiven, aus der Verunsicherung geborenen Momenten der Reflexion in Bezug
auf das eigene Wissen und Können führen, das in Folge anders eingeschätzt und
»weiterentwickelt« werden kann, wie sich ein Teilnehmer ausdrückt, nachdem ihm
Probleme bei seinen Kompositionsversuchen aufgefallen sind: »Ich weiß jetzt, was
das Problem ist bei meinen Sachen. Da war viel zu viel drin [...], dadurch hat sich
das einfach nich’ mehr gut angehört. [...] Irgendwie fällt mir das nicht so leicht, wie
ich gedacht hab« (T13). Und das liege nicht etwa an der Technologie, sondern an
ihm selbst. Der schlichte Übertrag erlernten spieltechnischen Wissens »mit Ghostnotes und so«, auf deren Beherrschung man stolz ist, funktioniert eben auf der
Kompositionsebene oder auf einer dafür nicht geeigneten Spieloberfläche nicht
unbedingt.
Im Hinblick auf pädagogisch-pragmatische Anschlüsse wäre für die Teilnehmenden mit dieser Haltung eine Ermutigung oder Anleitung zu einem offeneren Musiziermodus und -verständnis hilfreich, das die ästhetischen Momente selbst gegenüber
erworbenen spieltechnischen Sedimentierungen ästhetischer Formen stärker
betont. Ein solcher Modus würde nicht nur die Wahrnehmung für übergeordnete
musikalische Zusammenhänge über das eigene Instrument hinaus schulen, sondern
er würde auch in die Lage versetzen, sich besser auf die jeweiligen MusikmachDinge einlassen zu können. Denn auch wenn in dieser Haltung eher kein solcher
Musiziermodus vorhanden ist, so existiert hinsichtlich der Klänge und der Möglichkeiten von MusikmachDingen mit adäquater Spielsensorik doch oft eine gewisse
Faszination, auch wenn sie zeitlich mit den Übeanforderungen des eigenen
Instruments konkurrieren und es auf keinen Fall ersetzen.
3.1.2 Spüren, Fühlen, Affiziert-Werden als musikalisch-sonisches
Lebensthema: Die emotional-gefühlsorientierte biografische Haltung
Die emotional-gefühlsorientierte Haltung, die bei drei Teilnehmerinnen im Alter von
20–24 Jahren im Vordergrund steht, zeichnet sich durch eine sehr emotionale Beziehung zur Musik und zum Musizieren aus. Sie spielen in der eigenen Lebensplanung
155
eine entscheidende Rolle, auch wenn erkannt wurde, dass das eigene spieltechnische Können (und Können-Wollen) vielleicht nicht ausreicht für den Status einer
professionellen Instrumentalistin. Dies liegt nicht unbedingt an mangelnder
Begabung oder Ernsthaftigkeit, sondern eher am spezifischen Zugang zur Musik,
der nicht zentral auf einen spieltechnisch orientierten Leistungsgedanken abstellt,
sondern eher die persönliche Emotionalität betont: Gefühle und emotionale Qualitäten werden jedem kompetitiven Leistungsgedanken vorgeordnet. Alle drei Teilnehmerinnen haben im weitesten Sinne einen Singer-Songwriter-Ansatz und singen
neben ihren teilweise autodidaktisch erlernten Instrumenten in Bands. Und alle drei
haben bezüglich ihres Ausbildungswegs eine wegweisende Entscheidung für die
Musik getroffen, sei dies nun im Sinne der Aufgabe eines Studiums, um sich besser
der Bandtätigkeit widmen zu können, oder auch im Sinne der Entscheidung für ein
Studium der Musikwissenschaft, obwohl dies dem eigenen Gefühl nach eigentlich
»etwas zu theoretisch« (T31) ist. Doch immerhin ermöglicht es, dass die Musik ein
bestimmendes Lebensthema bleibt.
Der vorhandenen Multiinstrumentalität und Offenheit entsprechend wird neugierig
und interessiert an die MusikmachDinge herangetreten, auch wenn ein technologischer Zugang zur Musik zuvor noch nie ein Thema war und der Selbsteinschätzung
nach angenommen wird, über keine besondere technische Begabung zu verfügen.
Die erste Annäherung erfolgt über ein vorsichtiges haptisches (Ein-)Fühlen, und
wenn etwas nicht funktioniert, wird dies erst einmal auf eigenes Unvermögen
zurückgeführt. So will z. B. ein geliehenes und schlicht abgestürztes Device »nicht
annehmen, wie ich es berühre«, und »wenn ich ganz sanft darüber fahre, erkennt es
mich nicht« (T02). Solches Missverstehen wird jedoch bald mit Humor und Selbstironie genommen, denn man hat schließlich noch nie mit avancierteren Musiktechnologien zu tun gehabt und die Dinge sind alle »sehr crazy« (T05, T31). Grundlegende Kritik an den MusikmachDingen wird nicht geäußert. Stattdessen wird immer
wieder gelacht, wenn etwas gefällt oder man verstanden hat, wie etwas funktioniert.
Die Dinge werden prinzipiell nicht so kritisch taxiert, wie es in der handwerklich
orientierten Haltung der Fall ist, sondern es werden eher lobend ihre Möglichkeiten
referiert, selbst wenn sie sich vielleicht gar nicht immer realisieren lassen wie vorgestellt.
Als sehr hilfreich für die Erschließung der Dinge scheint sich die vorhandene
autodidaktische Veranlagung zu erweisen, die auch beim eigenen musizieren Lernen
kultiviert wird, da sie mit sehr viel Geduld beim Lösen von Problemen aller Art einher
geht. So erzählt eine Teilnehmerin, dass sie unbedingt Klavier spielen lernen wollte,
was auf autodidaktische Weise »ein steiniger Weg« war. Aber vermutlich müsse man
»das mit den elektronischen Dingen genauso machen, wenn man die Muße hat und
156
das will« (T02). Alle drei Teilnehmerinnen wollen aus eigenem Antrieb heraus verstehen, auch wenn die Technologie nur soweit durchdrungen wird, wie es für ihre
Testvorhaben notwendig ist. Zentral ist nicht das Verstehen um seiner selbst Willen
und auch nicht das Reproduzieren-Können von Spielweisen oder Ideen, die man
aus anderen Kontexten überträgt, sondern das Erreichen eines Kenntnisstands, der
es erlaubt, eigene Ideen zu entwickeln, ohne damit gleich einen Perfektionsanspruch zu verbinden. Ein eingespielter Loop ist vielleicht noch etwas »arhythmisch,
aber eine erste Idee« (T02), – Grund genug, um positiv gestimmt zu sein. Das
Musizieren selbst zeichnet sich durch eine entspannte Versunkenheit aus, die sich
deutlich von der handwerklich orientierten Haltung unterscheidet, wo der Blick nicht
selten angespannt in die Ferne schweift und bei der Reproduktion erlernter Patterns
zum Teil exzessiv auf den Lippen gekaut wird. Hier ist dagegen vor allem wichtig,
dass sich etwas gut anfühlt und man Spaß dabei hat, wobei dies nach eigenen
Aussagen auch bedeuten kann, dass man in einem Zustand musischer Melancholie
ist. Stress ist dem Musizieren jedenfalls nicht förderlich, denn »Kreativsein ist bei mir
schwierig, wenn ich so unter Druck stehe« (T02).
Da neben Bandmusik auch elektronischere Musikstile wie Hip-Hop und House
wertgeschätzt werden, leihen die Teilnehmerinnen zum Teil auch MusikmachDinge
aus, die dem Loop-Paradigma folgen. Dies ist zwar zuerst etwas »enttäuschen-der«
(T31), weil es mehr technisches Vorverständnis bzw. einen tieferen Blick in die
Bedienungsanleitung einfordert, aber auf den zweiten Blick können diese Dinge
sogar begeisterter angenommen werden als hochsensible instrumentartige Interfaces, bei denen man sich unter Umständen »nicht so ganz vorstellen« kann, »wie
man das sauber spielen soll, ohne dabei aus Versehen andere Knöpfe anzutatschen« (T31). Auch das Komponieren eigener Loops macht schließlich »sehr
Bock« und man ist sich zwar »superunsicher«, ob man »dieses Programm, äh, diese
Groovebox überhaupt durchschaut, aber I try« (T31). Auch hier spiegelt sich wieder
das allgemeine Interesse fürs Musizieren, das nicht auf ein bestimmtes Instrument
festgelegt ist. Manchmal wird sogar explizit eine Instrumentengruppe ausgeliehen,
die nach eigenen Aussagen nicht so gut beherrscht wird, um sie sich im Verlauf der
Studie besser anzueignen. Da man beim Musizieren jedoch vor allem dem eigenen
Gefühl folgen will, kann der disziplinierende Ablauf von notwendigen ArbeitsschrittFolgen bei algorithmisch gesteuerten Dingen wie einer App mit Loop-Funktionalität
zu Akzeptanzproblemen führen. Ein starrer vorgegebener Rahmen im Sinne eines
»jetzt mach so und dann mach so« (T02) wird als störend empfunden. Darin klingt
zugleich ein gewisser Unmittelbarkeitswunsch bezüglich der musikalischen
Ausdrucksmöglichkeiten an. Komplexere technische workarounds werden dementsprechend auch nicht ersonnen, und die Erwartungshaltung an die Musikmach-
157
Dinge beschränkt sich auf die Verwendungsweisen, die aus Produktwerbungen und
YouTube-Filmen bekannt sind. Gleichwohl hätten die Teilnehmerinnen gut die Hälfte
der geliehenen Dinge gerne behalten, wenn sie sie nicht wieder hätten abgeben
müssen.
3.1.3 MusikmachDinge als relationales Moment im künstlerischen Lebensweg:
die Kunstprojekt-orientierte Haltung
Wenn wir von »künstlerisch orientierter« Haltung sprechen, verstehen wir darunter
eine auf Kunst und dabei nicht notwendig auf Musik zentrierte Perspektive von
Teilnehmenden. Dass Musik künstlerisch ist und in vielen Fällen auch mit dem
Geltungsanspruch von Kunst zu versehen ist, spielt hierbei eine große Rolle. Bei
dieser Haltung wird Musik jedoch weniger als die Kunstform verstanden, sondern
als Moment von Kunst bzw. künstlerischen Werken, Prozessen oder Praxen
betrachtet, die oft auch andere, z. B. visuelle Artikulationsformen gleichwertig
einbeziehen oder sogar verschmelzen (sodass die Grenzen zu anderen Kunstformen
verfließen). Eine solche Ausrichtung sehen wir bei einem Teilnehmer und vier Teilnehmerinnen zwischen 22 und 25 Jahren sowie einer Teilnehmerin aus der Kontrollgruppe dominieren. MusikmachDinge werden gleichwohl mit großer Ernsthaftigkeit
und starkem Hang zur Realisierung von konkreten Projekten und ihrer Veröffentlichung angeeignet. Für die jeweils entwickelten Formate ist eine herkömmliche
Instrumentalausbildung jedoch nicht unbedingt notwendig, da sich das Spektrum
zwischen elektronischen Musikrichtungen und Klang- bzw. Multimedia-Installationen bewegt. So geht es nicht unbedingt nur um »das Genre Musik«, sondern
allgemeiner betrachtet »um das Genre Kunst« (T33). Insofern führen die in diesem
Sinne übergreifend künstlerisch Orientierten nicht selten fort, was in den frühen
medienkünstlerischen Kontexten der 1960er Jahre begann (Donner, 2021, S. 184 ff)
und gegenwärtig als »Entgrenzung der Künste« diskutiert wird (Meyer, Dick, Moormann & Ziegenbein, 2016). Alle Teilnehmenden mit dieser Haltung haben einen
Kunsthochschul- und/oder Theaterhintergrund und zeichnen sich durch große
Umtriebigkeit und Produktivität aus, wobei nicht wenige der Biografien schon in
jungen Jahren Brüche in Ausbildungsverhältnissen, Lebensumständen und Tätigkeitsfeldern aufweisen. Von ihrem Lebensstil her könnte man die Teilnehmenden mit
dieser Haltung auch als post-digitale (Cramer, 2013) Künstler*innen-Bohème
bezeichnen, die keinen Unterschied mehr zwischen Hochkulturen und Subkulturen
macht und keine Scheu vor experimentellen künstlerischen Konstellationen und
Grenzgängen aller Art hat.
Musikalisches und musikinstrumentales Wissen ist mal mehr und mal weniger
vorhanden und auch hier durch einen stark autodidaktischen Zug geprägt.
158
Bevorzugt werden ohnehin meist MusikmachDinge, die nicht zu nah an InstrumentMetaphern (Wernicke, 2021) anknüpfen, da diese – etwa im Vergleich zu MusikmachDingen, die dem Loop-Paradigma folgen – »ein bisschen eingeschränkt« (T08)
seien bzw. einen zu engen Raum an Einsatzweisen für die eigenen konzeptionell
motivierten künstlerischen Anliegen vorgeben. Kreativität bezieht sich hier nicht
gleich auf eine musikalische Werkebene, sondern in allgemeinerer Weise zunächst
erst einmal auf die zu entwickelnde (Kunst)Form und ihr Format. Gesucht wird dabei
eine Passung mit den MusikmachDingen, die stets als Teil einer umfassenderen
(Medien-)Ökologie (Fuller, 2005; Hörl, 2016) betrachtet werden, in die auch das
künstlerische Selbst selbst als Teil des relationalen Akteur*innen-Gefüges
eingelassen ist. Perspektivisch wichtig ist, dass es nicht um eine für sich stehende
Exploration der geliehenen MusikmachDinge geht, sondern dass sie »mehr in
Symbiose mit anderen Sachen« (T03) stehen. Insofern steht am Beginn von
konkreten Projekten und ihrer musikalischen oder klanglichen Realisierung vorerst
eine Art künstlerischer Meta-Arbeit: Im Rahmen der Suche nach einer spezifischen
Passung geht es um das Entwickeln eines »Setups« (T01) oder auch eines »Livesets« (T01; T03), in das alle möglichen (Musik-)Medien und Instrumente eingelassen
sein können, und das sich die Teilnehmenden selbst designen.85 Erst im Kontext
dieses Gestaltungsprozesses bildet sich eine spezifische Instrumentalität (Hardjowirogo, 2017; Peters, 2017) der entwickelten (Medien-)Ökologie bzw. ihrer Akteur*
innen-Gefüge heraus. Der Konzeptionsprozess kann jedoch durchaus auch zu dem
Schluss führen, dass ein taschenrechnerartiges MusikmachDing völlig ausreicht für
die eigenen Projekte.
Der konzeptionellen Herangehensweise entsprechend ist über den Verlauf eines
Verleihs häufig eine Exploration der Dinge in ganz verschieden Setups und
Passungen mit zum Teil mehrfachen Brüchen in den getesteten Nutzungsweisen zu
beobachten. Dies kann von tentativem instrumentalem Einsatz über Collagen-artige
Kompositionen bis hin zur Entwicklung einer Multimedia-Installation reichen. Mit
experimentellem Gestus wird so lange gesucht und (weiter-)entwickelt, bis ein Gefüge gefunden ist, das sich stimmig anfühlt und als tragfähige Basis für ein dann
erst zu konkretisierendes Projekt erscheint. Da man sich für ästhetische und philosophische Fragen ebenso interessiert wie für naturwissenschaftliche, pragmatische
und technische, gilt es gleichsam einen Ort zu finden und in Folge performativ zu
inszenieren, den das Selbst in einer solchen postmodernen und post-digitalen
gedanklichen Gemengelage einnehmen kann. Und deutet sich eine als spannend
empfundene Passung an, so kann sie mit sehr viel Geduld und Zeitaufwand in
einem häufig niemals ganz abzuschließenden Prozess detailliert ausgearbeitet
85
Zum Designer*in werden der Teilnehmenden vgl. Donner, in Vorbereitung.
159
werden (Donner, in Vorbereitung). Findet sich jedoch keine, so wissen die Teilnehmenden, dass sie mit den geliehenen Dingen nichts anfangen können und
geben sie zurück. Im Gegensatz zur handwerklichen und zur emotional-gefühlsorientierten Haltung werden hier insbesondere auch Ding-Affordanzen exploriert, die
weniger offensichtlich sind. So werden zum Teil workarounds ersonnen, die man
auch als hack bezeichnen könnte. Und im Rahmen von solch intensiven
Auseinandersetzungen kann schließlich ein ganz neues, quasi-professionelles
Selbstbild in Bezug auf den Umgang mit Medientechnologien entstehen. So
bemerkt etwa ein Teilnehmer am Ende der Studie, er wisse nun, dass er mit dem
geliehenen Ding viel mehr machen könne, als er bislang verstanden habe und dass
er anfangs einfach »noch nicht so in dem Ganzen drin war, dass ich so weit denken
konnte, dass ich das an mich heranlasse« (T01).
Bei explizit musikalischen Projekten ist der hands-on-Charakter der Dinge sehr
wichtig. Haptische Bedienmöglichkeiten spielen eine zentrale Rolle, wenn etwa in
Auftrittssituationen mehrere Geräte (vielleicht sogar im Verbund mit traditionellen
Instrumenten) gleichzeitig bedient und in Echtzeit bestimmte Aufgaben an Maschinen delegieren werden sollen. In solchen Fällen werden meist Dinge bevorzugt, die
keine Interaktion mit Laptops oder grafischen Repräsentationen auf einem
Bildschirm einfordern. Handelt es sich hingegen um Musik-, Installations- und Multimedia-Produktionskontexte respektive Aufnahmen, werden Bildschirm-gestützte
Lösungen bevorzugt. Die Frage der Klangqualität wird dabei in zweifacher Hinsicht
thematisch. Auf der einen Seite werden die preset-Sounds der Geräte lieber abgeändert oder gar nicht erst verwendet außer vielleicht als nebensächliche Effekte; das
Kompositionsanliegen erstreckt sich gewissermaßen bis auf die KlangsyntheseEbene. Auf der anderen Seite geht es jedoch auch nicht vorrangig um eine
möglichst perfekte und ›saubere‹ Klangästhetik, der alle Gestaltungsabläufe
untergeordnet würden. Im Zentrum stehen vielmehr produktionsästhetische Überlegungen, die ganz ähnlich wie bei klassischen Bandaufnahmen auf das Dokumentieren einer in diesem Fall interaktiven Aufführungssituation oder Jamsession
abzielen, und die ruhig Spuren dieser konkreten Situation im Sinne von Unreinheiten
enthalten dürfen. Technologie wird schließlich als Ko-Akteurin betrachtet, die weder
immer einwandfrei und steril funktioniert, noch eine bloße Nebensächlichkeit oder
ein reines Werkzeug darstellt. Gerade dies macht sie zu einer wesentlichen Inspirationsquelle. Im Gegensatz zum Musizieren und Komponieren mit einer DAW ist es
dann beispielsweise gerade »dieses Spontane, dieses Randome, worüber ich keine
Kontrolle habe, was mich inspiriert, das zu machen«, denn »für mich kommt die Idee
aus dem Gerät« (T01).
160
Die Teilnehmergruppe mit dieser Haltung war eine der produktivsten und tat sich
teilweise schwer, die geschätzten MusikmachDinge wieder abzugeben. Die Auseinandersetzung mit ihnen führte neben verschiedenen Auftritten zur Veröffentlichung
von drei Tonträgern, einer öffentlich zugänglichen Multimedia-Installation und einer
erfolgreichen Crowdfunding-Kampagne zum Finanzieren jener Geräte, die wieder
abgegeben werden mussten, aber auf die man nicht mehr verzichten wollte. Die
digitalen Geräte bzw. die von ihnen bereitgestellten ästhetischen Möglichkeiten
schreiben sich somit über den konkreten künstlerischen Projektzusammenhang
hinaus in den biografischen Verlauf eines relationalen künstlerischen Selbst und
Selbstverständnisses ein.
3.2 Situativ-emergente Haltungen
3.2.1 Spielerisches Erkunden und Affiziert-Werden: Die ästhetischexperientielle Haltung
Eine ästhetisch-experientielle Haltung steht bei einer Teilnehmerin und vier
Teilnehmern im Alter von 13–22 Jahren deutlich im Vordergrund. Wie in der
handwerklich orientierten Haltung sind in einigen Fällen in der Musikschule erworbene Instrumentalkenntnisse vorhanden, doch hier überwiegt deutlich eine offen
spielerisch und ästhetisch-explorative Herangehensweise bezüglich der MusikmachDinge. Zwar werden instrumentale Vorkenntnisse auch hier übertragen und die
Instrumentalerfahrungen werden mit den MusikmachDing-Erfahrungen verglichen,
doch nicht in einer abschätzend-taxierenden Weise, die das eigene Instrument zum
Maß aller Dinge erhebt. Das Herangehen erfolgt vielmehr mit einem offenen und
wertfrei(er)en Blick für Differenzen, durch den für spannend gehaltene und
unbekannte Vermögen der MusikmachDinge positiv in den Vordergrund treten
können. Kurz: Der Gestus ist nicht der von Kritisierenden, sondern der von
spielerisch-erkundenden Neugierigen auf der Suche nach neuen Eindrücken,
Erfahrungen und Horizonten. Hier wird nicht geübt, um etwas zu reproduzieren,
sondern aisthetisch-ästhetisch exploriert und experimentiert, wobei vorhandenes
musikalisches Wissen natürlich hilfreich sein kann und zurate gezogen wird. Im
Unterschied zur emotional-gefühlsorientierten Haltung geht es hierbei aber
(zumindest vorerst noch) nicht um einen ästhetisch-emotional mit dem Musizieren
bzw. mit der Musik verbundenen Lebensweg.
Bis auf einen Teilnehmer sind alle Teilnehmenden mit dieser Haltung minderjährig
und befinden sich in der Pubertät, d. h., sie sind in einem Lebensabschnitt, in dem
man in der Regel auf neue Weise ästhetisch zu experimentieren beginnt. Sie begin161
nen ihr eigenes Stilempfinden und ihren Musikgeschmack auszubilden und suchen
selbständig und explorativ nach erweiterten Erfahrungs- und Ausdrucksmöglichkeiten. Dabei spielen alle Sinne eine Rolle. Entsprechend werden die MusikmachDinge nicht nur haptisch und bezüglich neuer akustischer Möglichkeiten erkundet,
sondern auch ihr optisches Design ist wichtig. So sind die Dinge etwa »schön
gemacht« und sehen toll aus »mit den ganzen Farben« und leuchtenden Knöpfen.
Eine Silikon-Oberfläche fühlt sich »richtig weich an«, »man kann da richtig
reindrücken« und es ist »voll lustig, dass man die Töne so verschieben kann«, wenn
man auf ihr herumwischt, »das hört sich irgendwie an wie so’n Laserschwert, wie
so’n Laserstrahl« (T21). Je mehr preset-Klänge verschiedener Stilrichtungen ein
Gerät an Bord hat, desto besser. Auch von Werk aus gespeicherte Demo-Songs, die
verschiedene Musikstile repräsentieren, werden zum Einstieg gerne genutzt: »Das
hat mir am Anfang am meisten Spaß gemacht, einfach so’n Beat [von einer
Groovebox] zu nehmen und dann wie ’n DJ« mit den Modulationsreglern am Gerät
Frequenzen zu filtern, um »so’n Drop oder so was zu machen. [...] Ich find das is’
auch nötig, dass man ein gewisses Gefühl hat für das Ganze« und »als Einsteiger is’
es eigentlich ziemlich gut zum Reinkommen« (T17).
Auch auf bereits erfahrenere Instrumentalist*innen mit ästhetisch experientieller
Haltung üben elektronische Klänge, wie man sie täglich in kontemporärer Popmusik
hört, eine starke Faszinationskraft aus. Sie werden gern ausgiebig und auch in
extremen Lagen exploriert. Manche sind zwar »so Techno-mäßig« und »mit so was
kann ich dann irgendwie doch nicht so viel anfangen, aber klar probiert man’s aus«.
Denn schließlich macht es »sehr viel Spaß, einfach so ausgedachte Melodien zu
spielen und [...] die Musikrichtungen, die dann kommen, das find ich echt cool, vor
allem, es gibt so viele verschiedene!« (T21) Bei bekannten Orchesterklängen ist man
sich zwar nicht immer sicher – »das ist Oboe?« – aber es ist »schon verrückt, was
man alles mit so Geräten heutzutage machen kann«. Und wenn man auf die
Schnelle mal den Klang einer Gitarre ausprobieren will, muss man durch die Geräte
»gar nich’ Gitarre lernen dafür« (T10). Insbesondere der Loop-Modus wird geschätzt
für das Entwickeln eigener kleiner Kompositionen. In ihm lassen sich Klänge in
einem überschaubaren Rahmen anordnen, weitere Klänge dazu spielen, aufschichten und kleine Arrangements durch das An- und Ausschalten und/oder Modulieren
einzelner Spuren testen. Die beständige Wiederholung hilft dabei, im tentativen
Kompositionsprozess bei andauernder ästhetischer Evaluation ein Gespür dafür zu
bekommen, was man selbst gut findet, was funktioniert oder »irgendwie noch nich’
so gut« (T10) klingt. Dabei ist es auch ziemlich egal, ob ein MusikmachDing
»manchmal spinnt« (T21), denn dann startet man es eben neu.
162
Eine wichtige Rolle spielen auch die Freund*innen und entsprechend die Portabilität der Dinge. Das spielerische Erkunden und Komponieren findet im Gegensatz
zur handwerklich orientierten Haltung, wo jede*r für sich übt, oft gemeinsam mit
Freund*innen als Freizeitbeschäftigung statt. In solchen Situationen werden musikalische Strukturen ähnlich wie in Jugendbands gemeinsam ausgehandelt. Alle
bringen ihre Ideen, Entdeckungen und Spezialkenntnisse ein (so vorhanden), und es
wird viel diskutiert und gelacht. Auf diese Weise wird die Auseinandersetzung mit
den MusikmachDingen in den jugendlichen Alltag eingebettet. Man trifft sich und
anstatt nur zu chillen, bildet man sich gemeinsam musikalisch, ästhetisch und
technisch weiter, entwickelt en passent eine Terminologie für stilistische Fragen und
Gerätefunktionen, hilft sich gegenseitig beim Verständnis der oft sehr technischen
Bedienungsanleitung usw. Müsste man die Dinge nicht wieder zurückgeben, so
würde man sie meist gerne behalten, und teilweise wird sogar überlegt, sie zur
weiteren Exploration selbst zu kaufen. Aus pädagogischer Sicht eignen sich insbesondere Dinge mit vielseitigen Interaktionsangeboten vom quasi-instrumentalen
(Ein-)Spielen bis hin zur Programmierung von Loops. Dinge, die jedoch zu
kompliziert sind und allzu viel technischen Sachverstand einfordern, werden nicht
exploriert und wieder zurückgegeben, da sie die Aufnahmefähigkeit, das Verständnis oder bei den Älteren schlicht auch den Willen zur tieferen Auseinandersetzung
überfordern.
3.2.2 Entdeckende Nutzer*innen: Die technisch-experientielle Haltung
Eine technisch-experientielle Haltung, wie sie unseren Beobachtungen nach auch
einen großen Teil des Online-Diskurses zum digitalen Musikmachen charakterisiert,
finden wir bei zwei männlichen Teilnehmern im Alter von 14 und 15 Jahren schwerpunktmäßig vor. Während in der ästhetisch-experientiellen Haltung die technische
Exploration nur so weit wie nötig erfolgt und von ästhetischer Neugier und Erfahrungshunger getrieben ist, dominiert hier ganz klar das technische Interesse und
ästhetische Fragen sind vorerst zweitrangig. Zwar können bei der Exploration von
elektronischen Klängen ebenfalls Faszinations- und Befremdungseffekte auftreten,
doch es geht vor allem um das Abschätzen der technischen Möglichkeiten und ihrer
Umsetzung in den Geräten. Der Blick ist entweder der eines jungen Ingenieurs, der
die Geräte mit schon einigem technischen Sachverstand einschätzt und gern
routiniert darüber referiert, oder aber der des Entdeckers, der ihre technischen
Funktionsweisen und Affordanzen exploriert, ohne dabei explizit auf ästhetische
Potenziale abzuheben. Wenn z. B. ein Loop programmiert wird, spielen die rhythmischen und harmonischen Zusammenhänge unter Umständen überhaupt keine
Rolle, sondern es geht vor allem um das Explorieren der Gerätefunktionalität.
163
Musikalische Kenntnisse sind außerhalb der schulisch erworbenen (im Gegensatz
zu Smart-Device-Kenntnissen) wenige vorhanden und Situationen, in denen ein
Mangel oder Unwohlsein bezüglich eines ästhetischen Einfühlungsvermögens
sichtbar werden könnten, werden eher gemieden. Wenn etwa eine ästhetischmusikalische Exploration anstünde, weil alles eingerichtet und angeschaltet ist, wird
oft schnell zur Frage nach der nächsten technischen Funktion gewechselt: »Jetzt
schau ich mal, was der Looper alles so kann« (T12). Oder es werden vermeintliche
technische Mängel thematisiert, die einem die musikalische Exploration verunmöglichen. Schuld ist schnell eine technische Unzulänglichkeit, durch welche die
Aufmerksamkeit abgelenkt wird. Daher macht man sich lieber »noch mal bisschen
mit den Funktionen vertraut« (T12), was oft von einer nervösen Körpersprache
begleitet wird. Kommt eine musikalische Exploration zustande, so in der Regel nur
bei denjenigen MusikmachDingen, die dem Loop-Paradigma folgen. Und in den
wenigen Situationen spielerischer Versenkung wird nicht selten bald ein irritierter
Blick in die Kamera geworfen und die Situation abgebrochen, so als ob man den
Eindruck hätte, sich in einer künstlerischen Prüfungssituation zu befinden.
Goutiert wird, wenn etwas »sehr gut unterteilt«, »sehr gut zu steuern« oder »sehr
gut aufgebaut« (T12) ist. Das Entwickeln eines Verständnisses für neu entdeckte
Funktionen wird teilweise von großer Erregtheit begleitet. Im Gegensatz zur
ästhetisch-experientiellen Haltung ist es nicht egal, ob ein Gerät »manchmal spinnt«
(s. 3.2.1), oder ob es in technischer Hinsicht noch nicht ganz verstanden wurde.
Wenn es nicht funktioniert, weil man z. B. etwas übersehen hat, dann könnten die
Herstellenden es »eindeutig besser machen – das geht ja wirklich gar nicht«;
schließlich soll die Technologie dabei helfen »was Gutes hinzuzaubern« (T12). Eine
Paradoxie dieser Haltung besteht darin, dass die MusikmachDinge auf der einen
Seite möglichst »intuitiv« (T12) funktionieren und idealerweise völlig transparent
werden sollen, auf der anderen Seite aber oft gar nicht wirklich darauf abgezielt
wird, sie für das zu nutzen, was sie eigentlich ermöglichen sollen, nämlich das
Musizieren.
Entfaltet Technologie jedoch ihren Zauber und funktioniert, so dass sie »entdeckt« werden kann, so wird dies oft mit den Worten »sehr interessant« (T11, T12)
kommentiert. Der Entdeckermodus ist zwar eher das »Klicken« von Tönen statt des
Spiels, aber man lässt sich durchaus von den nicht selten beliebig ausgelösten
Klängen und aufgenommenen Loops bezaubern und faszinieren. In solchen Situationen kann es durchaus zu sehr aufmerksamem Hören und Tasten, zu anerkennenden Gesten und Blicken und zu gelöstem Auflachen kommen, und die körperliche
Anspannung lässt sichtbar nach. Zwar entsteht musikalische respektive akustische
Kreativität in diesem Kontext nicht zielgerichtet oder in intendierter Weise, sondern
164
eher zufällig, doch auch hier erlauben es die Loop-Funktionen, dass zum Teil
Strukturen entstehen, die ästhetisch ähnlich anmuten können wie manch serielle
Musik. MusikmachDinge, die auf instrumentale Interface-Metaphern aufbauen,
werden eher nicht eingehender exploriert, doch bei Loop-Dingen kann es durchaus
zu regelmäßigen Sessions und einiger Begeisterung kommen.
3.3 Prozess- bzw. produktionsgestaltungsbezogene Haltungen
3.3.1 Technologieinteressierte Multiinstrumentalist*innen: Die hybride
produktionsorientierte Haltung
Die hybride produktionsorientierte Haltung, die wir bei einer Teilnehmerin und vier
Teilnehmern im Alter von 17–24 Jahren dominieren sehen, zeichnet sich dadurch
aus, dass beim Musizieren bereits MusikmachDinge verwendet werden und somit
Vorerfahrungen existieren, aber die Herangehensweise und Interessenlage dennoch
deutlich auf herkömmlich instrumentaler Praxis liegt. Es handelt sich um technologieinteressierte Multiinstrumentalist*innen mit einigem technischen und ziemlich
ausgeprägtem musikalischen Wissen, wobei ersteres autodidaktisch und letzteres
autodidaktisch und im Instrumentalunterricht erworben wurde. Meist wurden sie in
einem Hauptinstrument unterrichtet und ein paar weitere Instrumente haben sie sich
selbst mit Hilfe von YouTube-Filmen, dem Freundeskreis usw. beigebracht. Musikalische Tätigkeiten sind ein wichtiger Teil des Lebens und strukturieren oft einen
großen Teil der verfügbaren Zeit. Die hybrid Produktionsorientierten treten in
verschiedenen Formationen auf, produzieren vielleicht auch Musik für andere oder
betreiben einen YouTube-Channel zur Veröffentlichung der eigenen Musik. In einigen
Fällen wird auch versucht, aus dem Hobby einen Beruf zu machen, indem das
Studium abgebrochen und stattdessen in einem Tonstudio gearbeitet wird, oder
indem ein Label gesucht wird, das einen unter Vertrag nimmt. Die Schwelle zur
Professionalität ist noch nicht genommen, aber ein entsprechender Werdegang wird
von einigen erwogen und entwickelt sich zum Teil in den drei Jahren der Studie
deutlich weiter, sei es als Produzent im Hintergrund oder als künstlerische Frontperson.86
Da ein großer Drang zum Veröffentlichen der eigenen Musik besteht und dafür
Musiktechnologien unabdingbar sind, sind die Teilnehmenden einigermaßen
bewandert im Umgang mit einer Audiosoftware (DAW), mit der sich Musikproduk86
Hier werden nur männliche Bezeichnungen verwendet, da die Teilnehmerin einen solchen
Werdegang tatsächlich nicht in Betracht zieht, auch wenn sie ebenfalls in der Kreativbranche tätig ist.
165
tionen realisieren lassen. Das Feld der technologischen Entwicklungen wird
ausschnitthaft zur Kenntnis genommen. Und da der Interessefokus ein eher instrumentaler ist, interessiert man sich auch für MusikmachDinge, die auf InstrumentMetaphern aufbauen und – mit praktisch testendem Gestus – für die damit
verbundenen Ausdrucksmöglichkeiten. Die Genres, die realisiert werden, sind Pop,
Black Music (Soul, R’n’B, Hip- Hop, Jazz), Filmmusik und mitunter auch poppigere
House Music. Insofern geht es um eine hybride Ästhetik, die dem Selbstverständnis
nach Handgemachtes mit digitalen Produktionsweisen und – in Maßen – auch mit
elektro-nischen Klängen verbindet. Wie in der handwerklich orientierten Haltung
kann ein ungewohntes Interface, das vor allem in Bezug auf das Spielgefühl sehr
genau untersucht und getestet wird, als problematisch empfunden werden. So wird
z. B. auf »Muscle-Memory« (T04) hingewiesen und bei einer Silikon-Klaviatur mit
schmaleren Tasten angemerkt, dass man aus diesem Grund »nicht die richtigen
Tasten erwischt«, – und »man muss ja schon präzise sein« (können), worin sich der
professionelle Selbstanspruch ausdrückt (T04). Neben der Haptik spielt auch die
klangliche Qualität eine entscheidende Rolle. Man hat eben »andere Ansprüche« als
Anfänger und will z. B. »als Pianistin, dass es halt auch schön klingt« (T22), während
gesampelte Instrumentenklänge oft nicht über die gewohnte Lebendigkeit verfügen.
Der Begriff des Schönen taucht immer wieder auf. Man findet Klänge oder einen
erstellten Loop »sehr schön« (T04, T22), nimmt sich vor, »etwas schönes Harmonisches« (T04, T24) zu machen usw. Der Klang eines geliehenen Gitarren-Synthesizers hingegen kann »Mega-Kopfschmerzen« machen und »es zieht Kraft, da
zuzuhören«. Denn »die Töne sind irgendwie viel zu schrill und mittig, das tut richtig
weh«, – und bezüglich des Musizierens hat man einen »high standard« für Klänge
(T19). Dennoch kann dasselbe Gerät in anderen Kontexten für seine Effektsounds
auch »sehr cool« gefunden werden, etwa um »eine Geschichte zu vertonen« (T19).
Wie bei keinem anderen Haltungstypus werden hier die erweiterten Spiel- und
Ausdrucksmöglichkeiten von MPE-fähigen Interfaces untersucht, thematisiert,
musikalisch nutzbar gemacht und auch goutiert.87 Denn »wenn man jetzt selber
keine E-Gitarre spielt, dann kann man halt hier so seine E-Gitarre oder seine Geigen
nachstellen [...], um das lebensechter zu machen, weil am Klavier hat man halt nur
die abgehackten Tasten« (T22). Die Möglichkeit, über eine Silikon-Oberfläche zu
wischen, so dass der eine »Ton zum anderen so leicht rüberschmilzt«, oder dass
sich während des Haltens eines Tons ein Filter öffnet und eine Modulation stattfindet, ist »ziemlich cool«; – »das sind dann einfach so sphärische Sounds«, auch
87
MPE (MIDI Polyphonic Expression) ist ein erweiterter MIDI-Standard, der eine umfangreichere, mehrdimensionale Kontrolle von Klangparametern jeder einzelnen Note ermöglicht. Vgl. dazu z. B. https://www.midi.org/midi-articles/midi-polyphonic-expression-mpe.
166
wenn »man ganz schnell ’n bisschen daneben langt« (T22). Mit pragmatischem Blick
werden die erweiterten Klangsteuerungsmöglichkeiten des MPE-Standards auch
aufs Musik-Produzieren bezogen. Denn mit ihnen ist es »viel leichter« (T04), Phrasen
gleich beim Einspielen mit dem gewünschten Ausdruck zu versehen, als sie auf
einer herkömmlichen MIDI-Klaviatur zu einzuspielen und dann nachträglich mühsam
Controller-Verläufe für Klangmodulationen zu programmieren. Überhaupt nicht
goutiert wird eine Bevormundung durch die MusikmachDinge durch KorrekturAlgorithmen, die z. B. Noten automatisch quantisieren, denn das »nimmt einem halt
auch die Möglichkeit, selber kreativ zu sein« (T22). Da man eine sehr genaue
Vorstellung des gewünschten musikalischen Ausdrucks hat, will man auch selbst
über ihn entscheiden und findet es »zum Kotzen« (T04), wenn eine Aufnahme automatisch korrigiert wird und im Nachhinein anders klingt als in dem Augenblick, in
dem man sie eingespielt hat, selbst wenn es sich dabei nur um feine Details des
Mikrotimings handelt.
Die grundsätzlich pragmatische Perspektive mit Fokus auf das instrumentale
Musizieren verhindert bei komplexeren MusikmachDingen, die viel Einarbeitung
erfordern (z. B. eine neue DAW-Software, die man noch nicht kennt) in vielen Fällen,
dass die Dinge tatsächlich nachhaltig in die eigene Praxis eingebunden werden.
Man »mag’s halt bei Instrumenten, wenn man direkt intuitiv alles machen kann, und
das nicht neu erlernen muss« (T19). Gleichwohl schätzt man für das MusikProduzieren mitgelieferte sound libraries und neue Ausdrucks- und Gestaltungsmöglichkeiten, wenn sie sich problemlos und pragmatisch einbinden lassen, ohne
die Musizierpraxis zu stören. Anfängliche Begeisterung weicht mit zunehmender
Praxis oft einer realistischeren Einschätzung. So ist ein Ding zwar »ganz schön«,
aber es eignet sich »halt eher für Solos« (T04) und eben nicht wie beworben auch
für die Produktion von komplexerer Musik. In diesem Zusammenhang wird auch die
Kosten-Nutzen-Frage thematisiert. Da es sich in der Mehrzahl um junge Erwachsene handelt, die meist nicht über viel Geld verfügen, muss jede Anschaffung gut
abgewogen werden. Und so kann man auch bei prinzipiell interessanten Dingen zu
dem Schluss kommen: »Also für meinen Gebrauch wär’s jetzt nicht unbedingt nötig«
(T22). Des Weiteren müssen sich die MusikmachDinge auch für die Umsetzung der
präferierten Musikstile eignen, ansonsten werden sie ebenfalls nicht eingehender
exploriert. Zwar lassen sich die Teilnehmenden zum Test auch andernfalls darauf
ein, doch im Gegensatz zur ästhetisch-experientiellen Haltung ist man stilistisch
schon ziemlich auf ein Feld festgelegt und darin verwurzelt.
Instrumentalen Interface-Metaphern wird ganz klar der Vorzug gegeben, aber es
wird auch geschätzt, wenn dennoch das Einspielen, Schichten und Speichern von
Loops möglich ist, da dies ein tentatives Entwickeln von Ideen und Skizzen erlaubt,
167
die später weiter ausgearbeitet werden können. »Das Unschöne« ist nur, wenn man
sie nicht speichern kann und sie beim Ausschalten des Geräts »für immer verloren«
(T04) sind. Wenn ein MusikmachDing jedoch die eigene musikalische Praxis
inspiriert, über eine adäquate Sensorik verfügt und einen tollen Klang hat, dann wird
es »sehr gut« (T19) gefunden oder »sehr teuer, aber auch sehr geil« (T04). Und ein
anderer Teilnehmer führt in diesem Fall aus: »Ich hab so den Eindruck bei dem
Instrument, ich mach’s an und es läuft irgendwie. [...] Auf jeden Fall ist es immer so,
dass ich es jedes Mal neu entdecke«. Die Untiefen der Konfigurationsmöglichkeiten
müssen dann gar nicht mehr weiter erkundet werden, denn »ich hab jetzt nicht das
Bedürfnis, den Sound neu zu erfinden oder irgend so was« (T24).
3.3.2 Funktionalistische Effizienz: Die elektronische produktionsorientierte
Haltung
Die elektronische produktionsorientierte Haltung, der drei Teilnehmer im Alter von
21–23 Jahren und ein Teilnehmer aus der Kontrollgruppe zugeordnet werden
können, zeichnet sich wie keine andere Haltung durch eine schnelle, routinierte und
tiefgreifende Exploration der MusikmachDinge aus, die mit großer Expertise und
kritisch evaluierendem Blick systematisch auf ihre Möglichkeiten hin getestet,
bewertet und gegebenenfalls in eine bereits vorhandene MusikmachDing-Ökologie
integriert werden. Dazu muss nicht lang in eine Bedienungsanleitung geschaut
werden. Mit dem Blick des Experten fragen die Teilnehmer umgehend: »Was kann
das?« (T28). Fokus ist hier ganz klar das Loop-Paradigma. Instrumentales Musizieren spielt in der eigenen Praxis keine oder fast keine Rolle. Neben den künstlerisch Orientierten führt diese Haltung in unserem Sample zur größten Produktivität,
was die Entwicklung und Realisierung von veröffentlichten Projekten angeht. Im
Gegensatz zu diesen steht hier jedoch von Beginn an ein rein funktionales Musikverständnis im Zentrum, das von vornherein auf Ästhetiken abzielt, wie man sie aus
elektronischen Clubkulturen kennt. Dies muss jedoch nicht heißen, dass die
Aufführungskontexte auf diesen Bereich beschränkt bleiben. So ergab sich in einem
Fall neben dem Auftritt in einem Club auch ein Theaterprojekt mit ähnlicher Soundästhetik (Donner, in Vorbereitung). Wenn bei den künstlerisch Orientierten das
Konzeptionelle und dann die Dokumentation einer künstlerischen Performance im
Zentrum steht, die auch Unreinheiten enthalten darf, so geht es hier um eine
möglichst effektvolle und saubere Umsetzung eines relativ klar umrissenen musikalischen Vorhabens, für das sich die Dinge entweder potenziell eignen oder auch
nicht. Im zweiten Fall werden sie ohne langes Zögern weggelegt bzw. gar nicht erst
ausgeliehen. Eher Lifestyle-bezogene MusikmachDinge (die häufig über Crowdfunding-Initiativen auf den Markt kommen; McPherson, Morreale & Harrison, 2019),
168
werden sehr schnell als solche erkannt und abgelehnt. Selbst höchste technische
Komplexität ist bei entsprechender Passung mit dem musikalischen Vorhaben kein
Problem.
Geschätzt werden vor allem elektronische Klänge und ihre mannigfaltigen
Modulations- und Effektierungsmöglichkeiten, die ein tragendes Element der
Kompositionen sind, und auf die sich auch der Begriff des musikalischen Spielens
vielfach bezieht. Gespielt wird vor allem mit der Gestaltung und Zusammenstellung
von Klängen, ihren Modulationen und Effekten sowie mit ihrem (Live-)Arrangement.
Die Noten selbst werden gerne über Sequenzer-Funktionen in die MusikmachDinge
einprogrammiert. Selbst wenn man vielleicht beim tentativen Herumprobieren auf
eine Pattern-Idee gestoßen ist, wird sie immer erst beim Programmieren, gleichsam
in Ko-Operation bzw. »ko-respondierend« (Adams & Thompson, 2016, S. 82) mit
den technischen Affordanzen, genau ausgearbeitet. Einspielhilfen und algorithmische Korrekturen stellen dementsprechend kein Problem dar, sondern werden
ebenso begrüßt wie möglichst modular konfigurierbare Signalflüsse und vielseitige
Konnektivitätsmöglichkeiten. Dadurch entsteht zwar eine hohe technische Komplexität und manche Bedienoberflächen erfordern die Kenntnis zahlreicher
Tastenkombinationen, »aber man kann eben auch tief eindringen«, – im Gegensatz
zu einer »App, die relativ schnell am Ende ist«, und die man »seinen Kumpels
hinlegen [kann] so für ’n Abend – ›hey, spielt mal dran rum‹ – und das war’s« (T28).88
Komponiert und aufgetreten wird im Loop-Modus, so »dass ich eigentlich nicht
mehr auf Stopp drücke, sondern immer an meinen Drehknöpfen rumspiel’ und weiß
was sie tun« (T09). Zu diesem Zweck designen sich die Teilnehmer ähnlich wie die
künstlerisch Orientierten ein eigenes »Setup« (T09, T25), das verschiedene MusikmachDinge und Controller enthält, deren Bedienoberflächen idealerweise möglichst
frei konfigurierbar sind. In diesem Kontext wird auch die MPE-Fähigkeit von
Controllern lobend erwähnt, jedoch nicht aus instrumentalen spieltechnischen
Gründen, sondern weil sich damit schlicht mehr Klangparameter zugleich zuweisen
und steuern lassen. Gute Portabilität ist ebenfalls von Vorteil und auch die Möglichkeit eines Akkubetriebs wird geschätzt, wenngleich die Dinge, die dies anbieten
(außer Laptop-Software), in der Regel nicht den klanglichen Tonstudio-Ansprüchen
genügen, die anvisiert werden, sondern eher »mager« klingen, »nicht so druckvoll
rüberkommen« oder schlicht »nicht fett genug« (T28) sind. Aber hat man mal »’ne
lange Zugfahrt und keine Lust die ganze Zeit Netflix zu schauen, sondern bisschen
88
Diese Aussage bezog sich nicht auf alle Apps, sondern auf eine bestimmte, die Teil eines
geliehenen MusikmachDing-Sets war. Dieses Ding war jedoch insbesondere bei Teilnehmenden mit ästhetisch-experientieller Haltung wiederum recht beliebt. Eine Tendenz
Tablet-Apps als belanglose »Spielerei« zu betrachten und (noch?) nicht ganz ernst zu
nehmen ist bei den Teilnehmenden mit dieser Haltung jedoch durchaus vorhanden.
169
kreativ zu sein« (T09), dann gibt man sich durchaus damit zufrieden und macht eben
»Underground-Zeug, das nicht so sauber ist« (T28). Qualitativ hochwertige sound
libraries werden als Ausgangsmaterial für die weitere Klanggestaltung auch hier
geschätzt, wenngleich die Teilnehmer sich meist schon eigene libraries erstellt
haben, die sie bevorzugen. »Sounddesign« ist ebenso wie »Automation« (also das
Aufnehmen von Klang- und Effektparameter-Verläufen) ein essentieller Teil der
Kompositionsprozesse (T25, T28), die keinen dezidierten Unterschied zwischen der
Ideenfindung, ihrer Ausgestaltung, dem Arrangieren und dem Mixing machen, wie
dies bei herkömmlichen Musikproduktionen in der Regel der Fall ist. All diese
Schritte werden gemeinsam in einem hochgradig interaktiven Gefüge aus iterativen
und rekursiven Arbeitsschritten entwickelt. Und die technischen Möglichkeiten der
MusikmachDinge werden dabei oft bis ins Äußerste ausgelotet. Wenn ein MusikmachDing allerdings hauptsächlich das Arbeiten mit »vorgefertigten« Bausteinen
ermöglicht, so wird es abgelehnt, denn »zumindest wenn ich Musik mache, will ich
nicht so viele Loops und Zeug schon vorgefertigt haben. Es geht ja auch darum,
was man selber gemacht hat, und das ist irgendwie was Belohnendes« (T28).
Besonders geschult wird bei all dem neben subkulturellen Stil- und PerformanceFragen das relationale Hören – meist nicht so sehr im Sinne des Harmonischen als
vielmehr im Sinne des Rhythmischen und Klanggestalterischen. Auch das Verständnis für (physikalisch-)technologische Parameter, Verfahrensweisen und Fallstricke
wird gefördert. Dem funktionalistischen Grundgestus entsprechend spielen auch
hier pragmatische produktionsästhetische Fragen eine Rolle: Lohnt sich das
aufwändige Erarbeiten eines Livesets überhaupt, wenn die Leute sowieso »nicht so
ganz versteh’n, was da wirklich passiert« (T25), oder tut es nicht auch das Auflegen
einer fertig gemischten Studioproduktion? Auf der anderen Seite motivieren gerade
Hardware-Geräte solche »Studio-in-the-box Produzenten« (T28) durch ihre Körperlichkeit und Haptik, die Spaß macht und im Gegensatz zu reinen Softwarelösungen
auf ganz andere Weise dazu einlädt zu improvisieren und live zu spielen. Denn
schließlich bekommt man so »auch ’n bisschen ’ne andere Perspektive auf die
Musik, die man macht«. Und man muss nichts »booten« und »öffnen«, keine Interfaces anschließen und Signalwege »routen«, sondern »man schaltet es an und es ist
da und es funktioniert alles, das is’ schon ziemlich geil!« (T28) Wie in der hybriden
produktionsorientierten Haltung ist auch hier Ausschlag gebend, dass ein MusikmachDing ins eigene Setup passt, dass es den Vergleich mit anderen Dingen, die
man kennt und vielleicht besitzt, besteht, und dass es einen Mehrwert für die
eigenen musikalischen Anliegen mit sich bringt.
170
4 Fazit
Wie aus der Beschreibung der sieben Haltungen unschwer zu erkennen ist und wie
noch einmal betont werden soll, stellen die Haltungen keine Typen dar, die immer
strikt voneinander abzugrenzen sind. Sie sind eher als Aggregationen von (beobachterseitigem) Antwortgeschehen aufzufassen, das aus individuellen Erfahrungen
resultiert und in konjunktiven Transaktionsräumen (Nohl, 2014) zu habits geronnen
ist. Damit einher gehend entwickeln sich bestimmte Interessenschwerpunkte,
Musizierverständnisse, ästhetische Vorlieben und (Un-)Passungsverhältnisse mit
den geliehenen Dingen, die auch mit der individuellen Lebens- bzw. Entwicklungsphase korrespondieren können. So deuten sich zwischen einigen Haltungen nicht
zuletzt mögliche Entwicklungszusammenhänge und Interferenzmuster an. Nicht alle,
die eine Musikschule oder Instrumentalunterricht besucht haben, entwickeln z. B. in
Folge eine handwerklich orientierte Haltung. Und zwei Teilnehmer mit zuvor handwerklicher bzw. ästhetisch experientieller Haltung bewegten sich im Verlauf der
Studie in Richtung einer hybrid produktionsorientierten Haltung. Eine ähnliche
Affinität ließe sich auch zwischen der technisch experientiellen Haltung und der
elektronisch produktionsorientierten Haltung vermuten. Zwischen letzterer und der
künstlerisch orientierten Haltung fällt wiederum eine gewisse Komplementarität des
Geschlechterverhältnisses auf, auch wenn sich die musikalischen Stilistiken und der
Grad der akzeptierten technischen Komplexitäten bei beiden ähneln. Zur Verdeutlichung solcher möglichen Verbindungslinien und Kontraste findet sich am Ende des
Textes eine Tabelle mit einer groben Übersicht über das beobachtete Sample, die
freilich keinen Anspruch auf Repräsentativität erhebt.
Deutlich geworden sein sollte auch, dass herkömmliches musikalisches Wissen
immer von Vorteil ist, insbesondere was eine nachhaltige und nicht nur temporäre
musikalische Entwicklung betrifft. Gleichwohl hat es nicht bei allen Haltungen
dieselbe Bedeutung. An seiner statt können (wie etwa in der elektronischen
produktionsorientierten Haltung) auch andere Wissens- und prozedurale Verfahrensformen entscheidend sein, ohne dass dies in praktisch-pädagogischer Perspektive
pejorativ zu bewerten wäre. Denn im Sinne einer Entwicklung von Bildungsangeboten, die vom Feld her gedacht werden, geht es dabei schlicht um andere
Qualitäten, von denen auch professionelle Musiklehrkräfte und Musiker*innen etwas
lernen und sich vielleicht sogar inspirieren lassen können. Insofern wäre immer zu
fragen: Wo kann man mit der eigenen Expertise auf welche Weise andocken?
Welche Entwicklungshorizonte kann man wie anregen? Und wodurch kann man sich
nicht zuletzt selbst anregen lassen? Denn Musizieren ist schließlich eine durchaus
heterogene »Kulturtechnik« (Krämer & Bredekamp, 2003) mit verschiedensten
Aspekten.
171
Wie bereits angedeutet können die dargestellten sieben Haltungen auch für die
Einordnung anderer Ergebnisse aus dem Feld der MusikmachDing-Forschung von
Interesse sein, etwa um deren Geltungsbereich abzuschätzen oder um gezielter
nach ihrer Kontextsensitivität zu fragen. Untergliedert haben wir sie in drei Orientierungslagen: Drei Haltungen sind eher biografisch zentriert bzw. zielen schwerpunktmäßig auf eine langfristig angelegte Lebensgestaltung, in der die Auseinandersetzung mit Musizieren im weitesten Sinne eine wichtige Rolle spielt; zwei zielen auf
situative Gestaltung im Sinne des Experimentierens; und zwei weitere legen ihren
Schwerpunkt auf konkrete Prozesse der Produktionsgestaltung, wenngleich
natürlich jede intensive Auseinandersetzung mit MusikmachDingen auch biografische Aspekte hat.
Hinsichtlich einer Bewertung der möglichen (pädagogischen) Eignung von MusikmachDingen im Hinblick auf die verschiedenen Haltungen erschienen zwei Achsen
als besonders bedeutsam. Erstens die Achse Instrument-Metapher versus LoopParadigma, in deren mittlerem Bereich sich diejenigen Dinge einordnen lassen, die
beides bedienen.89 Die zweite Achse bezieht sich auf die technische Komplexität,
die bei einigen Haltungen nicht zu hoch und bei anderen nicht zu niedrig angesetzt
werden sollte. Dabei sind bezüglich mancher Haltungen auch gewisse Paradoxien
zu bedenken – etwa dass in der technisch experientiellen Haltung zwar vorrangig
die Technologie interessiert, aber zugleich auf deren Transparent-Werden Wert
gelegt wird; oder dass in der handwerklich orientierten und hybriden produktionsästhetischen Haltung zwar nach neuen Ausdrucksmöglichkeiten gesucht wird, aber
zugleich möglichst nichts Neues erlernt werden soll und ein Spielgefühl präferiert
wird, das man vom eigenen Instrument schon kennt.
In einem weiteren Schritt, auf den hier aus Platzgründen nicht eingegangen
werden konnte, wäre einerseits genauer zu fragen, was die Haltungstypen für die
Entwicklung von spezifizierten Bildungsangeboten bedeuten. In dieser Hinsicht
wäre zu eruieren, wie sie mit den qua Design in die spezifischen MusikmachDinge
eingeschriebenen ästhetischen, konzeptionellen und praktischen Wissensbeständen
korrespondieren oder aber zu diesen in Spannung stehen. Diese Wissensbestände
können artefakt- und strukturanalytisch genauer bestimmt und in Folge mit den
Haltungstypen trianguliert werden. Auf diese Weise lässt sich die Eignung spezifischer MusikmachDinge für bestimmte Haltungstypen bestimmen. Darüber hinaus
aber schließen sich auch Fragen an, die von bildungstheoretischer Relevanz sind
89
In diesem Fall sollte daran gedacht werden, auf eine Speichermöglichkeit von Loops zu
achten. Loop-Funktionalitäten eignen sich prinzipiell und in besonderer Weise für iterativ
und rekursiv angelegtes Gestalten, da die eigene Gestaltung im Loop-Modus beständig
ästhetisch evaluiert werden kann.
172
173
174
und das musikalische Feld in einem erweiterten Sinn in den Blick zu nehmen hätten:
Wie müsste eine Musikpädagogik des 21. Jahrhunderts in Bezug auf diese Vielfalt
an Haltungen und Herangehensweisen aussehen? Welche (musik-)pädagogische
Bedeutung müssen dem Produktionsparadigma und den loopbasierten Ästhetiken
zugesprochen werden? Und hat es gegebenenfalls Sinn, das Sonische als relationalen, epistemisch relevanten Weltzugang (Erlmann, 2014; Ernst, 2016; Herzogenrath,
2017; Feld, 2018) als dezidierten neuen Bereich in musikalische Bildungsangebote
aufzunehmen? Fragen wie diese sind vielversprechend, weil sie die körperliche,
sinnliche, materiell-mediale und epistemische Spezifität musik- und klangbezogener
Ereignisse und Prozesse in einen Gegenwartshorizont zu stellen vermögen, der
sowohl durch Digitalisierung und Informationalisierung als auch durch die Frage
nach Nachhaltigkeit und planetarischer Relationalität geprägt ist, und sich gerade
deswegen eignet, auch Fragen nach Sinn und Struktur von Bildung entsprechend
neu zu stellen.
175
176
IV. Bildungstheoretische Strukturanalysen
von hybriden, digital-materiellen
MusikmachDingen
177
178
Bildungstheoretische Strukturanalysen von hybriden,
digital-materiellen MusikmachDingen
Donner, M. & Jörissen, B. (2024): Bildungstheoretische Strukturanalysen von hybriden, digital-materiellen MusikmachDingen. In: Stollfuß, S., Niebling, L., Raczkowski,
F. (Hg.), Handbuch Digitale Medien und Methoden, Wiesbaden: Springer VS. https://
doi.org/10.1007/978-3-658-36629-2_37-1. (Reproduced with permission from
Springer Nature.)
Zusammenfassung
Bildungstheoretische Strukturanalysen analysieren die spezifischen Bildungspotenziale medientechnischer Artefakte. Dazu werden medienwissenschaftliche und
subjektivationstheoretische Perspektiven mit einem designanalytischen Blick kombiniert. Im Fokus stehen die Relationierungsmöglichkeiten von Mensch und Maschine,
die damit verbundenen Subjektpositionen und mögliche kulturtransformatorische
Potenziale. Das Forschungsdesign im Stil der Grounded Theory ging zunächst zweigleisig vor: Zum einen wurden die MusikmachDinge strukturanalytisch auf ihre
spezifischen Artefaktpotenziale hin analysiert. Zum anderen konnten Proband*innen
zwei Jahre lang MusikmachDinge ihrer Wahl ausleihen und sie in ihren eigenen
Kontexten erschließen, künstlerisch-praktisch mit ihnen umgehen und sie nach
Wunsch auch umtauschen. Die Aneignungsprozesse, Gebrauchsweisen und
realisierten Projekte der Proband*innen wurden mit Hilfe von Autovideographien
erfasst und mit weiteren Erhebungen wie leitfadengestützten Interviews flankiert. Im
nächsten Schritt wurden die Strukturanalysen der Artefakte mit dem Video- und
Interviewmaterial kontrastiert und es wurden einige selektive Codes generiert, mit
denen sich das Feld der MusikmachDinge in Bezug auf bildungstheoretisch
besonders bedeutsame Artefakt-aspekte kartieren lässt.
Keywords
Bildungstheorie, Subjektivierung, Designanalyse, Medienbildung, Artefaktanalyse
Vorbemerkungen:
Die Methode wurde im Verbundprojekt »Musikalische Interface-Designs: Augmentierte Kreativität und Konnektivität (MIDAKuK)« entwickelt (BMBF 2017–2022; auch
Jörissen, Ahlers und Donner et al. 2019). Kontext des Verbundprojekts war eine
Förderrichtlinie zur Digitalisierungsforschung in der Kulturellen Bildung. Das Teil179
projekt an der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen-Nürnberg erforschte die
bildungstheoretische und das Teilprojekt an der Leuphana Universität in Lüneburg
die musikpädagogische Bedeutung von hybriden, digital-materiellen »MusikmachDingen«.
1 Einleitung
Der Neologismus MusikmachDing geht auf Johannes Ismaiel-Wendt zurück
(Ismaiel-Wendt 2016, S. 3) und betont insbesondere den aktiven Akteurscharakter
dieser digital konfigurierten Dinge, die »über den Diskurs des Designs Alltagspraktiken, Ökonomie und Technologie eng aneinander koppeln« (Jörissen 2015, S.
216). Die im Folgenden diskutierten bildungstheoretischen Strukturanalysen sind
jedoch nicht auf MusikmachDinge beschränkt. Als methodisches Verfahren lassen
sie sich auch auf andere medientechnische Artefakte anwenden, wenn man sich für
deren »Bildungspotenziale« interessiert. Gemeint sind damit dinglich-medialästhetische Konfigurationen, in denen Gegenstände aufgrund ihrer Struktureigenschaften eine Transformation von Relationierungen und Relationierungsweisen
hervorrufen, die nachvollziehbar Selbst- und Weltverhältnisse verändern können.
Ausgangspunkt der Forschung ist also ein relationaler Bildungsbegriff, der Bildungsprozesse im Rahmen von subjektivierenden Relationierungen verortet und sie damit
auf der Ebene von Praktiken ansiedelt, die sich nicht allein auf eine*n SubjektAkteur*in zurückführen lassen. Mit diesem relationalen Blick wird nach dem Mitwirken der MusikmachDinge und ihrer Interface-Designs an Bildungs- und
Subjektivationsprozessen gefragt: Inwiefern präfigurieren und verändern sie ästhetische Erfahrung, Wahrnehmungs-, Lern- und kreative Prozesse? Was für spezifische
Ausdrucks-potenziale und Arbeitsweisen gehen mit ihnen einher, welche »Umwege«
dazu gibt es und welchen Einfluss hat dies auf die musikalische Praxis? Was für
Einsatzszenarien werden nahegelegt und beworben? Kurzum: Welche Formen
musikalischer oder auch sonischer Subjektivität gehen aus dem ästhetischen und
künstlerischen Umgang mit digital-materiellen MusikmachDingen hervor?
Um diese Fragen zu klären, wurde ein empirisches Forschungsdesign im Stil der
Grounded Theory entwickelt, das zunächst zweigleisig vorging: Auf der einen Seite
wurden die MusikmachDinge strukturanalytisch auf ihre spezifischen Artefaktpotenziale hin analysiert und auf der anderen konnten 34 Proband*innen (13 bis 25
Jahre plus ältere Kontrollgruppe) aus einem Pool bis zu 26 Monate lang MusikmachDinge ihrer Wahl ausleihen. Sie durften diese in ihren eigenen Kontexten
erschließen, künstlerisch-praktisch mit ihnen umgehen und nach Wunsch auch
umtauschen. Die inter- und transaktionalen Prozesse und die in diesem Rahmen
180
realisierten Artikulationen und Projekte der Proband*innen wurden mit Hilfe von
Autovideographien erfasst und mit weiteren Erhebungen wie leitfadengestützten
Interviews flankiert (Donner und Jörissen 2022b). Im nächsten Schritt wurden die
erstellten Strukturanalysen der MusikmachDinge mit dem Video- und Interviewmaterial kontrastiert. Dies ermöglichte es, die Strukturanalysen erstens empirisch zu
überprüfen, zweitens konnten die entwickelten heuristischen Kategorien falls nötig
verfeinert werden, drittens konnte untersucht werden, welche performativen Effekte
digitaler Designdinge sich bei welchen Proband*innen wie aktualisieren, und
viertens ließen sich durch diese Kontrastierung auch ungewöhnliche Nutzungen und
»Hacks« besser einordnen und zum Teil mit nicht unbedingt intendierten Aspekten
des Gerätedesigns in Verbindung bringen. Bevor die Arbeitsschritte der Strukturanalysen näher skizziert werden, sollen zunächst einige Vorannahmen zur bildungstheoretischen Annäherung an die Praxis von Mensch-Ding-Verbindungen dargelegt
werden.
2 Bildungstheoretische Perspektivierung von Mensch-MediumVerbindungen
Eine erste Annäherung an ein bildungstheoretisch gerahmtes Denken von MenschDing-Verbindungen bot Arnd-Michael Nohls Pädagogik der Dinge (Nohl 2011), eine
praxistheoretische Perspektive, die auf die Akteur-Netzwerk-Theorie, Karl Mannheims Wissenssoziologie und den amerikanischen Pragmatismus (Dewey 1916;
Dewey und Bentley 1949) rekurriert. Ganz ähnlich wie später auch Karen Barad
(2007, S. 97–131) gehen Dewey und Bentley (1949, S. 64, 108–143) mit ihrem
epistemologischen Konzept der »trans-action« davon aus, dass Subjekt und Objekt
in Anbetracht der erkenntnistheoretischen Fragen, die durch Niels Bohrs Interpretation der Quantenphysik aufgeworfen wurden, nicht als apriorisch geschieden
betrachtet werden können, sondern immer ein Relationengefüge in den Blick
genommen werden muss, in dem sich Subjekte und Objekte erst in actu und in
prinzipiell fluide bleibender Weise relational konstituieren. Zentral für die Untersuchung solcher Gefüge ist die Unmittelbarkeit der Praxis, die Dewey und Nohl im
Anschluss an Peirce als »primary experience« fassen. Ergibt sich in diesem Rahmen
eine spezifische Passung, die sich immer wieder reproduziert, so entstehen im
Anschluss an Peirce Habits oder »Routinen der Praxis« (Nohl 2018, S. 70), wobei
Subjekt und Objekt im Sinne eines symmetrischen Blicks auf Mensch-MediumVerbindungen auch hier nicht als voneinander geschieden gedacht werden können.
Unterlegt wird dieser praxistheoretische Blick mit medien- und designtheoretischen Perspektiven. Denn um die Relationengefüge adäquat in den Blick zu be-
181
kommen, sind auch die medialen Artefakte selbst – als jeweilige Konkretisierungen
von Designprozessen – genau zu analysieren. Erst auf dieser Basis kann das Mitwirken der Wissensbestände, die ihren Designs implizit und explizit eingeschrieben
sind, bestimmt werden. Aufgrund der Komplexität und »Autooperativität« (Donner
2010, S. 110–112; auch Floyd 1997; Richter und Allert 2020) der MusikmachDinge,
die affektiv ansprechen sollen, aber auch mit den Kulturtechniken des Musizierens
und seinen Diskursen verbunden sind, ist eine Perspektive, die allein die unmittelbar
entstehenden Praktiken fokussiert, in Bezug auf die Frage nach der subjektivierenden Wirkung der Dinge zu eng. Deutlich wird dies bei der Frage nach Umnutzungen
oder »Hacks«, denn um diese zu erkennen, bedarf es zunächst einer belastbaren
Vor-stellung davon, was alles in den Bereich des vorgesehenen Gebrauchs fällt und
was nicht bzw. was vom Gerätedesign – zum Teil mit durchaus pädagogischem
Impetus – nahegelegt wird und was sich womöglich erst bei einer vertieften
Auseinandersetzung erschließt (u. a. Bell 2018; Simon 2020).
Aufgrund ihrer Marktförmigkeit, die auf spezifische Consumer-Segmente abzielt,
für die immer schon die nächste Gerätegeneration designt wird, und aufgrund ihrer
autooperativen Interaction-Designs sind MusikmachDinge keine Artefakte, die sich
mit einer herkömmlichen Artefaktanalyse (Lueger und Froschauer 2018) hinreichend
beschreiben lassen. Sie gehören vielmehr einer »neuen Klasse von Dingen«
(Jörissen 2015, S. 222) an, die Streuungen verschiedener Designansätze und
(Versions-)Reihen in entsprechenden Planungsprozessen darstellen, dabei an
musik- und medienkulturelle Semantiken anknüpfen und beständig Marktanalysen
und User Experiences in den Designprozess zurückkoppeln, um im nächsten
Software-Update möglicherweise ganz neue Optionen zur Verfügung zu stellen, die
das Artefakt grundlegend transformieren können. Aus erziehungswissenschaftlicher
Perspektive lassen sie sich als spezifisch designte Subjektivationsangebote auffassen, die durch ihr Design und das in ihm verkörperte, strukturimmanente Wissen
die Gebrauchsweisen und »Relationierungspotenziale in Hinblick auf andere
(dingliche oder menschliche) Akteure« (Jörissen 2015, S. 215) präfigurieren. Sie sind
also immer als Angebote zu verstehen, »auf bestimmte Weise zu Nutzer-Subjekten
(Konsumenten, Rezipienten, Prosumenten etc.) zu werden« (ebd.). Diskutiert wird
dieser Angebotscharakter in der Regel unter dem der Psychologie entlehnten Begriff
der Affordanz (Gibson 1986), den Don Norman (1988; 2016) in den Designdiskurs
und ins Feld der Human-Computer Interaction eingeführt hat. Auch die Medienwissenschaft kann von dieser Perspektive profitieren, da mit ihr Gegenstände
anders in den Blick genommen werden können und man das Spannungsfeld
zwischen antizipierter Nutzung und tatsächlichem Gebrauch als Forschungsbereich
öffnet. Ein letzter wichtiger Aspekt ist schließlich, dass MusikmachDinge selten
182
alleine auftreten. Ihr Betrieb erfordert eine bestimmte Infrastruktur und sie tendieren
dazu, Medienökologien (Fuller 2005; Ito, Baumer und Bittani et al. 2009; GfM 2016)
zu etablieren. Insofern erfordert ihre Analyse auch eine Sensibilität gegenüber
medienökologischen Emergenzen und ein Wissen darum, dass nicht nur Einzeldinge, sondern auch »Set-ups« (Ismaiel-Wendt und Pfaffenholz 2018) mit mehreren
verschalteten Dingen im Auge zu behalten sind, da sich die Affordanzen dadurch
grundlegend verändern können. In Bezug auf die kulturtransformatorischen
Potenziale medialer Artefakte kann diese medienökologische Sensibilität selbst
Nachhaltigkeitsfragen umfassen, wie sie etwa Jussi Parikka (2017) thematisiert.
Abb. 1–4: Fotos von Setups, die von Proband*innen unserer Studie entwickelt wurden. In
einem Fall wurde sogar ein Case für das »Meta-Instrument« gefertigt, das nach langen
Experimenten mit Gerätekombinationen entstand.
3 Bildungstheoretische Strukturanalysen: Die Rekonstruktion
von Subjektivierungsangeboten
Bildungstheoretische Strukturanalysen machen bildungstheoretisch relevante
Artefaktpotenziale sichtbar. Ideengeschichtlich knüpfen sie an die strukturale
Bildungstheorie und deren Feststellung an, dass »Reflexionsoptionen (auch) durch
die Form des Mediums erzeugt werden« (Jörissen und Marotzki 2009, S. 59). Dieser
Gedanke wird ähnlich wie in Lorenz Engells Medienphilosophie (Engell 2003) von
der Form- auch auf die Artefaktebene übertragen, wobei prinzipiell gilt: mediale
183
Artefakte können Bildungsprozesse anregen, aber sie müssen nicht. Findet ein
regelmäßiger Gebrauch statt, so ist jedoch zumindest von medienepistemologischen Wirkungen auszugehen.
Im Anschluss an die Forderung der strukturalen Medienbildung, »die Bildungspotenziale von Medien – unter starker Betonung der medialen Gefüge selbst – auf
verschiedenen Ebenen struktursensitiv zu erschließen« (Jörissen 2011, S. 226),
werden in einem ersten Analyseschritt die Elemente und die Funktionalität der
medialen Artefakte untersucht. Um synchrone Vergleichshorizonte zu generieren,
werden dabei auch das Marktumfeld und die Angebote der Konkurrenz in den Blick
genommen. Im zweiten Schritt werden diese Erkenntnisse systematisiert und drei
Subjektivierungsebenen zugeordnet. Dabei werden auch diachrone Vergleichshorizonte medien- und kulturgeschichtlicher Art einbezogen, um Bildungspotenziale
historisch zu verorten und nach kulturtransformatorischen Potenzialen zu fragen.
Das in diesem Rahmen entwickelte Schema kann zudem dafür verwendet werden,
die Strukturanalysen mit den Videographien und den Interviews von Proband*innen
abzugleichen, da sich die drei schematischen Ebenen auch dort sehr gut untersuchen lassen. Im dritten und letzten Schritt der Analyse lässt sich anhand der
Merkmalskombinationen der Geräte schließlich eine Hand voll (selektiver) Codes
finden, mit denen sich das Feld der MusikmachDinge in Bezug auf die bildungstheoretisch besonders relevanten Aspekte kartieren und dimensionieren lässt.
Die leitende Frage in allen drei Analyseschritten ist stets, welche Mensch-DingRelationen durch ein spezifisches Design ermöglicht werden. Jedes Design geht
von bestimmten Annahmen über die Nutzer*innen und deren ästhetische Präferenzen, über Gebrauchsweisen und musikalische sowie soziale Kontexte aus, denen
immer auch Annahmen darüber zugrunde liegen, was musikalische Praxis ausmacht, was als Musik gelten kann und was musikalische Kreativität auszeichnet.
Diese Annahmen können das Denken von Designer*innen implizit prägen oder sie
können als explizite Designhypothesen formuliert worden sein. In beiden Fällen wird
qua Design eine bestimmte Wissensbasis vorausgesetzt, die auf ein spezifisches
Set an Praktiken hinausläuft, welche sich mit dem MusikmachDing sinnvollerweise
nur realisieren lassen. Die Struktur von Designhypothesen lautet: »Wenn unter
gegebenen Kontextbedingungen Z die Maßnahme X gesetzt wird, dann sind
folgende Wirkungen Y aufgrund der Mechanismen M zu erwarten« (Richter 2011).
Designhypothesen und -annahmen lassen sich in Interviews recherchieren, die mit
Designer*innen geführt wurden, aber auch in Anleitungen und Archiven mit internen
Firmenkorrespondenzen. Selbst nicht recherchierbare Annahmen können jedoch
soweit rekonstruiert werden, dass sich Aussagen über die im Design angelegten
Bildungspotenziale ableiten lassen. Fokussiert werden dabei stets Relationierungs-
184
möglichkeiten und designerisch implementierte Subjekt-Anrufungen, die bestimmte
Subjekttypen adressieren und bestimmte Subjektivierungsweisen einfordern.
Abb. 5: Schematische Darstellung eines Designprozesses, der auf Designhypothesen
aufbaut. Kontextbedingungen plus Designmaßnahmen führen über angenommene
Mechanismen zu bestimmten Wirkungen (entnommen aus Richter 2011).
3.1 Untersuchung von Artefakt-Design und Marktumfeld
Der erste Analyseschritt umfasst ausgiebige Recherchen zum medialen Artefakt. Es
geht darum, sich einen Überblick zu verschaffen, wie das MusikmachDing vermarktet wird und an welche Zielgruppe(n) es sich richtet. Hilfreich dabei ist, auch
ähnliche Dinge in anderen Preisklassen zu recherchieren und die Werbeclaims, die
Sprache und die Funktionsumfänge zu vergleichen, mit denen sie jeweils präsentiert
werden. Dadurch entstehen erste komparative Horizonte, durch die sich das
Marktsegment erschließt, das für die jeweiligen Designkalküle eine entscheidende
Rolle spielt. Danach werden alle Artefaktelemente und -funktionen aufgelistet und
es werden Memos (Charmaz 2006, S. 72–95; Breuer, Muckel und Dieris 2019, S.
175–189) zum Erscheinungsbild, zu den Bedienweisen, zur Verarbeitung, zu den
verwendeten Materialien, zur Haptik und zu den damit verbundenen Konzepten
erstellt. Hilfreich ist auch das Erstellen von Maps, in denen die im Design angelegten Situationen und ihre menschlichen und nichtmenschlichen Akteur*innen in
Bezug auf ihre Relationierungsmöglichkeiten untersucht werden (Clarke 2005, S.
83–290; Clarke, Friese und Washburn 2022). Dabei lässt sich, wie im Stil der
Grounded Theory üblich, nicht nur über die Spezifika der Elemente und ihre Relationen, sondern auch über Minimal- und Maximalkontraste nachdenken: Wie hätte ein
185
Element noch realisiert werden können und warum hat es genau die Form und das
Material, das verwendet wurde? In welche Position werden die Nutzenden dadurch
versetzt und auf welche spezifische Weise werden der Körper und die Sinne in
Anspruch genommen?
Ein Interface-Element zum Einstellen eines Parameters kann z. B. als Fader
realisiert sein, mit Step-Tasten zur inkrementellen Veränderung des Werts oder mit
einem X/Y-Touch-Pad, das gewischt und angetippt werden kann. Zudem können
Regler leichtläufig sein oder mehr Widerstand bieten, sie können bei jeder
Wertänderung einrasten oder auch nicht. All diese Realisationen, die zudem ganz
unterschiedlich auf einer Bedienoberfläche angeordnet sein können (auch Bjørn
2021, S. 60-109, 128–141), ermöglichen andere Explorationsmodi, Ausdrucksmöglichkeiten und Musizierpraktiken. Ein gerasterter Regler etwa erlaubt das Einstellen
eines Parameters, ohne den Blick auf ein optisches Display werfen zu müssen, auf
dem der Wert angezeigt wird. In Live-Situationen können Einstellungen so rein
haptisch exakt reproduziert werden. Bei einem Endlos-Drehregler ist dies nicht der
Fall, er hat jedoch andere Vorteile. Keine der beiden Möglichkeiten erlaubt jedoch
Parameter-Sprünge, wie sie sich mit einem Touch-Pad oder einem Schalter
realisieren lassen usw. All dies kann für Musizierprozesse relevant sein und sich auf
die mögliche musikalische Ästhetik auswirken. Bedeutsam ist natürlich auch, ob
Batteriebetrieb möglich ist, oder ob der Körper an bestimmte Orte und Settings
gebunden bleibt.
In Interviews mit Designer*innen treten oft ganz bestimmte Musizierverständnisse
und »Nutzerkonstruktionen – im Englischen auch als ›configuration of users‹
bezeichnet« (Weber 2008, S. 54) – zutage, die den Designprozess (neben Kostenfaktoren) maßgeblich strukturieren. Als Beispiel sei hier der »Performance-Sampler«
Octatrack MKII genannt. Nach den Aussagen des Designers zielt das Design explizit
nicht auf die identische Reproduktion von Performances ab, da dies schlicht nicht
seinem Kreativitätsverständnis entspricht. Seiner Auffassung nach sollte Musizieren
stets zu einzigartigen, nicht reproduzierbaren und überraschenden Ergebnissen
führen. Diese Idee zieht sich in Folge durch das gesamte Gerätedesign, das explizit
als Inspirationsquelle und als eine Art »Ko-Komponist« konzipiert ist und es den
Nutzenden nahelegen will, sich Improvisationssituationen zu öffnen, in der MenschMaschine-Interaktion mit situativen Emergenzen zu spielen, dabei genau zuzuhören,
und mit der Zeit eine solche Routine zu entwickeln, dass vor allem haptisch mit dem
Gerät interagiert werden kann, ohne noch einen Blick darauf werfen zu müssen.
Entsprechend werden weder gerasterte Bedienelemente noch ein größeres optisches Display verwendet. Dafür listet die Anleitung sechzig Tastenkombinationen
auf, die ein schnelles und intuitives Interagieren ermöglichen, aber nur bei
186
andauerndem Gebrauch in das motorische Gedächtnis übergehen. Andere
MusikmachDinge hingegen regen eher dazu an, Musizier- und Musikproduktionssituationen möglichst exakt zu kontrollieren, was z. B. bei Auftritten mehr Sicherheit
verspricht, aber auch eine andere Musiziererfahrung nach sich zieht und auf andere
Weise subjektivierend wirkt. Die Gründe für solche Designentscheidungen müssen
jedoch nicht unbedingt in einem ausgeklügelten Konzeptmodell (Norman 2016, S.
24–25; Ernst 2017a, S. 101–102) und einer spezifischen Designphilosophie liegen.
Sie können auch auf Gedankenlosigkeit zurückgehen oder ökonomisch motiviert
sein, weil z. B. dieselben Bauteile auch in anderen Produktionslinien verwendet
werden usw. Für die Einschätzung der möglichen Praktiken und soziotechnischen
Relationen spielt dies keine Rolle.
Wichtig bei alldem ist, dass aus bildungstheoretischer Perspektive nicht gilt: je
umfangreicher die Funktionalität und je beeindruckender die technischen Kennwerte, desto besser. Unter Umständen kann sogar – abhängig von der Haltung der
Nutzenden (Donner und Jörissen 2022b), von Interessen, Vorwissen, ästhetischen
Präferenzen und dem jeweiligen musikalischen Setting – das Gegenteil der Fall sein.
Entscheidend ist immer die relationale Ebene, also die Frage, ob sich eine Passung
von Nutzenden und medialen Strukturmerkmalen ergibt. Denn erst im Rahmen einer
solchen Passung können sich Bildungspotenziale realisieren. Zusammenfassend
haben wir im ersten Schritt des heuristischen Vorgehens von abstrakten Fragen
nach der Vermarktungsstrategie, der Ästhetik und Qualität des Gerätedesigns,
seiner Klanglichkeit und den realisierbaren Musikstile über gerätenahe Fragen nach
dem Funktionsumfang, der Sensorik sowie Hard- und Software- Schnittstellen bis
hin zu Fragen nach den in Anspruch genommenen Körperteilen, Sinnen und Spielmodi gestellt. Der iterative Prozess der Analyse aller MusikmachDinge aus unserem
Pool führte im Rahmen der Grounded-Theory-Methodologie zu einem synchronen
Strukturanalysemodell, nach dem sich die Strukturelemente von MusikmachDingen
vergleichend untersuchen lassen nach ihre
•
•
•
•
•
•
Affordanzstruktur
Performanzstruktur
Wissens- und Gedächnisstruktur
Konnektivitätsstruktur
Temporalitätsstruktur
Vermarktungsstruktur und damit verbundener rechtlicher Aspekte.
Das Modell macht deutlich, dass es nicht allein mit Online-Recherchen und dem
Lesen von Bedienungsanleitungen getan ist, sondern dass auch eine intensive
Hands-on-Exploration der Dinge erforderlich ist. Affordanzen, Performanzen und
187
Abb. 6: Synchrones Strukturanalysemodell für MusikmachDinge aus Jörissen und Donner
2022, S. 22.
Wissens- wie Gedächtnisstrukturen erschließen sich nur im operativen Vollzug. Wie
schon der Begriff der »trans-action«, so unterläuft auch der Affordanzbegriff die
Subjekt-Objekt-Dichotomie und ergibt sich erst auf relationaler Ebene. Bei Gibson
heißt es dazu: »An affordance cuts across the dichotomy of subjective-objective
and helps us to understand its inadequacy. It is equally a fact of the environment
and a fact of behavior. It is both physical and psychical, yet neither. An affordance
points both ways, to the environment and to the observer« (1986, S. 129). Im
Design-Diskurs wird der Begriff häufig etwas essentialistischer verwendet im Sinne
der Bezeichnung von objektiven Dingeigenschaften, die entsprechend eindeutig
gestaltbar sind (vgl. z. B. Norman 1988, S. 9–11). Tatsächlich spielen jedoch immer
die Artefakteigenschaften und deren kontextabhängige Deutung eine Rolle. Daher
muss beim Erstellen von Strukturanalysen auch die eigene Wahrnehmung autoethnografisch reflektiert werden (Ellis, Adams und Bochner 2011; Denshire 2014;
Oshlyansky, Thimbleby und Cairns 2004), da auch sie mit dem eigenen Interesse,
Vorwissen und Expertisegrad korrespondiert (➝ Handbuchbeitrag Bareither).
In Bezug auf die mit einem MusikmachDing möglichen Musizierpraxen und
Subjektivierungsformen sind zudem nicht in erster Linie die symbolischen Repräsentationen seiner Bedienschnittstelle bedeutsam. Viel zentraler ist – gerade bei
einer Kulturtechnik wie dem Musizieren – die körperlich-materielle Ebene, auf der
sich Prozesse der verkörperten Interaktivität (Hyun Kim und Seifert 2017) als
188
Routinen der Praxis einspielen. Mit einer Entlehnung von Jacques Rancière können
Interfaces auch als mediale »Sinnlichkeitsregimes« (Donner 2022, S. 369–372)
begriffen werden, denen jeweils eine bestimmte Körperpolitik zueigen ist. Dies
verweist erstens darauf, dass stets zu bedenken ist, welche Sinnesmodalitäten,
Körperteile und Fertigkeiten auf welche Weise involviert werden und ob es eventuell
Zubehör gibt, mit dem dies geändert und/oder erweitert werden kann. Zweitens
wird dadurch deutlich, dass Mensch-Maschine-Passungen nicht allein vom kognitiven Verständnis einer Bedienschnittstelle abhängen, sondern dass sie in zentraler
Weise Aspekte der Verkörperung und ein spezielles Körperwissen einfordern und
evozieren (Svanæs 2000; 2013; Tanaka 2019), das lerntheoretisch eine zentrale
Rolle spielt (Alkemeyer und Brümmer 2019). Und drittens weisen die Begriffe des
Sinnlichkeitsregimes und der Körperpolitik darauf hin, dass auf körperlicher Ebene
auch Dissens mit Interfaces möglich ist, der zur Ablehnung oder auch zu »Hacks«
und kreativen Umnutzungen führen kann.
Auf Basis des ersten Analyseschritts ergibt sich bereits ein gutes Bild des
Artefakts, von dem aus sich fragen lässt: Was für ein Subjekt muss man sein bzw.
werden, um konstruktiv mit ihm umgehen zu können? Über welches Wissen und
Können, welches Ästhetik- und Musikverständnis sollte man aus affordanztheoretischer Perspektive verfügen und wie normativ bzw. restriktiv ist dies umgesetzt?
Von welchen Modi oder Typen von Musiziersituationen wird ausgegangen, welche
Körper- und Raumdispositionen werden vorausgesetzt? Welcher ökonomische
Hintergrund ist erforderlich und als was für ein Subjekt positioniert man sich
möglicherweise gegenüber Dritten durch den Besitz eines Geräts? Existieren im
Design wichtige Einschränkungen und können sie schlüssig begründet werden oder
eher nicht? Und wie sehen mögliche Formen des gemeinsamen Musizierens aus?
3.2 Mediengeschichtliche Kontextualisierung der bildungstheoretischen
Perspektive und Kontrastierung der Strukturanalysen mit den
Videographien
Um die Bildungspotenziale der MusikmachDinge kulturhistorisch einzuordnen und
zugleich nach medieninduzierten kulturellen Transformationsprozessen fragen zu
können, wurde ein dreigliedriges Schema entwickelt, das es erlaubt, die verschiedenen Datenarten – also die bisherige Analyse sowie die Videographien und Interviews von Proband*innen – subjektivationstheoretisch perspektiviert aufeinander zu
beziehen und dabei auch diachrone Vergleichshorizonte einfließen zu lassen. Bei
den drei Ebenen des Schemas handelt es sich um eine rein analytische Trennung,
da sie faktisch immer miteinander verschränkt sind. Dennoch ist ihre Unterscheidung hilfreich, denn zum einen lassen sie sich sowohl in den Artefaktanalysen als
189
auch in den Videographien und Interviews gesondert untersuchen und in Folge in
ihrem Verhältnis zueinander vergleichen. Und zum anderen treten dabei nicht selten
Differenzen und Inkohärenzen zwischen den Ebenen zutage, die im bildungs- und
kulturtheoretischen Sinn Irritationspotenziale bergen und zu Quellen der Emergenz
werden können, die nach einer produktiven Bearbeitung verlangen, wobei wiederum
Bildungsprozesse und neue kulturelle Muster entstehen können.
Alle drei Ebenen des Schemas – die Artefakt-Ebene, die Praxisebene und die
semantisch- diskursive Ebene – sind jeweils vor dem Hintergrund ihrer historischen
Entwicklung zu verstehen. Zu fragen ist also stets: Wie sahen die Medienpraktiken
aus, die denjenigen vorausgingen, welche sich mit dem untersuchten Artefakt
realisieren lassen? Welche Apparaturen und Infrastrukturen spielten dabei eine
Rolle, wie kamen sie zum Einsatz und welche Semantiken waren damit verbunden?
Wie prägten sie das Geschehen, wie positionierten sie die Nutzenden und welche
Selbst- und Weltverhältnisse legten sie nahe? Aus welchen mediengeschichtlichen
Kontexten stammen die Elemente des untersuchten Artefakts und welche Praktiken
verbinden sich dort damit? Das Hinzuziehen diachroner Vergleichshorizonte ermöglicht es, kulturtransformatorische Logiken in den Blick zu bekommen, die sich mit
einem Artefakt verbinden. Die drei Ebenen, nach denen die Erkenntnisse aus den
vorigen Schritten nun also sortiert und historisch konzeptualisiert werden, sind:
DIE MATERIELLE UND TECHNOLOGISCHE ARTEFAKT-EBENE
Darunter fallen die Materialität des Artefakts, seine Techno-Logiken, sein funktionaler Aufbau, seine Haptik, sein visuelles Feedback, Affordanzen, Konnektivitätsangebote usw. Auch wenn sich zwischen den einzelnen Ebenen keine trennscharfe
Grenze ziehen lässt, ordnen wir dies subjektseitig einer affektiven bzw. intuitiven
Ebene zu. Martina Leeker (2019, S. 13) weist darauf hin, dass die designerische
Planung von Affordanzen nicht zuletzt darauf abzielt, Objekte zu »Objekten-alsAffekt« zu machen, da Designdinge aus ökonomischen aber auch aus WorkflowGründen intuitiv und affektiv ansprechen sollen. In den Videographien wird diese
affektive Ebene (auch Massumi 2015, S. 47–51; Fullagar und Bozalek 2022) etwa in
der intuitiven Interaktion mit gängigen Bedienelementen und technischem Feedback
sichtbar, aber auch wenn ein Workflow unvermittelt unterbrochen wird, um über eine
handschmeichlerische Oberfläche zu streicheln, oder in entzückten Ausrufen bei
einer ansprechenden visuellen Animation auf einem Display. Auch Jin Hyun Kim und
Uwe Seifert (2017) betonen die zentrale Bedeutung von verkörperter Interaktivität in
Bezug auf MusikmachDinge, die als »autonome Agenten« mit einer eigenen »musi-
190
cal agency« qua Design explizit auf bestimmte Agent-Umwelt-Kopplungen abzielen
und dabei Formen der unmittelbaren Reaktion evozieren (auch Scherffig 2018).
In diachroner medien- und kulturgeschichtlicher Perspektive ist von Bedeutung,
dass die Elemente eines MusikmachDing in der Regel eine Vorgeschichte haben,
die wiederum auf andere Medienkontexte verweist, deren eigene Designgeschichte
oft auf die ein oder andere Weise in das neue Artefakt einfließt. Aus diesem Grund
ist letztlich auch ein medienarchäologischer Blick (Ernst 2004; 2017b; 2020; ➝
Handbuchbeitrag Schröter) gefragt. Bei Crossfadern, einem zentralen Bedienelement des Octatrack, gibt es medienarchäologisch z. B. ganz unterschiedliche
Realisationen und Bediencharakteristiken, die mit technologischen Entwicklungsständen zusammenhängen, sich aber auch in Verbindung mit spezifischen
künstlerischen Praktiken weiterentwickelt haben. Denn ein Hip-Hop DJ, der
scratcht, cuttet und Beats jugglet benötigt eine ganz andere Fader-Charakteristik als
ein House- oder Techno-DJ, der Tracks minutenlang überblendet und eine Art LiveRemix mit langgezogenen Verläufen gestaltet. MusikmachDing-Geschichten lassen
sich also keinesfalls monokausal erklären und linear erzählen (auch Pelleter 2022;
Löwgren und Stolterman 2004, S. 141–144). Die im konkreten Technologiedesign
verkörperten musikkulturellen Aspekte verweisen auf die nächste Analyseebene:
DIE ANWENDUNGSBEZOGENE PRAXISTHEORETISCHE EBENE
Die anwendungsbezogene praxistheoretische Ebene korrespondiert bei entsprechender Passung mit der sukzessiven Ausbildung von Habits, die zum Teil
schon im Designprozess antizipiert und vom Schnittstellendesign evoziert werden.
Zu denken wäre hier beispielsweise an sich oft wiederholende Bewegungsabläufe,
die bei regelmäßigem Gebrauch zwangsläufig zu Routinen der Praxis werden, aber
auch an wiederkehrende schematische Vorgehensweisen. Jedes Design geht von
bestimmten Annahmen über Einsatzszenarien und Gebrauchsweisen aus, denen
immer auch Annahmen darüber zugrunde liegen, was als Musizieren gelten kann
und was musikalische Praktiken und Praxis auszeichnet.
Der Octatrack lässt sich beispielsweise sehr flexibel konfigurieren und kann daher
in ganz unterschiedlichen Szenarien und Funktionen zum Einsatz kommen. Da er
nur über wenige Klang-Presets verfügt, fordert er diese Konfiguration jedoch auch
explizit ein, wenn man über die erste Exploration hinaus sinnvoll mit ihm umgehen
will. Das Design geht also von einem Subjekt aus, dem die Konfiguration komplexer
Möglichkeiten nach dem jeweiligen Projektkontext bereits zur Gewohnheit geworden ist und das eine Vorstellung von verschiedenen Gebrauchsweisen und
Szenarien hat oder zumindest bereit ist, sie mit einigem gedanklichen Aufwand zu
191
entwickeln. Wer sich darauf nicht einlässt oder dies nicht erkennt, scheitert bzw.
wendet sich auch in den erhobenen Videographien schnell wieder ab. Auch wer
herkömmliche instrumentale Ausdrucksmöglichkeiten erwartet, wird enttäuscht. Wer
sich jedoch auf technologisch inspiriertes, »ko-operatives« und in diesem Sinne
konzeptionelles Musizieren einlässt, wer Vorwissen und Geduld bei der Einarbeitung
mitbringt und zudem überlegt, was für Medienökologien sich mit Hilfe des Octatrack
realisieren lassen, erkennt schnell, dass es sich um ein einzigartiges Gerät handelt.
Da solche Affordanzen sich nur erfahrend und im operativen Vollzug erschließen,
erfordert die zweite Analyseebene eine ausgiebige autoethnografisch reflektierte
Hand-on-Exploration, die mit designanalytischem Blick erfolgt. Dies verweist
schließlich auf die dritte Analyseebene:
DIE SEMANTISCH-KULTURELLE EBENE
Individuelle Habits werden bei der Adaption durch Peers zu neuen kulturellen
Formen, um die sich eigene (Sub-)Kulturen und Semantiken bilden, welche
wiederum neue Artefakt-Generationen, neue Musik- und Musizierverständnisse und
damit einhergehend neue Welt- und Selbstverhältnisse anregen können. Zu
Diskursen geronnen spielen sie als spezifische historische Formationen auch schon
bei der Bewerbung, Rezeption und Exploration der MusikmachDinge eine Rolle. Das
Design des Octatrack knüpft mit seinem Crossfader an Hiphop- und elektronische
DJ-Traditionen an, aber mit seiner Loop-Logik auch an die experimentelle TonbandMusik der musique concrète und der Tape Music um John Cage (Ruschkowski
1998, S. 184–228). Designseitig zeigt sich dies unter anderem darin, dass beim
Sampling ein laufendes Tonband im Display erscheint und ähnlich wie bei Tonbandmaschinen rekursives Sampling möglich ist, bei dem der Output für die weitere
Modifikation kontinuierlich in den Input zurückgespeist wird. Wer den Octatrack
bedient, muss diese historischen Kontexte nicht kennen, um allein durch das
Gerätedesign dennoch auf sie zu rekurrieren. Das von Sybille Krämer (1993) in
Bezug auf Digitaltechnologien konstatierte Auseinandertreten von Begründungsund Verfügungswissen äußert sich in diesem Fall nicht zuletzt darin, dass hier
hochavancierte Kunst- und Technologiediskurse zu einer Consumer-Technologie
geronnen sind, die nunmehr in kompakter und handhabbarer Form all jenen zur
Verfügung steht, die sie sich leisten können. Diese Ding-vermittelte »Demokratisierung« avantgardistischer Praktiken und Diskurse ermöglicht wiederum ganz neue
Anschlüsse und Übersetzungen in Praxisfelder, die weit über deren ursprüngliche
Nischen hinausreichen können.
192
Erst vor dem Hintergrund der historischen Kontextualisierung und all ihrer
Rekursionen zeichnen sich die spezifischen Bildungs- und kulturtransformativen
Potenziale eines medialen Artefakts ab. So begann etwa ein Teilnehmer unserer
Studie, der sich intensiv mit dem Octatrack auseinandersetzte, plötzlich mit großer
Begeisterung, eigene Kassetten-Tape-Loops (auch Lavoie 2020) zu produzieren,
nachdem er anfangs noch großen Wert auf herkömmliches instrumentales
Musizieren gelegt und sich als klassisches Autoren- bzw. Songwriter-Subjekt
beschrieben hatte. Er entdeckte und kultivierte jedoch nicht nur die Praxis des
Tape-Loopings erneut – ohne sich darüber im Klaren zu sein, dass der Octatrack
eine digital erweiterte Variante desselben Konzepts darstellt –, sondern er schleifte
die etwas statisch klingenden, sich nach wenigen Sekunden wiederholenden TapeLoops auch durch den Octatrack hindurch, um sie mit dessen erweiterten
Möglichkeiten unterschwellig zu modulieren und dadurch klanglich-musikalisch
interessanter zu machen.
Abb. 7: Visuelle Augmentierung zweier Generationen von (Tape-)Loop-Technologien; Bild
von einem Teilnehmer aus unserer Studie.
DIE DREI EBENEN IM SCHEMATISCHEN ÜBERBLICK
Die Trennung der drei geschilderten und stets miteinander verschränkten Ebenen
hat sich bei der Analyse des empirischen Materials bewährt. Sowohl in Bezug auf
die Artefakte als auch in Bezug auf die Videographien lässt sich meist gut zwischen
der digital-materiellen Artefaktebene und ihrer instantanen interaktiven Wirkmacht,
193
der pragmatischen Ebene und den sich ausbildenden Habits sowie der semantischdiskursiven Ebene unterscheiden. Durch die analytische Trennung lassen sich insbesondere auch Irritationen und Inkohärenzen zwischen den Ebenen in den Blick
nehmen und analytisch fruchtbar machen. So wurde in den Autovideographien
verbal oft etwas völlig anderes beschrieben als zeitgleich praktisch vorgeführt
wurde, obwohl die Proband*innen der Meinung waren, sie würden erläutern, was sie
gerade tun. Zur Beschreibung ihrer Praktiken griffen sie schlicht auf tradierte
Argumentationen, Begriffe und diskursive Schablonen zurück, auch wenn die Praxis
durch ein Gerätedesign überhaupt nicht mehr den verwendeten Sprachbildern
entsprach. Manchmal bemerkten die Proband*innen dies und suchten explizit nach
neuen Worten, was sich wiederum als ein starker Hinweis auf das transgressive
Potenzial eines Artefakts deuten lässt. Als Versammlungen des Diversen (Théberge
2017) interagieren Musikmach-Dinge immer auf mehreren Ebenen zugleich mit uns.
Und als kommerzielle Produkte sollen sie uns dabei nicht zuletzt emotional
affizieren.
Die Bezeichnung der praxistheoretischen Ebene als einer individuellen mag jene
Praxistheoretiker*innen irritieren, die Praktiken per se als soziale Praktiken (Schatzki
2012) definieren. Im vorliegenden Kontext bezieht sich der Begriff jedoch auf das
Individuelle der körperlich-materiellen Ereignisebene, die zwar auch von sozialen
und kulturellen Wahrnehmungs- und Erkenntnisweisen ausgeht, jedoch ihre ganz
eigenen Emergenzen zeitigt (auch Bozalek und Taylor 2022). Die Fokussierung der
Ereignisebene erlaubt es insbesondere, Habits in statu nascendi zu fokussieren und
dabei nicht immer schon davon auszugehen, dass sie sich ausschließlich aus
sozialen Dispositionen, Regeln und Institutionalisierungen speisen, sondern es sich
auch um ein emergentes Geschehen im Zusammenspiel mit Artefaktpotenzialen
handeln kann. Dies korreliert nicht zuletzt mit dem Begriff der »trans-action« von
194
Dewey und Bentley (1949) und mit der situationsanalytischen Erweiterung der
Grounded Theory (Clarke 2005; Clarke, Friese und Washburn 2022).
3.3 Selektive Codes zur Kartierung des Feldes
Im letzten Schritt werden im Rahmen der Grounded-Theory-Methodologie aus den
Merkmalskombinationen der beforschten Geräte selektive Codes gebildet, mit
denen sich das Feld der untersuchten Artefakte in Bezug auf bildungstheoretisch
besonders relevante Aspekte dimensional kartieren lässt. Dies ermöglicht eine
schnelle und pragmatische Einschätzung der medialen Artefakte aus dem beforschten Feld. Die selektiven Codes, die aus den Detailanalysen der MusikmachDinge
und der Autovideographien hervorgehen, bilden schematisch eine Bandbreite an
Bildungspotenzialen und damit verbundenen Subjektpositionen ab, die sich an
MusikmachDingen rekonstruieren lassen und die mit den drei Ebenen des
Subjektivierungsmodells in Verbindung stehen. Für uns haben sich im Verlauf der
Studie folgende selektive Codes herausgebildet, deren Implikationen hier nur kurz
angedeutet werden können:
• Instrumental-Metapher (Wernicke 2022) versus Loop-Paradigma (auch Garcia
2005; Butler 2014, S. 173–228; Baumgärtel 2015; Beil 2017) – bezieht sich vor
allem auf das Erscheinungsbild und Bedien-Interface eines MusikmachDing
und auf den vorrangigen Modus des Musizierens: werden durch das Design
eher traditionell-handwerkliche Musizierverständnisse aufgerufen oder wird an
konzeptionelle Musizierverständnisse angeknüpft wie sie in der musique
concrète, der Tape Music, sequenzierter Computer-Musik oder im DJing
entwickelt worden sind?
• Dimensionen der Responsivität – bezieht sich auf körperliche Interaktionsmöglichkeiten und deren (fein-)motorische Anforderungen: korrespondiert
geräteseitig mit der Sensorik und der internen Verarbeitung von ControllerDaten.
• Planbarkeit versus Serendipität – bezieht sich auf die Kontrollierbarkeit und
Reproduzierbarkeit von sonischen Ereignissen: Wird ein Kontrollsubjekt angerufen oder eines, das es vorzieht, sich lustvoll auf emergente transaktionale
Hybrid-Performances und Modi der konfluenten (Adams und Thompson 2016,
S. 110) Subjektivation einzulassen?
• Ludizität versus Arbeit – bezieht sich insbesondere auf die Erschließungs-, aber
auch auf die qua Affordanz nahegelegten Gebrauchsweisen eines MusikmachDing.
195
• Orientierendes Design versus Metadesign (Ehn 2013, S. 91–94) – bezieht sich
auf die funktionale Flexibilität eines MusikmachDing und auf die Variabilität
seiner Einsatzmöglichkeiten in Setups bzw. Medienökologien.
Wie im Stil der Grounded Theory üblich, können die Codes auch Unterdimensionen
enthalten. Wichtig ist jedoch, dass es sich um Schwerpunktsetzungen hinsichtlich
besonders relevanter Bildungspotenziale handelt. In der Praxis korrespondieren
diese Schwerpunkte wie erwähnt immer mit der persönlichen Haltung der
Nutzer*innen (Donner und Jörissen 2022b), was dazu führt, dass sich relationale
Passungen ausbilden oder auch nicht. Reproduziert sich bei vielen Nutzer*innen
eine ähnliche Passung, weil sie sich als besonders spannend, produktiv oder
unterhaltsam erweist, so kann dadurch sukzessive eine (neue) kulturelle Form
entstehen. In diesem Fall differenziert sich auch die Unterklasse der MusikmachDinge, die mit dieser Form in Verbindung steht, weiter aus, und die mit ihr
verbundenen Bildungsprozesse und Subjektpositionen werden auf die ein oder
andere Weise sozial institutionalisiert.
4 Fazit
Bildungstheoretische Strukturanalysen können als ein allgemeines Verfahren zur
Analyse von technischen Medien betrachtet werden, so man sich für ihre Bildungspotenziale interessiert. Sie machen Potenziale von medialen Artefakten sichtbar, die
mit bestimmten Subjektpositionen korrespondieren und dadurch eine Transformation von Selbst- und Weltverhältnissen anregen können. Dazu verbinden sie
medientheoretische mit designanalytischen und subjektivationstheoretischen Perspektiven, wobei immer die Relationierungsmöglichkeiten von Mensch und Medium
sowie deren spezifische Bildungspotenziale im Fokus stehen. Der hier eingeführte
designanalytische Blick über mehrere Analyseschritte erlaubt die Rekonstruktion
von Marktlogiken und Annahmen der Designenden über die User*innen und deren
Gebrauchsweisen. Die medientheoretischen und mediengeschichtlichen Perspektiven ergänzen medienkulturelle und technikhistorische Horizonte sowie die Reflexion
technischer Eigenlogiken. Das daraus resultierende Subjektivierungsschema, das
drei miteinander verschränkte Relationierungsebenen unterscheidet, die quer zur
klassischen Dichotomie von Subjekt und Objekt verlaufen, propagiert letztlich eine
postanthropozentrische Perspektivierung, die den ontologischen Pluralismus der
Existenz von verschiedenen, nicht aufeinander reduzierbaren (Wissens-)Ebenen
anerkennt und ihn empirisch fruchtbar zu machen sucht. Mit dieser Perspektive
lässt sich ein von Medien induzierter Wandel von Bildungs- und Subjektivationsprozessen methodisch kontrolliert untersuchen und dabei auch auf kulturtrans196
formatorische Potenziale schließen. Neue Medientechnologien und -designs können
neue Subjektivierungsweisen, neue Subjekttypen und neue kulturelle Formen
evozieren, während die mit ihnen realisierten Medienpraktiken und ihre kulturellen
Semantiken wiederum die Entwicklung und Gestaltung neuer Medientechnologien
und Mediendesigns beeinflussen. Diesen Zusammenhang könnte man auch als
einen Prozess der »konfluenten Subjektivation« bezeichnen.
Ob sich unser aufwändiges und kostenintensives Forschungsdesign mit vielen
Proband*innen ebenso gut auf überschaubarere Settings übertragen lässt, wird sich
erweisen. In der Medienwissenschaft lassen sich damit kritische neue Perspektiven
auf Gegenstände entwickeln, die insbesondere im Kontext des Material Turn
bedeutsam werden können. Da auch in kleineren Settings eine ausgiebige
Auseinandersetzung mit den Artefakten erforderlich ist, die eine umfassende Handson-Exploration umfasst, ist davon auszugehen, dass sie bei entsprechender
theoretischer Sensibilität ebenfalls zu aussagekräftigen Ergebnissen führen.
Gleichwohl wird man sehr ausgefallene und spezielle Bildungspotenziale, wie wir sie
gelegentlich im Rahmen von »Hacks« beobachten konnten, ohne Videographien
und Interviews mit Proband*innen wahrscheinlich seltener feststellen und nicht
genauer untersuchen können. Belastbare Aussagen über faktisch entstehende
Passungen von medialen Artefakten und Nutzer*innen-Haltungen lassen sich aus
den Strukturanalysen allein nicht ableiten. Auch diesbezüglich dürften sich jedoch
gewisse Tendenzen abschätzen lassen. Zur perspektivischen Entwicklung von
medienpädagogischen Settings, die genau auf bestimmte Haltungen zugeschnitten
werden sollen, sind Videographien und Interviews jedoch unerlässlich.
197
198
Abbildungsverzeichnis
199
200
I. OPTIMIERUNG UND SUBVERSION. KYBERNETIK UND NEUE KÜNSTLERISCHÄSTHETISCHE MEDIENPRAKTIKEN IN DEN 1960ER JAHREN
Abb. 1: Ashbys Homöostat, entnommen aus Ashby 1952: 94f.
Abb. 2: Ashbys Homöostat, entnommen aus Ashby 1952: 94f.
Abb. 3: Absolventinnen und Absolventen verschiedener Selbstlern-Kurse in den
1960er Jahren, die mit Teaching Machines absolviert wurden. Entnommen aus
https://www.aubreydaniels.com/behavioral-apparatus-museum-presentingstimuli [Zugriff 8.12.2020].
Abb. 4: Schülerinnen und Schüler beim Benutzen von Teaching Machines.
Entnommen aus https://www.researchgate.net/figure/Students-UsingTeaching-Machines-Copyright-Sterling-Publishing-Co-Inc_fig9_311858243
[Zugriff 8.12.2020].
Abb. 5: Der Prankster-Bus namens Furthur, hier u.a. mit Mitgliedern der Gruppen
Jefferson Airplane und Grateful Dead. Entnommen aus Babbs und Perry 1993:
VII.
Abb. 6: Karte der transkontinentalen Busreise der Pranksters. Entnommen aus
Babbs und Perry 1993: 45.
II. (UN-)SICHTBARES DESIGN UND GESTEN DER FREIHEIT. ZU TECHNOMEDIAL BEDINGTEN TRANSFORMATIONEN IN DER ÄSTHETISCHEN BILDUNG
Abb. 1: Groovebox Novation Circuit. Entnommen aus https://www.musicstore.de/
de_DE/EUR/Novation-Circuit/art-SYN0004928-000 [Zugriff 13.4.2021].
Abb. 2: Ableton Push2 Controller zur Steuerung der Digital Audio Workstation
Software Live. Entnommen aus https://www.muziker.de/ableton-push-2?
gclid=EAIaIQobChMIvouQqf_z8AIVBZ3VCh0O0wubEAQYASABEgLsJvD_BwE
[Zugriff 13.4.2021].
IV. BILDUNGSTHEORETISCHE STRUKTURANALYSEN VON HYBRIDEN, DIGITALMATERIELLEN MUSIKMACHDINGEN
Abb. 1-4: Fotos von Setups, die von Proband*innen unserer Studie entwickelt
wurden.
Abb. 5: Schematische Darstellung eines Designprozesses, der auf Designhypothesen aufbaut. Kontextbedingungen plus Designmaßnahmen führen über
angenommene Mechanismen zu bestimmten Wirkungen. Entnommen aus
Richter 2011.
Abb. 6: Synchrones Strukturanalysemodell für MusikmachDinge aus Jörissen und
Donner 2022, S. 22.
Abb. 7: Visuelle Augmentierung zweier Generationen von (Tape-)Loop-Technologien;
Bild von einem Teilnehmer aus unserer Studie.
201
Abb. 8: Exemplarisches Kontinuum des Codes Ludizität versus Arbeit, auf dem
MusikmachDinge aus unserem Pool angeordnet wurden. Dieselben Dinge sind
auf den Kontinua der anderen Codes jeweils woanders verortet.
202
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