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https://doi.org/10.12685/mh.10.1995.104-105 CC BY 4.0 VI. Botanische Untersuchung der Erdproben aus den mittelalterlichen Latrinengruben (13. Jh.) an der Augustinergasse 2 in Basel (1968) Stefanie Jacomet Botanisches Institut der Un iversität Basel nachweislich zur Sterilisierung von Latrinen benutzt Ziel der Untersuchungen war es , festzustellen, ob es sich bei den 1968 im Hof des Naturhistorischen Muund trug massgeblich zur Mineralisation der Pflanzenseums ausgegrabenen Grubenstrukturen um ehemaund Tierreste bei (siehe oben); dies war mit hoher lige Fäkaliengruben handeln könnte . Da die Proben in Wahrscheinlichkeit auch hier der Fall. den vergangenen 22 Jahren trocken gelagert worden Dass es sich bei den vorliegenden Strukturen kaum um reine Fäkaliengruben gehandelt haben kann - weil sind , ergaben sich insofern Probleme , als angenommen werden musste, dass eventuel l ursprünglich vorauch Abfälle hineingeworfen wu rd en -, ze igt das Vorhandensein des Aprikosenkernfragmentes , von Eierhandenes , unverkohltes Pflanzenmaterial sich in der Zwischenzeit zersetzt hatte. scha len und wohl auch der Hol zkohle n in Probe 2 Die Ana lyse unter der Stereolupe ergab, dass die (Tab. 1). Diese lngredientien der Proben sind mit hoProben neben Steinen unterschiedlicher Korngrösse 1 her Wahrsche inl ichke it Küchenabfälle (inkl. Reste eiauch Materialien pflanzlicher und tierischer Herkunft nes Herdfeuers). enth ielten (Tab, 1). Diese zeichneten sich durchwegs Ein ige unverkoh lte, nur teilweise mineralisierte Holzdurch eine eigenartige Erhaltungsform (,, mineralisiert") stücke könnten von der Verschalung der Gruben herund bernsteinartige Farbe aus. Minerali sation und rühren. Ihr Erhaltungszustand weist darauf hin, dass Bernsteinfärbung entstehen laut den Untersuchungen bei der Ausgrabung der Gruben 1968 wahrscheinl ich von GREEN ( 1979) durch Einlagerung von Calciumnoch mehr unverkohltes Pflanzenmaterial erhalten phosphat (Ca(PO 4 )ii(OH) 2 ) in die bestehenden pflanzwar. Solches findet sich in Trockenbodensied lungen lichen Gewebestrukturen . Dabei stammt der Ka lk ent- nur in Vertiefungen , die in den Grundwasserbereich weder aus kalkhaltigem Grundwasser oder rührt von hinunterreichen oder durch dichte Packung und ständikünstlicher Einbringung her (z. B. gelöschter Kalk zur gen Feuchtigkeitszutritt (Fäkalien , Urin) von der SauerSterilisierung) . Das Phosphat kann von Fäkalien oder/ stoffzufuhr abgeschlossen sind . Das unverkohlte Pflanund Tierknochen stammen . Desha lb treten minerazenmaterial zersetzt sich als Folge der biologisc hen lisierte Pflanzen- und Tierreste vorwiegend in ehemaliAbbautät igkeit von Mikroorganismen sehr rasch , sogen Fäkaliengruben auf, in welchen die oben genannbald Luft (Sauerstoff) vorhanden ist, d .h. die Proben ten Agentien ja alle vorhanden sind. trocken gelagert werde n. Nur Proben , die nachweisNicht nur die Erhaltungsform der pflanzlichen und ti elich keine un verko hlten , sondern aussc hl iess lich verrischen Reste, sondern auch deren Zusammensetkohlte oder mineralisierte Pf lanzenreste enthalten, zung deuten auf das Vorhandensein ehemaliger Fädürfen deshalb trocken gelagert werden . Proben mit kalien - und/oder Abfallgruben hin: kleine fragmen„ Verdacht" auf Erhaltung von unverkohltem Material tierte Fischknochen und Splitter grösserer Knochen müssen dagegen feucht (in Plastiksäcken , evtl. Wasser zugeben), bei Kühlschranktemperatur und im Dunkeln finden sich in Fäkaliengruben allgemein sehr häufig (z.B . KNöRZER 1984). Di es war auch im vo rliegenden gelager t we rde n, um ein Wachstum von Algen und Material der Fall , und zwar in allen Proben . Die gefunPilzen zu vermeiden . Dies wäre für zukünftige Ausdenen Fruchtsteine (Himbeere, Aprikosenkernfraggrabungen unbedingt zu berücksichtigen . mente, vgl. Tab . 1) deuten ebenfalls hierauf hin, da Zusammenfassend kann festgestellt werden , dass auch sie in Fäkalien- bzw. Abfallgruben häufig auftredie Zusammensetzung der Proben und die Konsiten. Zud em handelt es sich bei den beiden genannstenz der erhaltenen Reste mit hoher Wahrscheinlichke it darauf hinweisen , dass wir es mit ehemaligen Fäten Arten sowie dem einzigen zum Vorschein gekommenen Getreiderest (Blütenbasis vom Saat-Hafer) um kalien- bzw. Abfallgruben zu tun haben. Eine sichere Nahrungspflanzen , die via Verdauung (kleine BeerenBeurteilung ist allerdings schwierig , da unbekannt ist, kerne , Getreidefragmente) oder als Abfälle besonders wie gross der Anteil des ehemals vorhandenen un häufig in solche Gruben gelangt sind. Auch die gefunverkohlten organischen Materials ist, der sich seit den denen Insektenpuppen sind ein Hinweis auf ehemalige Ausgrabungen als Fo lge unsachgemässer (trockeFäkalien- bzw. Abfallgruben . . ner) Lagerung zersetzt hat . Intere ssant ist das Vorhandensein einer we iss en , feinAnmerkung körnigen , anorganischen Masse in Probe 1A (Tab. 1), bei der es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um ge1 Inklusive einer we issen Masse , die an gelöschten Ka lk erinnerlöschten Kalk handelt. Letzterer wurde im Mittelalter te, z.B. in Probe 1A (siehe Tab . 1). 104 Li teratur GREEN, F.J , 1979: ,, Phosphatic mineralization of seeds from archaeological sites", Journal of Archaeological Science 6, 1979, 279- 284. JACOMET, S./ WAG NER , Ch ., 1994: ,, Minerali sierte Pflanze nreste aus einer römi schen Latrine des KastellVi cus in Zurzach" , in: R. Hänggi , C. Doswald , K. RothRubi , Die frühen römischen Kastelle und der Kastell- Vicus von Tenedo-Zurzach, 321-343; Veröffentlichung der Gesellschaft Pro Vindonissa, Bd .11 , Basel 1994. KNöRzrn, K. H , 1984: ,,Aussagemöglichkeiten von palaeoethnobotanischen Latr inenuntersuc hungen ", in : W. van Zeist & WA Casparie (eds .), Plants and Ancient Man , 331 - 338 , Rotterdam 1984. Tab . 1. Inhalt der Proben aus den Gruben im Hof des Naturhistorischen Museums in Basel. Proben-Nr. Probenbezei chnu ng Probeninhalt BSNHM 1A Keller 3 Sektor IV 26.4.1968 Kuge ltopf bei Foto 14S 2 Meter zahlreiche kleine Fisch- und andere Knochenfragmente einige mineralisierte Samen und Früchte wie Himbeere (Rubus idaeus) , dazu einige nicht näher bestimmbare Samen und Früchte diverse nicht näher bestimmbare Pflanzenreste , meist mineralisiert wahrscheinlich gelöschter Kalk BSN HM 1B wie oben mineralisierte Fisch - und sonstige Knochenfragmente mineralisierte Samen und Früchte: Saat-Hafer, Blütenbasis (Avena sati va) ,, vergammeltes " unve rkohltes Holz (mineralisiert?) mineralisierte Insektenpuppen Eierschalen fragmente BSNHM 2 Kelle r 3 Sektor IV 26.4.1968 aus unterster Lage mineralisierte Knochenfragmente ,,ve rgammelte s" unverkohltes Holz (mineralisiert?) zahlreiche Holzkohlenfragmente BSN HM 3 Keller 3 Sektor IV 24.4.1968 mineralisi erte Knochenfragmente Eierschalenfragmente Steine BSNHM 4 Keller 3 Sektor IV „Scherben unter Kalkfladen in Meter 24" mineralisiertes Aprikosenkernfragment (Prunus armeniaca) zahlrei che mineralisierte Knochenfragmente , v.a. 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