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ADB:Hittorff, Jakob Ignaz

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Artikel „Hittorf, Jakob Ignaz“ von Leonhard Ennen in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 12 (1880), S. 504–506, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hittorff,_Jakob_Ignaz&oldid=- (Version vom 6. November 2024, 07:39 Uhr UTC)
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Hittorf: Jakob Ignaz H., geb. zu Köln den 20. August 1792, † zu Paris am 25. März 1867. Der Vater, der Blechschläger Franz H., glaubte in dem talentvollen Knaben schon in frühester Jugend unverkennbare Anlagen zur Architectur zu erkennen. Die ersten Grundbegriffe der Baukunst erhielt der Knabe vom Baumeister Christian Löwenstein, im freien Handzeichnen wurde er vom Maler C. A. Grein unterrichtet; in etwas reiferem Alter kam der fleißige Jüngling unter die Leitung des angesehenen Architecten Leidel. Nach solcher [505] Vorbildung lernte er das Maurerhandwerk beim damaligen Baumeister Franz Leisten. Mit dem Streben nach vollendeter Meisterschaft in seinem Fache begab sich der kaum 17jährige H. im J. 1809 nach Paris, um unter dem berühmten Architecten Percier und dem bekannten Miniaturmaler Isabey seine Ausbildung zu beenden. Der Fleiß und die Rechtschaffenheit des fähigen deutschen Jünglings erregte bald die Aufmerksamkeit des kaiserlichen Baumeisters Belanger; dieser übertrug ihm eine Aufseherstelle bei den kaiserlichen Bauten. H. erwarb sich durch Fleiß, Ordnungsliebe und Tüchtigkeit die Liebe und das volle Vertrauen seines Lehrmeisters. Unter Belanger’s Leitung erbaute er das Schlachthaus und die eiserne Kuppel auf der Kornhalle. Im J. 1814 wurde er zum Bauinspector ernannt. Hittorf’s Freund und Lehrer Belanger sorgte dafür, daß für den Fall seines Ablebens seinem talentvollen Gehülfen die Stelle eines königlichen Hofarchitecten zugesichert wurde. Wirklich erhielt dieser nach Belanger’s Tode die Bestallung als Hofarchitect des Königs Ludwig XVIII. Im J. 1822 unternahm H. nach ernster und sorgfältiger Vorbereitung in Begleitung seines Schülers Zanth eine Reise nach Italien. Nachdem er einen Theil des südlichen Frankreichs, Turin, Mailand, Genua, Florenz, Siena, Perugia, Lucca, Viterbo, Ferrara, Vincenza, Pavia, Venedig, Rom und seine Umgebungen, Neapel und Pompeji besucht und neun Monate mit Zanth und Stier, einem jüngeren deutschen Architecten, in Sicilien zugebracht hatte, kehrte er 1824, reich an Zeichnungen und anderem wissenschaftlichen Material, nach Paris zurück. Seine interessantesten Arbeiten waren die genauen Aufnahmen von den berühmtesten Städten Siciliens und die Vermessungen von vielen antiken Tempeln und anderen Denkmälern des Alterthums, eine Menge merkwürdiger Ornamente in Marmor, Stein und gebrannter Erde. Die Resultate seiner Aufnahmen und Forschungen legte er in dem berühmten Werke nieder, welches erschien unter dem Titel: „Architecture antique de la Sicile par J. Hittorf et L. Zanth“, Paris 1826–30, 3 Bde. Fol. „Architecture moderne de la Sicile par J. Hittorf et L. Zanth“, Paris 1826 bis 1830, 1 Bd. Fol. Außer den Entdeckungen in Bezug auf das System der Construction und der äußeren Form der griechischen Gebäude fanden Hittorf’s gewissenhafte Forschungen bei den griechischen Werken der Baukunst aus alten Zeiten den Gebrauch der Farben als charakteristische Zierde in ihren verschiedenen Nuancen von Glanz und Pracht, und mythischen Anspielungen. Diese Entdeckung entwickelte er in dem Werke „L’architecture polychrome chez les Grecs ou restauration du temple d’Empédocle à Selinunte“. Später übersetzte er aus dem Englischen William Wilkins’ Werk, „The unedited antiquities of Attica“. Diese Arbeit berichtigte er in mannigfacher Weise und erklärte dieselbe durch Anmerkungen und Zeichnungen. Nach der Juli-Revolution verlor H. seine Stelle als Architect des Königs; doch bald wurde er unter Ludwig Philipp wieder als Architecte en chef der Gouvernementsgebäude, welche zur sechsten Abtheilung der Stadt Paris gehörten, in den Staatsdienst gerufen. Auch unter dem neuen Kaiserreiche fanden seine eminenten Fähigkeiten gerechte Anerkennung. Das italienische Theater Favart, das Theater de l’Ambigu Comique, das Grabmonument für den Herzog von Berry, die Grabkapelle für die Herzogin von Kurland, der Platz de la Concorde in Paris, der Circus in den Champs Elysées, die architectonischen Verzierungen für das beabsichtigte Prachtwerk über die Krönungsfeier Karls X., das Fußgestell zum Obelisk von Luxor, die Brunnen auf dem Concordeplatz, das alles sind Werke, die glänzendes Zeugniß seiner künstlerischen Begabung und Fähigkeit gaben. Das ausgezeichnetste seiner zahlreichen Bauwerke ist aber die im Vereine mit seinem Schwiegervater Lepère aufgeführte prachtvolle Kirche St. Vincent de Paul. Diese Kirche ist ein glänzender monumentaler Beweis der Bedeutung des Namens, dem sie geweiht ist. Sie ist im Innern [506] ein interessantes Beispiel der Verbindung einer altchristlichen Basilica mit einer an streng griechischen Vorbildern gebildeten Ornamentation. Der Grundstein wurde 1826 gelegt, zur Vollendung kam der Bau 1844. Die Kirche liegt am Ende der rue hauteville auf einem der höchsten Punkte der Stadt Paris. Hittorf’s künstlerische Meisterschaft ist allseitig ehrend anerkannt worden. Er wurde zum Mitglied des französischen Instituts, der Akademien zu Mailand, Berlin und München, der antiquarischen Gesellschaft zu London, zum Officier der Ehrenlegion, Ritter des rothen Adlerordens zweiter Klasse und der Friedensklasse des Ordens pour le mérite, Commandeur des päpstlichen Gregoriusordens und Präsident der Akademie der schönen Künste in Paris ernannt und vom royal institute of architectes in London erhielt er die große goldene Medaille.