Virologe Florian Krammer steht in einem Hörsaal an der Medizin-Uni Wien.
APA/EVA MANHART
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Neues Institut

Krammer: „Wollen Pandemien voraus sein“

Mit dem neuen Jahr startet in Österreich ein neues Forschungsinstitut. Unter der Leitung des international renommierten Virologen Florian Krammer soll das Ignaz Semmelweis Institut in Wien Krankheitserreger beobachten und alle Instrumente für Infektionswellen vorbereiten.

Das Szenario ist schnell erdacht und klingt nur allzu bekannt: Ein unbekanntes Virus breitet sich aus, aus immer mehr Regionen der Welt werden Erkrankungen gemeldet. Was man zuletzt bei der Pandemie mit dem Coronavirus Sars-CoV-2 beobachtete, kann mit anderen oder sogar ähnlichen Erregern wieder passieren, sagt Krammer, Leiter des neuen Ignaz Semmelweis Instituts: „Vier der letzten sechs Pandemien waren Influenza-Pandemien. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Grippe wieder zum Problem werden wird. Und auch in der Familie der Coronaviren gibt es potenziell problematische Vertreter.“

Sorge bei Vogelgrippe

Mit Sorge beobachtet er die Entwicklungen in den USA, wo das Vogelgrippe-Virus H5N1 auf Kühe übergesprungen ist und sich immer weiter ausbreitet. Auch Meldungen von Infektionen bei Menschen gibt es. „Da gibt es mittlerweile einige Fälle, bei denen man nicht weiß, wo sich die Leute angesteckt haben. Und das ist natürlich hochproblematisch.“ Denn da könnte es schon zu Übertragungen von Mensch zu Mensch gekommen sein, und diese Anpassung fürchten Virologen.

Solche Entwicklungen zu monitoren – auch bei eher unbekannten Viren wie dem Nipa- und dem Dengue-Virus – sieht Krammer als eine Aufgabe des neuen Instituts: „Wir müssen früh Bescheid wissen, immer einen Informationsvorsprung haben, weil wir uns mit Forscherinnen und Forschern austauschen.“

Schnelle Reaktion zu Beginn

So könne man auch früh anfangen zu handeln: „Wir lernen den Krankheitserreger kennen und wissen im besten Fall schon bei Beginn einer größeren Welle, wie er Menschen krank macht.“ Und vor allem könne man so auch schon früh Tests und Antikörper vorbereiten, um Erkrankungen schnell zu erkennen und zu therapieren. „Am Anfang muss man schnell sein. Die Werkzeuge und die Infrastruktur müssen einsatzbereit sein.“

Die Infrastruktur des Semmelweis Instituts besteht momentan vor allem aus kompetenten Menschen. Forscherinnen und Forscher von fünf österreichischen Universitäten arbeiten zusammen. Mit ihren Fachgebieten sollen sie die medizinischen Aspekte von Epidemien und Pandemien abdecken.

Heimisches Hanta-Virus unter der Lupe

Krammer hat als Virologe in Sachen Krankheitserreger vor allem Viren im Fokus. Auch das heimische Hanta-Virus will man sich am neuen Institut genauer anschauen. Es wird über Urin und Kot von Rötelmäusen verbreitet. Vor allem in der Steiermark und in Kärnten kommt es immer wieder zu Infektionen, wenn die getrockneten Ausscheidungen etwa in Garagen beim Zusammenkehren aufgewirbelt und eingeatmet werden: „Man infiziert sich und bekommt influenzaähnliche Symptome, die immer schwerer werden können, bis hin zum Nierenversagen. Es kann sein, dass man damit auf der Intensivstation landet.“

Um so schwere Erkrankungen zu verhindern, wird an Antikörpern geforscht: „Da sind wir schon recht weit.“ Derzeit findet das Soft-Opening des Instituts statt, sagt Krammer. In den nächsten Jahren bekommt dieses ein eigenes Gebäude. Im Vollbetrieb sollen rund 100 Menschen im Wiener Ignaz Semmelweis Institut arbeiten.