Papers by Cliff Alexander Jost
Seit Sommer 2015 entsteht in der westlichen Altstadt von Koblenz auf dem Gelände des ehemaligen S... more Seit Sommer 2015 entsteht in der westlichen Altstadt von Koblenz auf dem Gelände des ehemaligen Stadtbades zwischen Moselufer und „Weißer Gasse“ ein neuer Wohnkomplex mit Tiefgarage. Bis zu den Bombenangriffen des Jahres 1944 umfasste das Stadtviertel ein Dominikanerkloster nebst zugehörigem Friedhof, den Bassenheimer Adelshof, Gaststätten, kleine Geschäfte und einfache Bürgerhäuser überwiegend aus der Barockzeit. Die archäologischen Untersuchungen verliefen in enger Abstimmung mit Investor und Architekturbüro. Außer Überresten der frühneuzeitlichen Vorkriegsbebauung wurden zahlreiche Spuren des Hochmittelalters freigelegt.
Überrascht hat jedoch ein Knochenfund. In 1,70 m Tiefe wurde die unvollständige Halswirbelsäule eines Pferdes angetroffen. Das den Fund umgebende sandig-lehmige Sediment ist eine wesentlich ältere Ablagerung der Mosel, die sich auf der Flussaue oder in einem von der Strömung abgeschirmten Bereich im Gleithang einer Flussbiegung bildete. Da die Wirbelknochen im anatomischen Zusammenhang in das Sediment eingebettet waren, erscheint es ausgeschlossen, dass die Wirbel aus älteren Schichten in jüngere umgelagert worden sein könnten. Die teils wellenförmig ausgefransten Ränder der bauchwärts gerichteten Wirbelfortsätze sind relativ scharfkantig und lassen auf Raubtierverbiss schließen, da eine Verlagerung über längere Distanz die Kanten abgerundet hätte.
Die physikalische Altersbestimmung von zwei Knochenproben am Curt-Engelhorn-Zentrum für Archäometrie in Mannheim ergab ein kalibriertes 14C-Alter von 12 350 (+- 50) BC. Mit einem kalendarischen Alter von rund 14 500 Jahren BP ist der Koblenzer Pferdeknochenfund etwas jünger als die berühmten spät-magdalénienzeitlichen Fundplätze am Mittelrhein bei Neuwied-Gönnersdorf und Andernach-Martinsberg und datiert in das ausgehende Eiszeitalter. Das Mündungsgebiet der Mosel war zur damaligen Zeit durch Sumpfgebiete, Alt- und Totarme sowie Inseln stark gegliedert und zerteilt. Möglicherweise boten insbesondere Sand- und Kiesbänke entlang der Uferbereiche auch den Pferden einen bevorzugten Lebensraum im offenen, baumarmem Gelände mit geringer Vegetation.
Der Koblenzer Pferdefund fällt in eine Phase des Klimaumschwungs, in der viele typisch eiszeitliche Spezies aus Mitteleuropa verschwinden und sich eine Veränderung in der Tierwelt hin zu warmzeitlichen Arten andeutet. Mit der zunehmenden Bewaldung werden auch die Nachweise von Wildpferden immer seltener. Erst ab der Jungsteinzeit sind Pferdereste wieder vermehrt im archäologischen Fundinventar vertreten. Erstaunlich ist die Größe des Koblenzer Pferdes, die sich zeigt, wenn man die Wirbelknochen mit denen anderer spätglazialer Pferde vergleicht. In dem Zusammenhang lassen künftige morphometrische Vergleiche auf weitere interessante Ergebnisse hoffen.
Der Limes - Nachrichtenblatt der Deutschen Limeskommission 1/2010, 4. Jahrgang, 20-22.
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Überrascht hat jedoch ein Knochenfund. In 1,70 m Tiefe wurde die unvollständige Halswirbelsäule eines Pferdes angetroffen. Das den Fund umgebende sandig-lehmige Sediment ist eine wesentlich ältere Ablagerung der Mosel, die sich auf der Flussaue oder in einem von der Strömung abgeschirmten Bereich im Gleithang einer Flussbiegung bildete. Da die Wirbelknochen im anatomischen Zusammenhang in das Sediment eingebettet waren, erscheint es ausgeschlossen, dass die Wirbel aus älteren Schichten in jüngere umgelagert worden sein könnten. Die teils wellenförmig ausgefransten Ränder der bauchwärts gerichteten Wirbelfortsätze sind relativ scharfkantig und lassen auf Raubtierverbiss schließen, da eine Verlagerung über längere Distanz die Kanten abgerundet hätte.
Die physikalische Altersbestimmung von zwei Knochenproben am Curt-Engelhorn-Zentrum für Archäometrie in Mannheim ergab ein kalibriertes 14C-Alter von 12 350 (+- 50) BC. Mit einem kalendarischen Alter von rund 14 500 Jahren BP ist der Koblenzer Pferdeknochenfund etwas jünger als die berühmten spät-magdalénienzeitlichen Fundplätze am Mittelrhein bei Neuwied-Gönnersdorf und Andernach-Martinsberg und datiert in das ausgehende Eiszeitalter. Das Mündungsgebiet der Mosel war zur damaligen Zeit durch Sumpfgebiete, Alt- und Totarme sowie Inseln stark gegliedert und zerteilt. Möglicherweise boten insbesondere Sand- und Kiesbänke entlang der Uferbereiche auch den Pferden einen bevorzugten Lebensraum im offenen, baumarmem Gelände mit geringer Vegetation.
Der Koblenzer Pferdefund fällt in eine Phase des Klimaumschwungs, in der viele typisch eiszeitliche Spezies aus Mitteleuropa verschwinden und sich eine Veränderung in der Tierwelt hin zu warmzeitlichen Arten andeutet. Mit der zunehmenden Bewaldung werden auch die Nachweise von Wildpferden immer seltener. Erst ab der Jungsteinzeit sind Pferdereste wieder vermehrt im archäologischen Fundinventar vertreten. Erstaunlich ist die Größe des Koblenzer Pferdes, die sich zeigt, wenn man die Wirbelknochen mit denen anderer spätglazialer Pferde vergleicht. In dem Zusammenhang lassen künftige morphometrische Vergleiche auf weitere interessante Ergebnisse hoffen.
Überrascht hat jedoch ein Knochenfund. In 1,70 m Tiefe wurde die unvollständige Halswirbelsäule eines Pferdes angetroffen. Das den Fund umgebende sandig-lehmige Sediment ist eine wesentlich ältere Ablagerung der Mosel, die sich auf der Flussaue oder in einem von der Strömung abgeschirmten Bereich im Gleithang einer Flussbiegung bildete. Da die Wirbelknochen im anatomischen Zusammenhang in das Sediment eingebettet waren, erscheint es ausgeschlossen, dass die Wirbel aus älteren Schichten in jüngere umgelagert worden sein könnten. Die teils wellenförmig ausgefransten Ränder der bauchwärts gerichteten Wirbelfortsätze sind relativ scharfkantig und lassen auf Raubtierverbiss schließen, da eine Verlagerung über längere Distanz die Kanten abgerundet hätte.
Die physikalische Altersbestimmung von zwei Knochenproben am Curt-Engelhorn-Zentrum für Archäometrie in Mannheim ergab ein kalibriertes 14C-Alter von 12 350 (+- 50) BC. Mit einem kalendarischen Alter von rund 14 500 Jahren BP ist der Koblenzer Pferdeknochenfund etwas jünger als die berühmten spät-magdalénienzeitlichen Fundplätze am Mittelrhein bei Neuwied-Gönnersdorf und Andernach-Martinsberg und datiert in das ausgehende Eiszeitalter. Das Mündungsgebiet der Mosel war zur damaligen Zeit durch Sumpfgebiete, Alt- und Totarme sowie Inseln stark gegliedert und zerteilt. Möglicherweise boten insbesondere Sand- und Kiesbänke entlang der Uferbereiche auch den Pferden einen bevorzugten Lebensraum im offenen, baumarmem Gelände mit geringer Vegetation.
Der Koblenzer Pferdefund fällt in eine Phase des Klimaumschwungs, in der viele typisch eiszeitliche Spezies aus Mitteleuropa verschwinden und sich eine Veränderung in der Tierwelt hin zu warmzeitlichen Arten andeutet. Mit der zunehmenden Bewaldung werden auch die Nachweise von Wildpferden immer seltener. Erst ab der Jungsteinzeit sind Pferdereste wieder vermehrt im archäologischen Fundinventar vertreten. Erstaunlich ist die Größe des Koblenzer Pferdes, die sich zeigt, wenn man die Wirbelknochen mit denen anderer spätglazialer Pferde vergleicht. In dem Zusammenhang lassen künftige morphometrische Vergleiche auf weitere interessante Ergebnisse hoffen.