Zum Inhalt springen

ADB:Courbière, Wilhelm René Baron de l’Homme de

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Courbière, Guillaume René de l’Homme, Seigneur de“ von Ernst Graf zur Lippe-Weißenfeld in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 4 (1876), S. 534–535, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Courbi%C3%A8re,_Wilhelm_Ren%C3%A9_Baron_de_l%E2%80%99Homme_de&oldid=- (Version vom 23. Oktober 2024, 05:42 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 4 (1876), S. 534–535 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Wilhelm René de l’Homme de Courbière in der Wikipedia
Wilhelm René de l’Homme de Courbière in Wikidata
GND-Nummer 137401833
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|4|534|535|Courbière, Guillaume René de l’Homme, Seigneur de|Ernst Graf zur Lippe-Weißenfeld|ADB:Courbière, Wilhelm René Baron de l’Homme de}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=137401833}}    

Courbière: Guillaume René de l’Homme, Seigneur de C., königl. preuß. Feldmarschall, Generalgouverneur von Westpreußen, Gouverneur von Graudenz, Chef des Infanterieregiments Nr. 58, Ritter sämmtlicher preußischer Orden, geb. 25. Febr. 1733 zu Maastricht, † 23. Juli 1811. Abkömmling eines alten Adelsgeschlechts in der Dauphiné, welches zum Theil Frankreich verließ, des reformirten Glaubensbekenntnisses wegen, trat C. als Sohn eines holländischen Officiers, 14 Jahre alt, in holländischen Dienst. Er verließ ihn, als der Preußenkönig zum dritten Mal wegen Schlesiens Besitz zu Felde gezogen war. C. erhielt eine Compagnie in dem neu errichteten „Freibataillon“ v. Mayr. Bereits kriegserfahren (Theilnehmer am österreichischen Erbfolgekriege), kam er unter Mayr in eine Hochschule des sogenannten „kleinen“ Krieges. Friedrich der Große äußerte nach Mayr’s Ableben, im Januar 1759: „Pour trouver un homme aussi capable que le défunt, je crois qu’en fouillant trois armées on ne l’attraperait pas.“

C. zeichnete sich so aus, daß der König ihn am 20. Oct. 1758 (25jährig) zum Major beförderte und ad. int. ihm die Führung eines Freibataillons (nachmals v. Colignon) übertrug. An der Spitze dieser Truppe that sich C. unter den Augen des Königs hervor, als stolzer Vertheidiger des Städtchens Herrnstadt gegen Feldmarschall Soltykoff, und wurde dafür außer der Reihe, am 6. März 1760 zum Oberstlieutenant, so wie auch zum Chef dieses Bataillons ernannt (Colignon erhielt ein anderes Bataillon). Im Juli 1760 erwarb sich C. vor Dresden den Orden pour le mérite nebst „Bandgeld“ von 100 Goldstücken. Bei des Königs Marsch von Dresden nach Schlesien in der Avantgarde bot sich [535] C. die Gelegenheit, in täglichem Verkehr dem Könige noch näher bekannt zu werden. Dies hatte die Folge, daß C. im Feldzug 1761 einen besonderen Vertrauensposten erhielt, auf dem pommer’schen Kriegsschauplatz. Wir verweisen desfalls auf v. Sulicki’s werthvollen Beitrag zur Geschichte des 7jährigen Krieges: „Studie des Detachements und kleinen Krieges“, in Berlin bei Mittler 1867 erschienen.

C. gehörte bei Reduction des Heeres 1763 nicht zu den wie Lessing’s „Tellheim“ seitwärts Verschwindenden. Er wurde Commandant von Emden. Hier heirathete er. Der König, den Consens ertheilend, gratulirte eigenhändig. Als Präceptor Courbière’scher Kinder fungirte der vielfach umher gewürfelte Seume, dem als gemeinen Soldaten C. ein hochherzig mitleidiger Vorgesetzter war.

Im Jahre 1771 rückte C. zum Oberst auf; Ende Februar 1778 erhielt er die Drostei Leer als Sinecure, und im Juli 1780 mit schmeichelhafter königlicher Zuschrift das Generalmajorspatent. Im August und September d. J. ließ sich der König von C. zur schlesischen Revue begleiten; nach der Rückkehr mußte C. noch mehrere Tage als königlicher Gesellschafter in Potsdam verweilen. Die Geschichte der preußischen „leichten“ Infanterie schuldet C. ein besonderes Andenken, wegen emsiger Förderung eines aparten Kriegsdienstzweiges. Was C. in den Feldzügen gegen die französischen Revolutionäre geleistet, übergehen wir aus räumlichen Rücksichten, und wenden uns ihm zu als General der Infanterie (d. d. 20. Mai 1798) und Gouverneur von Graudenz (d. d. 20. Mai 1803), weil er sich in letzterer Eigenschaft einen europäischen Namen gemacht hat. Aus anderm Holz geschnitten wie jene Schwächlinge, die dem französischen Usurpator königl. preußische Festungsschlüssel überlieferten, erwiderte der 74jährige Fridericianische Veteran die wiederholten Capitulationsmahnungen in (derb und) deutsch geschriebenen Antworten, obwol ihm das Französische von Jugend an sehr geläufig war, und das Deutsche nur gebrochen von ihm gesprochen wurde. Erst nach dem Frieden correspondirte C. mit seinen Gegnern französisch. Der Adjutant Napoleon’s, General Savary, schrieb am 16. März 1807 an C., als dieser eine zum dritten Male geforderte Unterredung ablehnte, als etwas ihm „von seinem Herrn und Souverain“ Verbotenes: „Ich hätte vielleicht das Recht, Sie wie jene catalonischen Commandanten zu behandeln, welche, da sie ihre alte Dynastie anerkannten, trotz ihres Widerstandes unter das Joch mußten und zwar unter grausamen Bedingungen. Der Herr, dem Sie zu dienen behaupten, hat uns alle seine Rechte überlassen, indem er uns seine Staaten überließ.“ C. entgegnete, als ihm diese Stelle durch den französischen Parlamentär (Oberstlieut. Aymé) vorgelesen wurde: „Votre général me dit ici qu’il n’y a plus un Roi de Prusse, puis que les Français ont occupé ses états. Eh bien, ça se peut; mais s’il n’y a plus un Roi de Prusse, il existe encore un roi de Graudenz. Dites cela à votre général.“ Im Uebrigen antwortete, wie es im Vertheidigungs-Diensttagebuch heißt, „der Gouverneur auf diesen Brief mit Granat– und Kugelfeuer“.

Weder Drohung noch Schmeichelei und Perfidie, weder feindliche Geschosse noch karge Lebensmittel machten C. in seiner Standhaftigkeit wanken. Specielles über seine schwierige Lage in Graudenz und anderes mehr aus Courbière’s langjährig treuem, wackern dienstlichem Wirken ist zu ersehen in einer dem 33. Jahrgang des „Soldatenfreund“ (Heft 5) einverleibten biographischen Skizze.

C. wurde durch die Ernennung zum Feldmarschall belohnt, d. d. Memel 21. Juli 1807. Im Bastion III der Festung Graudenz ist sein Heldengrab; ein auf königl. Kosten errichtetes Denkmal ziert dasselbe.