Benutzer:Ajnem/Geschichte der Stadt und des Kantons Bern

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Schweiz: Kanton Bern
Bern in der Alten Eidgenossenschaft
Kanton Bern


Bern, französisch Berne ist eine Stadt und seit 1846 ein Kanton in der Schweiz. Die Stadt ist eine Zähringergründung des späten 12. Jahrhunderts, seit 1353 Ort der alten Eidgenossenschaft, die ihr Herrschaftsgebiet durch Bündnisse, Burgrechte, Eroberungen, Käufe, Pfandschaften und Schaffung wirtschaftlicher Abhängigkeiten kontinuierlich erweiterte und im 16. Jahrhundert als Stadt und Republik Bern zum grössten Stadtstaat nördlich der Alpen aufstieg.

Das Herrschaftsgebiet Berns hat zahlreiche Veränderungen erfahren. Nach der Eroberung des Berner Aargaus 1415 erstreckte sich der Stadtstaat Bern bis fast an den Rhein, mit der Eroberung der Waadt 1536 bis an den Genfersee. 1798 verlor Bern den Berner Aargau und die Waadt und bildete den sogenannten alten Kantonsteil, zu dem 1815 der Berner Jura stiess, dessen nördlicher Teil sich 1979 vom Kanton Bern trennte und den neugegründeten Kanton Jura bildete. Die letzten Gebietsveränderungen erfolgten 1994 mit dem Wechsel des Laufentals zum Kanton Baselland und demjenigen der Gemeinde Vellerat 1996 zum Kanton Jura.

Der zweisprachige Kanton Bern mit rund einer Million Einwohner ist der zweitgrösste Kanton der Schweiz, die Stadt Bern zugleich Hauptstadt des Kantons und als Bundesstadt Hauptstadt der Schweizer Eidgenossenschaft.


Ur- und Frühgeschichte

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Siehe auch: Ur- und Frühgeschichte Mitteleuropas

Pierre Pertuis,
römische Strasse

Die ältesten bisher gefundenen Hinweise auf menschliche Besiedlung im Gebiet des Kantons Bern stammen aus verschiedenen Phasen der letzten Eiszeit. Aus der Zeit des Altpaläolithikums (800'000 bis 300'000 v.Chr.) dürften behauene Gerölle stammen, die in der Nähe von Burgdorf entdeckt wurden. Funde aus Höhlen im Simmental belegen menschliche Besiedlungen im Alpenraum bis auf über 1800 Metern Höhe (Schnurenloch 1230 M.ü.M, Chilchlihöhle 1810 M.ü.M und Ranggiloch 1845 M.ü.M) im späten Mittelpaläolithikum (Moustérien 80'000 bis 35'000 v.Chr.), während mehrere Funde aus dem Jungpaläolithikum (Magdalénien 18'000 bis 12'000 v.Chr.) die Anwesenheit des frühen homo sapiens im Mittelland und Jura bezeugen.[1] Die Fundstelle bei Moosseedorf ist schweizweit eine der grössten Fundstellen aus dem Ende der letzten Eiszeit (um 13'500 v.Chr.)[2] Für das Neolithikum (6'500 bis 2'200 v.Chr.) sind im berner Mittelland mehrere Dörfer einer sesshaften Bevölkerung an Flüssen und Seen für die Zeit von circa 3'800 bis 2'400 v.Chr. nachgewiesen, die seit dem 4. Jahrtausend v.Chr. Gegenstände aus Kupfer, mindestens seit dem Jahr 2'000 v.Chr. solche aus Bronze verwendete. Besonders wichtig sind die Funde am Bielersee von Sutz-Lattrigen, wo auch das auf das Jahr 3'863 v.Chr datierte älteste Haus der Schweiz [3] entdeckt und Twann, wo beispielsweise ein Brot aus der Mitte des 36. Jahrhunderts v.Chr. gefunden wurde. Neben den Fluss- und Seeufern des Mittellandes waren auch das Gebiet um Thunersee und das Niedersimmental während der Bronzezeit (2'200 bis 800 v.Chr.) besiedelt.[4]

Das Gebiet der Schweiz:
Archäologisch belegte keltische Oppida

Während der Hallstattzeit (800 bis 480 v.Chr.) wurden in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts v.Chr. die Siedlungen als Folge von klimatischen Veränderungen von den Seeufern weg in höhere Lagen verlegt. Aus Grabfunden sind Waffen, Messer und Wagenteile aus Eisen, Schmuck aus Gold, das vermutlich aus Flusssand gewonnen wurde, und Bronze, sowohl von Hand wie mit der Töpferscheibe geformte Keramik und ein reger Handelskontakt mit Italien nachgewiesen, während kaum Kenntnisse über die Siedlungen, selbst die befestigten mutmasslichen Fürstensitze, vorhanden sind. Neben den für die Landwirtschaft günstigen Bedingungen im bernischen Mittelland wirkten sich auch die Seen und die Flusstäler der Aare und Saane für den Verkehr und Gütertransport sowohl nach Süden zum Genfersee wie nach Norden zum Rhein vorteilhaft aus, und durch die Juratäler war die Verbindung zum Osten Frankreichs gewährleistet.[5]

Siehe auch: Helvetier

Für die Latènezeit (480 bis 30 v.Chr.) sind im Gebiet des Kantons Bern zwei keltische Oppida, eines am Jensberg bei Studen und ein zweites auf der Engehalbinsel bei Bern bekannt, die zu den von Julius Caesar erwähnten zwölf helvetischen Oppida gehört haben dürften – dasjenige auf der Engehalbinsel könnte das wichtigste den Helvetiern zugeschriebene Oppidum überhaupt gewesen sein.[6] Aus dieser Zeit stammen die ältesten Münzfunde, belegt sind Eisen-, Holz- und Lederverarbeitung, Glas- und Keramikherstellung und Goldschmiedekunst sowie vereinzelt der Gebrauch griechischer Schriftzeichen.[7] Auf dem Gebiet des Kantons Bern sind der sogenannte Massenfund von Tiefenau auf der Engehalbinsel mit zahlreichen Waffen, Wagenteilen und Schmuckstücken, die wahrscheinlich geopfert worden waren, und die Nekropole von Münsingen-Rain mit mehr als 200 Gräbern und rund 1'200 Fundgegenständen von besonderer Bedeutung. Neben den Grabbeigaben weisen auch eine Kultstätte im Bremgartenwald bei Bern auf einen Jenseitsglauben hin.[8]

Siehe auch: Schweiz in römischer Zeit

Das Gebiet der Schweiz: Römerzeit

Während der gallorömischen Epoche (58 v.Chr. bis 476) war das Gebiet des Kantons Bern Teil der Civitas der Helvetier, die nach der verlorenen Schlacht bei Bibracte (58 v.Chr.) Foederati der Römer wurden und später vermutlich zur Provinz Gallia Belgica, nach der Neuorganisation des römischen Reichs zur Germania Superior und in der Spätzeit zur Provinz Maxima Sequanorum gehörten.[9] Die helvetischen Siedlungen lagen in erster Linie im berner Mittelland und am Jurasüdfuss. Die Bevölkerung lebte von der Landwirtschaft, als Bebauer oder Pächter römischer Gutshöfe, von denen im Gebiet des Kantons Bern eine grosse Anzahl bekannt sind, und vom Handwerk, zunehmend auch vom Handel. Neben den durchs berner Mittelland führenden Verkehrswegen, von der Engehalbinsel führte eine Hauptstrasse durch den Grossen Forst nach Aventicum, dem Hauptort der Civitas, waren die Alpenpässe von Bedeutung. In Oberwichtrach wurde ein seltenes Beispiel einer römischen Villa, bei der sowohl das Herrenhaus des Gutsherrn wie auch der Ökonomietrakt überliefert sind, gefunden. Villen mit zum Teil reicher Ausstattung an Mosaiken und Wandmalereien wurden zum Beispiel in Bümpliz, Herzogenbuchsee Meikirch und Münsingen ausgegraben. Die helvetischen Oppida wurden römische Vici, das am Fuss des Jensbergs wurde zum römischen Vicus Petinesca an der Juratransversale, dasjenige auf der Engehalbinsel könnte den Namen «Brenodor» oder «Brenodurum» – aus dem keltischen Personennamen Brennos und keltisch duron, «Tür», «Tor», «eingefriedeter Marktplatz», also «Marktflecken des Brenos» – getragen haben. Beide Vici besassen auch eines der auf bernischem Gebiet zahlreichen Kultzentren mit umfriedeten Tempelbezirken. Am Ende seiner Herrschaft über die Helvetier siedelte Rom 443 n.Chr., nach Abzug seiner Truppen vom Rheinlimes, in der Westschweiz zur Gebietssicherung Burgunder an.[10]

Frühmittelalter

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Siehe auch: Schweiz im Mittelalter

Karolingisches Frankenreich

Das Gebiet des heutigen Kantons Bern gehörte im Frühmittelalter zunächst zum romanisierten und christianisierten Burgunderreich und wurde 534, nach dem Sieg der Franken über die Burgunder, Teil des Frankenreichs. Bei der Teilung des Frankenreichs im Vertrag von Verdun von 843 wurde die Aare als Grenze zwischen Mittel- und Ostreich festgelegt und teilte das Gebiet des heutigen Kantons Bern in zwei Teile. Seit dem 8. Jahrhundert sind auf dem Gebiet des Kantons Bern fränkische Grafschaften (Aargau 762/778, Oberaargau 861 und Bargen 965), die Grundlagen der spätmittelalterlichen Landgrafschaften, bekannt

Die sich über Jahrhunderte erstreckende Landnahme durch die Alemannen setzte ab Mitte des 6. Jahrhunderts von Süddeutschland aus ein und dürfte, mit Ausnahme der Schlacht bei Wangen von 610, zumeist friedlich gewesen sein, führte jedoch zu einem Verlust an früherem Wissen und zu einem starken Rückgang der Schriftlichkeit. Die alemannische Besiedlung erfolgte vom berner Seeland aus aareaufwärts bis ins Simmen- und Frutigtal, erreichte im 8. Jahrhundert das Emmental und bis ins 10. und 11. Jahrhundert das Napfgebiet, das Schwarzenburgerland und die höher gelegenen Regionen des Berner Oberlands.

Königreich Hochburgund und Herzogtum Schwaben; 9.-11.J.h.

Wirtschaftlich und kulturell scheint der Aareraum eher ein Randgebiet gewesen zu sein, das die von Westen ins alemannische Gebiet gelangte Christianisierung erst ums Jahr 600 erreichte. Grabfunde in Köniz, Nieder- und Oberwangen, die burgundisch-romanische neben alemannischen Trachtelementen aufweisen, belegen ein Nebeneinander von ansässigen romanischen und zugezogenen alemannischen Volksgruppen. Kirchen wurden vielfach über Ruinen von römischen Villen und Gräbern errichtet, so etwa die Kirchen von Meikirch, Mett und Oberbipp,[11] und weisen ebenfalls auf eine Siedlungskontinuität und die Nachbarschaft der gallorömischen und alemannischen Bevölkerung hin. Trotz fehlender schriftlicher Zeugnisse kann aus den unterschiedlichen Bestattungsformen auf eine soziale Gliederung der Bevölkerung geschlossen werden. Sowohl Gräber in erhöhter Lage mit reichen Grabbeigaben wie auch Bestattungen in Kirchen, unter anderen in den Kirchen Amsoldingen, Biglen, Einigen, Lyss, Oberbipp, Rohrbach und Spiez, deuten auf Angehörige einer Oberschicht und auf Grundherren, die schon im 7. und 8. Jahrhundert Kirchen und deren Priester unterhalten konnten.

In den Gebieten östlich der Aare und im Berner Oberland setzte sich die alemannische Sprache gegenüber der romanischen früh durch, westlich der Aare und im Aaretal erst später. Hier haben sich auch mehr vordeutsche Ortsnamen wie Wichtrach oder Rüfenacht, die auf lateinische Personennamen und das den Landbesitz bezeichnende Suffix -akos/acum zurückgehen, erhalten. Das Gebiet der Stadt Bern dürfte von Mitte des 1. bis zum 9. oder 10. Jahrhundert romanischsprachig gewesen sein. Die in der Folge der alemannischen Besiedlung entstandene Sprachgrenze entlang der Linie Freiburg-Murten und dem Jurasüdfuss besteht im wesentlichen als deutsch-französische Sprachgrenze bis heute.[12]

Hochmittelalter

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Statue Berchtold V. von Zähringen, Bern 1847
Karl Emanuel v. Tscharner

Im 10. Jahrhundert dehnten die burgundischen Könige Rudolf I. und Rudolf II. ihr Einflussgebiet bis in die Ostschweiz aus, auf burgundischem Krongut entstanden auf berner Gebiet mehrere Königshöfe, so in Bern-Bümpliz, Kirchberg und Utzenstorf im berner Mittelland, Münsingen und Uetendorf auf dem Weg ins Berner Oberland und Wimmis am Eingang des Simmentals und am Weg zu den Alpenpässen ins Wallis. Die Besiedlung des Gebietes des Kantons Bern wurde im Hochmittelalter intensiviert und reichte bis in die abgelegensten Täler. Seit dem frühen 13. Jahrhundert ist auch die Alpwirtschaft urkundlich belegt. Das Berner Oberland unterstand dem Reich unmittelbar, sowohl im Unter- wie im Oberland sind für das 11. und 12. Jahrhundert zahlreiche Freiherrschaften und ihre adligen Inhaber (unter anderen: von Bremgarten, Heimberg, Jegenstorf, Lützelflüh, Signau, Sumiswald, Fenis) belegt. Durch Einheirat in den einheimischen Adel konnten sich auch reichstreue Adelsgeschlechter aus dem Mittelland (von Eschenbach, Wädenswil) neben den einheimischen Freiherren (beispielsweise von Brienz, Ringgenberg, Weissenburg) Sitze im Berner Oberland erwerben. Im kirchlichen Bereich dürften Stiftungen einheimischer Herren neben denen der Abteien und der burgundischen Königsfamilie – Rudolf II. gilt als legendärer Stifter der zwölf Thunerseekirchen, seine Frau Bertha als Stifterin der Abtei Payerne – wichtig für die Entwicklung der für lange gültigen Kirchenstruktur gewesen sein.

Das Gebiet der Schweiz: Feudalherrschaften, Kirche und Verkehrsverbindungen um 1200

Nach der Übernahme des Königreichs Burgund durch die Salier gehörte der Aareraum zum Heiligen Römischen Reich. Als Regent über Burgund war Rudolf von Rheinfelden eingesetzt worden. Sein Schwiegersohn Berchtold II. von Zähringen, dessen Vater Berchtold I. vom Grafen mit Besitzungen im Herzogtum Schwaben zum Herzog von Kärnten und Markgrafen von Verona aufgestiegen war, kam schon um 1090 durch Erbschaft in Besitz von Gütern im Gebiet des heutigen Kantons Bern. Im Jahr 1127 erhielten die Zähringer, in Stellvertretung des Königs, das Rektorat in Burgund, konnten aber Pläne für die Erweiterung ihrer Herrschaft nicht realisieren und mussten sich mit der Sicherung ihrer Herrschaft begnügen. Darauf gehen die zähringischen Gründungen – vermutlich alle unter dem letzten Zähringer Berchtold V. – der Städte Bern, Burgdorf, Murten und Thun im heutigen Kanton Bern, zurück, die jedoch nicht zur Errichtung einer eigentlichen Landesherrschaft führten. Nach dem Tod Berchtolds V. im Jahr 1218 zerfiel die Herrschaft in ihre Bestandteile: die Ämter und Lehen fielen zurück ans Reich, während die Eigengüter an die Kyburger gingen.[13]

Städtegründungen

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Mitte des 12. Jahrhunderts lebten die Menschen auf dem Gebiet des heutigen Kantons Bern in Dörfern und Weilern rund um eine Pfarrkirche in der Nähe einer Burg oder eines Herrenhofes. Städtische Siedlungen gab es nicht, die nächstgelegenen Städte waren die bischöflichen civitates Avenches, Basel und Lausanne, das castrum Solothurn mit dem königlichen Stift St. Ursus sowie der Pfalzort Zürich. 150 Jahre später waren neben der vermutlich nicht auf eine früheren Siedlung zurückgehenden neu gegründeten Stadt Bern die ehemaligen Dörfer Aarberg, Biel, Büren an der Aare, Burgdorf, Erlach, Huttwil, Laupen, La Neuveville, Nidau, Spiez, Thun, Unterseen, Wangen an der Aare und Wiedlisbach zu 15 ummauerten Städte gewachsen. Auf dem Gebiet der heutigen Schweiz erhöhte sich die Anzahl der Städte im gleichen Zeitraum von 15 auf 175, in Mitteleuropa von etwa 200 auf rund 5000.[14]

Gründung der Stadt Bern 1191

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Die Stadt Bern,
Diebold Schilling d.Ä.,
Spiezer-Chronik, 15. Jh. Rechts das Wappen der Stadt Bern, darüber das Reichswappen, das Bern als Reichsstadt ausweist

Zur wichtigsten der von den Zähringern zur Festigung ihrer Macht im Alpenvorraum gegründeten Städte auf dem Boden des heutigen Kantons Bern entwickelte sich die in einer Aareschlaufe, die zum Königshof Bümpliz gehörte, angelegte Stadt Bern. Sie wurde gemäss der Cronica de Berno aus dem 14. und der Justinger-Chronik aus dem 15. Jahrhundert im Jahr 1191 von Berchtold V. von Zähringen gegründet. Bereits unter Berchtold IV. war eine Burg zur Sicherung des Aareübergangs bei der Nydegg errichtet worden. Ob sich an dieser Stelle eine Siedlung befand, ist nicht bekannt, archäologische Analysen lassen eher auf eine landwirtschaftliche Nutzung der Aarehalbinsel schliessen,[15] das Gebiet um die Stadt Bern war Mitte des 12. Jahrhunderts jedoch recht dicht mit Höfen und Weilern besiedelt. Die Gründungsstadt reichte nach heutiger Kenntnis von der Nydegg bis zum Zeitglocken und nicht, wie früher angenommen wurde, lediglich bis zur Kreuzgasse.[16] Sie hatte drei Längsachsen und wies, für Zähringergründungen typisch, einen Gassenmarkt, einen offenen Stadtbach, eine Hofstätteneinteilung von 100 x 60 Fuss und eine seitlich gelegene Stadtkirche sowie einen Burgbezirk mit Burgsiedlung am Aareufer und eine grössere Gewerbesiedlung, die Matte, wo sich auch der Hafen befand, auf.[17]

Stadtname, Siegel und Wappen
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Schriftlich belegt ist der Stadtname Berne erstmals lateinisch in einer Urkunde von 1208, deutsch Bern im Jahr 1256. Der Legende nach soll der Stadtgründer Berchtold V. von Zähringen beschlossen habe, die Stadt nach dem ersten in den umliegenden Wäldern erlegten Tier, einem Bären, zu benennen.[18] Die Legende geht auf die lautliche Ähnlichkeit zwischen Bern und Bär, dem Wappentier Berns zurück, ist jedoch eine reine Volksetymologie ohne linguistische Grundlage. Lange ging man davon aus, Berchtold V. habe die Stadt nach der Stadt Verona, einer früheren Besitzung der Zähringer, benannt. Mit dem Fund der Berner Zinktafel in den 1980er Jahren, die für den gallorömischen Vicus auf der Engehalbinsel den keltischen Namen Brenodor zu belegen scheint und auf eine Kontinuität von keltischen und gallorömischen Flur- und Ortsnamen weist, erscheint eine Herleitung des Namens Bern aus dem keltischen, die schon früher von einzelnen Historikern vermutet wurde,[19] wahrscheinlich, wenn auch nicht aus Brenodor, die lautlich nicht möglich ist.

Siegel der Stadt Bern von 1224 und Münze

Der Name Bern könnte jedoch, gemäss Lexikon der schweizerischen Gemeindenamen [20] auf das keltische, in der Bedeutung «Kluft, Schlitz» im mittelirischen belegte, Wort *berna zurückgehen, das eine bestimmte Stelle oder einen Aareabschnitt, vemutlich bei der Nydegg, bezeichnet haben könnte und von der gallorömischen Bevölkerung weiterverwendet und am Ende des Frühmittelalters von den Alemannen übernommen worden wäre.[21]

Siehe auch: Fahne und Wappen des Kantons und der Stadt Bern

Das Wappen des Kantons und der Stadt Bern zeigt in Rot einen goldenen Rechtsschrägbalken, belegt mit einem schreitenden schwarzen Bären mit roten Krallen und roter Zunge. Heute gilt als selbstverständlich, dass der Bär männlich sein muss.[22] Der Bär als Wappentier Berns ist bereits für das 13. Jahrhundert auf einem Siegel von 1224 und auf Münzen belegt. Ursprünglich soll das Wappen einen schwarzen Bären auf weissem Grund gezeigt haben, in seiner heutigen Form ist es seit der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts bekannt.[23]

Spätmittelalter

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Stadtrechte und städtische Verfassungen

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Goldene Handfeste[24]

Mehrere der später bernischen Städte verfügten seit dem 13. Jahrhundert über Stadtrechte und eigene Verfassungen. An der Spitze standen die Schultheissen, auch Amtmänner oder Meier genannt, als Vertreter der geistlichen oder weltlichen Stadtherren, daneben bildeten sich Räte und Stadtgemeinden. Das Stadtrecht Berns geht bereits auf Berchtold V. von Zähringen zurück, der auch den Schultheissen, vermutlich einen in der Umgebung der Stadt begüterten Adligen, ernannte. Die Bürger der Stadt Bern dürften nicht nur einen Stadtrat gebildet, sondern sich noch zu Lebzeiten Berchtold V. in einer bürgerlichen Schwurgenossenschaft zusammengeschlossen haben. Nach dem Tod Berchtold V. wurde die auf Reichsgrund gelegene Stadt Bern reichsfrei und soll von Friedrich II. eine am 15. April 1218 in Frankfurt am Main ausgestellte Handfeste, die sogenannte Goldene Handfeste, erhalten haben, die jedoch als Verunechtung aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts gilt, von König Rudolf I. von Habsburg aber am 15. Januar 1274 bestätigt und als verbindliches Dokument des Berner Stadtrechts anerkannt wurde und somit als erste bernische Verfassung gelten kann.[25] Bern besass das Recht auf eigene Münzen, Masse und Gewichte, und den Stadtbehörden stand die Gerichtsbarkeit zu. Der vom Kaiser ernannte Schultheiss sass als Vertreter des Reichs dem Blutgericht vor. Seit 1224 ist ein Rat der Zwölf, ab 1249 zusätzlich noch ein Rat der Fünfzig, der aber wieder verschwand, belegt. Alle in Bern geborenen Söhne von Bürgern hatten nach Vollendung des 14. Lebensjahres einen Eid auf die Stadtverfassung zu leisteten.

Nach zwei verheerenden Stadtbränden von 1285 und 1287 und der Niederlage in der Schlacht bei der Schosshalde von 1289 wurde, als Folge der wachsenden Unzufriedenheit der Handwerker und Kaufleute, die Verfassung der Stadt Bern im Jahr 1294 geändert. Der Kleine Rat wurde von zwölf auf vermutlich vierundzwanzig Mitglieder erhöht, der zweite Rat wurde als Rat der Zweihundert institutionalisiert. Neu wurde ein Wahlmännergremium genannt Sechzehner bestellt, das den Rat der Zweihundert wählte, der, möglicherweise gemeinsam mit den Sechzehnern, den Kleinen Rat und den Schultheissen wählte. Die städtischen Finanzen wurden vom Seckelmeister verwaltet, daneben wurden die Ämter des Stadtschreibers, Gerichtsschreibers, Grossweibels und der vier Venner und vier Heimlicher geschaffen. Für die Wahl in eine Behörde war die Zugehörigkeit zu einer Zunft Voraussetzung. Den Zünften – seit dem 14. Jahrhundert als «Gesellschaften» bezeichnet – selbst war jegliche politische Tätigkeit verboten, sie hatten jedoch gewisse Verwaltungsaufgaben zu erfüllen.[26]

1365 erhielt die Stadt Bern das Recht, Reichslehen zu erwerben, 1379 die Erlaubnis, selber Reichsgut weiterzuverleihen. Seit dem 15. Jahrhundert übte der bernische Rat die Blut- und Appellationsgerichtsbarkeit über den grössten Teil des Herrschaftsgebiets aus, ab 1437 mussten die Untertanen der Stadt einen Untertaneneid schwören, der sie zur Reispflicht und Friedenswahrung verpflichtete, seit 1458 hatten die bernischen Twingherren für auswärtige Burgrechte und fremde Kriegsdienste die Zustimmung des Rats einzuholen, ab 1459 beanspruchte die Stadt ein Vorkaufsrecht auf deren Gerichtsherrschaften, was 1470 mit zum Twingherrenstreit führte. Danach setzte die Stadt in allen ihr nur mittelbar unterstellten Herrschaften die sogenannten fünf Gebote durch: Anberaumung von Landtagen, Besteuerungsrechte, Gerichts- und Polizeikompetenzen, öffentliche Fuhrleistungen und Truppenaufgebot und Harnischschau. Oberste politische, rechtliche und militärische Instanz des gesamten Herrschaftsbereich waren der Grosse Rat der Stadt mit häufig mehr als 400 Mitgliedern und, als Regierungsausschuss, der Kleine Rat, bestehend aus 27 Mitgliedern: den 18 Ratsherren, dem amtierenden und stillstehenden Schultheissen, einem Seckelmeister, vier Vennern und zwei Heimlichern von Burgern. Im 15. Jahrhundert trat die Stadtgemeinde nicht mehr in Erscheinung, die Behörden ergänzten sich alljährlich an Ostern selbst. Der Rat der Stadt Bern übte die Herrschaft über die zur Stadt gehörenden vier Kirchspiele und die vier Landgerichte Konolfingen, Seftigen, Sternenberg und Zollikofen, die einem Venner unterstanden, aus. Die Landvogteien standen unter der Verwaltung von Bernburgern, die auf ihren Schlössern Berns Landesherrschaft vertraten und über recht weitreichende Kompetenzen und Selbstverwaltung verfügten. Ab Mitte des 15. Jahrhunderts wurden auch Volksanfragen durchgeführt, und allmählich setzte der Wandel von der städtischen Landesherrschaft zum Territorialstaat ein.[27]

Bevölkerung und politisches Leben

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Berner Rathaus, erbaut 1406-1415

Die Bevölkerung des Bern unterstehenden Gebietes bestand im Spätmittelalter vorwiegend aus Bauern. Die grösste Bevölkerungsgruppe in der Stadt Bern – über die Unterschicht ist bisher wenig bekannt – bildeten die Handwerker, die über den Handel, der grundsätzlich allen offen stand, leicht ins Junkertum aufsteigen konnten. Zwischen der Oberschicht der Stadt Bern und der des umliegenden Landes, sowohl Adligen (Bubenberg, Egerdon, Jegistorf, Kien, Kramburg, Krauchthal) wie Bürgerlichen (Fischer, Gisenstein, Wattenwyl) bestanden enge Verbindungen. Im 14. und 15. Jahrhundert änderte sich die Zusammensetzung der städtischen Oberschicht: landadlige Familien liessen sich in der Stadt nieder (Erlach, Hallwyl, Luternau, Mülinen, Rümligen, Scharnachtal, Stein) und zahlreiche nichtadligen Kaufleute wurden nobilitiert (Diesbach, Matter, Ringoltingen, Wabern). Der wirtschaftliche Erfolg ermöglichte den Einstieg in die politischen Ämter (Fränkli, May, Steiger), adlige, nobilitierte und kaufmännische Familien waren eng verflochten. Charakteristisch für die gesamte Oberschicht war ihre Abhängigkeit von Einkünften aus Grundbesitz und Herrschaften. Im 15. Jahrhundert waren die Mitglieder des städtischen Rats gleichzeitig auch Inhaber von Grund- und Gerichtsherrschaften innerhalb des bernischen Territorialstaats.[28] Die Mehrheit der städtischen Steuerzahler verfügte über kein oder nur sehr geringes Vermögen, während den reichsten rund 6 Prozent der Steuerzahler, wie das Tellbuch des Jahres 1448 zeigt, rund 75 Prozent des in der Stadt Bern versteuerten Vermögens gehörte.[29] Die kleine, aus Beamten und Klerikern bestehende Bildungsschicht war zwar angesehen, hatte mit Ausnahme des Stadtschreibers jedoch nur geringe Bedeutung.

Bevölkerungsentwicklung

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Berner Bäuerin, 19. J.h.

Während der klimatisch günstigen Zeit des Mittelalters war die Bevölkerung auf dem Gebiet des Kantons Bern kontinuierlich gewachsen und entlang des Jurasüdfusses, im berner See- und Mittelland expandiert, anfangs des 14. Jahrhundert besiedelten Walser vom Lötschental her das hintere Lauterbrunnental. Im Lauf des 14. Jahrhunderts verringerte sich die Bevölkerung als Folge von Klimaverschlechterungen und der Pest. Teile der ländlichen Bevölkerung wanderten in die Städte ab, was zu einer Verödung der Landschaft, besonders im Mittelland führte, so dass das Gebiet des heutigen Kantons Bern im 15. Jahrhundert weniger dicht besiedelt war als dasjenige der Nachbarkantone. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts dürfte sowohl die Land- wie die Stadtbevölkerung dank günstiger klimatischer Verhältnisse wieder zugenommen haben. Dem Elend der landlosen Landbevölkerung begegnete die Stadt Bern durch die Bewilligung von Siedlungen in Allmend- und Waldgebieten. Aufgrund von Feuerstättenzählungen, Haushalt- und Mannschaftsverzeichnissen kann die Bevölkerungszahl des sogenannten alten Kantonsteil für Mitte des 16. Jahrhunderts auf etwa 60'000 Einwohner geschätzt werden, die sich bis Mitte des 17. Jahrhunderts auf rund 120'000 Einwohner verdoppelte.[30]

Die Bevölkerung der Stadt Bern dürfte bei ihrer Gründung etwa 500 Einwohner gezählt haben, 100 Jahre später waren es vermutlich bereits 3'000. In den folgenden Jahrhunderten nahm die Bevölkerung trotz der grassierenden Pest stetig zu und dürfte Mitte des 15. Jahrhunderts auf 5'000 angewachsen sein. Nach einem Rückgang in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts wuchs die Bevölkerungszahl in den nachfolgenden Jahrhunderten kontinuierlich weiter.[31]

Ämter und Gremien

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Zentrale Aufgabe der Stadtverwaltung waren der Schutz der Bevölkerung vor militärischen Angriffen und Bränden, die Gerichtsbarkeit in der Stadt und in der benachbarten Landschaft und die Aufsicht über die Finanzen. Die anfänglich personenbezogenen Ratskommissionen entwickelten sich im 14. Jahrhundert zu festbesoldeten Ämtern, deren Zahl sich laufend vergrösserte und bis Mitte des 16. Jahrhunderts auf über 50 Ämter und Vogteien anstieg.

  • Schultheiss: Ursprünglich vom Landesherrn ernannt wird ein Schultheiss von Bern erstmals 1223 schriftlich erwähnt. Er führt die Bürgerschaft an, verwaltet das Stadtsiegel und amtet als oberster städtischer Richter. Seit dem ausgehenden Mittelalter sind zwei Schultheissen, ein amtierender und ein stillstehender bekannt. Im 13. und 14. Jahrhundert war das Amt des Schultheissen dem Adel und den Notabeln vorbehalten.
Grosser Rat, 1735
  • Grosser Rat: Der 1294 als Rat der Zweihundert geschaffene, von den Sechzehnern bestellte Grosse Rat bildete bis zum Ende des Mittelalters das oberste politische Gremium der Stadt; er bestätigte die neu gewählten Ratsherren und den Schultheissen, war Appellationsinstanz für die vor dem Berner Rat verhandelten Gerichtsfälle und übte die Kontrolle über den Finanzhaushalt aus. Im Grossen Rat waren die Gewerbetreibenden und Handwerker zahlenmässig in der Mehrheit, aus ihm wurden die mit der Verwaltung der ländlichen Gerichtsherrschaften betrauten Landvögte und Tschachtlane ernannt. Bereits ab dem 14. Jahrhundert wurde der Grosse Rat, dessen Mitgliederzahl zwischen 280 und 400 schwankte, immer seltener einberufen – alle Mitglieder wurden bei ihrem Amtsantritt eidlich dazu verpflichtet, sich nur auf ausdrückliches Geheiss von Schultheiss und Kleinem Rat zu versammeln – und seine Aufsichtskompetenzen wurden vom Kleinen Rat immer mehr beschnitten bis er lediglich noch ein beratendes Gremium wurde, das brisante Entscheide zu bestätigen hatte.
  • Kleiner Rat: Der 1224 erstmals erwähnte Rat der Zwölf war dem Schultheissen untergeordnet. Er vertrat die Bürger im städtischen Gericht und war für die Verwaltung der Stadt zuständig. 1294 wurde er auf vermutlich vierundzwanzig Mitglieder erhöht. Er führte die täglichen Regierungsgeschäfte und ernannte alle wichtigen Amtsinhaber und Behörden. Mitte des 14. Jahrhunderts wurde der Kleine Rat von vierundzwanzig auf siebenundzwanzig Mitglieder erhöht und setzte sich aus dem amtierenden und dem stillstehenden Schultheissen, dem Seckelmeister, den vier Vennern, zwei Heimlichern von Burgern und achzehn Ratsherren zusammen. Führend im Kleinen Rat, der die Regierungsgewalt immer ausschliesslicher ausübte, waren die Angehörigen der alteingessessenen, seit der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts im städtischen Regiment vertretenen Familien. Er tagte mehrmals pro Woche, in Kriegs- und Krisenzeiten täglich.
  • Sechzehner: Die seit 1294 amtierenden Sechzehner waren ein spezielles Ratsgremium, das die Interessen der Stadtgemeinde gegenüber Schultheiss und Rat zu vertreten hatte. Die vier Stadtviertel Berns, die den Status von Wahlbezirken erhielten, hatten je vier Vertreter, die offenbar für ein Jahr gewählt wurden. Führend im Gremium der Sechzehner waren die Angehörigen der alteingessessenen, seit der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts im städtischen Regiment vertretenen Familien.[32]
  • Seckelmeister: Das Amt des Seckelmeisters wurde im 14. Jahrhundert institutionalisiert und gewann zunehmend an Sozialprestige. Der Seckelmeisters übte zusammen mit Schultheiss und den Vennern die Oberaufsicht über den Finanzhaushalt in der Stadt und Landschaft aus; ab Mitte des 14. Jahrhunderts war er ständiges Mitglieder im Kleinen Rat.
Venner, Figur des Vennerbrunnens, Bern
  • Venner: Im 13. Jahrhundert erfüllten die vier Venner als Vorsteher der vier Stadtviertel und städtische Bannerträger vorwiegend militärische Aufgaben, erlangten im 14. und 15. Jahrhundert jedoch zunehmend politische Bedeutung und wurden zu Repräsentanten der ökonomisch führenden Zünfte im Kleinen Rat, dem sie seit Mitte des 14. Jahrhunderts als ständige Mitglieder angehörten. Sie waren zusammen mit den Heimlichern für die Führung und Aushebung der militärischen Aufgebote verantwortlich, bezogen zusammen mit den Tellherren die vom Rat eingeforderten Abgaben und Steuern, organisierten die Fron- und Fuhrdienste der Bevölkerung für den Bau und Unterhalt der kommunalen Gebäude und sorgten für die Einhaltung der vom Rat erlassenen Bestimmungen zur Brandbekämpfung und beaufsichtigten zudem die neu ins Bürgerrecht aufgenommenen Personen. Es gelang ihnen, einen immer entscheidenderen Einfluss auf die Wahl der beiden Räte und des Schultheissen auszuüben. Am Ende des Mittelalters wählten die Venner die Sechzehner und nominierten den Schultheissen und sämtliche Mitglieder des Kleinen Rats.
  • Heimlicher: Die 1344 erstmals namentlich erwähnten Heimlicher waren wie die Venner eine Art Vertrauensmänner der Bürgerschaft und übten in dieser Funktion spezielle Aufsichtsfunktionen innerhalb der Stadtbevölkerung aus. Zugleich waren sie zusammen mit den Vennern für die Führung und Aushebung der militärischen Aufgebote Berns verantwortlich. Ab Mitte des 14. Jahrhunderts waren zwei Heimlicher von Burgern ständige Mitglieder im Kleinen Rat.
  • Stadtschreiber: Der Stadtschreiber stand zwar an der Spitze der Stadtverwaltung und hatte dank seiner Kenntnis der Regierungsgeschäfte eine wichtige Funktion, übte jedoch kein einflussreiches Ratsamt aus.

Daneben gab es weitere Ämter wie Bauherren, Böspfenniger, Tellherren, Ungeldner, Zollherren usw.[33]

Zünfte und Bruderschaften

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Die Zünfte, später Gesellschaften genannt, dienten seit dem 13. Jahrhundert als wirtschaftliche, gesellige und teilweise auch religiöse Zusammenschlüsse. Ihre Zahl erhöhte sich im 15. Jahrhundert durch die Aufteilung in verschiedene sogenannte Stuben. Die offizielle, die politische und soziale Bedeutung wiederspiegelnde Reihenfolge der Gesellschaften lautete: Gesellschaft zu den Pfistern (Bäcker), Schmieden, Metzgern, Obergerwern, zum Mittellöwen, Narren und Distelzwang – diese steht als Adelsgesellschaft seit 1674 an erster Stelle – zu den Schuhmachern, Webern, zum Mohren (Schneider), zu den Kaufleuten, zum Affen (Steinhauer), zu den Zimmerleuten, Schiffleuten, Rebleuten und Schützen. Die vier sogenannten Vennerzünfte waren: (Pfistern, Schmieden, Metzgern, Gerwern).[34] Bruderschaften, die sowohl religiöse wie soziale Funktionen erfüllten, waren meist einem Orden angeschlossen. Sie wurden nach der Reformation aufgelöst.[35]

Die Grosse Pest und die Judenverfolgungen

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Angeblicher Mord an Rudolf von Bern 1293, Diebold Schilling d. Ä., Berner-Chronik

Die Grosse Pest, die von Asien kommend ganz Europa zwischen 1348 und 1351 heimsuchte und etwa einen Drittel der Bevölkerung dahinraffte, erreichte das Gebiet Berns im Jahr 1349, gemäss Justinger-Chronik «von der sunnen undergang» und soll an manchen Tagen in der Stadt 60 Tote gefordert haben. Doch bereits am Stephanstag des gleichen Jahres zogen Berner Truppen singend und tanzend in ein Scharmützel ins Simmental.[36] Verantwortlich gemacht für die Pestpandemie wurden im christlichen Europa, trotz Interventionen von Papst Clemens VI., vielerorts die Juden, die angeblich die Christenheit mittels Vergiftung von Brunnen und Lebensmitteln auszurotten versuchten. Die Stadt Bern spielte bei den daraus resultierenden Judenverfolgungen in der Region eine wichtige Rolle, besonders bei der Verbreitung der von Frankreich und Savoyen über die Waadt nach Bern gelangten Beschuldigungen gegen die Juden. In Bern selbst waren die Juden schon im November 1348, bevor die Pest das Gebiet erreicht hatte, auf dem Scheiterhaufen verbrannt worden. Davor war bei Juden bei Hausdurchsuchungen Gift gefunden und von ihnen durch Folter Geständnisse erpresst worden, die umgehend nach Basel, Freiburg im Breisgau, Solothurn und Strassburg weiter gemeldet wurden.[37] Dabei scheint Bern sogar eines seiner jüdischen Folteropfer dem Strassburger Rat vorgeführt zu haben, um die Lüge der jüdischen Brunnenvergiftungen im Reich wirksam zu verbreiten.[38] Bereits im Jahr 1293 waren die seit 1259 urkundlich erwähnten Juden der Stadt Bern eines angeblichen Ritualmordes an einem christlichen Kind, das tot aufgefunden worden war und als Rudolf von Bern bekannt wurde, beschuldigt und aus der Stadt vertrieben worden. Ein letztes Mal wurde Juden im alten Bern die Ansiedlung in der Stadt nach dem grossen Stadtbrand von 1405 gestattet, als die Stadt dringend Geld für den Wiederaufbau brauchte. 1427 wurden sie dann endgültig vertrieben.[39]

Territorialpolitik

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Urkunde des Bündnisses zwischen Bern und Freiburg vom 20.11.1243

Als Folge des Rückgangs des Einflusses des Reichs, sah Bern sich im 13. Jahrhundert gezwungen, sich gegen die Ansprüche der regional mächtigen Kyburger, die die Zähringer beerbt hatten, mit Hilfe seiner Verbündeten und Beschirmten (Interlaken 1224, Freiburg im Üechtland 1243, Rüeggisberg 1244, Bischof von Sitten 1252 und 1296, Köniz 1257, Reichsland Hasli 1275, Freiherr von Signau 1277, Biel 1279, Kloster Trub 1286, Solothurn 1295, Murten 1335) und mit einem Schirmverhältnis zu Savoyen (1256, 1268, 1291) zu wehren. König Rudolf I. von Habsburg hatte zwar Berns Reichsfreiheit bestätigt, legte der Stadt aber 1285 eine Reichssteuer auf, zu der nach der Niederlage in der Schlacht bei der Schosshalde 1289 noch eine Busse hinzukam, was Bern auf die Seite der Gegner Rudolf I. brachte. 1298 setzte mit dem Sieg gegen den burgundischen Adel und die durch Kauf an Habsburg gelangte Stadt Freiburg bei «Dornbühl»[40] Berns Territorialpolitik ein, die sowohl durch militärische Expansion, Käufe und Pfandschaften, wie auch durch Ausburgeraufnahmen, Bündnisse, Burgrechte und Schaffung wirtschaftlicher Abhängigkeiten erfolgte.

Anfangs 14. Jahrhundert zerstörte Bern die Burgen Belp und Bremgarten, erwarb die Kirchspiele Bolligen, Muri, Stettlen und Vechigen, das Lehen über die Stadt Thun von den Kyburgern und verbündete sich 1323 erstmals mit den Waldstätten. Nachdem Bern das habsburgische Freiburg im Gümmenenkrieg 1333 besiegt hatte, erfolgte eine erste Ausdehnung ins Oberland gegen die Freiherren von Weissenburg, die die Stadt Bern ins Burgrecht zwang und von denen sie das Oberhasli und damit den Zugang zum Grimselpass erwarb. 1339-1340 errangen die Berner im Laupenkrieg dank der Unterstützung der Eidgenossen einen wichtigen Sieg gegen die umliegenden Adelshäuser und Habsburg und legten damit den Grundstein für den Aufstieg zum Stadtstaat. Neben weiteren Städtebündnissen, der Unterstützung der Burgundischen Eidgenossenschaft und Reichsprivilegien sicherte die Stadt Bern sich Mitte des 14. Jahrhunderts erneut den Rückhalt der Waldstätte mit den Landfriedensbündnissen von 1341 und 1353 – letzteres wurde später als Beitritt zur Eidgenossenschaft interpretiert, obwohl Bern mit Luzern und Zürich nicht direkt verbündet war – sowie 1341, 1348 und 1363 mit Österreich und 1350, 1364, 1374 und 1384 erneut mit Savoyen. Nach dem Erwerb Aarbergs von 1358 lieferten sich Bern und der Fürstbischof von Basel 1367-68 einen zerstörerischen Krieg um die Stadt Biel und den Südjura. Als Folge der Schwächung der Kyburger durch die Verwüstungen durch die sogenannten Gugler eroberten bernische Truppen mehrere kyburgische Burgen. Dank eines eidgenössischen Schiedsspruchs wurde der Burgdorferkrieg, für den der erste Einsatz von Pulvergeschützen der Berner belegt ist, 1384 zu Gunsten Berns entschieden, das sich mit Burgdorf und Thun die Zentren des kyburgischen Besitzes sichern konnte.[27]

Plünderung des burgundischen Lagers nach der Schlacht von Grandson durch die Eidgenossen; Diebold Schilling d.Ä., Berner-Chronik

Ab 1415 verfügte Bern über das militärische Aufgebotsrecht in seinem gesamten Herrschaftsgebiet. Zwar waren grundsätzlich alle Bürger zum Wehrdienst mit eigener Waffe und Ausrüstung verpflichtet – das Mannschaftspotenzial betrug rund 20'000 Mann – aufgeboten wurden jedoch in der Regel nur 6'000, ausnahmsweise auch 10'000 bis 12'000 Mann, die ab dem 14. Jahrhundert finanziell aus der Reisgeldkasse entschädigt wurden. Mehrjährige Kriege wurden mit Aufgeboten von Freiwilligen unter einem Fähnlein geführt, daneben wurden auch Söldner verpflichtet. Das Rossbanner, unter dem die adligen Lehensträger Berns dienten, war militärisch nur von geringer Bedeutung.[41]

Im Frieden von 1389 nach dem Sempacherkrieg erhielt Bern das Obersimmental, Unterseen, Oberhofen, Unspunnen, Nidau, Tessenberg, Ligerz, Twann und Büren an der Aare, dazu kam 1398 das Gebiets zwischen Bielersee und Seeland, 1399 Signau, 1400 Frutigen, 1407 Wangen an der Aare, 1408 Trachselwald und Huttwil, 1412 Oltigen, 1413, gemeinsam mit Solothurn, Bipp und Bechburg, und schloss neue Bündnisse so mit La Neuveville, 1403 mit Saanen und Château-d'Œx, 1406 mit Neuenburg und 1407 mit Städten und Herren im Aargau, den Bern 1415 dann grösstenteils besetzte. Mit der Errichtung seiner Vogteien im Berner Aargau konnte Bern seinen Einfluss bis fast an den Rhein ausdehnen. Erfolglos waren hingegen Berns Feldzüge ins Wallis. Im alten Zürichkrieg griff Bern erst spät auf der Seite der Eidgenossen in den Krieg ein und drängte 1444 auf Friedensverhandlungen. Im Berner Oberland führten die Kriegslasten zu schweren Unruhen, die nur dank eines eidgenössischen Schiedsgerichts beigelegt werden konnten. Mitte des 15. Jahrhunderts begann Bern seine Grenzen zu Freiburg, dem Fürstbistum Basel, Luzern, Neuenburg und Solothurn zu konsolidieren. Die Burgunderkriege 1474 bis 1476 brachten Bern Erlach und Aigle, gemeinsam mit Freiburg zudem Murten, Grandson, Orbe und Echallens und damit die ersten Landgewinne in der Waadt.[27]

Frühe Neuzeit und Ancien Régime

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Gedenktafel für Niklaus Manuel Deutsch

Die Reformation, deren bekanntester berner Vertreter der Dichter, Maler und Ratsherr Niklaus Manuel Deutsch ist,[42] wurde in Bern vom Rat, der sich schon vorher immer mehr in kirchliche Angelegenheiten eingemischt hatte, am 7. Februar 1528 eingeführt. Vorausgegangen war die vom 6. bis 26. Januar in Bern abgehaltene Berner Disputation, aus der die Reformatoren Berchtold Haller aus Bern und Huldrich Zwingli aus Zürich, verstärkt durch die beiden Elsässer Martin Bucer und Wolfgang Capito siegreich hervorgegangen waren. Mit der Reformation gingen die ehemals bischöflichen Kompetenzen an die berner Obrigkeit über, die ihre Kontrolle über Kirchen, Schulen, Armenwesen, Moral und Sitte mit einer straff organisierten kirchlichen Verwaltung ausübte. Erst im 17. Jahrhundert wurde das Armenwesen den Gemeinden, in der Stadt Bern den Zünften, übertragen. Im Berner Oberland, das sich der Reformation widersetzte, wurde der neue Glaube mit Gewalt durchgesetzt. Auch die Täufer, die immer wieder neue Gemeinden zu gründen versuchten, wurden mit äusserster Brutalität verfolgt.[43]

Gesellschaft, politisches und wirtschaftliches Leben

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Allegorische Darstellung der Berna, Burgerstube des Rathauses, Joseph Werner d.J. 1682

Mit der Eroberung der Waadt von 1536 wurde Bern der grösste Stadtstaat nördlich der Alpen. Durch die Ausweitung des Territoriums der Stadt Bern und dem Anwachsen der staatlichen Aufgaben verringerte sich der Einfluss des Adels. Die neue politischen Führungsschicht bestand aus Honoratioren (Graffenried, Nägeli, Steiger, Tillier, Werdt), die sowohl über Verwaltungskenntnisse wie Einkünfte verfügten, Handwerker hatten kaum noch Aufstiegsmöglichkeiten. Ab Mitte des 17. Jahrhunderts wurden keine neuen Burger mehr aufgenommen, womit die Grundlage für ein aristokratisches Regierungssystem geschaffen wurde, deren Kern die als adlig erachteten Familien der von Bonstetten, von Diesbach, von Erlach, von Luternau, von Mülinen und von Wattenwyl bildeten. Die städtische Gesellschaft gliederte sich in: Gesellen, Knechte und Taglöhner als politisch und wirtschaftlich benachteiligten Hintersassen; Kaufleute, Manufakturbesitzer und Unternehmer als ewige Einwohner mit wirtschaftlichen Freiheiten, aber ohne politische Rechte; Handwerker, Unternehmer, Geistliche und Beamte als lediglich theoretisch regimentsfähige Burger und die regierenden Geschlechter, deren Zahl im 17. Jahrhundert von 139 auf 98 und bis Mitte des 18. Jahrhunderts auf 77 sank. Als standesgemässe Lebensgrundlage galten neben den Staatsgeschäften und dem Kriegsdienst nur die Einkünfte aus Grundbesitz.[28]

Der Grosse Rat oder Rat der 200, der vollständig 299 Mitglieder zählte, die seit Ende des 17. Jahrhunderts nur ergänzt wurden, wenn ihre Zahl unter 200 gesunken war, blieb das oberste Organ der Regierung, nachdem die Macht des Kleinen Rates, dem eigentlichen Führungsgremium des Staates, des Seckelmeisters und der Venner eingeschränkt worden waren. Der Zugang zum Grossen Rat war, dank Wahlabsprachen, den herrschenden Geschlechtern vorbehalten, und nur Mitglieder des Grossen Rats konnte die Ämterlaufbahn einschlagen. In einer Vielzahl von Kommissionen und Ausschüssen wurden die Ratsgeschäfte vorbereitet, bevor sie den Räten zur Entscheidung vorgelegt wurden. Eine Gemeindeversammlung wurde nur noch selten, später überhaupt nicht mehr einberufen. Das wirtschaftliche Rückgrat der bernischen Verwaltung bildeten die zehn Direktionsposten, die fünfzig Landvogteien und Vogteistellen. Die Wirtschaftspolitik oblag seit 1695 dem Kommerzienrat. Die bernische Wirtschaft blieb auf die landwirtschaftliche Produktion ausgerichtet, was zwar grössere Versorgungskrisen zu mildern half, die Entwicklung der städtischen Wirtschaft und Industrie jedoch stark behinderte.

Stadt und Republik Bern um 1790

Die Verwaltung des bernischen Territoriums blieb uneinheitlich. Einzelne Städte wie etwa Burgdorf verfügten über eine weitgehende Selbstverwaltung und eigene Oberschicht, die meisten Orte unterstanden jedoch der Oberhoheit der Stadt Bern oder des bernischen Landvogts und hatten wenig Selbstverwaltung. Abgaben und Steuern führten regelmässig zu Widerstand, gegen die Einführung einer Wehrsteuer während des Dreissigjährigen Krieges, aus dem sich die Eidgenossenschaft heraushalten konnte, kam es 1641 besonders im Emmental und in der Region Thun zu Aufständen, die Bern zu Konzessionen zwangen. Der Westfälische Friede brachte 1648 den Orten der alten Eidgenossenschaft dank des Verhandlungsgeschicks des Baslers Johann Rudolf Wettstein die formelle Bestätigung der Ablösung vom Reich. Der blutig niedergeschlagene Bauernkrieg von 1653 bildete den Höhepunkt und Abschluss der Auseinandersetzung zwischen dem Streben nach Autonomie der Landschaft und dem Machtanspruch der Stadt Bern im Ancien Régime.

Weder der Aufstand des Majors Jean Daniel Abraham Davel von 1723 in der Waadt, noch der als Henzi-Verschwörung in die Geschichte eingegangene Versuch einer von den politischen Ämtern ausgeschlossenen Gruppe von Bürger der Stadt Bern, 1749 eine breitere Verteilung der politischen Ämter zu erreichen, konnten das in ganz Europa zum Inbegriff gewordene aristokratische berner Ancien Régime gefährden, obwohl politische Machtverhältnisse und Wirklichkeit immer weiter auseinanderklafften. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts begannen die krasse Privilegierung einiger weniger Familien, die Wirtschaftsordnung, die allgegenwärtige Zensur und Bevormundung zunehmend auf Ablehnung zu stossen, besonders im gebildeten und vermögenden Bürgertum.[44]

Das Ende des Ancien Régimes

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Die französische Revolution stiess in den bernischen Untertanengebieten auf grosses Echo, besonders im Aargau und in der Waadt. Nach dem Frieden von Campo Formio von 1797, in welchem Österreich das Gebiet der alten Eidgenossenschaft den Interessen Frankreichs überlassen hatte und dem Ausscheiden des der Eidgenossenschaft freundlich gesinnten früheren französischen Abgesandten in der Schweiz François Barthélemy aus dem französischen Direktorium, zerfiel der bernische Staat, der Anfangs Februar 1798 noch eine neue Verfassung in Angriff zu nehmen versucht und den Grossen Rat um 52 Mitglieder aus der Landschaft ergänzt hatte, unter der französischen Bedrohung innert kürzester Zeit. Durch den Einmarsch der französischen Truppen im Fürstbistums Basel und in der Waadt, in der die Lemanische Republik ausgerufen worden war, sahen sich das patrizische Bern und seine Verbündeten Solothurn und Freiburg gleichzeitig von Norden und Süden bedroht.

Schlacht von Neuenegg,
5. März 1798

Nachdem Bern sich geweigert hatte, die Macht der sogenannte Reform- oder Friedenspartei zu überlassen, erfolgte am 1. März 1798 der in der schweizer Geschichte als Franzoseneinfall bezeichnete französische Hauptangriff mit über 35'000 Soldaten, denen nur etwa 20'000 Berner gegenüber standen. Am 4. März 1798 dankte die Berner Regierung ab, die Berner Truppen versuchten dennoch den französischen Vorstoss zu stoppen, was ihnen am 5. März bei Neuenegg, nicht aber beim Grauholz gelang. Die Kämpfe forderten auf Seiten der Berner rund 700 Tote; die über 4'000 Mann starke eidgenössische Hilfstruppe hatte nicht in die Kämpfe eingegriffen. Am 5. März 1798 wurde die Stadt Bern von französischen Truppen besetzt. Die Franzosen führten die Bären Berns als Trophäe nach Paris und beschlagnahmten die Berner Staatskasse. Von dem im Ausland angelegten bernischen Staatsvermögen konnten 12 Millionen französische Pfund in ausländischen Zinsbriefen durch Bestechung und Diplomatie nach Bern zurückgebracht werden. Zu Ehren der auf berner Seite Gefallenen wurde 1821 im Berner Münster eine Namenstafeln aufgestellt, Jeremias Gotthelf hat den Gefallenen Berner Soldaten und der tapferen Elsi 1843 in der Erzählung Elsi, die seltsame Magd [45] literarisch ein Denkmal gesetzt.[46]

Helvetik, Mediation, Restauration

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«L'or de la Suisse achètera l'Egypte – Das Gold der Schweiz wird Ägypten kaufen». Französische Karikatur von 1798. Im Schraubstock wird gerade der Stein «Berne» ausgepresst, während die Steine «Zurich» und «Vaud» noch bereit liegen. Die Wandkarte im Hintergrund links zeigt Ägypten

Siehe auch: Helvetische Republik

Im Frühjahr 1798 war das Ende der alten Republik Bern besiegelt. Die bernischen Gebiete im Aargau und die Waadt waren abgetrennt und eigenständige Kantone geworden, am 28. März 1798 wurde auch das Berner Oberland vom Kanton Bern abgetrennt und zu einem eigenen Kanton mit Thun als Hauptort. Dagegen erhielt Bern die früher gemeinsam mit Freiburg verwaltete Herrschaft Schwarzenburg, während Murten an Freiburg fiel. Der neu geschaffene helvetische Kanton Bern, in dem die gleichen Gesetzte wie im ganzen Land zu gelten hatten, wurde in 15 Distrikte mit einem Distriktsstatthalter an der Spitze mit zum Teil willkürlich gezogenen Grenzen eingeteilt.[47] Einige Ortschaften waren bei der Einteilung auch vergessen worden, wie etwa Lengnau, oder hatten sich irrtümlicherweise dem falschen Kanton angeschlossen, so Wileroltigen, Golaten und Gurbrü und mussten nachträglich dem Kanton Bern eingegliedert werden.[48] Ebenso waren die Kompetenzen der kantonalen Verwaltung unklar geregelt, und es war oft nicht möglich, die frühere ländliche Oberschicht durch neue Amtsträger zu ersetzen.[47]

Die neue Verfassung der Helvetischen Republik wurde am 22. März 1798 von der Urversammlungen der Gemeinden im Kanton Bern genehmigt, allerdings hatte die unter Karl Albrecht von Frisching gebildete provisorische Regierung die Annahme des sogenannten Basler Entwurfs bereits zwei Tage zuvor bekanntgegeben. Im Frühsommer 1799 wurde Bern, nach Aarau und Luzern, Hauptstadt der Helvetischen Republik und blieb es bis zum Ende der Helvetik; nur während des Stecklikrieges, kurz vor dem endgültigen Sturz der Helvetik, flüchtete die Regierung nach Lausanne.[48]

Ämter und Gremien

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Am 22. März 1798 hatten die Gemeinden das Wahlkorps von 312 Wahlmännern bestimmt, in das jede Gemeinde auf hundert Einwohner einen Wahlmann entsandte. Am 25. März 1798 wurde die erste Sitzung des Wahlkorps im Berner Rathaus eröffnet. Die Versammlung wurde durch Los in eine wählende und in eine vorschlagende Hälfte geteilt, letztere bezeichnete für jeden Posten sechs Kandidaten. Drei davon schieden durch das Los aus, und unter den drei Verbleibenden erkor die wählende Hälfte den Inhaber des Postens, der zu vergeben war. In der Stichwahl um das Präsidium siegte Bürger Niklaus Augsburger aus Höchstetten mit einem Mehr von 177 gegen 127 über den Stadtberner Ludwig Bay, der stattdessen als einer von vier Senatoren gewählt wurde und später ins helvetische Direktorium aufrückte. Daneben wurden acht Grossräte in die Legislative der Helvetischen Republik und ein Richter für den helvetischen Gerichtshof sowie die Kantonsrichter gewählt. Die Distriktsrichter wurden erst gewählt nachdem die helvetischen Räte Grenzen und Hauptorte der Bezirke festgelegt hatten. Dem vom Direktorium gewählten Regierungsstatthalter, der mehrmals wechselte, oblag es, die Erlasse umzusetzten. Neben ihm wirkte die vom Wahlkorps gewählte fünfköpfige Verwaltungskammer, eine Art Kantonsregierung mit beschränkten Befugnissen in kantonalen Angelegenheiten wie Handwerk, Ackerbau, Strassenunterhalt und Künste, deren Präsident vom Regierungsstatthalter bestimmt wurde, und die vom Direktorium jederzeit abgesetzt werden konnte.[48]

Das Oberland vergab die gleichen Ämter. Seine gut hundert Wahlmänner arbeiteten vom 29. März 1798 an in Thun nach einem ähnlichen Verfahren wie die Berner, jedoch ohne zu losen. Unter den Gewählten dominierten die früheren Amtsträger in noch grösserem Ausmass als im Kanton Bern, und unter ihnen gab es noch weniger Städter.[48]

  • Richard Feller: Geschichte Berns. 4 Bände, 2., korr. Auflage, Lang, Bern 1974
  • Rainer C. Schwinges et al. (Hrsg.): Berner Zeiten: Berns mutige Zeit. Das 13. und 14. Jahrhundert neu entdeckt. Schulverlag blmv AG/Stämpfli Verlag AG, Bern 2003, ISBN 3-292-00030-0/ISBN 3-7272-1272-1
  • Ellen J. Beer et al. (Hrsg.): Berner Zeiten: Berns grosse Zeit. Das 15. Jahrhundert neu entdeckt. Berner Lehrmittel- und Medienverlag, Bern 1999, ISBN 3-906721-28-0
  • André Holenstein et al. (Hrsg.): Berner Zeiten: Berns mächtige Zeit. Das 16. und 17. Jahrhundert neu entdeckt. Schulverlag blmv AG/Stämpfli Verlag AG, Bern 2006, ISBN 3-292-00417-9/ISBN 3-7272-1276-4
  • André Holenstein et al. (Hrsg.): Berner Zeiten: Berns goldene Zeit. Das 18. Jahrhundert neu entdeckt. Stämpfli Verlag AG, Bern 2008, ISBN 978-3-7272-1281-9
  • Roland Gerber: Gott ist Burger zu Bern. Eine spätmittelalterliche Stadtgesellschaft zwischen Herrschaftsbildung und sozialem Ausgleich. Verlag Hermann Böhlaus Nachf., Weimar 2001, ISBN 3-7400-1163-7
  • Barbara Studer Immenhauser: Verwaltung zwischen Innovation und Tradition. Die Stadt Bern und ihr Untertanengebiet 1250-1550. Thorbecke Verlag, Ostfildern 2006, ISBN 3-7995-4270-1

Einzelnachweise

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  1. Jean-Marie Le Tensorer: Paläolithikum. Mittelpaläolithikum. Die Frage des alpinen Moustérien In: Historisches Lexikon der Schweiz
  2. Felix Müller: Moosseedorf. Prähistorischer Fundort In: Historisches Lexikon der Schweiz
  3. Sutz-Lattrigen: Ältester Hausgrundriss der Schweiz entdeckt Medienmitteilung des Kantons Bern vom 7. September 2007
  4. Hans Grütter: Bern (Kanton). Ur- und Frühgeschichte. Steinzeitliche Jäger In: Historisches Lexikon der Schweiz
  5. Biljana Schmid-Sikimić: Hallstattzeit. Die regionalen Gruppen In: Historisches Lexikon der Schweiz
  6. Gilbert Kaenel:Helvetier. Vom Beginn des Gallischen Kriegs bis zur Niederlage bei Bibracte (58 v.Chr.) In: Historisches Lexikon der Schweiz
  7. Gilbert Kaenel: Latènezeit. Siedlungsform, Wirtschaft und Gesellschaft In: Historisches Lexikon der Schweiz
  8. Gilbert Kaenel: Latènezeit. Kunst, Religion und Geschichte In: Historisches Lexikon der Schweiz
  9. Alfred Hirt: Provincia In: Historisches Lexikon der Schweiz
  10. Hans Grütter: Bern (Kanton). Ur- und Frühgeschichte. Die gallorömische Epoche In: Historisches Lexikon der Schweiz
  11. Daniel Gutscher: Kirche Oberbipp Erziehungsdirektion des Kantons Bern, August 2005
  12. Anne-Marie Dubler, Karl H. Flatt: Bern (Kanton). Frühmittelalter In: Historisches Lexikon der Schweiz
  13. Anne-Marie Dubler, Karl H. Flatt: Bern (Kanton). Hochmittelalterliche Herrschaftsstrukturen In: Historisches Lexikon der Schweiz
  14. Armand Baeriswyl: Bern vor dem Hintergrund der mittelalterlichen Stadtgründungswelle. In: Rainer C. Schwinges et al. (Hrsg.): Berns mutige Zeit: Das 13. und 14. Jahrhundert neu entdeckt. BLMV und Stämpfli, Bern 2003, S. 81ff.
  15. Armand Baeriswyl: Gasse, Marktlaube und Stadtbach: Die archäologischen Ausgrabungen in der Kram- und Gerechtigkeitsgasse von Bern Sonderseite, Erziehungsdirektion des Kantons Bern, Dezember 2004
  16. Armand Baeriswyl: Die ersten Jahrzente. In: Rainer C. Schwinges et al. (Hrsg.): Berns mutige Zeit: Das 13. und 14. Jahrhundert neu entdeckt. BLMV und Stämpfli, Bern 2003, S. 86ff.
  17. Urs Martin Zahnd: Bern (Gemeinde). Vom Hochmittelalter bis zum Ende des Ancien Régime. Die Siedlungs- und Bevölkerungsentwicklung In: Historisches Lexikon der Schweiz
  18. Die Berner-Chronik des Conrad Justinger. Herausgegeben im Auftrag und mit Unterstützung der allgemeinen geschichtforschenden Gesellschaft der Schweiz. Bern 1871, S. 8
  19. Rudolf Fellmann: Das Zinktäfelchen vom Thormebodewald auf der Engehalbinsel bei Bern und seine keltische Inschrift. In: Archäologie im Kanton Bern. 4B, Bern 1999, S. 133-175
  20. Andres Kristol (Hrsg.): Lexikon der schweizerischen Gemeindenamen. Huber, Frauenfeld 2005, S. 143, ISBN 3-7193-1308-5
  21. Wulf Müller: Siedlungsgeschichte und Ortsnamen in der Suisse romande. In: Peter Ernst et. al.(Hrsg.) Ortsnamen und Siedlungsgeschichte. Akten des Symposiums in Wien vom 28.-30. September 2000. Heidelberg 2002, S. 87f. ISBN 3-8253-1138-4
  22. Wappenbuch des Kantons Bern/Armorial du canton de Berne. Das Berner Staatswappen sowie die Wappen der Amtsbezirke und Gemeinden. Im Auftrag des bernischen Regierungsrates herausgegeben von der Direktion der Gemeinden zum Jubiläum «150 Jahre bernische Verfassung 1831»; bearbeitet vom Berner Staatsarchiv unter Mitwirkung von Grafiker Hans Jenni. Staatlicher Lehrmittelverlag, Bern 1981 S. 24ff.
  23. Pascal Ladner: Siegel und Heraldik. In: Rainer C. Schwinges et al. (Hrsg.): Berns mutige Zeit: Das 13. und 14. Jahrhundert neu entdeckt. BLMV und Stämpfli, Bern 2003, S. 244f.
  24. Die goldene Handveste der Stadt Bern. Frankfurt, 15. April 1218 Publiziert in: Wilhelm Oechsli: Quellenbuch zur Schweizergeschichte. Für Haus und Schule, 2. Aufl. Zürich 1901, S. 58-63.
  25. Rainer C. Schwinges: Erfolgreich gefälscht - die Goldene Handfeste. In: Rainer C. Schwinges et al. (Hrsg.): Berns mutige Zeit: Das 13. und 14. Jahrhundert neu entdeckt. BLMV und Stämpfli, Bern 2003, S. 230ff.
  26. Urs Martin Zahnd: Bern (Gemeinde). Vom Hochmittelalter bis zum Ende des Ancien Régime. Kommunale Verfassung In: Historisches Lexikon der Schweiz
  27. a b c Urs Martin Zahnd: Bern (Kanton). Herrschaft, Politik und Verfassung vom Hochmittelalter bis zum Ende des 18. Jahrhunderts. Kommunale Bewegung und Territorialbildung im Spätmittelalter In: Historisches Lexikon der Schweiz
  28. a b Urs Martin Zahnd: Bern (Gemeinde). Vom Hochmittelalter bis zum Ende des Ancien Régime. Die städtische Gesellschaft In: Historisches Lexikon der Schweiz
  29. Oliver Landolt: Vermögen. Mittelalter und frühe Neuzeit In: Historisches Lexikon der Schweiz
  30. Christian Pfister: Bern (Kanton). Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur vom Hochmittelalter bis ins 18. Jahrhundert. Bevölkerungs- und Siedlungsentwicklung In: Historisches Lexikon der Schweiz
  31. Urs Martin Zahnd: Bern (Gemeinde). Vom Hochmittelalter bis zum Ende des Ancien Régime. Die Siedlungs- und Bevölkerungsentwicklung In: Historisches Lexikon der Schweiz
  32. Roland Gerber: Politisches Leben. In: Rainer C. Schwinges et al. (Hrsg.): Berns mutige Zeit: Das 13. und 14. Jahrhundert neu entdeckt. BLMV und Stämpfli, Bern 2003, S. 224ff.
  33. Roland Gerber: Ratsämter und Behörden. In: Rainer C. Schwinges et al. (Hrsg.): Berns mutige Zeit: Das 13. und 14. Jahrhundert neu entdeckt. BLMV und Stämpfli, Bern 2003, S. 234ff.
  34. Burgergemeinde Bern: Gesellschaften und Zünfte
  35. Véronique Mariani-Pasche: Bruderschaften. Mittelalter In: Historisches Lexikon der Schweiz
  36. Die Berner-Chronik des Conrad Justinger. Herausgegeben im Auftrag und mit Unterstützung der allgemeinen geschichtforschenden Gesellschaft der Schweiz. Bern 1871, S. 111ff.
  37. Oliver Landolt: Der Schwarze Tod und die Judenverfolgung von 1348 In: Rainer C. Schwinges et al. (Hrsg.): Berns mutige Zeit: Das 13. und 14. Jahrhundert neu entdeckt. BLMV und Stämpfli, Bern 2003, S. 220ff.
  38. Peter Kamber: Pogrome und Schwarzer Tod. Wie die Schweiz im 14. Jahrhundert ein Verfolgungsschema exportierte In: Basler Magazin Nummer 35, 30. August 1997
  39. Informationstafel zur jüdischen Geschichte in der Stadt Bern Medienmitteilung des Kantons Bern, 29.09.2009
  40. Die Berner-Chronik des Conrad Justinger. Herausgegeben im Auftrag und mit Unterstützung der allgemeinen geschichtforschenden Gesellschaft der Schweiz. Bern 1871, S. 38
  41. Georges Grosjean: Bern (Kanton). Herrschaft, Politik und Verfassung vom Hochmittelalter bis zum Ende des 18. Jahrhunderts. Wehrwesen im Spätmittelalter In: Historisches Lexikon der Schweiz
  42. Zeno.org: Niklaus Manuel. Biographie und Dramen
  43. Irena Backus: Disputationen In: Historisches Lexikon der Schweiz
  44. François de Capitani: Bern (Kanton). Herrschaft, Politik und Verfassung vom Hochmittelalter bis zum Ende des 18. Jahrhunderts. Staatsbildung, Regieren und Verwalten in der frühen Neuzeit. Das Regiment im Innern In: Historisches Lexikon der Schweiz
  45. Jeremias Gotthelf: Elsi die seltsame Magd Projekt Gutenberg, Spiegel Online
  46. Martin Illi: Franzoseneinfall In: Historisches Lexikon der Schweiz
  47. a b {{{Autor}}}: Bern (Kanton), Helvetische Republik. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
  48. a b c d Beat Junker: Band 1- Helvetik, Mediation, Restauration 1798-1830, Erster Teil: Helvetik. In: Geschichte des Kantons Bern seit 1789. Historischer Verein des Kantons Bern, 1982 (Digitale Ausgabe 07/1998 [abgerufen am 15. Dezember 2011]).