Reichsprälat

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Reichsprälat Anselm II. Schwab, Abt des Klosters Salem, ließ sich 1749 von Gottfried Bernhard Göz vor einem Reichsadler porträtieren

Als Reichsprälaten (lat. Plur. Sacri Imperii Praelati) bezeichnete man die Äbte, Äbtissinnen sowie Pröpste und Prioren der reichsunmittelbaren Klöster, Kartausen, Abteien, Domkapitel, Kollegiat- und Frauenstifte im Heiligen Römischen Reich, die direkt dem Kaiser unterstanden. Sie waren ab der Frühen Neuzeit im Reichstag vertreten und in zwei Kollegien, der rheinischen und schwäbischen Prälatenbank, eingeteilt, die ihnen je eine Kuriatstimme und damit Mitbestimmung in Sachen der Reichspolitik gewährten.

Status

Aus dem Status der Reichsunmittelbarkeit ergaben sich eine Reihe von Freiheiten und Privilegien. Sie genossen Immunität, waren keinem Fürsten lehnsabhängig und konnten selbst große Territorien erwerben, in denen sie die Landeshoheit besaßen und meist auch die niedere und hohe Gerichtsbarkeit ausüben konnten. Insbesondere die Hochgerichtsbarkeit stellte sie den Fürsten gleich. Sie besaßen die Reichsstandschaft und waren neben den Fürsterzbischöfen und Fürstbischöfen, mit denen sie die Geistlichen Gebiete des Reiches beherrschten, Mitglieder der Reichskirche und zählten damit zu den Kirchenfürsten. Den wenigsten Reichsprälaten wurden jedoch eigene Virilstimmen verliehen, was Bedingung dafür gewesen wäre, sie nunmehr als Fürstabt oder Fürstpropst den übrigen geistlichen und weltlichen Reichsfürsten gänzlich gleichzustellen. Die Reichsprälaten mit lediglich einer Kuriatsstimme auf einer Prälatenbank des Reichstages werden auch Reichsabt bzw. Reichsäbtissin oder Reichspropst genannt, manche von ihnen wurden aber traditionell ebenfalls als Fürstäbte oder Fürstäbtissinnen bezeichnet.

Geschichte und Zusammensetzung in der Neuzeit

Die Reichsmatrikel von 1521 zählt insgesamt 83 Reichsprälaten auf, deren Anzahl sich bis 1792 durch Mediatisierungen, Säkularisation, Abtretungen an andere europäische Staaten und Erhebungen in den Reichsfürstenstand auf 40 verringerte.

Zu Beginn der Frühen Neuzeit gehörten die 14 Äbtissinnen von Quedlinburg, Essen, Herford, Nieder- und Obermünster in Regensburg, Thorn, Kaufungen, Lindau, Gernrode, Buchau, Rottenmünster, Heggbach, Gutenzell und Baindt sowie die Baillis des Deutschen Ordens von Koblenz, Elsass und Burgund, Österreich und an der Etsch dem Reichsprälatenstand an. Weiterhin gehörten der Hochmeister des Deutschen Ordens für das Meistertum Mergentheim und der Großprior von Deutschland des Johanniterordens für die Herrschaft Heitersheim dazu. Zum Ende der Frühen Neuzeit waren von den Balleien nur diejenige in Koblenz und von Elsass und Burgund übrig geblieben.

Die Äbte und Pröpste von Fulda, Kempten, Weißenburg, Muri, Ellwangen, Murbach, Corvey, Stablo, Berchtesgaden und Prüm wurden gefürstet und erhielten Sitz und Stimme im Reichsfürstenrat des Reichstages.

Die Gebiete, die zu den Reichsprälaten gehörten, waren meist sehr klein und umfassten manchmal nur ein paar Gebäude. Dennoch waren sie häufig kulturelle Zentren.

Im Zuge der Säkularisation und Mediatisierung wurde zwischen 1802 und 1806 den Reichsklöstern die Reichsunmittelbarkeit entzogen. Die meisten von ihnen wurden anschließend gänzlich aufgehoben – ihr territorialer und materieller Besitzstand kam zu den nutznießenden größeren weltlichen Fürstentümern wie Baden, Bayern oder Württemberg.

Rolle der Reichsprälaten im Reichstag

Die Reichsprälaten gehörten im Reichstag entweder dem Schwäbischen oder dem Rheinischen Prälatenkollegium an und hatten mit den anderen Prälaten je eine gemeinsame Stimme (= Kuriatstimme), die dann so viel wie die Einzelstimme (Virilstimme) eines Reichsfürsten zählte.

Im rheinischen Kollegium waren 19 Prälaten aus der südlichen und westlichen Reichshälfte versammelt, darunter die von Werden, Kornelimünster, St. Emmeram, Obermünster und Niedermünster. Weiterhin waren Mitglied die Äbtissin von Essen, die Kaishaim und St. Ulrich und Afra.

Das schwäbische Kollegium umfasste ausschließlich die vielen kleinen Prälaturen aus dem oberschwäbischen Raum. Darunter waren die Abteien und Stifte von Elchingen, Irsee, Roggenburg, Schussenried, Ursberg, Rot an der Rot, Wettenhausen, Marchtal, Ochsenhausen, Zwiefalten und Weingarten. Dem Kollegium gehörte auch die Benediktinerabtei von Ottobeuren an, die aber nicht im Reichstag vertreten war. Faktisch waren es im Schwäbischen Reichsprälatenkollegium meist die Benediktiner und Prämonstratenser, die sich gegenseitig die wichtigsten Positionen zuspielten und abwechselnd die Direktoren des Kollegiums stellten. Am häufigsten stellte die Abtei Weingarten den Direktor. Der Reichsabtei Salem, die in der Rangfolge an der Spitze stand, gelang es nur einmal, mit Anselm II. Schwab, den Direktor zu stellen.

Das Schwäbische Reichsprälatenkollegium bildete sich 1575 aufgrund des durch die geografische Nähe der Prälaturen entwickelten Zusammenhalts und stärkte diesen. Durch den Zusammenhalt der Kollegiumsmitglieder erreichte es wesentlich größeres politisches Gewicht als das rheinische Kollegium. So durften die schwäbischen Reichsprälaten stets einen Vertreter in interständische Ausschüsse entsenden und hatten im Abt des oberschwäbischen Klosters Weingarten einen bereits seit 1555 rechtlich festgeschriebenen Vertreter im Ordentlichen Reichsdeputationstag.

Zum Reichsfürstenrat gehörige Reichsprälaten

Die Namen sind dem Rang nach geordnet.

Schwäbisches Reichsprälatenkollegium

siehe Schwäbische Prälatenbank

Rheinisches Reichsprälatenkollegium

siehe Rheinisches Reichsprälatenkollegium

Literatur

  • Hans Feierabend: Die politische Stellung der deutschen Reichsabteien während des Investiturstreites. Marcus, Breslau 1913 (Historische Untersuchungen 3, ZDB-ID 500550-4), (Neudruck: Scientia, Aalen 1971).
  • Axel Gotthard: Das Alte Reich 1495–1806. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2003, ISBN 3-534-15118-6 (Geschichte kompakt. Neuzeit).
  • Sarah Hadry: Reichsprälatenkollegium. In: Historisches Lexikon Bayerns. Bayerische Staatsbibliothek, 5. Oktober 2010, abgerufen am 21. Oktober 2010.
  • Sarah Hadry: Reichsstifte in Schwaben. In: Historisches Lexikon Bayerns. Bayerische Staatsbibliothek, 5. Oktober 2010, abgerufen am 20. März 2011.
  • Helmut Neuhaus: Das Reich in der frühen Neuzeit. 2. Auflage. Oldenbourg, München 2003, ISBN 3-486-56729-2 (Enzyklopädie Deutscher Geschichte. 42).
  • Thomas Vogtherr: Die Reichsabteien der Benediktiner und das Königtum im hohen Mittelalter. (900–1125). Thorbecke, Stuttgart 2000, ISBN 3-7995-4255-8 (Mittelalter-Forschungen 5), (Zugleich: Kiel, Univ., Habil.-Schr., 1990/91).
  • Hans-Peter Wehlt: Reichsabtei und König. Dargestellt am Beispiel der Abtei Lorsch mit Ausblicken auf Hersfeld, Stablo und Fulda. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1970 (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 28, ZDB-ID 121375-1), (Zugleich: Marburg, Univ., Diss., 1968).

Einzelnachweise