„Dürers Selbstzeugnisse“ – Versionsunterschied
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In Nürnberg treten ab 1360 bis in die [[Reformation]]szeit hinein auffallend viele [[Selbstzeugnis]]se auf. Dürers sogenanntes Gedenkbuch wurde 1931 durch Marianne Beyer-Fröhlich erstmals im Kontext vergleichbarer Schriftstücke veröffentlicht. |
In Nürnberg treten ab 1360 bis in die [[Reformation]]szeit hinein auffallend viele [[Selbstzeugnis]]se auf. Dürers sogenanntes Gedenkbuch wurde 1931 durch Marianne Beyer-Fröhlich erstmals im Kontext vergleichbarer Schriftstücke veröffentlicht. |
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Das in der Familienchronik als Abschrift enthaltene Kinderverzeichnis [[Albrecht Dürer der Ältere|Albrecht Dürers des Älteren]] bezeugt, dass derartige Aufzeichnungen nicht nur in der Nürnberger Oberschicht festgehalten wurden. Wie des älteren Dürers eigenhändige Familiennachrichten dürften zahlreiche ähnliche Schriftstücke aus dem Nürnberger Handwerkerstand verloren gegangen sein, da das Anlegen von Familienarchiven – deren Grundsteine die Familienbücher meist waren – in dieser Zeit nur in den Familien der Oberschicht vorkommt. |
Das in der Familienchronik als Abschrift enthaltene Kinderverzeichnis [[Albrecht Dürer der Ältere|Albrecht Dürers des Älteren]] bezeugt, dass derartige Aufzeichnungen nicht nur in der Nürnberger Oberschicht festgehalten wurden. Wie des älteren Dürers eigenhändige Familiennachrichten dürften zahlreiche ähnliche Schriftstücke aus dem Nürnberger Handwerkerstand verloren gegangen sein, da das Anlegen von Familienarchiven – deren Grundsteine die Familienbücher meist waren – in dieser Zeit nur in den Familien der Oberschicht vorkommt. |
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==Das Gedenkbuch-Fragment== |
== Das Gedenkbuch-Fragment == |
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Aus dem später als ''Gedenkbuch'' bezeichneten [[Manuskript]] Albrecht Dürers hat sich nur ein einziges [[ |
Aus dem später als ''Gedenkbuch'' bezeichneten [[Manuskript]] Albrecht Dürers hat sich nur ein einziges [[Buchformat|Folioblatt]] als [[Fragment (Literatur)|Fragment]] erhalten.<ref>Kupferstichkabinett Berlin, Inv. Nr. Cim. 32 (31 cm × 21,6 cm).</ref> Das beidseitig beschriebene Blatt trägt die Nummerierung 59, welche nach [[Hans Rupprich]] nicht von Dürer selber, aber sicher im 16. Jahrhundert angebracht wurde<ref>Rupprich 1956 I, S. 35.</ref>. Von Dürer dürfte jedoch die über den Text gesetzte Minuskel «g» stammen, die bisher nicht gedeutet werden konnte. Der ursprüngliche Umfang des Dürerschen Gedenkbuches ist nicht abzuschätzen, doch bezeichnet Albrecht Dürer dieses in seiner Familienchronik immerhin als «ein andern buch». Es ist überdies nicht auszumachen, wann Dürer mit seinen Aufzeichnungen begonnen hat. Die Vorderseite des Blattes benützte Dürer für die Schilderung des Hinscheidens seines Vaters im Jahre 1502, während er auf der Rückseite das Erlebnis eines Kreuzesregens (1503), das Erblicken eines [[Komet]]en (undatiert), Angaben über Habe und Schulden (1506/07) und den Tod seiner [[Barbara Dürer|Mutter]] (1514) festhielt. |
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Das Gedenkbuch beinhaltet, soweit das aufgrund des Fragmentes überhaupt festgestellt werden kann, einschneidende Ereignisse und Beobachtungen aus seinem Leben, die er nicht chronologisch geordnet, teilweise aber illustriert hat, wie das beim Kreuzesregen der Fall ist. Es ist anzunehmen, dass das Gedenkbuch aufgrund der darin enthaltenen Skizzen von späterer Hand auseinandergerissen worden ist. |
Das Gedenkbuch beinhaltet, soweit das aufgrund des Fragmentes überhaupt festgestellt werden kann, einschneidende Ereignisse und Beobachtungen aus seinem Leben, die er nicht chronologisch geordnet, teilweise aber illustriert hat, wie das beim Kreuzesregen der Fall ist. Es ist anzunehmen, dass das Gedenkbuch aufgrund der darin enthaltenen Skizzen von späterer Hand auseinandergerissen worden ist. |
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== Die sogenannte Familienchronik == |
== Die sogenannte Familienchronik == |
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⚫ | Der Urtext von Albrecht Dürers |
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⚫ | Der Urtext von Albrecht Dürers [[Familienchronik]] ist verschollen, jedoch in vier Abschriften aus dem 17. Jahrhundert überliefert. Diese müssen wiederum nach Hans Rupprich alle einer älteren Abschrift entstammen, da sämtlichen Abschriften die Falschlesung des Namens [[Hieronymus Holper|Jeronimus Holper]] (Dürers Großvater) als «Jeronimus Haller» gemeinsam ist.<ref>Rupprich 1956 I, S. 27.</ref> Die Familienchronik beginnt mit den Sätzen «A° 1524. Nach Weihnachten in Nürmberg. Ich, Albrecht Dürer der jünger, hab zusammen tragen aus meines vatters schriften, von wannen er gewesen sej, wie er herkumen und blieben und geendet seeliglich. Got sej ihm und uns gnädig. Amen.» Über die Herkunft seines Vaters berichtet er Folgendes: «Albrecht Dürer der elter ist auss seim geschlecht geboren im [[Königreich Ungarn|Königreich zu Hungern]], nit ferr von einen kleinen stättlein, genannt Jula, acht meil wegs weit unter Wardein, auss ein dörfflein zu negst darbej gelegen, mit namen Eytas, und sein geschlecht haben sich genehrt der ochsen und pferdt. Aber meines vatters vatter ist genant gewest [[Anthoni Dürer|Anthoni Dürrer]], ist knaben weiss in dass obgedachte stättlein kummen zu einem goltschmit und hat dass handwerckh bei jhm gelernet.»<ref>Rupprich 1956 I, S. 28.</ref> |
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⚫ | Dürer berichtet in seiner Familienchronik über die Ahnen beider Eltern und insbesondere über die Niederlassung seines Vaters in Nürnberg. Er setzt das Kinderverzeichnis des Vaters hinzu, schildert dem Leser das Wesen seines Vaters und erzählt von seiner Ausbildung, seiner Verheiratung und vom Hinscheiden seiner Eltern und Schwiegereltern. Während er seine Gattin Agnes etliche Male zeichnete, verliert er über sie in den überlieferten Familienaufzeichnungen kaum Worte. Auch die Brüder Endres und Hans |
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⚫ | Dürer berichtet in seiner Familienchronik über die Ahnen beider Eltern und insbesondere über die Niederlassung seines Vaters in Nürnberg. Er setzt das Kinderverzeichnis des Vaters hinzu, schildert dem Leser das Wesen seines Vaters und erzählt von seiner Ausbildung, seiner Verheiratung und vom Hinscheiden seiner Eltern und Schwiegereltern. Während er seine Gattin Agnes etliche Male zeichnete, verliert er über sie in den überlieferten Familienaufzeichnungen kaum Worte. Auch die Brüder [[Endres Dürer|Endres]] und [[Hans Dürer|Hans]] sowie der in Köln lebende Vetter [[Niklas Dürer|Niklas]] werden bloß knapp erwähnt. Albrecht Dürers Angaben zu seiner Ausbildung sind lückenhaft. Wie Dürer in den einleitenden Worten sagt, soll das Leben seines Vaters – seiner Eltern im weiteren Sinne – im Zentrum der Familienchronik stehen: «[…] von wannen er [Vater] gewesen sej, wie er herkumen und blieben und geendet seeliglich. Got sej ihm und uns gnädig. Amen.» Über seinen Werdegang schreibt er nur im Zusammenhang mit seinem Vater. Dies zeigt auf, dass sowohl das Fragment des Gedenkbuches als auch seine Familienchronik in erster Linie der familiären [[Memorialwesen|Memoria]] zu dienen hat. Angehörige und enge Bezugspersonen werden in Familienbüchern und Selbstzeugnissen fast ausschließlich in Bezug auf entscheidende Ereignisse wie Geburten, Verehelichungen und Tod (bei Dürer insbesondere) genannt und allenfalls charakterisiert. Die Familiennachrichten geben uns Aufschluss über seine religiösen Vorstellungen, die er in beiden Texten an seinen Eltern widerspiegelt. |
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== Literatur == |
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* Diefenbacher, Michael und Endres, Rudolf (Hrsg.), ''Stadtlexikon Nürnberg'', Nürnberg 2000. |
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[[Kategorie:Werk von Albrecht Dürer|Selbst]] |
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[[Kategorie:Literatur (Deutsch)]] |
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[[Kategorie:Autobiografie|Durer]] |
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<!--...die Schilderung des Todes seiner Mutter Barbara, die den Aufzeichnungen des Sohnes zufolge nach dem Verlust ihres Gatten kein gesunde czeit mehr gehabt habe. Albrecht Dürer nahm seine Mutter zwei Jahre nach dem Tod des Vaters in sein Haus auf. Er nahm sie ''jn mein fleg'', was bedeutete, dass sie nun unter der Hausherrschaft des Sohnes stand. Nach seinen Aufzeichnungen liess es sich die unter der Obhut ihres ältesten Sohnes stehende Mutter Dürer aber nicht nehmen, ihn mit elterlicher Fürsorge zurechtzuweisen: ''[...] und stroffet mich albeg fleisig, wo ich nit wol handlet''. |
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Mit Eytas meint Dürer das ungarische Dorf Ajtós. Der Wortstamm ajtò bedeutet auf deutsch Türe, womit sich der Name Dürer als Herkunftsbezeichnung erklären lässt. Ob die Familie Dürer nun ursprünglich deutschstämmig und nach Ungarn ausgewandert war, konnte durch die Forschung bisher nicht geklärt werden. Dürers Text lässt vermuten, dass seine Vorfahren entweder Bauern oder Viehhändler gewesen sind. Er weiss auch zu berichten, dass seine Grossmutter Elisabetha geheissen und sein Vater eine Schwester Catharina und die Brüder Johannes und Lasslen gehabt habe. Weiter erwähnt er den Sohn des Letzteren: vetter Niclas Dürrer, der zu Cölln siczt, den man nennt Niclas Unger. Der ist auch ein goltschmidt und hat das handtwerkh hier zw Nürmberg bej meinem vater gelernet. |
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Die Herkunftsangaben sind klar und plausibel, da sie nicht zu sehr weit zurück liegen. Weiter schildert er, wie sein Vater nach Nürnberg gekommen, bei Hieronymus Holper in die Werkstatt eingetreten sei und 1467 dessen ''hübsche gerade jungfrau, Barbara genannt'' geehelicht habe. Danach folgt das Kinderverzeichnis nach den Aufzeichnungen seines Vaters: ''Dass sez ich, wie er dass in seim buch geschrieben hat, von wort zu wort.'' Es ist durchaus möglich, dass Vater Dürer ein reines Kinderbuch geführt hat. Die Einträge zu den Kindern sind nummeriert und beginnen alle mit der Formel ''Jtem nach Christi geburth [...] jahr [...].'' Sie enthalten das genaue Datum mit Stundenangabe, den Namen des Taufpaten oder der Patin und den Namen des Kindes. Für Albrecht Dürer lautet er Eintrag: ''Item nach Christi geburth 1471 jar, in der sechsten stundt an St.Prudentien, an einem erichtag in der Creuczwochen, gebar mir mein hausfraw Barbara mein andern sohn, zu dem war gevater Anthonj Koburger, und nannt jme Albrecht nach mir.'' Dem insgesamt 18 Kinder umfassenden Verzeichnis fügt Dürer an, dass bis auf ihn und seine Brüder Endres und Hans alle gestorben seien. |
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Albrecht Dürer berichtet, wie sein Vater an ihm und seiner Auffassungsgabe grossen Gefallen fand, ihn deshalb in die Schule gegeben und danach in seine Werkstatt in die Lehre als Goldschmied genommen habe. Die Lehre im Handwerk seines Vaters und des Grossvaters gefiel Dürer nicht und so liess ihn sein Vater die Lehre abbrechen und stattdessen 1486 beim Maler Michael Wolgemut eine zweite Lehre beginnen, was den Vater als sehr verständnisvollen Menschen zeichnet. Bei Wolgemut erlebte er darauf eine ambivalente Zeit: In der zeit verlihe mir gott fleiss dass ich woll lernete. Aber ich viel von seinen knechten mich leiden muste. Nach der Lehre als Maler und den Gesellenjahren kehrte er 1494 nach Nürnberg zurück, um darauf Agnes Frey zu heiraten. Die Hochzeit wurde von den Vätern eingefädelt: […] handelt Hanns Frej mit meinen vater und gab mir seine tochter mit nahmen jungfraw Agnes und gab mir zu ihr 200fl. |
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Dürer berichtet in der Familienchronik demnach über die Ahnen beider Eltern und insbesondere über die Niederlassung seines Vaters in Nürnberg. Er setzt das Kinderverzeichnis des Vaters hinzu, schildert dem Leser das Wesen seines Vaters und erzählt von seiner Ausbildung, seiner Verheiratung und vom Hinscheiden seiner Eltern und Schwiegereltern. Während er seine Gattin Agnes viele Male zeichnete, verliert er über sie in den Familienaufzeichnungen kaum Worte. Auch die Brüder Endres und Hans, sowie der in Köln lebende Vetter Niklas werden bloss knapp erwähnt. Albrecht Dürers Angaben zu seiner Ausbildung sind sehr lückenhaft. Wie Dürer in den einleitenden Worten sagt, steht das Leben seines Vaters – seiner Eltern im weiteren Sinne – im Zentrum der Familienchronik: [...] von wannen er [Vater] gewesen sej, wie er herkumen und blieben und geendet seeliglich. Got sej ihm und uns gnädig. Amen. Über seinen Werdegang schreibt er nur im Zusammenhang mit seinem Vater. Dies zeigt auf, dass sowohl das Fragment des Gedenkbuches als auch die Familienchronik in erster Linie der Memoria verstorbener Familienmitglieder zu dienen hat. Angehörige und enge Bezugspersonen werden in Familienbüchern und Selbstzeugnissen fast ausschliesslich in Bezug auf entscheidende Ereignisse wie Geburten, Verehelichungen und Tod (bei Dürer insbesondere) genannt und allenfalls charakterisiert. Die Darstellung des Herkommens und das Festhalten der Memoria sind Motive, die nicht nur für Familienbücher, sondern besonders auch für städtische Chroniken, Legendensammlungen und höfische Romane typisch sind. |
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Albrecht Dürers Familiennachrichten geben uns auch einigen Aufschluss über seine religiösen Vorstellungen, die er in beiden Texten an seinen Eltern widerspiegelt. Die gottesfürchtige und arbeitsame Lebensführung seines Vaters und seiner Mutter legt er als sein Ideal fest und will dies in der Hoffnung auf einen gnädigen Gott und ein seliges Ende nachleben. |
Aktuelle Version vom 7. November 2023, 12:08 Uhr
Albrecht Dürer verfasste in den Jahren 1502 bis 1524 verschiedene schriftliche Selbstzeugnisse über sein Leben und seine Familie.
Kontext
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In Nürnberg treten ab 1360 bis in die Reformationszeit hinein auffallend viele Selbstzeugnisse auf. Dürers sogenanntes Gedenkbuch wurde 1931 durch Marianne Beyer-Fröhlich erstmals im Kontext vergleichbarer Schriftstücke veröffentlicht.
Das in der Familienchronik als Abschrift enthaltene Kinderverzeichnis Albrecht Dürers des Älteren bezeugt, dass derartige Aufzeichnungen nicht nur in der Nürnberger Oberschicht festgehalten wurden. Wie des älteren Dürers eigenhändige Familiennachrichten dürften zahlreiche ähnliche Schriftstücke aus dem Nürnberger Handwerkerstand verloren gegangen sein, da das Anlegen von Familienarchiven – deren Grundsteine die Familienbücher meist waren – in dieser Zeit nur in den Familien der Oberschicht vorkommt.
Das Gedenkbuch-Fragment
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Aus dem später als Gedenkbuch bezeichneten Manuskript Albrecht Dürers hat sich nur ein einziges Folioblatt als Fragment erhalten.[1] Das beidseitig beschriebene Blatt trägt die Nummerierung 59, welche nach Hans Rupprich nicht von Dürer selber, aber sicher im 16. Jahrhundert angebracht wurde[2]. Von Dürer dürfte jedoch die über den Text gesetzte Minuskel «g» stammen, die bisher nicht gedeutet werden konnte. Der ursprüngliche Umfang des Dürerschen Gedenkbuches ist nicht abzuschätzen, doch bezeichnet Albrecht Dürer dieses in seiner Familienchronik immerhin als «ein andern buch». Es ist überdies nicht auszumachen, wann Dürer mit seinen Aufzeichnungen begonnen hat. Die Vorderseite des Blattes benützte Dürer für die Schilderung des Hinscheidens seines Vaters im Jahre 1502, während er auf der Rückseite das Erlebnis eines Kreuzesregens (1503), das Erblicken eines Kometen (undatiert), Angaben über Habe und Schulden (1506/07) und den Tod seiner Mutter (1514) festhielt.
Das Gedenkbuch beinhaltet, soweit das aufgrund des Fragmentes überhaupt festgestellt werden kann, einschneidende Ereignisse und Beobachtungen aus seinem Leben, die er nicht chronologisch geordnet, teilweise aber illustriert hat, wie das beim Kreuzesregen der Fall ist. Es ist anzunehmen, dass das Gedenkbuch aufgrund der darin enthaltenen Skizzen von späterer Hand auseinandergerissen worden ist.
Die sogenannte Familienchronik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Urtext von Albrecht Dürers Familienchronik ist verschollen, jedoch in vier Abschriften aus dem 17. Jahrhundert überliefert. Diese müssen wiederum nach Hans Rupprich alle einer älteren Abschrift entstammen, da sämtlichen Abschriften die Falschlesung des Namens Jeronimus Holper (Dürers Großvater) als «Jeronimus Haller» gemeinsam ist.[3] Die Familienchronik beginnt mit den Sätzen «A° 1524. Nach Weihnachten in Nürmberg. Ich, Albrecht Dürer der jünger, hab zusammen tragen aus meines vatters schriften, von wannen er gewesen sej, wie er herkumen und blieben und geendet seeliglich. Got sej ihm und uns gnädig. Amen.» Über die Herkunft seines Vaters berichtet er Folgendes: «Albrecht Dürer der elter ist auss seim geschlecht geboren im Königreich zu Hungern, nit ferr von einen kleinen stättlein, genannt Jula, acht meil wegs weit unter Wardein, auss ein dörfflein zu negst darbej gelegen, mit namen Eytas, und sein geschlecht haben sich genehrt der ochsen und pferdt. Aber meines vatters vatter ist genant gewest Anthoni Dürrer, ist knaben weiss in dass obgedachte stättlein kummen zu einem goltschmit und hat dass handwerckh bei jhm gelernet.»[4]
Dürer berichtet in seiner Familienchronik über die Ahnen beider Eltern und insbesondere über die Niederlassung seines Vaters in Nürnberg. Er setzt das Kinderverzeichnis des Vaters hinzu, schildert dem Leser das Wesen seines Vaters und erzählt von seiner Ausbildung, seiner Verheiratung und vom Hinscheiden seiner Eltern und Schwiegereltern. Während er seine Gattin Agnes etliche Male zeichnete, verliert er über sie in den überlieferten Familienaufzeichnungen kaum Worte. Auch die Brüder Endres und Hans sowie der in Köln lebende Vetter Niklas werden bloß knapp erwähnt. Albrecht Dürers Angaben zu seiner Ausbildung sind lückenhaft. Wie Dürer in den einleitenden Worten sagt, soll das Leben seines Vaters – seiner Eltern im weiteren Sinne – im Zentrum der Familienchronik stehen: «[…] von wannen er [Vater] gewesen sej, wie er herkumen und blieben und geendet seeliglich. Got sej ihm und uns gnädig. Amen.» Über seinen Werdegang schreibt er nur im Zusammenhang mit seinem Vater. Dies zeigt auf, dass sowohl das Fragment des Gedenkbuches als auch seine Familienchronik in erster Linie der familiären Memoria zu dienen hat. Angehörige und enge Bezugspersonen werden in Familienbüchern und Selbstzeugnissen fast ausschließlich in Bezug auf entscheidende Ereignisse wie Geburten, Verehelichungen und Tod (bei Dürer insbesondere) genannt und allenfalls charakterisiert. Die Familiennachrichten geben uns Aufschluss über seine religiösen Vorstellungen, die er in beiden Texten an seinen Eltern widerspiegelt.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Marianne Beyer-Fröhlich (Hrsg.): Deutsche Selbstzeugnisse. Leipzig 1931 ff.
- Michael Diefenbacher, Rudolf Endres (Hrsg.): Stadtlexikon Nürnberg. 2., verbesserte Auflage. W. Tümmels Verlag, Nürnberg 2000, ISBN 3-921590-69-8 (online).
- Dürer Holbein Grünewald. Meisterzeichnungen der deutschen Renaissance aus Berlin und Basel. Ausstellungskatalog, hrsg. durch die Öffentliche Kunstsammlung Basel und den Preussischen Kulturbesitz, Ostfildern-Ruit 1997.
- Rudolf Endres: Das Nürnberger Umfeld Albrecht Dürers. In: Michael Mende, mit Beiträgen von Rudolf Endres e.a.: Albrecht Dürer – ein Künstler in seiner Stadt. S. 31–43.
- Gerhard Hirschmann: Albrecht Dürers Abstammung und Familienkreis. In: Albrecht Dürers Umwelt. Festschrift zum 500. Geburtstag Albrecht Dürers am 21. Mai 1971. Nürnberger Forschungen 15, Nürnberg 1971, S. 35–55.
- Hanns Hubert Hofmann: Albrecht Dürers politische und soziale Umwelt. In: Albrecht Dürers Umwelt. Festschrift zum 500. Geburtstag Albrecht Dürers am 21. Mai 1971. Nürnberger Forschungen 15, Nürnberg 1971, S. 1–8.
- Hans Rupprich: Dürers schriftlicher Nachlass. Bd. 1, hrsg. durch Hans Rupprich, Berlin 1956.
- Heike Sahm: Dürers kleinere Texte. Konventionen als Spielraum für Individualität. Tübingen 2002.