„Esther Nisenthal Krinitz“ – Versionsunterschied
[ungesichtete Version] | [ungesichtete Version] |
Keine Bearbeitungszusammenfassung |
Keine Bearbeitungszusammenfassung |
||
Zeile 2: | Zeile 2: | ||
== Leben == |
== Leben == |
||
Esther Nisenthal Krinitz wuchs in einer ländlichen Gegend Polens mit ihren Eltern Hersh und Rachel sowie ihrem älteren Bruder Ruven und den drei jüngeren Schwestern Mania, Chana und Leah auf. Bereits als Kind zeigte sich ihr Talent beim Nähen und Sticken.<ref name="avam">[https://www.avam.org/artists/esther-nisenthal-krinitz ''Esther Nisenthal Krinitz''.] In ''American Visionary Art Museum''. Abgerufen am 1. April 2024 </ref> Während des [[Überfall auf Polen|Überfalls auf Polen]] wurde auch ihr Dorf im September 1939 von deutschen Truppen besetzt. Bis 1942 wurden die jüdischen Einwohner aus Mniszek und der nahegelegenen Stadt Rachow (heute [[Annopol]]) durch die deutschen Truppen gezwungen, als Zwangsarbeiter Straßen und Brücken zu bauen. |
Esther Nisenthal Krinitz wuchs in einer ländlichen Gegend Polens mit ihren Eltern Hersh und Rachel sowie ihrem älteren Bruder Ruven und den drei jüngeren Schwestern Mania, Chana und Leah auf. Im Dorf lebten ebenfalls ihre Großeltern, Tanten, Onkel und fünf Cousins. Bereits als Kind zeigte sich ihr Talent beim Nähen und Sticken.<ref name="avam">[https://www.avam.org/artists/esther-nisenthal-krinitz ''Esther Nisenthal Krinitz''.] In ''American Visionary Art Museum''. Abgerufen am 1. April 2024 </ref> Während des [[Überfall auf Polen|Überfalls auf Polen]] wurde auch ihr Dorf im September 1939 von deutschen Truppen besetzt. Bis 1942 wurden die jüdischen Einwohner aus Mniszek und der nahegelegenen Stadt Rachow (heute [[Annopol]]) durch die deutschen Truppen gezwungen, als Zwangsarbeiter Straßen und Brücken zu bauen. Als ihr Bruder Ruven sich im Juli 1942 auf Befehl der Gestapo im Arbeitslager Janiszew melden sollte, versteckte ihr Vater sich den Sommer über mit ihm im Wald, versorgt mit Lebenmitteln, die Esther Nisenthal Krinitz oder ihre Mutter ihnen brachten.<ref>[https://www.artandremembrance.org/collecting-pine-tar ''13 - Collecting Pine Tar''.] In: ''Art and Remembrance''. Abgerufen am 2. April 2024</ref> Im Oktober 1942 wurden alle jüdischen Einwohner aus Rachow und Mniszek, somit auch Esther und ihre Familie, angewiesen, sich am Bahnhof von [[Kraśnik]] zum Abtransport in die [[Konzentrationslager]] zu sammeln. In der Nacht vor der Abfahrt beschlossen die fünfzehnjährige Esther und ihre dreizehnjährige Schwester Mania unterzutauchen. Für zwei Tage konnten sie im Dorf Dombrowa bei einem mit ihrem Vater befreundeten Bauern unterkommen.<ref>[https://www.artandremembrance.org/stefans-house ''21- Stefan's House''.] In: ''Art and Remembrance''. Abgerufen am 2. April 2024</ref> Danach verbargen sie sich den Oktober über in wechselnden Verstecken, bevor sie Anfang November in das Dorf Grabówka wanderten, in dem ihre Identität nicht bekannt war. Dort gaben sie sich als polnische katholische Bauernmädchen aus, die von ihrer Familie getrennt worden wären<ref>[https://www.artandremembrance.org/black-sky-falling ''26 - Black Sky Falling''.] In: ''Art and Remembrance''. Abgerufen am 2. April 2024</ref> und baten um Arbeit. Sie behaupteten, aus einer Stadt jenseits der Weichsel zu kommen, wo ihre Familie, wie andere in der Region, ihren Bauernhof an eine deutsche Familie verloren hätte. Sie fanden Arbeit bei polnischen Bauern und blieben im Dorf, bis die russischen Truppen im Juli 1944 eintrafen.<ref name="poughkeepsie">[https://www.newspapers.com/article/poughkeepsie-journal-obituary-for-esther/121939496/ ''Obituary for Esther Nisenthal Krinitz''.] In: ''Poughkeepsie Journal'' vom 4. April 2001, S. 4B. Abgerufen am 1. April 2024</ref><ref name="artandremembrance1">[https://www.artandremembrance.org/about-esther ''A Story of Survival: Meet Esther''.] In: ''Art and Remembrance''. Abgerufen am 1. April 2024</ref> |
||
Als ihr Bruder Ruven sich im Juli 1942 auf Befehl der Gestapo im Arbeitslager Janiszew melden sollte, versteckte ihr Vater sich den Sommer über mit ihm im Wald, versorgt mit Lebenmitteln, die Esther Nisenthal Krinitz oder ihre Mutter ihnen brachten.<ref>[https://www.artandremembrance.org/collecting-pine-tar ''13 - Collecting Pine Tar''.] In: ''Art and Remembrance''. Abgerufen am 2. April 2024</ref> Im Oktober 1942 wurden alle jüdischen Einwohner aus Rachow und Mniszek, somit auch Esther und ihre Familie, angewiesen, sich am Bahnhof von [[Kraśnik]] zum Abtransport in die [[Konzentrationslager]] zu sammeln. In der Nacht vor der Abfahrt beschlossen die fünfzehnjährige Esther und ihre dreizehnjährige Schwester Mania unterzutauchen. Für zwei Tage konnten sie sich im Dorf Dombrowa im Haus eines mit ihrem Vater befreundeten Bauern verstecken.<ref>[https://www.artandremembrance.org/stefans-house ''21- Stefan's House''.] In: ''Art and Remembrance''. Abgerufen am 2. April 2024</ref> Danach versteckten sie sich den Oktober über in den Wäldern, bevor sie Anfang November in das Dorf Grabówka wanderten, in dem ihre Identität nicht bekannt war. Dort gaben sie sich als polnische katholische Bauernmädchen aus, die von ihrer Familie getrennt worden wären<ref>[https://www.artandremembrance.org/black-sky-falling ''26 - Black Sky Falling''.] In: ''Art and Remembrance''. Abgerufen am 2. April 2024</ref> und baten um Arbeit. Sie behaupteten, aus einer Stadt jenseits der Weichsel zu kommen, wo ihre Familie, wie andere in der Region, ihren Bauernhof an eine deutsche Familie verloren hätte. Sie fanden Arbeit bei polnischen Bauern und blieben im Dorf, bis die russischen Truppen im Juli 1944 eintrafen. Nachdem Esther Nisenthal Krinitz ihre Familie in ihrem Heimatdorf Mniszek nicht finden konnte, suchte sie im [[Konzentrations- und Vernichtungslager Lublin-Majdanek]] vergeblich nach Hinweisen auf ihre Familie und schloss sich im August 1944 der dort stationierten und russischen polnischen Armee an.<ref>[https://www.artandremembrance.org/maidanek ''31 - Maidanek''.] In: ''Art and Remembrance''. Abgerufen am 2. April 2024</ref> Mit der [[Rote Armee|Roten Armee]] zog sie nach [[Warschau]] und gelangte schließlich im März 1945 nach Deutschland. Esther und Mania waren die einzigen Mitglieder ihrer Familie, die den [[Holocaust]] überlebten.<ref name="poughkeepsie">[https://www.newspapers.com/article/poughkeepsie-journal-obituary-for-esther/121939496/ ''Obituary for Esther Nisenthal Krinitz''.] In: ''Poughkeepsie Journal'' vom 4. April 2001, S. 4B. Abgerufen am 1. April 2024</ref><ref name="artandremembrance1">[https://www.artandremembrance.org/about-esther ''A Story of Survival: Meet Esther''.] In: ''Art and Remembrance''. Abgerufen am 1. April 2024</ref> |
|||
Nach Kriegsende holte Esther Nisenthal Krinitz ihre Schwester Mania in Grabówka ab. Die Schwestern gelangten in ein [[Displaced Persons]]-Lager in der amerikanischen Zone im deutschen Ziegenhein, wo Esther Max Krinitz (30. Januar 1915 – 6. October 1998) kennenlernte und im November 1946 im Lager heiratete. 1947 ging sie mit ihm nach Belgien, wo Tochter Bernice geboren wurde. Im Juni 1949 wanderte sie mit ihrer Familie in die Vereinigten Staaten aus.<ref>[https://www.artandremembrance.org/coming-to-america ''33 - Coming To America''.] In: ''Art and Remembrance''. Abgerufen am 2. April 2024</ref> Sie ließen sich in Brooklyn nieder, wo die zweite Tochter Helene geboren wurde. Esther Nisenthal Krinitz hatte eine Ausbildung als Schneiderin |
Nachdem Esther Nisenthal Krinitz ihre Familie in ihrem Heimatdorf Mniszek nicht finden konnte, suchte sie im [[Konzentrations- und Vernichtungslager Lublin-Majdanek]] vergeblich nach Hinweisen auf ihre Familie und schloss sich im August 1944 der dort stationierten russischen und polnischen Armee an.<ref>[https://www.artandremembrance.org/maidanek ''31 - Maidanek''.] In: ''Art and Remembrance''. Abgerufen am 2. April 2024</ref> Mit der [[Rote Armee|Roten Armee]] zog sie nach [[Warschau]] und gelangte schließlich im März 1945 nach Deutschland. Esther und Mania waren die einzigen Mitglieder ihrer Familie, die den [[Holocaust]] überlebten. Nach Kriegsende holte Esther Nisenthal Krinitz ihre Schwester Mania in Grabówka ab. Die Schwestern gelangten in ein [[Displaced Persons]]-Lager in der amerikanischen Zone im deutschen Ziegenhein, wo Esther Max Krinitz (30. Januar 1915 – 6. October 1998) kennenlernte und im November 1946 im Lager heiratete. 1947 ging sie mit ihm nach Belgien, wo Tochter Bernice geboren wurde. Im Juni 1949 wanderte sie mit ihrer Familie in die Vereinigten Staaten aus.<ref>[https://www.artandremembrance.org/coming-to-america ''33 - Coming To America''.] In: ''Art and Remembrance''. Abgerufen am 2. April 2024</ref> Sie ließen sich in Brooklyn nieder, wo die zweite Tochter Helene geboren wurde. Esther Nisenthal Krinitz hatte eine Ausbildung als Schneiderin und führte als Designerin und Näherin die folgenden dreißig Jahre ihr eigenes Damenbekleidungsgeschäft,<ref name="avam 2">[https://www.avam.org/exhibitions/esther-and-the-dream-of-one-loving-human-family ''Esther and the Dream of One Loving Human Family''.] In ''American Visionary Art Museum''. Abgerufen am 1. April 2024 </ref> das sie auch nach dem Umzug der Familie 1983 nach Frederick im Bundesstaat Maryland weiterführte. Im Jahr 1998 starb ihr Ehemann. 1999 bereiste sie mit ihren Töchtern und Enkeln zum ersten Mal nach dem Krieg die Orte ihrer Kindheit und Jugend in Polen.<ref name="artandremembrance1"/> Sie selbst starb 2001 nach langjähriger Erkrankung<ref name="avam"/> an [[Amyloidose]].<ref name="poughkeepsie"/> |
||
== Werk == |
== Werk == |
||
⚫ | |||
Esther Nisenthal Krinitz hatte zwar eine Lehre zur Schneiderin absolviert und beherrschte verschiedene handwerkliche Fertigkeiten, verfügte aber über keine künstlerische Ausbildung. Im Jahr 1977 begann sie eine Serie von Stoffbildern mit zwei Werken für ihre erwachsenen Töchter, die die Schönheit und das Glück ihres ländlichen Elternhauses darstellten. In Folge schuf sie danach 34 weitere Stücke als fortlaufende Erzählreihe mit zunehmender Komplexität. „Durch die Hinzufügung von Text wurde Esthers Kunst zu einem exquisiten, bestickten Zeugnis ihrer wahren Überlebensgeschichte“.<ref name="avam"/> |
|||
Esther Nisenthal Krinitz hatte bei einer Schneiderin gelernt und beherrschte verschiedene handwerkliche Fertigkeiten, verfügte aber über keine künstlerische Ausbildung. Im Jahr 1977 fertigte sie zwei Stoffbilder für ihre erwachsenen Töchter, die die Schönheit und das Glück ihres ländlichen Elternhauses darstellten. Die folgenden 34 weiteren Kunstwerke begann sie erst zehn Jahre später<ref name="Kozol 106">Wendy Kozol: ''The War In-Between. Indexing a Visual Culture of Survival'', S. 106</ref> „mithilfe der Techniken der [[Stickerei]], Stoffapplikationen und gestickten narrativen Bildunterschriften“<ref>[https://www.si.edu/exhibitions/fabric-survival-art-esther-nisenthal-krinitz%3Aevent-exhib-4765 ''Fabric of Survival: The Art of Esther Nisenthal Krinitz''.] In: ''Smithsonian Institution''. Abgerufen am 2. April 2024</ref> als fortlaufende Erzählreihe mit zunehmender Komplexität. „Durch die Hinzufügung von Text wurde Esthers Kunst zu einem exquisiten, bestickten Zeugnis ihrer wahren Überlebensgeschichte“.<ref name="avam"/> Die Werke zeichnen sich durch kräftige, lebendige Farben und auffällige „Details mit einem Sinn für volkstümlichen Realismus“ aus. „Während die Bilder optisch ansprechend sind, offenbart eine genauere Betrachtung die schockierende Diskrepanz zwischen der ländlichen Umgebung und der dargestellten menschlichen Gewalt, dem Terror und dem Verrat“.<ref>[https://magnes.berkeley.edu/exhibitions/past-exhibitions/through-eye-needle-fabric-art-esther-nisenthal-krinitz/ ''Through the Eye of the Needle: Fabric Art of Esther Nisenthal Krinitz''.] In: ''Judah L. Magnes Museum''. Abgerufen am 2. April 2024</ref> |
|||
In den insgesamt 36 großformatigen bestickten Stoffbildern bildete Esther Nisenthal Krinitz Orte ihres Lebens ab: die Schauplätze und Gegenden ihrer Kindheit und Jugend, von Darstellungen der ländlichen polnischen Idylle und Festen mit ihrer Familie bis zum Einmarsch der deutschen Soldaten, dem Existieren unter dem Terror und dem späteren Leben in Amerika.<ref name="artandremembrance2">[https://www.artandremembrance.org/esthers-art ''Fabric of survival. The Art of Esther Nisenthal Krinitz''.] In: ''Art and Remembrance''. Abgerufen am 1. April 2024</ref> Die Bilder, die die Kriegsjahre darstellen, sind schwarz eingefasst, währen die anderen Erinnerungsbilder in verschiedenen Farben umrandet sind.<ref>[https://www.artandremembrance.org/nazis-arrive ''07 - The Nazis Arrive''.] In: ''Art and Remembrance''. Abgerufen am 2. April 2024</ref> |
In den insgesamt 36 großformatigen bestickten Stoffbildern bildete Esther Nisenthal Krinitz Orte ihres Lebens ab: die Schauplätze und Gegenden ihrer Kindheit und Jugend, von Darstellungen der ländlichen polnischen Idylle und Festen mit ihrer Familie bis zum Einmarsch der deutschen Soldaten, dem Existieren unter dem Terror und dem späteren Leben in Amerika.<ref name="artandremembrance2">[https://www.artandremembrance.org/esthers-art ''Fabric of survival. The Art of Esther Nisenthal Krinitz''.] In: ''Art and Remembrance''. Abgerufen am 1. April 2024</ref> Die Bilder, die die Kriegsjahre darstellen, sind schwarz eingefasst, währen die anderen Erinnerungsbilder in verschiedenen Farben umrandet sind.<ref>[https://www.artandremembrance.org/nazis-arrive ''07 - The Nazis Arrive''.] In: ''Art and Remembrance''. Abgerufen am 2. April 2024</ref> Die Bilder gliedern sich in verschiedene Zyklen, wobei Esther Nisenthal Krinitz sie nicht in chronologischer Reihenfolge schuf. Nach den beiden Bildern 1 und 2 folgte Bild 26 und ganz zuletzt fetigte sie die Bilder 35 und 36 im Jahr 1999. Den Tag ihrer Flucht am 15. Oktober 1942 hielt sie in fünf Werken fest.<ref name="Kozol 106"/> |
||
Die Bilder gliedern sich in verschiedene Zyklen mit den Titeln: |
|||
⚫ | |||
* ''Before the War'': 1. My Childhood Home, 2. Swimming In The River, 3. My Brother Ruven, 4. [[Schawuot]], 5. [[Rosch ha-Schana]], 6. Passover [[Matze|Matzos]] |
* ''Before the War'': 1. My Childhood Home, 2. Swimming In The River, 3. My Brother Ruven, 4. [[Schawuot]], 5. [[Rosch ha-Schana]], 6. Passover [[Matze|Matzos]] |
||
* ''Nazi Occupation'': 7. The Nazis Arrive, 8. Digging Tank Trenches, 9. The Dentist, 10. The Labor Camp, 11. The Nazis Beat Up My Father, 12. Janiszew Prison Camp, 13. Collecting Pine Tar, 14. Prelude To The Final Solution, 15. I Am Struck By A Soldier, 16. We Fled Across The Fields, 17. Ordered To Leave Our Homes |
* ''Nazi Occupation'': 7. The Nazis Arrive, 8. Digging Tank Trenches, 9. The Dentist, 10. The Labor Camp, 11. The Nazis Beat Up My Father, 12. Janiszew Prison Camp, 13. Collecting Pine Tar, 14. Prelude To The Final Solution, 15. I Am Struck By A Soldier, 16. We Fled Across The Fields, 17. Ordered To Leave Our Homes |
||
Zeile 20: | Zeile 18: | ||
* ''Hiding in Plain Sight'': 26. Black Sky Falling, 27. The Well, 28. The Bees Save Me, 29. I Dream Of Grandfather |
* ''Hiding in Plain Sight'': 26. Black Sky Falling, 27. The Well, 28. The Bees Save Me, 29. I Dream Of Grandfather |
||
* ''Liberation'': 30. Russian Infantry March In, 31. Maidanek, 32. The Way To Berlin |
* ''Liberation'': 30. Russian Infantry March In, 31. Maidanek, 32. The Way To Berlin |
||
* ''America'': 33. Coming To America, Picking Cherries, |
* ''America'': 33. Coming To America, 34. Picking Cherries, 35. My Husband, Max Krinitz, 36. Granddaughter<ref name="artandremembrance2"/> |
||
<ref>[https://www.artandremembrance.org/film ''Film: Through the Eye of the Needle''.] In: ''Art and Remembrance''. Abgerufen am 1. April 2024</ref> |
|||
== Ausstellungen (Auswahl) == |
== Ausstellungen (Auswahl) == |
||
Zeile 36: | Zeile 32: | ||
* 2007–2008: [[Holocaust Museum Houston]], Houston |
* 2007–2008: [[Holocaust Museum Houston]], Houston |
||
* 2008–2009: Arnot Art Museum, [[Elmira (New York)]] |
* 2008–2009: Arnot Art Museum, [[Elmira (New York)]] |
||
* 2009: ''Esther Nisenthal Krinitz: Fabric of survival''. Oceanside Museum of Art, [[Oceanside (Kalifornien)]]<ref>[https://oma-online.org/past_exhibitions2009/esthernisenthalkrinitz-fabricofsurvival/ ''Esther Nisenthal Krinitz: Fabric of survival''.] In: '' Oceanside Museum of Art''. Abgerufen am 2. April 2024</ref> |
|||
* 2009: Oceanside Museum of Art, [[Oceanside (Kalifornien)]] |
|||
* 2010: Butler Institute of American Art, [[Youngstown (Ohio)]] |
* 2010: Butler Institute of American Art, [[Youngstown (Ohio)]] |
||
* 2011–2012: S. Dillon Ripley Center, [[Smithsonian Institution]], Washington, DC |
* 2011–2012: S. Dillon Ripley Center, [[Smithsonian Institution]], Washington, DC |
||
Zeile 45: | Zeile 41: | ||
* 2017: Jewish Museum Milwaukee, [[Milwaukee]] |
* 2017: Jewish Museum Milwaukee, [[Milwaukee]] |
||
* 2021–2025: ''Esther and The Dream of One Loving Human Family''. American Visionary Art Museum (AVAM), Baltimore. Nach der Ausstellung im AVAM 2001 wurden die Werke anschließend in 42 anderen Museen weltweit gezeigt.<ref name="avam 2"/><ref>[https://www.artandremembrance.org/exhibits ''Exhibits''.] In: ''Art and Remembrance''. Abgerufen am 1. April 2024</ref> |
* 2021–2025: ''Esther and The Dream of One Loving Human Family''. American Visionary Art Museum (AVAM), Baltimore. Nach der Ausstellung im AVAM 2001 wurden die Werke anschließend in 42 anderen Museen weltweit gezeigt.<ref name="avam 2"/><ref>[https://www.artandremembrance.org/exhibits ''Exhibits''.] In: ''Art and Remembrance''. Abgerufen am 1. April 2024</ref> |
||
== Literatur == |
|||
* Wendy Kozol: ''Ornamenting the Unthinkable: Visualizing Survival Under Occupation''. In: ''The War In-Between. Indexing a Visual Culture of Survival''. Fordham University Press 2024, Kapitel 4, S. 99–121, ISBN 978-1-5315-0725-1 ([https://www.google.de/books/edition/The_War_In_Between/t8b9EAAAQBAJ?hl=de&gbpv=1&dq=Esther+Nisenthal+Krinitz&pg=PA107&printsec=frontcover eingeschränkte Buchvorschau]) |
|||
== Einzelnachweise == |
== Einzelnachweise == |
||
<references /> |
<references /> |
||
{{Normdaten|TYP=p|GND=13141965X|LCCN=no2006007647|VIAF=78525006}} |
|||
<nowiki> |
|||
{{SORTIERUNG:Nisenthal Krinitz, Esther}} |
|||
[[Kategorie:Person des Judentums (Polen)]] |
|||
[[Kategorie:Bildender Künstler (Polen)]] |
|||
[[Kategorie:Bildender Künstler (Vereinigte Staaten)]] |
|||
[[Kategorie:Polnischer Emigrant in den Vereinigten Staaten]] |
|||
[[Kategorie:Pole]] |
|||
[[Kategorie:US-Amerikaner]] |
|||
[[Kategorie:Geboren 1927]] |
|||
[[Kategorie:Gestorben 2001]] |
|||
[[Kategorie:Frau]] |
|||
{{Personendaten |
|||
|NAME=Nisenthal Krinitz, Esther |
|||
|ALTERNATIVNAMEN=Nisenthal, Esther |
|||
|KURZBESCHREIBUNG=polnisch-amerikanische bildende Künstlerin |
|||
|GEBURTSDATUM=8. Februar 1927 |
|||
|GEBURTSORT=Mniszek, [[Gmina Gościeradów]] |
|||
|STERBEDATUM=30. März 2001 |
|||
|STERBEORT=[[Frederick (Maryland)]] |
|||
}} |
Version vom 2. April 2024, 07:01 Uhr
Esther Nisenthal Krinitz (* 8. Februar 1927 in Mniszek, Gmina Gościeradów, Polen; † 30. März 2001 in Frederick, Maryland) war eine autodidaktische polnische bildende Künstlerin.
Leben
Esther Nisenthal Krinitz wuchs in einer ländlichen Gegend Polens mit ihren Eltern Hersh und Rachel sowie ihrem älteren Bruder Ruven und den drei jüngeren Schwestern Mania, Chana und Leah auf. Im Dorf lebten ebenfalls ihre Großeltern, Tanten, Onkel und fünf Cousins. Bereits als Kind zeigte sich ihr Talent beim Nähen und Sticken.[1] Während des Überfalls auf Polen wurde auch ihr Dorf im September 1939 von deutschen Truppen besetzt. Bis 1942 wurden die jüdischen Einwohner aus Mniszek und der nahegelegenen Stadt Rachow (heute Annopol) durch die deutschen Truppen gezwungen, als Zwangsarbeiter Straßen und Brücken zu bauen. Als ihr Bruder Ruven sich im Juli 1942 auf Befehl der Gestapo im Arbeitslager Janiszew melden sollte, versteckte ihr Vater sich den Sommer über mit ihm im Wald, versorgt mit Lebenmitteln, die Esther Nisenthal Krinitz oder ihre Mutter ihnen brachten.[2] Im Oktober 1942 wurden alle jüdischen Einwohner aus Rachow und Mniszek, somit auch Esther und ihre Familie, angewiesen, sich am Bahnhof von Kraśnik zum Abtransport in die Konzentrationslager zu sammeln. In der Nacht vor der Abfahrt beschlossen die fünfzehnjährige Esther und ihre dreizehnjährige Schwester Mania unterzutauchen. Für zwei Tage konnten sie im Dorf Dombrowa bei einem mit ihrem Vater befreundeten Bauern unterkommen.[3] Danach verbargen sie sich den Oktober über in wechselnden Verstecken, bevor sie Anfang November in das Dorf Grabówka wanderten, in dem ihre Identität nicht bekannt war. Dort gaben sie sich als polnische katholische Bauernmädchen aus, die von ihrer Familie getrennt worden wären[4] und baten um Arbeit. Sie behaupteten, aus einer Stadt jenseits der Weichsel zu kommen, wo ihre Familie, wie andere in der Region, ihren Bauernhof an eine deutsche Familie verloren hätte. Sie fanden Arbeit bei polnischen Bauern und blieben im Dorf, bis die russischen Truppen im Juli 1944 eintrafen.[5][6]
Nachdem Esther Nisenthal Krinitz ihre Familie in ihrem Heimatdorf Mniszek nicht finden konnte, suchte sie im Konzentrations- und Vernichtungslager Lublin-Majdanek vergeblich nach Hinweisen auf ihre Familie und schloss sich im August 1944 der dort stationierten russischen und polnischen Armee an.[7] Mit der Roten Armee zog sie nach Warschau und gelangte schließlich im März 1945 nach Deutschland. Esther und Mania waren die einzigen Mitglieder ihrer Familie, die den Holocaust überlebten. Nach Kriegsende holte Esther Nisenthal Krinitz ihre Schwester Mania in Grabówka ab. Die Schwestern gelangten in ein Displaced Persons-Lager in der amerikanischen Zone im deutschen Ziegenhein, wo Esther Max Krinitz (30. Januar 1915 – 6. October 1998) kennenlernte und im November 1946 im Lager heiratete. 1947 ging sie mit ihm nach Belgien, wo Tochter Bernice geboren wurde. Im Juni 1949 wanderte sie mit ihrer Familie in die Vereinigten Staaten aus.[8] Sie ließen sich in Brooklyn nieder, wo die zweite Tochter Helene geboren wurde. Esther Nisenthal Krinitz hatte eine Ausbildung als Schneiderin und führte als Designerin und Näherin die folgenden dreißig Jahre ihr eigenes Damenbekleidungsgeschäft,[9] das sie auch nach dem Umzug der Familie 1983 nach Frederick im Bundesstaat Maryland weiterführte. Im Jahr 1998 starb ihr Ehemann. 1999 bereiste sie mit ihren Töchtern und Enkeln zum ersten Mal nach dem Krieg die Orte ihrer Kindheit und Jugend in Polen.[6] Sie selbst starb 2001 nach langjähriger Erkrankung[1] an Amyloidose.[5]
Werk
Esther Nisenthal Krinitz hatte bei einer Schneiderin gelernt und beherrschte verschiedene handwerkliche Fertigkeiten, verfügte aber über keine künstlerische Ausbildung. Im Jahr 1977 fertigte sie zwei Stoffbilder für ihre erwachsenen Töchter, die die Schönheit und das Glück ihres ländlichen Elternhauses darstellten. Die folgenden 34 weiteren Kunstwerke begann sie erst zehn Jahre später[10] „mithilfe der Techniken der Stickerei, Stoffapplikationen und gestickten narrativen Bildunterschriften“[11] als fortlaufende Erzählreihe mit zunehmender Komplexität. „Durch die Hinzufügung von Text wurde Esthers Kunst zu einem exquisiten, bestickten Zeugnis ihrer wahren Überlebensgeschichte“.[1] Die Werke zeichnen sich durch kräftige, lebendige Farben und auffällige „Details mit einem Sinn für volkstümlichen Realismus“ aus. „Während die Bilder optisch ansprechend sind, offenbart eine genauere Betrachtung die schockierende Diskrepanz zwischen der ländlichen Umgebung und der dargestellten menschlichen Gewalt, dem Terror und dem Verrat“.[12]
In den insgesamt 36 großformatigen bestickten Stoffbildern bildete Esther Nisenthal Krinitz Orte ihres Lebens ab: die Schauplätze und Gegenden ihrer Kindheit und Jugend, von Darstellungen der ländlichen polnischen Idylle und Festen mit ihrer Familie bis zum Einmarsch der deutschen Soldaten, dem Existieren unter dem Terror und dem späteren Leben in Amerika.[13] Die Bilder, die die Kriegsjahre darstellen, sind schwarz eingefasst, währen die anderen Erinnerungsbilder in verschiedenen Farben umrandet sind.[14] Die Bilder gliedern sich in verschiedene Zyklen, wobei Esther Nisenthal Krinitz sie nicht in chronologischer Reihenfolge schuf. Nach den beiden Bildern 1 und 2 folgte Bild 26 und ganz zuletzt fetigte sie die Bilder 35 und 36 im Jahr 1999. Den Tag ihrer Flucht am 15. Oktober 1942 hielt sie in fünf Werken fest.[10]
- Before the War: 1. My Childhood Home, 2. Swimming In The River, 3. My Brother Ruven, 4. Schawuot, 5. Rosch ha-Schana, 6. Passover Matzos
- Nazi Occupation: 7. The Nazis Arrive, 8. Digging Tank Trenches, 9. The Dentist, 10. The Labor Camp, 11. The Nazis Beat Up My Father, 12. Janiszew Prison Camp, 13. Collecting Pine Tar, 14. Prelude To The Final Solution, 15. I Am Struck By A Soldier, 16. We Fled Across The Fields, 17. Ordered To Leave Our Homes
- Separation: 18. We Will All Perish, 19. The Somber Death March, 20. Road To Krasnik, 21. Stefan's House
- Seeking Refuge: 22. Gestapo Barracks, 23. Depth Of The Forest, 24. We Find No Refuge, 25. Run For Your Lives
- Hiding in Plain Sight: 26. Black Sky Falling, 27. The Well, 28. The Bees Save Me, 29. I Dream Of Grandfather
- Liberation: 30. Russian Infantry March In, 31. Maidanek, 32. The Way To Berlin
- America: 33. Coming To America, 34. Picking Cherries, 35. My Husband, Max Krinitz, 36. Granddaughter[13]
Ausstellungen (Auswahl)
- 1996: erste Ausstellung in der Washington Hebrew Congregation, der ältesten jüdischen Gemeinde Washingtons
- 2001: Goodbye my children, maybe you will live. Jewish Community Center, Washington, D.C.
- 2001: Polnische Botschaft, Washington[5]
- 2001–2002: American Visionary Art Museum (AVAM), Baltimore
- 2003–2005: American Visionary Art Museum, Baltimore
- 2006: Miami Children's Museum, Miami
- 2006: Birmingham Museum of Art, Birmingham
- 2007: Judah L. Magnes Museum, Berkeley
- 2007: William Breman Jewish Heritage & Holocaust Museum, Atlanta
- 2007–2008: Holocaust Museum Houston, Houston
- 2008–2009: Arnot Art Museum, Elmira (New York)
- 2009: Esther Nisenthal Krinitz: Fabric of survival. Oceanside Museum of Art, Oceanside (Kalifornien)[15]
- 2010: Butler Institute of American Art, Youngstown (Ohio)
- 2011–2012: S. Dillon Ripley Center, Smithsonian Institution, Washington, DC
- 2012–2013: American Visionary Art Museum, Baltimore
- 2013: Florida Holocaust Museum, St. Petersburg, Florida
- 2014: Evansville Museum of Arts, History & Science, Evansville (Indiana)
- 2015: Columbus Museum of Art, Columbus (Ohio)
- 2017: Jewish Museum Milwaukee, Milwaukee
- 2021–2025: Esther and The Dream of One Loving Human Family. American Visionary Art Museum (AVAM), Baltimore. Nach der Ausstellung im AVAM 2001 wurden die Werke anschließend in 42 anderen Museen weltweit gezeigt.[9][16]
Literatur
- Wendy Kozol: Ornamenting the Unthinkable: Visualizing Survival Under Occupation. In: The War In-Between. Indexing a Visual Culture of Survival. Fordham University Press 2024, Kapitel 4, S. 99–121, ISBN 978-1-5315-0725-1 (eingeschränkte Buchvorschau)
Einzelnachweise
- ↑ a b c Esther Nisenthal Krinitz. In American Visionary Art Museum. Abgerufen am 1. April 2024
- ↑ 13 - Collecting Pine Tar. In: Art and Remembrance. Abgerufen am 2. April 2024
- ↑ 21- Stefan's House. In: Art and Remembrance. Abgerufen am 2. April 2024
- ↑ 26 - Black Sky Falling. In: Art and Remembrance. Abgerufen am 2. April 2024
- ↑ a b c Obituary for Esther Nisenthal Krinitz. In: Poughkeepsie Journal vom 4. April 2001, S. 4B. Abgerufen am 1. April 2024
- ↑ a b A Story of Survival: Meet Esther. In: Art and Remembrance. Abgerufen am 1. April 2024
- ↑ 31 - Maidanek. In: Art and Remembrance. Abgerufen am 2. April 2024
- ↑ 33 - Coming To America. In: Art and Remembrance. Abgerufen am 2. April 2024
- ↑ a b Esther and the Dream of One Loving Human Family. In American Visionary Art Museum. Abgerufen am 1. April 2024
- ↑ a b Wendy Kozol: The War In-Between. Indexing a Visual Culture of Survival, S. 106
- ↑ Fabric of Survival: The Art of Esther Nisenthal Krinitz. In: Smithsonian Institution. Abgerufen am 2. April 2024
- ↑ Through the Eye of the Needle: Fabric Art of Esther Nisenthal Krinitz. In: Judah L. Magnes Museum. Abgerufen am 2. April 2024
- ↑ a b Fabric of survival. The Art of Esther Nisenthal Krinitz. In: Art and Remembrance. Abgerufen am 1. April 2024
- ↑ 07 - The Nazis Arrive. In: Art and Remembrance. Abgerufen am 2. April 2024
- ↑ Esther Nisenthal Krinitz: Fabric of survival. In: Oceanside Museum of Art. Abgerufen am 2. April 2024
- ↑ Exhibits. In: Art and Remembrance. Abgerufen am 1. April 2024
<nowiki>
Personendaten | |
---|---|
NAME | Nisenthal Krinitz, Esther |
ALTERNATIVNAMEN | Nisenthal, Esther |
KURZBESCHREIBUNG | polnisch-amerikanische bildende Künstlerin |
GEBURTSDATUM | 8. Februar 1927 |
GEBURTSORT | Mniszek, Gmina Gościeradów |
STERBEDATUM | 30. März 2001 |
STERBEORT | Frederick (Maryland) |