Bahnstrecke Magdeburg–Leipzig
Die Bahnstrecke Magdeburg–Leipzig ist eine elektrifizierte zweigleisige Hauptbahn in Sachsen-Anhalt und Sachsen. Sie verläuft von Magdeburg aus über Köthen und Halle (Saale) nach Leipzig.
Geschichte
Der Baubeginn erfolgte am 24. Januar 1838. Erstmals in der deutschen Eisenbahngeschichte war zu berücksichtigen, dass die Strecke mehrere Länder berührte: neben den Königreichen Preußen (Magdeburg, Halle) und Sachsen (Leipzig) durchquerte sie auch das Herzogtum Anhalt-Köthen. Die Strecke wurde von Preußen am 13. November 1837, von Anhalt am 18. September 1840 konzessioniert.[6]
Eröffnungsdaten[7]:
- 29. Juni 1839: Magdeburg–Schönebeck (Elbe) (14,9 km)
- 7. September 1839: Schönebeck–Saalebrücke bei Calbe (12,4 km)
- 19. Juni 1840: Saalebrücke–Köthen (22,6 km)
- 22. Juli 1840: Köthen–Halle (35,7 km)
- 18. August 1840: Halle–Leipzig (33,2 km)
Am 18. August 1840 wurde schließlich die Gesamtstrecke von Magdeburg nach Leipzig eröffnet. Da in Leipzig der Magdeburger Bahnhof direkt neben dem Dresdner Bahnhof lag, konnte hier von Magdeburg nach Dresden (die Leipzig-Dresdner Eisenbahn wurde bereits 1837 eröffnet) umgestiegen werden. Später ermöglichte eine kurze Verbindungsbahn das Überführen von Kurswagen.
Weil zwischen den Gemarkungen Modelwitz und Hänichen die Staatsgrenze zwischen den Königreichen Preußen und Sachsen verlief (heute Stadtgrenze zwischen Schkeuditz und Leipzig), wurde für den auf sächsischem Territorium gelegenen Abschnitt der Strecke mit der Leipzig-Dresdner Eisenbahngesellschaft ein Anschlussvertrag geschlossen. Erst am 29. April 1874 kaufte die Magdeburg-Leipziger Eisenbahngesellschaft mit Wirkung vom 1. Januar 1875 die in Sachsen gelegene Trasse.
Am 15. Januar 1843 war der schon 1842 begonnene zweigleisige Ausbau der Magdeburg-Leipziger Eisenbahn abgeschlossen, und am 1. November desselben Jahres wurde der fahrplanmäßige Güterverkehr aufgenommen.
Bis 1873 fuhren die Züge der Magdeburg tangierenden Bahngesellschaften an zwei verschiedenen Bahnhöfen ab, da die Stadtbefestigungen einen gemeinsamen Bahnhof nicht zuließen: Es gab einen Bahnhof für die Züge nach Wittenberge und Hamburg und den Leipziger Bahnhof für die Magdeburg-Leipziger Eisenbahn sowie die Züge nach Berlin, Braunschweig und Halberstadt.[8]
Am 1. Juni 1876 wurde die Magdeburg-Leipziger Eisenbahngesellschaft an die Magdeburg-Halberstädter Eisenbahngesellschaft angeschlossen, die mit Gesetz vom 20. Dezember 1879 vom Königreich Preußen verstaatlicht wurde. Die Magdeburg-Leipziger Eisenbahn wurde der königlich preußischen Eisenbahndirektion Magdeburg unterstellt. Ab 1. April 1895 unterstand der Abschnitt Halle–Leipzig der neu gegründeten Eisenbahndirektion Halle.
Am 1. Mai 1912 wurde der preußische Teil des Leipziger Hauptbahnhofs, in dem auch die Magdeburger Strecke endete, in Betrieb genommen.
Am 1. April 1920 ging die Magdeburg-Leipziger Eisenbahn zusammen mit den anderen Preußischen Staatseisenbahnen in den Reichseisenbahnen auf, aus denen am 30. August 1924 die Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft hervorging.
Im Jahr 1920 begann die Elektrifizierung des Abschnittes Halle–Leipzig, der erstmals am 19. Dezember 1922 mit einer elektrischen Lokomotive befahren wurde. Erst am 7. Oktober 1934 wurde die durchgehende Elektrifizierung der Gesamtstrecke von Magdeburg nach Leipzig vollendet.
1946 wurden die elektrischen Anlagen als Reparationsleistung abgebaut. Nachdem die Sowjetunion im Gegenzug zu Wagenlieferungen Elektrolokomotiven und Ausrüstungen zurückgab, konnte am 1. September 1955 auf dem Abschnitt Halle–Köthen wieder der elektrische Zugbetrieb aufgenommen werden. Die Eröffnung wurde mit einem Lokzug bestehend aus Lokomotiven der Reihe E 44 gefeiert. Am 29. Dezember desselben Jahres folgten der Abschnitt Köthen–Schönebeck, am 12. Januar 1957 der Abschnitt Schönebeck–Magdeburg und am 20. Dezember 1958 der Abschnitt Leipzig–Halle. Damit war die gesamte Strecke wieder elektrisch befahrbar.
Nach 1990 wurde der Streckenabschnitt zwischen Magdeburg und Halle weitgehend für eine Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h ertüchtigt.[9] Bis Dezember 2004 erfolgte die Realisierung der S-Bahnstrecke Halle–Leipzig. Hierbei wurde zwischen Halle Hbf und Gröbers ein drittes und abschnittsweise ein viertes Gleis für die S-Bahn errichtet. Die Stationen Halle Messe, Dieskau und Gröbers wurden an diesen Gleisen neu errichtet, der Bahnhof Leipzig-Wahren mit dem Bahnhofsteil Lützschena grundhaft umgebaut. Zusammen mit Baumaßnahmen an der Bahnstrecke Leipzig-Wahren–Leipzig Hbf erfolgten im Zuge dieses Projekts Investitionen von insgesamt 239 Millionen Euro.[10] Mit dem Umbau des Bahnhofs Leipzig Messe für die Einbindung der Schnellfahrstrecke Eltersdorf–Leipzig verkürzte sich die Strecke Magdeburg–Leipzig 2002 um mehrere Kilometer. Sie endet seitdem im Bahnhofsteil Leipzig Messe Süd. Die weiterführenden Gleise zum Bahnhof Leipzig Hbf gingen auf die Strecke 6411 Trebnitz–Leipzig über, deren ursprüngliche auf die Schnellfahrstrecke Richtung Gröbers und Erfurt. Mit diesem Umbau wurde der Bogen Wiederitzsch–Leipzig Messe Süd durch den Abbau des Richtungsgleises Magdeburg–Leipzig eingleisig.
Zwischen 2014 und 2016 erfolgte der Neubau mehrerer Bahnsteige an den Stationen Zöberitz[11], Niemberg[12], Stumsdorf[13] und Weißandt-Gölzau[14].
Mit Bundes- und Landesmitteln wurde außerdem die Station Calbe (Saale) Ost barrierefrei ausgebaut.[15] Dabei wurden die drei Bahnsteige auf 155 Meter Länge neu gebaut. Anschließend wird das alte Empfangsgebäude abgerissen, damit eine Busschnittstelle und Parkplätze geschaffen werden können.[16]
Bis 2025 werden im Bahnknoten Köthen sowie zwischen Köthen und Stumsdorf der Oberbau und die Leit- und Sicherungstechnik sowie fünf Brücken erneuert, damit die Durchfahrgeschwindigkeiten erhöht werden können. Auch die Reiseverkehrsanlagen im Bahnhof Köthen, die zurzeit noch viele Elemente aus der Kaiserzeit besitzen, und in Arensdorf werden komplett neu gebaut.[17][18]
Der Abschnitt zwischen Magdeburg und Halle soll im Zuge des „Starterpakets“ der Digitalen Schiene Deutschland, als Teil des TEN-Kernnetzkorridors Skandinavien–Mittelmeer, bis 2030 mit Digitalen Stellwerken und ETCS ausgerüstet werden.[19]
Bedienung
Der Streckenabschnitt zwischen Magdeburg und Halle wird von einer Regionalexpresslinie bedient. Sie verkehrt im Stundentakt, eingesetzt werden mit elektrischen Lokomotiven der Reihe 146.0 bespannte Wendezüge mit im Regelfall drei Doppelstockwagen. Zwischen Magdeburg und Schönebeck (Elbe) werden auf derselben Trasse, zwischen Magdeburg Hauptbahnhof und Magdeburg-Buckau auf separaten Gleisen, die Züge der Linie S1 der S-Bahn Mittelelbe geführt. Sie wird mit Elektrotriebwagen der Baureihe 425 bedient, welche 2015 modernisiert wurden. Des Weiteren nutzen eine zweistündliche Regionalexpresslinie nach Erfurt und eine zweistündliche Regionalbahnlinie nach Aschersleben zwischen Magdeburg und Schönebeck (Elbe) die Strecke.
Zwischen Halle und Gröbers bzw. Leipzig-Wahren wird die Strecke von den Linien S3 und S5 der S-Bahn Mitteldeutschland mit Triebzügen des Typs Bombardier Talent 2 befahren. Dabei befahren die Züge der Linie S5 zwischen Halle (S) und Gröbers die Fernbahngleise und nutzen anschließend die Neubaustrecke Erfurt–Leipzig/Halle in Richtung Flughafen Leipzig/Halle. Die Züge der Linie S3 verkehren zwischen Halle (S) Hbf und Gröbers über die S-Bahn-Gleise, Strecke 6053, zwischen Gröbers und Leipzig-Wahren über die Stammgleise und von Leipzig-Wahren bis Leipzig Hbf über die direkte Strecke 6382.
Die Strecke wird jeweils im Zweistundentakt von den IC-Linien 55 und 56 befahren, die sich zu einem Stundentakt überlagern. Die Intercity-Züge halten nur in Magdeburg Hbf, Köthen, Halle Hbf, teilweise Leipzig/Halle Flughafen und in Leipzig Hbf. Schönebeck wird von einzelnen Fahrten der Linie 55 bedient. Zwischen Gröbers und Leipzig Hbf verkehren diese Züge auf der Neubaustrecke Erfurt–Leipzig/Halle. Seit Ende 2015 werden auf den Linien Intercity-2-Züge mit Lokomotiven der Reihe 146.5 eingesetzt. Zuvor wurden die Intercity-Züge mit Elektroloks der Baureihe 101 gefahren, selten auch mit Loks der Baureihe 120. Außerdem findet auf der Strecke reger Güterverkehr statt. Auf dem Endabschnitt zwischen Leipzig-Wahren und Leipzig Messe Süd über Wiederitzsch verkehren seit Dezember 2004 planmäßig keine Reisezüge mehr.
Zwischenfälle
Am 27. April 1968 überfuhr ein Güterzug das Halt zeigende Einfahrsignal des Bahnhofs Niemberg und kollidierte mit einem im Bahnhof stehenden Güterzug. Dabei wurden die Lokomotive des einfahrenden Zuges und 23 Güterwagen stark beschädigt. Auf der Lokomotive starb eine Person, eine weitere wurde schwer verletzt.[20]
Am 26. April 1976 entgleisten im Bahnhof Sachsendorf die Lokomotive und ein Wagen des Schnellzuges D 442 Dresden–Köln. Es entstand kein Personenschaden.[21]
In der Nacht zum 28. Juni 1981 entgleiste im Bahnhof Köthen ein Kalizug. 18 Wagen stürzten um, es kam zu keinem Personenschaden.[22]
Literatur
- Alfred von der Leyen: Zur Vorgeschichte der Magdeburg-Leipziger Eisenbahn. In: Zeitung des Vereins Deutscher Eisenbahnverwaltungen, 52. Jahrgang, Nr. 47 (22. Juni 1912), S. 765–768.
- Peter Beyer: Leipzig und die Anfänge des deutschen Eisenbahnbaus. Die Strecke nach Magdeburg als zweitälteste deutsche Fernverbindung und das Ringen der Kaufleute um ihr Entstehen. 1829–1840. Böhlau, Weimar 1978 (Abhandlungen zur Handels- und Sozialgeschichte 17, ISSN 0065-0358).
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Jens Herbach: [Magdeburg Hbf —] Halle (Saale) Hbf — Gröbers — Leipzig Hbf. In: Sachsenschiene.de. Abgerufen am 27. März 2022.
- ↑ Eisenbahnatlas 2007/2008. 1. Auflage. Schweers + Wall, ISBN 978-3-89494-136-9, S. 45, 57–58, 130–131.
- ↑ DB Netz AG: DB Netze Infrastrukturregister. Abgerufen am 27. März 2022.
- ↑ Deutsche Reichsbahn: Übersichtskarte des Reichsbahndirektionsbezirks Magdeburg. Februar 1988, abgerufen am 27. März 2022.
- ↑ Deutsche Reichsbahn: Übersichtskarte des Reichsbahndirektionsbezirks Halle. Juli 1966, abgerufen am 27. März 2022.
- ↑ Deutsche Reichsbahn: Eröffnungsdaten 1835–1935, Streckenlängen, Konzessionen, Eigentumsverhältnisse Berlin 1935, Nachdruck Dumjahn, Mainz 1984, ISBN 3-921426-29-4 Nr. 1839/2
- ↑ Julius Michaelis: Die Magdeburg-Leipziger Eisenbahn. In: Zeitung des Vereins deutscher Eisenbahn-Verwaltungen. Nr. 22. Leipzig 13. September 1861, S. 277 (digitale-sammlungen.de [abgerufen am 10. Januar 2024] Quelle für die Daten, nicht die jeweilige Länge).
- ↑ Manfred Berger: Historische Bahnhofsbauten I, 3. unveränderte Auflage, Berlin 1980, ISBN 3-344-70701-9, S. 145.
- ↑ Übrige Hauptbahnen in Sachsen-Anhalt. Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr Sachsen-Anhalt, archiviert vom am 30. Dezember 2013; abgerufen am 22. März 2013.
- ↑ Neue und verbesserte Nahverkehrsangebote zum Fahrplanwechsel der Deutschen Bahn AG in Sachsen-Anhalt. Deutsche Bahn AG, online auf pressrelations.de, 29. November 2004, archiviert vom am 4. Januar 2016; abgerufen am 22. März 2013.
- ↑ Verkehrsstation Zöberitz. In: Bahnhofsprogramm Sachsen-Anhalt. Abgerufen am 14. Juli 2017.
- ↑ Bahnhofsprogramm Sachsen-Anhalt Verkehrsstation Niemberg. In: Bahnhofsprogramm Sachsen-Anhalt. Abgerufen am 14. Juli 2017.
- ↑ Verkehrsstation Stumsdorf. In: Bahnhofsprogramm Sachsen-Anhalt. Abgerufen am 14. Juli 2017.
- ↑ Verkehrsstation Weißandt-Gölzau. In: Bahnhofsprogramm Sachsen-Anhalt. Abgerufen am 14. Juli 2017.
- ↑ Modernisierungsschub für kleine Bahnstationen (inkl. Maßnahmenliste). Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, 16. Juni 2016, abgerufen am 17. Juni 2016.
- ↑ Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr: Pressemitteilung Nr.: 076/2017 – Umbau des Bahnhofs Calbe (Saale) wird vom Land gefördert. 6. Juli 2017, abgerufen am 14. Juli 2017.
- ↑ DB-Pressestelle Leipzig: Modernisierung der Infrastruktur zwischen Magdeburg–Köthen–Halle. Archiviert vom am 27. Juli 2017; abgerufen am 14. Juli 2017.
- ↑ Alexander Schierholz: Weitere Baustellen der Bahn: Umbau des Bahnhofs Köthen beginnt – Halle im Plan. In: Mitteldeutsche Zeitung. (mz-web.de [abgerufen am 14. Juli 2017]).
- ↑ Digitale Schiene Deutschland #####. (PDF) Die Zukunft der Eisenbahn. In: deutschebahn.com. Deutsche Bahn, September 2019, S. 10 f., abgerufen am 2. Mai 2020.
- ↑ Güterzüge stießen zusammen. In: Neue Zeit. 28. April 1968, S. 2.
- ↑ Schnellzug entgleist. In: Neue Zeit. 27. April 1976, S. 2.
- ↑ Kalizug entgleist. In: Neue Zeit. 29. Juni 1981, S. 2.