"Agent of Change!" werden: Die Förderreferentinnen erzählen, wie es klappen kann

"Agent of Change!" werden: Die Förderreferentinnen erzählen, wie es klappen kann

Kriege, Klimakrise, Krise der Demokratie – die Nachrichten sind derzeit voll mit negativen Entwicklungen. Was ist nötig, um solchen Tendenzen entgegenzuwirken? Die Initiative "Change! Fellowships and Research Groups" soll gesellschaftlichen Wandel durch Erkenntnisse transdisziplinärer Forschung ermöglichen. Was müssen Wissenschaftler:innen bei der Antragstellung beachten? Annabella Hüfler-Fick und Mona Weyrauch geben Auskunft.

Kriege, Krisen und Konflikte: Die Welt ist im Dauerstress. Kann Wissenschaft – und insbesondere die neue Initiative "Change! Fellowships and Research Groups" – Lösungswege aufzeigen?

Dr. Mona Weyrauch: Definitiv! Wenn es darum geht, Krisen zu identifizieren und Bewältigungsstrategien zu entwickeln, spielt Wissenschaft eine enorme Rolle. Wissenschaft kann Ursachen von Krisen identifizieren. Sie kann aber auch jene Faktoren bestimmen, die den Weg aus der Krise ebnen, und Methoden entwickeln, diesen Weg auch zu gehen.

Mit unserer neuen Initiative "Change! Fellowships and Research Groups" im Profilbereich "Gesellschaftliche Transformationen" bringen wir Wissenschaft und Gesellschaft zusammen. Denn der rein wissenschaftliche Blick reicht oftmals nicht aus. Wenn wir gesellschaftlichen Wandel in Gang setzen wollen, müssen wir Blickwinkel aus der Gesellschaft einbeziehen. "Change!" ermöglicht Projekte, die Krisenbewältigung erforschen und Impulse für Veränderung geben.

An wen richtet sich die Initiative?

Dr. Annabella Hüfler-Fick: "Change!" richtet sich an Personen aller wissenschaftlichen Fachbereiche, die mit ihrer Forschung darauf abzielen, gesellschaftliche Transformation gemeinsam mit außerwissenschaftlichen Partner:innen zu gestalten. Bewerben können sich alle Wissenschaftler:innen, deren Promotion zum Stichtag mindestens zwei Jahre her ist.

"Change!" ist eine Personenförderung – uns geht es also wirklich um die Person hinter dem Antrag und ihr Potenzial, ein "Agent of Change" zu sein. Eine Person, die eine Brücke zwischen ihrer Fachkompetenz und dem realen Leben da draußen schlägt. Wissenschaftliche Erkenntnisse sollen mit unserer Förderung zur Lösung gesellschaftlicher Probleme beitragen – hin zu einer besseren, nachhaltigeren und lebenswerteren Zukunft.

Und die Person, die wir fördern, darf gerne auch erst in ihrer frühen Karrierephase stecken. Aus diesem Grund umfasst die Initiative zwei Förderlinien: Mit der einen fördern wir "Fellows", also Personen in der frühen Karrierephase, die sich aktuell in einer befristeten Anstellung befinden und ihre eigene Stelle zukünftig finanzieren müssen. Die andere Förderlinie richtet sich an "Research Groups". Damit meinen wir etablierte Wissenschaftler:innen, die eine unbefristete Anstellung haben und Förderung für ein Forschungsteams zu ihrem gewählten Thema einwerben möchten.

Die Initiative "Change! Fellowships and Research Groups" soll gesellschaftlichen Wandel durch Erkenntnisse transdisziplinärer Forschung ermöglichen.

Als Besonderheit am Förderangebot "Change!" heben Sie den transdisziplinären Ansatz hervor, dass außerwissenschaftliche Akteur:innen in Projekte eingebunden werden. Welche Effekte erhoffen Sie sich davon?

Annabella Hüfler-Fick: Wir fördern Vorhaben, die einen Brückenschlag zwischen Wissenschaft und Zivilgesellschaft herstellen. Das Ziel der transdisziplinären Forschung ist, dass man eben nicht an der Schwelle stehenbleibt, an der zwar Erkenntnisse, Daten oder Publikationen vorliegen, eine Transferleistung in das gesellschaftliche Leben aber ausbleibt. Sondern dass man diese Schwelle überschreitet. Zudem erhoffen wir uns neue Wege der Verbreitung, also dass gewonnene Lösungsansätze wirklich da ankommen, wo sie gebraucht werden – sei es über soziale Medien, originelle Veranstaltungsformate oder andere kreative Ansätze. Darüber hinaus möchten wir dazu beitragen, transdisziplinäre Forschung stärker im Wissenschaftssystem zu verankern.

Mona Weyrauch: Was wir mit "Change!" allerdings ausdrücklich nicht fördern wollen sind Citizen-science-Projekte. Außerwissenschaftliche Partner:innen sollen auch nicht als reine Datenlieferant:innen angesehen werden oder nur kleine Hilfsarbeiten leiste. Die Forscher:innen und die Partner:innen von außerhalb der Wissenschaft sollen die Fragestellung gemeinsam formulieren, Arbeitspakete entwickeln und die Ergebnisse in die Gesellschaft bringen. Das alles muss unbedingt auf Augenhöhe stattfinden.

Ich möchte zudem Interdisziplinarität – also die Kooperation unterschiedlicher wissenschaftlicher Bereiche – ganz deutlich von Transdisziplinarität abgrenzen. Wenn die eingereichten Projektideen zusätzlich interdisziplinär sind, ist das super, aber der transdisziplinäre Ansatz muss gegeben sein.

Was sollten Wissenschaftler:innen und ihre Partner:innen bei der Antragstellung sonst noch beachten?

Mona Weyrauch: Das Allerwichtigste ist, dass aus dem Antrag hervorgeht, wie das Projekt echten gesellschaftlichen Wandel ankurbelt. Ausschlaggebend dabei ist der transdisziplinäre Ansatz der eingereichten Ideen. Wir erleben insgesamt ein sehr großes Interesse am Förderangebot "Change!" und erwarten eine hohe Bewerber:innenzahl . Wer sich gegen starke Konkurrenz durchsetzen will, sollte herausstechen!

Ideen, die wirklich neu sind, und in einen qualitativ hochwertigen Antrag verpackt werden, sehen wir immer besonders gerne. Damit der Antrag nicht nur inhaltlich, sondern auch formal alle Anforderungen erfüllt, empfehle ich, das Merkblatt aufmerksam zu lesen, das auf unserer Website zu finden ist. Dort sind auch alle Infos zu den Stichtagen in diesem Jahr sowie zu gegebener Zeit zu den weiteren zu finden. Denn "Change! Fellowships and Research Groups" wird fest in unserem Förderhandeln verankert. Ab jetzt gibt es jedes Jahr die Möglichkeit, Anträge einzureichen. Wer nicht darauf angewiesen ist, die eigene Stelle gerade jetzt neu zu finanzieren, sollte sich ein Jahr Zeit lassen und das Konzept bis zum Stichtag in 2025 ausarbeiten.

Was können Sie Interessierten noch mit auf den Weg geben?

Annabella Hüfler-Fick: Wir schreiben "Change!" gerade zum ersten Mal aus. Auch für uns ist es ein spannender Prozess, in dem wir Neues ausprobieren. Ich habe gerade schon gesagt, dass wir "Agents of Change" suchen. Hierfür holen wir beispielsweise erstmals externe Expertise ins Haus und führen als Teil der Begutachtung eine Art Assessment Center mit den Bewerber:innen für die Fellowships durch.

In der Beratung, aber sicherlich auch beim Lesen der Anträge und Betreuung der Vorhaben lernen wir viel darüber, wie unsere Idee hinter der Förderinitiative realisierbar ist. So eine erste Ausschreibung ist also auch immer ein kleiner Realitätscheck. Wir sind total gespannt auf die eingereichten Projektideen, die Persönlichkeiten dahinter und die späteren Ergebnisse. Ich bin mir sicher: für alle Beteiligten wird es eine aufregende Reise!

Weitere Informationen zu unserer neuen Initiative "Change!" finden Sie auf unsere Website der VolkswagenStiftung.

Julia Dencker

Inner Peace and Conflict Transformation Mentor for Individuals and Organizations |🎙Host of The Peaceful Path Podcast

1 Monat

Danke, dass ihr dieses Förderprojekt startet! Wir müssen den Wissenstransfer in die Breite der gesellschaft von Anfang an mitdenken! Und das tut ihr hiermit 🙌🏼

Wolfram Schmidt

Senior Researcher at Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung

1 Monat

Eine wichtige Initiative. Gute, reine Wissenschaft funktioniert vermutlich in jedem moralischen und politischen Umfeld, und egal wie neutral man glaubt, die eigene Forschung auch sei, man bleibt aufgrund der Fördergeber ein Söldner der gesellschaftlichen und politischen Interessen. Das Belohnungssystem fragt nicht nach Moral und gesellschaftlichem Engagement sondern nach Publikationen und Projekten. Der Kernforschung noch eine gesellschaftliche Komponente hinzuzufügen kann persönlich sehr bereichernd sein, bedeutet aber zusätzliche Reibung. Obendrein gibt es selten Plattformen, um an der Schnittstelle zu kommunizieren, allerdings bieten Vorlesungen und Keynotes eben doch gerade das Potential, die Forschung in gesellschaftlichen Kontext zu rücken. Vielleicht müsste man - genauso wie man heutzutage Beiträge zur wirtschaftlichen Verwertung, Geschlechtergleichstellung und Nachhaltigkeit (leider auch in dieser Reihenfolge) bei Förderprogrammen abfragt - auch abfragen, welchen Beitrag die Forschung zu den großen gesellschaftlichen Herausforderungen leistet. Gerade bei Forschung zur Energie, mineralischen Stoffströmen oder digitalen Infrastruktur, sind Zusammenhänge mit globalen (Un-)gerechtigkeiten nahezu unvermeidbar.

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