Als die Bahn vor langer Zeit nach den Sternen griff, baute sie ihre Waggons um, als handele es sich um Flugzeuge. Die Sitze in enger Reihe, die Tischchen so tief, dass man sie besser nicht herunterklappt. Und weil man bereits Generationen zuvor die Abteile mit ihren Schiebetüren entlang eines Flurs aufgereiht hatte, können sich heute die wenigsten daran erinnern, dass es einmal Waggons gegeben hat, deren Abteile man vom Bahnsteig aus bestieg. Fuhr der Zug, herrschte Ruhe in der Bahn. Dieses Prinzip haben nun die beiden Architekten Pierro Lissoni (Lissoni & Partners) und Hadi Teherani Teherani wieder aufgegriffen, mit Einfällen für eine Generation neuer Schlafwagen, von denen es sich gut träumen lässt. Um Entwürfe einiger Waggons ohne Flur in Fahrtrichtung hatte sie Ludwig Koehne gebeten, der mit seinem Maschinenbauunternehmen Techne Kirow von Leipzig aus die ganze Welt mit Eisenbahnkranen beliefert, wohnhausgroßen Ungetümen, schwer und stark genug, um von der Schiene aus schlichtweg alles zu heben. Weshalb nicht einmal zierlicher, dachte er, und präsentiert jetzt in einem Gebäude seiner Fabrik eine Ausstellung mit Entwurfsskizzen und Simulationen denkbarer Waggons, die ironischerweise wie Weiterentwicklungen der jüngsten und ausgefallensten First-Class-Kabinen der großen Fluggesellschaften wirken (bis 15. September).
Keine Spur von Plüsch, nirgendwo ein Ornament, Schluss mit jeglicher Opulenz, wodurch sich die Schlafabteile der klassischen Fernreisezüge auszeichnen. Stattdessen eine fast aseptische Anmutung und die Strenge einer minimalistischen Ordnung, die sich völlig der Funktion unterwirft. Aber was ist da alles möglich! Da wird geschoben und geklappt und verdreht, und wie magisch verändern sich die Möbel von Sesseln zu Betten und die Abteile von Wohnzimmern oder Büros in Schlafgemächer. Betten schieben sich aus der Decke der doppelstöckigen Kabine, und Trennwände teilen Salons in Kammern. Unter Ablagen öffnen sich Schränkchen, hinter Lehnen sind Minibars untergebracht, und die Leiter fürs Hochbett klappt sich aus einer Säule heraus. Dass ein Schaffner klopft, um das Bett zu richten, davon ist nirgends die Rede. Aber man wünschte, man könnte in Filmen sehen, was hier an Verwandlungen in Bildstrecken erzählt wird. Und während eben noch das Licht durch Panoramafenster flutet, verdüstert es sich auf Knopfdruck mit einer dunklen Haut. Denn die Idee für den Betrieb ist eine Langstrecke, die tagsüber in die eine Richtung bedient wird mit Raum für Entspannung oder Konferenzen und nachts zurück als Schlafwagen, der das Angebot von Flug und Hotel in sich vereint – ohne die nervtötende Warterei an Gates und in Lobbys. ...
Location: Techne Sphere, Leipzig
By appointment only: [email protected]
Thank you to the team: Elke Malek, Anja Sorger, Verus von Haeften, Christoph Woop, Mehrdad Karchani
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