Hessen Nach Silvester-Angriffen auf Feuerwehr: Viernheim erwägt Böllerverbotszone
Feuerwerk in der Viernheimer Innenstadt könnte in der nächsten Silvesternacht tabu sein. Die Stadtspitze plant die Einrichtung einer Böllerverbotszone - und will damit Konsequenzen aus Übergriffen auf Feuerwehrleute am Jahreswechsel ziehen.
Nach Ausschreitungen in der Silvesternacht am Apostelplatz in Viernheim (Bergstraße) plant die Stadt die Einrichtung einer Böllerverbotszone für Silvester 2025. Das teilte sie am Montag mit.
Einen entsprechenden Vorschlag wollen Bürgermeister Matthias Baaß (SPD) und der Erste Stadtrat Jörg Scheidel (CDU) dem Magistrat für dessen Sitzung am 13. Januar unterbreiten. "Damit möchten wir eindeutig festlegen, was dort nicht erlaubt ist", sagte Baaß laut der Mitteilung vom Montag.
Böllerverbot als "wesentlicher Schritt"
Etwa 50 bis 60 Jugendliche hatten an Silvester die Freiwillige Feuerwehr beim Löschen von Bränden behindert und angegriffen. Wie die Feuerwehr auf Facebook mitteilte, sollen einige aus der Gruppe heraus Böller und Raketen in Richtung eines Löschfahrzeugs geschossen haben. Verletzte gab es nach Polizeiangaben nicht.
"Wir sehen eine Notwendigkeit, dass es eine Reaktion darauf gibt. Es kann nicht sein, dass Menschen auf einem öffentlichen Platz in Gefahr geraten", sagte Bürgermeister Baaß im hr-Interview. Er verurteilt die Geschehnisse in der Silvesternacht auf das Schärfste.
Drei Tage lang hätten die Kommunen in Gesprächen mit der Polizei und Feuerwehr überlegt, was man machen könne. "Das Böllerverbot haben wir als einen wesentlichen Schritt erachtet. Wir als Stadt sind in der Verantwortung", so Baaß.
Stadtrat Scheidel sagte: "Wir dulden weder, dass dieser Innenstadtplatz zu einem Ort des unkontrollierten Abfeuerns von Feuerwerk wird, noch, dass Einsatzkräfte, die sich um den Schutz der Allgemeinheit kümmern, in Gefahr geraten." Er und Baaß dankten Polizei und Feuerwehr noch einmal für deren Einsatz. So eine Situation habe es in Viernheim zum ersten Mal gegeben.
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Bürgermeister: "Kontrollen auch in kleiner Gemeinde möglich"
Welche rechtlichen Grundlagen bei der geplanten Verbotsverfügung zu beachten seien, werde derzeit noch erarbeitet. Im hr-Interview sprach Baaß von einem Verbot im Kernbereich der Viernheimer Innenstadt - auf dem Apostelplatz zwischen Rathaus und Kirche. Aber auch die direkte Umgebung sei betroffen. Welche Bereiche das konkret impliziert, sagte der Bürgermeister nicht.
Der Magistrat solle am 13. Januar einen Grundsatzbeschluss für ein Böllerverbot fassen. Und auch die Umsetzung werde bereits geplant. "Wir werden das natürlich kontrollieren. In der Silvesternacht 2025/2026 werden wir das mit der Polizei selber und auch mit eigenen Kräften umsetzen", sagte Baß dem hr. Durch Stadt- und Landespolizisten seien solche Kontrollen auch in einer kleinen Gemeinde möglich.
Angriffe auf Einsatzkräfte in mehreren Städten
Auch in anderen Städten war es an Silvester stellenweise zu Problemen gekommen, wenngleich es insgesamt größtenteils friedlich blieb.
In der Frankfurter Innenstadt nahm die Polizei mehrere Menschen fest, die gezielt Raketen in Richtung von Menschenmengen oder Einsatzkräften gezündet hatten. Zum Teil war auch in Feuerwerk-Verbotszonen geböllert worden, etwa auf der Zeil.
In Darmstadt-Kranichstein wurden Feuerwehrleute gezielt mit Feuerwerkskörpern beschossen, als sie einen Balkonbrand löschen wollten. In Obertshausen (Offenbach) griffen mehrere Menschen einen Polizeiwagen mit Steinen und Feuerwerkskörpern an. Auch in Hanau musste die Polizei Feuerwehrkräfte gegen Angriffe schützen.
Innenminister will härtere Strafen
Innenminister Roman Poseck (CDU) hatte es vergangenen Donnerstag als "unerträglich" bezeichnet, dass ausgerechnet diejenigen, die sich für andere einsetzten, statt zu feiern, attackiert würden. Er bekräftigte seine Forderung nach härteren Strafen bei Angriffen auf Einsatzkräfte. "Hier muss die ganze Härte des Rechtsstaats zugreifen", sagte er dem hr.
In den vergangenen Tagen ist außerdem die Diskussion um ein allgemeines Böllerverbot entstanden. Mehr als 1,9 Millionen Menschen haben Petitionen für ein bundesweites Böllerverbot unterschrieben. Das teilten die Initiatoren - die Gewerkschaft der Polizei (GdP) und die Deutsche Umwelthilfe (DUH) - am Montag mit.
Dabei geht es um ein komplettes Pyrotechnik-Verbot für den Privatgebrauch. Ziel ist der Schutz von Mensch, Tier und Umwelt. In der Silvesternacht waren bundesweit fünf Menschen durch Böller ums Leben gekommen, es gab viele Verletzte, darunter auch Kinder.
Umweltstaatssekretär möchte Sensibilisierung
"Wir verfolgen die Debatte um ein Böllerverbot sehr genau", sagte Hessens Umweltstaatsekretär Michael Ruhl (CDU) gegenüber dem hr. Das Thema Feuerwerk stelle die Gesellschaft vor verschiedene Herausforderungen: "Beispielsweise entstehen große Mengen Feinstaub und viel Müll, für Haus- und Wildtiere stellt die Böllerei zudem ein großes Problem dar."
Gleichzeitig gehöre die Begrüßung des neuen Jahres mit Feuerwerk als liebgewonnene Tradition für viele Menschen dazu. "Ein verantwortungsvoller und moderater Gebrauch von Feuerwerk ist daher wichtig. Entscheidend ist es aus unserer Sicht, die Bevölkerung dafür mehr zu sensibilisieren, statt sie zu bevormunden", so Ruhl.
Auch bundesweit waren seit Silvester Forderungen nach einem Böllerverbot lauter geworden. So hatte am Montag die Gewerkschaft der Polizei Berlin eine entsprechende Petition mit fast 1,5 Millionen Unterschriften an einen Vertreter des Bundesinnenministeriums übergeben. Deutschlandweit waren in der Silvesternacht mindestens fünf Menschen bei Unfällen mit Feuerwerk gestorben.