Kolbrücks Kracher: Der nächste Trend im Super...
Kolbrücks Kracher

Der nächste Trend im Supermarkt? Ist vielleicht eine Überraschung

LIdl
Verkaufserfolg: Mystery Box von Lidl.
Verkaufserfolg: Mystery Box von Lidl.

Der Supermarkt soll Erlebnisraum sein. Und wie gelingt das besser, als wenn man den Kunden überrascht. Am besten man macht gleich ein Produkt daraus.

Wenn die Kunden schon gelangweilt durch die Gänge schlurfen, dann sollte man sie doch wenigstens mal ordentlich überraschen. Und wie macht man das am besten? Man packt die Überraschung direkt ins Regal – als Produkt.
Lidl hat es gerade vorgemacht.

„Mystery Box“ hieß das Zauberwort und die Briten haben vor Begeisterung das Einkaufen gleich mit dem Nachmittags-Tee verwechselt. Für schlappe 20 Pfund konnten die Kunden sich eine Box schnappen, deren Inhalt mit Nonfood und Elektronikartikeln wohl irgendwo zwischen genial und total überflüssig schwankte – aber genau das war ja der Witz.

Lidl verkauft „Mystery Box“

Man wusste nicht, was drin war, aber irgendwie fühlte sich das Ganze an wie Weihnachten und Geburtstag zusammen. Der Wert der Lidl-Boxen? Über 100 Pfund, hieß es.
Die Lidl Mystery Box ist ein Paket mit ausgewählten Artikeln aus dem berühmten Mittelgang („Middle of Lidl“) des Discounters, wo Kunden vor allem Nonfood und Elektronik finden.
Lidl
Die Lidl Mystery Box ist ein Paket mit ausgewählten Artikeln aus dem berühmten Mittelgang („Middle of Lidl“) des Discounters, wo Kunden vor allem Nonfood und Elektronik finden.

Der Haken? Es konnte auch mal passieren, dass man statt einem Schatz eben nur Elektronikkram zum Schlimm-Wichteln auspackte. Aber der Nervenkitzel zählt, und der Erfolg gab Lidl recht: Die Kunden  waren begeistert.

Der Reiz des Ungewissen: Zwischen Nervenkitzel und Enttäuschung

Mystery Boxen sind dabei keine völlig neue Erfindung. Elektronikhändler wie Media Markt haben damit schon längst für Aufsehen gesorgt. Da kann man sich immer wieder mal für 40, 100 oder 150 Euro überraschen lassen – und entweder hochjubeln oder im schlimmsten Fall ein Sammelsurium an Kabeln und Plastikmüll aus der Kiste ziehen.
Das Spiel mit der Erwartung, das ist es, was die Käufer lockt. Man kann sich freuen, weil man nichts erwartet – oder enttäuscht sein, weil man doch insgeheim auf den Jackpot gehofft hat.

In den USA, wo sowieso alles größer und verrückter ist, gehören solche Mystery Boxes längst zum Standardrepertoire trendiger Händler. Sie erzeugen Hype, räumen die Lager und ziehen ganz nebenbei noch ein paar neue Kunden an.

Mystery Bags bei Edeka

Komisch eigentlich, dass diese Wundertüten im Lebensmittelhandel noch nicht richtig angekommen sind. Dabei gehören sie genau dorthin. Ein Vorbild gibt es auch: Edeka Höchner hat es 2023 schon probiert, verkauft „Mystery Bags“ für 10 Euro – mit einem Warenwert zwischen 15 und 30 Euro.
Und wie läuft das?
„Zusammen haben wir bisher etwa 700 davon verkauft, das läuft super“, sagte der Edeka-Kaufmann Marius Höchner in diesem Frühsommer.
Mystery Bag bei Edeka Höchner: In der Tüte sind Hersteller-Samples, Restanten oder Langsamdreher, auch Nonfood. Die mit einem Flyer gekennzeichneten Tüten stehen im Neuprodukte-Regal nach Obst und Gemüse.
Edeka Höchner
Mystery Bag bei Edeka Höchner: In der Tüte sind Hersteller-Samples, Restanten oder Langsamdreher, auch Nonfood. Die mit einem Flyer gekennzeichneten Tüten stehen im Neuprodukte-Regal nach Obst und Gemüse.

7 Ideen für eigene Mystery Bags

Da geht noch mehr. Hier sind sieben Ideen, wie Supermärkte die Strategie der Mystery Bags umsetzen könnten.

Saisonale Überraschungen – von der Grillparty im Sommer bis zu den Plätzchen an Weihnachten, immer passend zur Jahreszeit.

Gesundheitsfanatiker im Glück – eine Mischung aus gesunden Snacks, Supplements und Fitness-Gadgets. Macht fit und froh, auch wenn der Inhalt mal nicht ganz nach Plan ist.

Lokale Schätze – alles, was die Region hergibt, von der selbstgemachten Marmelade bis zum Biokäse aus dem Nachbardorf. Ein bisschen Heimatliebe im Karton.

Kochen wie ein Sternekoch – mit hochwertigen Zutaten und ein paar Profi-Tricks, die die Hausmannskost auf das nächste Level heben.

Familienspaß garantiert – Spielzeug, Snacks und alles, was den Familienabend rettet, in einer Box. Da leuchten Kinderaugen, und Eltern sind auch zufrieden.

Nachhaltigkeit mit Stil – unverpackte Lebensmittel und wiederverwendbare Produkte, weil gut für die Umwelt und für das eigene Gewissen.

Ein Hauch von Nostalgie – Retro-Produkte, die Kindheitserinnerungen wecken, von der Limo bis zum Lakritz. Ein kleiner Zeitsprung im Supermarkt.

Der schmale Grat: MHD-nahe Produkte in Mystery Boxen

Was man natürlich, um nicht endlos Geld zu verschenken, auch in solche Boxen packen kann, sind Langsamdreher und Ware, deren MHD nicht mehr allzu lange vorhält. 
Aber Vorsicht: Auf der einen Seite ist es durchaus sinnvoll, Produkte, deren Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) bald abläuft, in solchen Mystery Boxen unterzubringen. Schließlich reduziert man dadurch Lebensmittelverschwendung und kann gleichzeitig Waren loswerden, die sonst vielleicht im Regal liegenbleiben würden.

Aber – und hier kommt das große Aber – man muss es mit Fingerspitzengefühl angehen. Denn Kunden kaufen Mystery Boxen vor allem wegen des Überraschungseffekts und der Freude, etwas Unerwartetes zu bekommen. Wenn dann aber der Großteil des Inhalts aus Produkten besteht, deren MHD am nächsten Tag erreicht ist, fühlen sie sich schnell betrogen. Das Risiko ist, dass die Kunden das Gefühl bekommen, sie hätten keine spannende Überraschung, sondern nur „Reste“ erhalten.

Idealerweise kombiniert man MHD-nahe Produkte mit längerhaltbaren Artikeln und sorgt dafür, dass der Gesamtwert der Box attraktiv bleibt. Transparenz ist dabei auch wichtig: Ein kleiner Hinweis darauf, dass einige Produkte bald ablaufen, könnte helfen, das Vertrauen der Kunden zu bewahren.

Kolbrücks Kracher gibt es jeden Donnerstag exklusiv auf LZdirekt.de.



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